Inside Nintendo 206: Vom Bildschirm auf die Leinwand: Die Geschichte der Super-Mario-Verfilmungen

Am 5. April 2023 wird endlich wahr, was über viele Jahre hinweg wohl kaum jemand ernsthaft erwartet hätte: Nintendo bringt einen neuen „Super Mario“-Film in die Kinos. „Der Super Mario Bros. Film“ erscheint genau 30 Jahre nach dem berühmt-berüchtigten Realfilm „Super Mario Bros.“ Doch bereits davor hatte es eine Filmadaption von Nintendos Erfolgsreihe gegeben: 1986 war eine Anime-Umsetzung in die japanischen Lichtspielhäuser gekommen, die heute fast in Vergessenheit geraten ist. Die beiden „Mario“-Filme von 1986 und 1993 stellen wichtige Meilensteine in der Geschichte der Videospielverfilmungen dar. Sie qualitativ zu überbieten, dürfte zwar nicht schwer fallen, dennoch lasten hohe Erwartungen auf dem kommenden Streifen. Als Einstimmung auf den potenziellen Kassenschlager werfen wir einen Blick zurück auf die Geschichte der „Super Mario“-Verfilmungen.

Anime, Realfilm, Computeranimation: Bereits auf den ersten Blick wird deutlich, wie stark die drei „Super Mario Bros.“-Filme voneinander abweichen.

Ein fast vergessener Meilenstein: Der Anime von 1986

„Super Mario Bros.“ startete am 13. September 1985 seinen Videospiel-Siegeszug in Japan, der zunächst klein und leise anfing. Was als letztes großes Spiel für das Famicom vor dessen Ablösung durch das Famicom Disk System geplant war, mauserte sich durch Mundpropaganda rasch zu einem riesigen Erfolg, der ganz Japan auf den Kopf stellte. Merchandise-Produkte ließen nicht lange auf sich warten, und bereits im Juni 1986 folgte eine Fortsetzung mit schwierigeren Levels. Pünktlich zum Marktstart von „Super Mario Bros. 2“ kam ein auf den beiden Spielen basierender Anime in die Kinos.

„Super Mario Bros.: Peach-Hime Kyushutsu Dai Sakusen!“ (zu Deutsch etwa: „Die große Mission, Prinzessin Peach zu retten“) erzählt in 61 Minuten davon, wie die Gebrüder Mario und Luigi Prinzessin Peach aus den Klauen des bösen Bowser retten. Dabei stellen sich ihnen Fieslinge wie Gumbas, Koopas, Lakitus oder Cheep-Cheeps in den Weg, doch können die Brüder auf die Hilfe der magischen Gegenstände Pilz, Blume und Stern zählen. Immer wieder sind dabei Soundeffekte und Musikstücke aus „Super Mario Bros.“ in ihrer 8-Bit-Form zu hören.

Eine besondere Erfahrung mit eigenständigen Ideen

So weit, so unspektakulär. Doch an vielen Details wird deutlich, dass das „Super Mario“-Universum damals noch nicht fest etabliert war. Denn aus irgendeinem Grunde sind die titelgebenden Gebrüder keine Klempner, sondern arbeiten in einem Lebensmittelladen, und Luigi trägt ein gelbes Shirt mit einem blauen Overall. Ebenso ungewöhnlich ist, dass Bowser eine sehr hohe Stimme hat – er wird tatsächlich von einer Frau gesprochen. Am Ende des Anime erscheint sogar eine Figur, die der gesamten uns bekannten „Super Mario“-Welt widerspricht; wer das ist, soll hier natürlich nicht verraten werden!

Interessanterweise nimmt der Film manche Ideen vorweg, die erst deutlich später in „Mario“-Spielen umgesetzt wurden, wenn auch vermutlich kein direkter Zusammenhang besteht. So etwa gibt es ein Luftschiff wie später in „Super Mario Bros. 3“, Mario greift Bowser im finalen Kampf ganz ähnlich wie in „Super Mario 64“ am Schweif und schleudert ihn weg, und Bowsers Plan, Prinzessin Peach zu heiraten, lässt unweigerlich Assoziationen zu „Super Mario Odyssey“ aufkommen.

Drei Impressionen aus der von Fans verantworteten 4K-Restauration des „Super Mario Bros.“-Anime von 1986. Der gesamte Film ist mit englischen Untertiteln auf YouTube verfügbar.

Der erste Videospielfilm und seine Wiederentdeckung

„Super Mario Bros.: Peach-Hime Kyushutsu Dai Sakusen!“ teilt sich den Titel der allerersten Videospielverfilmung mit „Running Boy: Star Soldier no Himitsu“, das exakt am gleichen Tag, nämlich am 20. Juli 1986, in die japanischen Kinos kam. Produziert wurde der „Mario“-Streifen von Grouper Productions, einem Studio, das unter anderem für eine Reihe an „Hello Kitty“-Filmen verantwortlich zeichnete. Regisseur Masami Hata wirkte auch an einigen weiteren Anime-Filmen der damaligen Zeit mit. Über die Hintergründe der Entstehung ist praktisch nichts bekannt. „Mario“-Schöpfer Shigeru Miyamoto wird zwar im Abspann erwähnt, doch ist der genaue Grad seiner Beteiligung unbekannt. Es waren aber einige namhafte Sprecher involviert, darunter der aus Rollen für „Gundam“, „Dragon Ball“ oder „Sailor Moon“ bekannte Toru Furuya als Mario oder die damals relativ bekannte Sängerin Yamase Mami als Peach.

Der „Super Mario“-Anime wurde damals nur in wenigen japanischen Kinos gezeigt, und zwar zusammen mit einer Video-Komplettlösung zu „Super Mario Bros. 2“. Später war der Streifen auf VHS- und Betamax-Kassetten zum Ausleihen im Umlauf, aber offenbar nie regulär im Handel erhältlich. Eine Veröffentlichung des Soundtracks erfolgte in extrem begrenzter Stückzahl. Da der Film weder die Grenzen seines Heimatlandes verließ noch in späteren Jahren als DVD oder Blu-Ray wiederveröffentlicht wurde, ist er überaus selten; zeitgenössische VHS-Exemplare wandern zu dreistelligen Summen über die virtuellen Theken der Online-Auktionsportale.

Aufgrund dieser äußerst begrenzten Verfügbarkeit ist der für die Geschichte der Videospielverfilmungen zentrale Streifen bis vor ein paar Jahren fast völlig in Vergessenheit geraten. Sogar Nintendo selbst, sonst für ein ausgeprägtes Traditionsbewusstsein bekannt, breitet den Mantel des Schweigens über die Existenz dieses Animes. YouTube-Mitschnitte in erwartbar schlechter Qualität bewahrten ihn davor, ganz in der Versenkung zu verschwinden. Das änderte sich, als eine Fangruppe auf Grundlage eines – womöglich gar des einzig erhaltenen – 16mm-Originals des Films eine Restaurierung in 4K-Auflösung erstellte und diese, mit englischen Untertiteln versehen, im April 2022 auf YouTube hochlud.

Kultgewordener Trash: Der Realfilm von 1993

Man könnte den „Super Mario“-Anime von 1986 zusammen mit der „Star Soldier“-Verfilmung als Startschuss für auf Videospiele basierende Filme bezeichnen, allerdings gab es in den folgenden Jahren nur sehr wenige weitere vergleichbare Projekte. Das Medium der Videospiele steckte damals schließlich noch in seinen Kinderschuhen; außerdem waren die Rahmenhandlungen in der Regel zu dünn, als dass sie sich als Material für den Sprung auf die große Leinwand geeignet hätten. Bis zur ersten Realfilm-Umsetzung eines Spiels dauerte es daher noch einige Jahre. Dieser Meilenstein sollte, wie es der Zufall will, wiederum einer „Super Mario Bros.“-Adaption vorbehalten bleiben.

Zu „Super Mario Bros.“ von 1993 braucht man eigentlich nicht viele Worte verlieren: Die Entstehung war ein einziges Durcheinander, die Einspielergebnisse konnten das Budget nicht decken und beim Publikum wie bei den Kritiken fiel der Film gnadenlos durch. Gerade dadurch aber hat er heutzutage einen gewissen Kultstatus inne und konnte sogar eine treue Fangemeinde um sich scharen. Da für den Film damals ordentlich die Werbetrommel gerührt wurde, ist seine Entstehung ziemlich gut dokumentiert. Werfen wir also einen Blick hinter die Kulissen dieser berühmt-berüchtigten Videospielverfilmung!

„Super Mario Bros.“ von 1993 gilt als gewaltiger Filmflop, und die Entstehungsgeschichte lässt erahnen, warum das so ist. In den letzten Jahren mehren sich aber auch Stimmen, die die einzigartige Herangehensweise, die äußerst ambitionierte Handlung und Filmwelt sowie die fortschrittlichen Spezialeffekte wertschätzen. Sogar ausgeprägte politische Satire steckt in dem Film.

Auf Lizenzjagd

1990 hatte die internationale Beliebtheit von Super Mario einen Höhepunkt erreicht. Der dritte „Super Mario Bros.“-Teil hatte in Nordamerika gigantische Einnahmen von einer halben Milliarde Dollar generiert, und eine bis heute immer wieder zitierte Studie ergab, dass der rotgekleidete Klempner bei Kindern damals einen größeren Bekanntheitsgrad hatte als Micky Maus. Just in diesem Jahr 1990 entschied sich Nintendo, die Rechte für eine Verfilmung der Erfolgsreihe zu veräußern. Was den Konzern dazu bewogen hat, ist nicht bekannt. In der Filmbranche sorgte diese Meldung für viel Aufruhr; namhafte Unternehmen wie Walt Disney Studios, 20th Century Fox, Columbia und TriStar Pictures wollten sich die Lizenz sichern.

Am Ende gingen die Rechte für zwei Millionen Dollar an ein noch junges Filmstudio, das erst 1987 gegründete Unternehmen Lightmotive. Einerseits, so heißt es, sei dies auf Lightmotive-Gründer Roland Joffé und Produzent Jake Eberts zurückzuführen, die zuvor mit großen Filmprojekten auf sich aufmerksam gemacht hatten. Andererseits sollen die anderen Mitbewerber kein überzeugendes Konzept vorgelegt haben, wie die „Super-Mario“-Spiele, in denen die Handlung ja nie mehr als ein bloßes Mittel zum Zweck war, auf die große Leinwand gebracht werden sollten. Joffé schwebte dagegen vor, nicht einfach die Rahmenhandlung der Spiele zu einem Film auszudehnen, sondern eine völlig neue Handlung zu entwerfen, die grob im Universum der Spiele angesiedelt ist.

Miyamoto lässt den Filmexperten freie Bahn

In Kyoto traf sich Joffé mit Nintendo-Präsident Hiroshi Yamauchi, „Mario“-Vater Miyamoto und weiteren wichtigen Nintendo-Vertretern. Miyamoto äußerte 2007 gegenüber der Zeitschrift Edge (zitiert nach Audureau, S. 356): „Als sie mit dem ersten Pitch für den Film zu uns kamen, hatten sie eine sehr grobe Skizze, wie der Film aussehen würde, und wir haben es genehmigt.“ Bereits damals stand fest, dass es sich um einen Livefilm mit echten Schauspielern anstelle von Cartoonfiguren handeln sollte.

Miyamoto war nur an diesen ersten Gesprächen beteiligt; anschließend lief das Filmprojekt weitestgehend unabhängig von der kreativen Beaufsichtigung oder Beratung des Serienschöpfers. Im Abspann des fertigen Films werden er sowie Takashi Tezuka, der Co-Schöpfer der Reihe und Director mehrerer Teile, als einzige Nintendo-Mitarbeitende genannt, und zwar lediglich am Ende unter der Rubrik „Based on the Concept and Characters Created by.“ Entsprechend äußerte Drehbuchautor Parker Bennett: „Miyamoto und Tezuka hatten absolut nichts mit dem Film zu tun. Es handelte sich lediglich um einen Lizenzerwerb, und niemand hat sie gebeten, sich daran zu beteiligen.“ Gegenüber der Edge führte Miyamoto als Grund dafür an, dass er schlicht nicht über Expertise im Filmbereich verfügte und das Projekt daher lieber den erfahrenen Filmleuten überließ.

Die Suche nach der Besetzung

Bereits das Casting des Films ging alles andere als reibungslos über die Bühne. Für die Hauptrollen waren ursprünglich absolute Topstars vorgesehen: Danny DeVito als Mario, Tom Hanks als Luigi und Arnold Schwarzenegger als Bowser – doch sie lehnten alle ab. Darüber hinaus wurden viele weitere namhafte Schauspieler angefragt, die für das Projekt nicht zur Verfügung stehen konnten oder wollten. Auch Bob Hoskins (1942–2014), der schließlich Mario mimte, war zunächst nicht vom Vorhaben überzeugt. Er fürchtete, mit dem Projekt endgültig als Darsteller für Kinderfilme abgestempelt zu werden, und nahm die Rolle nicht vor der dritten Anfrage an.

In späteren Interviews drückte Hoskins seine Reue über die Mitwirkung am Film aus, und tatsächlich erlitt seine Karriere damals einen Dämpfer. Für den jüngeren John Leguizamo (* 1960), der Luigi spielte, war es hingegen eher umgekehrt; „Super Mario Bros.“ war die erste große Hollywood-Rolle des heutigen Filmstars. Die weiteren Hauptrollen übernahmen Samantha Mathis (* 1970) als Prinzessin Daisy sowie Dennis Hopper (1936–2010), bekannt unter anderem als Regisseur und Hauptdarsteller von „Easy Rider“, als König Koopa.

Verworfene Drehbuch-Entwürfe

Die Arbeiten am Drehbuch begannen Anfang 1991 und erstreckten sich über mehrere Etappen. Den Produzenten selbst schwebte grob vor, die Beziehung zwischen den Klempnerbrüdern Mario und Luigi zu thematisieren. Eine erste Fassung schrieb Barry Morrow. Sein Entwurf wies frappierende Ähnlichkeiten zu „Rain Man“ auf, bei dem er ebenfalls Drehbuchautor gewesen war, und wurde als eine Art existenzialistischer Road-Trip bezeichnet.

Nachdem dieser Entwurf restlos verworfen worden war, entstanden mehrere weitere Drehbuchfassungen von unterschiedlichen Autoren. Zu überzeugen vermochte vorerst ein Vorschlag von Parker Bennett und Terry Runté. Die Produzenten waren aber auch hier nicht ganz zufrieden und engagierten Dick Clement und Ian Le Frenais, um diese Fassung zu überarbeiten. Sie wiederum führten das Projekt mehr in eine erwachsene Richtung. Der Staffelstab ging danach weiter an das Autorenteam Ed Solomon und Ryan Rowe.

2019 spürten Fans eine VHS-Kassette auf, die ursprünglich im Besitz von Produzent Roland Joffé gewesen war und einen früheren Schnitt von „Super Mario Bros.“ enthielt. Gegenüber der finalen Fassung war der Film hier 20 Minuten länger. Eine aus restaurierten Szenen dieser Kassette zusammengestellte „Extended Version“ des Streifens ist heute kostenlos im Internet-Archiv zugänglich.

Wechsel im Regiestuhl

Nicht nur bei den Schauspielern und Drehbuchautoren gab es Schwierigkeiten, auch die Suche nach einem Regisseur gelang nicht auf Anhieb. Zunächst wurde Greg Beeman angeheuert, und unter seiner Regie begann auch bereits die Vorproduktion. Doch als sein Leinwanddebüt „Mom und Dad retten die Welt“ floppte, entbanden ihn die Produzenten von seinen Pflichten. Der als nächstes angefragte Harold Ramis lehnte ab – eine Entscheidung, über die er im Nachhinein sehr froh war.

Produzent Joffé wurde schließlich auf Max Headroom, einen damals sehr beliebten Cyberpunk-Charakter mit eigener Fernsehserie, aufmerksam und heuerte deren Erfinder, das Ehepaar Rocky Morton und Annabel Jankel, als Regisseure an. Sie brachten wieder eine etwas andere Vision in das Projekt ein. Inspirationsquellen waren für sie Filme wie „Stirb langsam“, „Mad Max“ und „Blade Runner“, die man eher weniger mit dem fröhlichen „Super Mario“-Universum assoziiert. Außerdem wollten sie sich stärker auf Bowser bzw. Koopa konzentrieren, den sie entgegen dem Nintendo-Universum als Dinosaurier imaginierten.

Vom bunten Pilzkönigreich zum düsteren Dinohattan

Unter der Regie von Morton und Jankel wurde aus „Super Mario Bros.“ ein dystopischer Science-Fiction-Film über einen Dinosaurier-Diktator, der seine für ausgestorben geglaubte Rasse wieder zurück auf die Erde bringen will. Ganz neu wurde die Parallelwelt Dinohattan ersonnen. Das Drehbuch erfuhr entsprechend eine massive Umarbeitung. Dazu kehrten Bennett und Runté zurück, die schon zuvor mit Morton und Jankel zusammengearbeitet hatten. Selbst damit stand die Ausrichtung des Films aber noch nicht endgültig fest, denn Disney, das sich kurz vor Drehbeginn die Rechte für den Vertrieb sicherte, drängte auf zahlreiche Änderungen. So changierte das Drehbuch zwischen einem düsteren Sci-Fi-Film und einer eher familienfreundlichen Fantasy-Geschichte mit mehr Humor.

Das Resultat hat wenig mit dem beliebten Universum der Spiele gemeinsam. Vom Pilzkönigreich und seinem freundlichen und fröhlichen Stil ist kaum etwas übriggeblieben. „Was zunächst wie die Adaption einer erfolgreichen Lizenz aussehen sollte“, äußerte Nintendo-Historiker William Audureau (S. 384), „entwickelte sich allmählich zu einem seltsamen Projekt, in dem die beiden weltberühmten Brüder in den Hintergrund traten zugunsten der düsteren und schleimigen Schauplätze, die die Regisseure entwarfen, um die Welt von Koopa, alias Bowser, in den Mittelpunkt zu stellen […].“ Bezeichnenderweise tragen Mario und Luigi, die vermeintlichen Stars des Films, erst zum Ende hin ihre berühmten Overalls in rot bzw. grün.

Frühes Artwork zum Koopa Square.

Schlechte Organisation, fehlende Übersicht und ein verhasstes Regisseurs-Duo

Im Mai 1992 starteten die Dreharbeiten. Das Drehbuch hatte sich inzwischen stark von jener Fassung abgewandelt, der die Schauspieler ursprünglich zugestimmt hatten, und sollte sich auch weiterhin in Details verändern. In diesem Durcheinander konnten die Mimen selber der Handlung kaum folgen, und auch das Regisseurs-Duo Morton und Jankel schien im Regiestuhl langsam den Überblick zu verlieren. Doch nicht nur infolge der unklaren Richtung des Projekts waren die Dreharbeiten für alle Beteiligten sehr schwierig; ein weiterer zentraler Grund war der fragwürdige Umgang des Ehepaar-Regisseurs-Teams mit dem Rest des Teams. So kam es etwa einmal dazu, dass der erzürnte Morton einem Statisten seinen heißen Kaffee über den Kopf schüttete. Sogar Unfälle ereigneten sich am Set, beispielsweise brach sich Hauptdarsteller Hoskins einen Finger.

Hoskins und Leguizamo konnten das Projekt nicht ernst nehmen und ertrugen es irgendwann nur noch unter dem Einfluss von Alkohol. „Ich habe hart an dem Film gearbeitet, und sie haben es einfach vergeigt“, äußerte Hopkins. „Es war ein verdammter Albtraum.“ Über das Regisseurs-Duo Morton und Jankel stänkerte er, dass deren „Arroganz mit Talent verwechselt wurde“.

Ursprünglich sollte „Super Mario Bros.“ im Frühjahr 1992 in die Kinos kommen. Das ursprünglich 35 Millionen Dollar umfassende Budget stieg auf über 42 Millionen Dollar an. Allein eine halbe Million Dollar kostete eine mit allerlei Technik vollgestopfte Yoshi-Figur. Am Ende ging das Budget aus, und die letzten zu drehenden Szenen und zu erstellenden Spezialeffekte mussten deutlich kompromittiert werden. So konnte etwa ein ursprünglich vorgesehenes großes Finale zwischen Mario und Bowser auf der Brooklyn Bridge nicht realisiert werden. Angeblich sollen kurz vor Abschluss des Projekts Morton und Jankel sogar von der Regie zurückgezogen worden sein.

Nintendos Kino-Trauma

Im Mai 1993 kam „Super Mario Bros.“ in die Kinos. Die Spezialeffekte sowie die Gestaltung des Bühnenbildes, für das David L. Snyder (bekannt für das Setdesign von „Blade Runner“) verantwortlich war, wussten zwar sehr zu überzeugen, und mit „Zurück in die Zukunft“-Komponist Alan Silvestri konnte auch eine sehr gefragte Person für die Musik engagiert werden. Die Handlung hingegen versagte auf ganzer Linie, erst recht als Adaption des „Super Mario“-Franchise. Die weltweiten Einspielergebnisse blieben hinter dem für die damalige Zeit recht hohen Budget zurück, und auch bei der Filmkritik fiel der Streifen gnadenlos durch.

Nach diesem Fiasko hat sich Nintendo über Jahrzehnte nicht mehr an eine Verfilmung seiner Marken getraut – mit Ausnahme des „Pokémon“-Franchise, das zahllose Anime-Filme erhielt. Bis heute scheint der Konzern die Existenz der 1993er-Verfilmung „Super Mario Bros.“ durch Verschweigen verdrängen zu wollen. Erst 2019 wurde mit „Pokémon Meisterdetektiv Pikachu“ der Fluch gebrochen. Inzwischen hatte das Genre der Videospiel-Verfilmungen beständigen Zuwachs erhalten und sogar einige sehr gute Vertreter hervorgebracht.

Zwei Szenen aus dem ersten Teaser zum „Super Mario Bros. Film“.

Der Durchbruch als CGI-Blockbuster: Der Animationsfilm von 2023

Als „Pokémon Meisterdetektiv Pikachu“ seinen Siegeszug antrat, befand sich ein dritter „Super Mario Bros.“-Streifen bereits in der Mache. Schon 2014 war an die Öffentlichkeit gedrungen, dass Sony Pictures seit mehreren Jahren die Rechte für eine „Mario“-Verfilmung zu sichern versucht haben soll. Den damals geleakten Mails zufolge war Sony damit auch erfolgreich gewesen. Da der Nintendo-Konkurrent mit dem nun veröffentlichten Film aber nichts zu tun hat, muss hinter den Kulissen noch mehr geschehen sein, als bekannt wurde.

Miyamoto zufolge kam die Idee zu einem neuen „Super Mario“-Film auf, als Nintendo seine älteren Spiele durch den Virtual-Console-Service neueren Generationen zur Verfügung stellte. Im Rahmen der Zusammenarbeit mit Universal am Nintendo-Themenpark „Super Nintendo World“ traf Miyamoto dann auf Chris Meledandri, den Gründer von Illumination, einem Animationsstudio von Universal Pictures, das für Filme wie „Ich – Einfach unverbesserlich“, „Minions“ und „Pets“ bekannt ist. Miyamoto und Meledandri begannen 2016 intensive Gespräche über ein mögliches Filmprojekt. Erste Gerüchte dazu gelangten im November 2017 an die Öffentlichkeit, worauf im Januar 2018 die offizielle Ankündigung folgte.

Das lange Warten auf den dritten Mario-Film

Miyamoto fungierte neben Meledandri als Produzent, sodass der Serienschöpfer, ganz anders als bei den beiden vorherigen „Super Mario“-Filmen, intensiv beteiligt war. Die Regie führten Michael Jelenic und Aaron Horvath, die für die Serie „Teen Titans Go!“ bekannt sind; die Musik schrieb der an zahlreichen Hollywood-Blockbustern der jüngeren Zeit beteiligte Brian Tyler, der eng mit dem ursprünglichen „Super Mario“-Komponisten Koji Kondo zusammenarbeitete.

Mit konkreten Details ließen Nintendo und Illumination nach der ersten Ankündigung einige Zeit auf sich warten. Anfang 2020 verkündete Nintendo-Präsident Shuntaro Furukawa, dass die Arbeiten gut liefen und der Film 2022 in die Kinos kommen solle. Dann folgte wieder ein längeres Schweigen. In einer „Nintendo Direct“-Ausstrahlung im September 2021 gab Miyamoto die englischen Sprecherinnen und Sprecher der Hauptrollen bekannt. Heiß diskutiert wurde von Fans die Entscheidung, dass Mario nicht wie in den Spielen von Charles Martinet, sondern von Chris Pratt gesprochen werden sollte.

Aller guten Dinge sind drei

Noch interessanter als die Frage nach den Synchronstimmen war freilich, in welche Richtung der Film gehen würde. In dieser Hinsicht ließen Nintendo und Universal die Fans noch einige Zeit im Dunkeln tappen. Im April 2022 wurde der Film von Ende des Jahres auf April 2023 verschoben. Ein erster Teaser feierte schließlich am 6. Oktober 2022 seine Premiere. Story, Atmosphäre, Aufmachung und Animation konnten auf Anhieb überzeugen, doch über die Besetzung von Pratt als Mario, der im Teaser nur für Sekundenbruchteile zu hören war, wurde heftig gestritten.

Einen ersten vollumfänglichen Trailer des Films veröffentlichte Nintendo dann am 29. November. Der ursprünglich für den 23. März 2023 angesetzte deutsche Kinostart wurde wenig später auf den 5. April verschoben, und einen letzten Trailer präsentierte Nintendo am 9. März in einer eigenen „Nintendo Direct“-Ausgabe.

Spätestens nach dem ersten Teaser war klar, dass „Der Super Mario Bros. Film“ leichtes Spiel haben würde, seine zwei geistigen Vorgänger qualitativ zu überbieten. Um den Erfolg an den Kinokassen wird man sich auch kaum Sorgen machen brauchen. Nach 37 Jahren hat die wohl bedeutendste Spielemarke aller Zeiten endlich den Hollywood-Blockbuster erhalten, den sie verdient hat, und gewiss dürfte Nintendos Kinotrauma längst überwunden sein. Und doch: Die beiden vorherigen „Super Mario“-Filme, der eine wenig beachtet, der andere häufig verspottet, haben als historische Meilensteine auch angesichts des aktuellen Kinoerfolgs noch Aufmerksamkeit verdient.

Hauptquellen für den ausführlicheren Teil zur 1993er-Verfilmung: Richard Stayton: „The Bros. Mario Get Super Large“, Los Angeles Times, 16. August 1992; William Audureau: The History of Mario. 1981–1991: The Rise of an Icon, from Myths to Reality, Pix’n Love Editions 2014, S. 351–392. Umfangreiches Material aus der Entstehung des Films ist zusammengestellt bei smbmovie.com.

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Bisher gibt es zehn Kommentare

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  • Avatar von Garo
    Garo 04.04.2023, 08:56
    Zitat Zitat von Rincewind Beitrag anzeigen
    sieht doch geil aus
    und mit 29% bei Rotten Tomatoes gefühlt immer noch besser als ca 50% der Adam Sandler Filme
    Psst, Arcade will hier nur Lob für den Film sehen.
  • Avatar von Rincewind
    Rincewind 04.04.2023, 08:03
    https://youtu.be/a6Al_DShXX0

    sieht doch geil aus
    und mit 29% bei Rotten Tomatoes gefühlt immer noch besser als ca 50% der Adam Sandler Filme
  • Avatar von FallenDevil
    FallenDevil 03.04.2023, 23:14
    Zitat Zitat von Arcade Beitrag anzeigen
    Wer?
    Ziemlich cooler Typ
  • Avatar von Arcade
    Arcade 03.04.2023, 22:39
    Zitat Zitat von Garo Beitrag anzeigen
    Was Fallen sagt.
    Wer?

    Zitat Zitat von Garo Beitrag anzeigen
    Schön, dass du Gefallen an Trash findest, aber ganz ehrlich: Es ist einfach ein schlechter Film.
    Das ist allerdings nur eine Umformulierung deines vorherigen Posts, ohne irgendetwas näher zum Film zu sagen. Klingt für mich eher nach "Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht" Nummer. Deshalb ist aber ein Film (oder Videospiel) noch lange nicht (Zitat) "Müll". Du magst den halt nicht und gut ist.

    Der aktuelle Mariofilm ist eben das, was man erwartet. Die Figuren und die Hintergründe entstehen aus Bildsynthese, feiern eine Marioszene nach der anderen ab und der Film ist angeblich supermodern, weil Peach kein Hascherl ist. Insgesamt mehr ingame Zwischensequenzcontent, eben als Film.
  • Avatar von Garo
    Garo 03.04.2023, 20:48
    Was Fallen sagt. Schön, dass du Gefallen an Trash findest, aber ganz ehrlich: Es ist einfach ein schlechter Film.
  • Avatar von FallenDevil
    FallenDevil 03.04.2023, 19:56
    Zitat Zitat von Arcade Beitrag anzeigen
    Ziemlich starke These. Das ist schnell dahergesagt, aber woran machst du das denn fest?
    Dieses Gelaber vonwegen tolle Vision, haben was neues probiert, man muss es als Adaption sehen.. usw..
    Das ist nostalgisch verklärt um da irgend nen Kult dran zu finden.

    Der Film ist scheiße. Fertig.
  • Avatar von Arcade
    Arcade 03.04.2023, 19:20
    Zitat Zitat von Garo Beitrag anzeigen
    Der Film war Müll.
    Ziemlich starke These. Das ist schnell dahergesagt, aber woran machst du das denn fest?
  • Avatar von Garo
    Garo 03.04.2023, 12:00
    Hoskins und Leguizamo konnten das Projekt nicht ernst nehmen und ertrugen es irgendwann nur noch unter dem Einfluss von Alkohol. „Ich habe hart an dem Film gearbeitet, und sie haben es einfach vergeigt“, äußerte Hopkins.
    Ich weiß, man kann durchaus auch besoffen hart arbeiten, liest sich aber schon irgendwie komisch.

    Den Anime muss ich mir mal geben.

    Der Film war Müll. Die einzigen wirklichen Kult-Mario Bros.-Schauspieler sind für mich Lou Albano und Danny Wells. Schade, dass die im Artikel gar nicht erwähnt wurden (wenigstens als Randnotiz).
  • Avatar von Arcade
    Arcade 02.04.2023, 19:55
    Der 93er Film ist nicht der beste Film aller Zeit, aber der wurde unnötig komplett runtergemacht. Das lag wohl daran, dass viele Zuschauer von den Scifi-Streifen aus den 80ern ein bisschen die Nase voll hatten, aber der Film sich nicht in die Optik der neuen Actionstreifen retten konnte. Wenn man den Film nicht mit Kleinkindern schauen möchte und auch nicht der Mariofanatiker ist, dann ist einfach gute Kunst. Nicht fantastisch oder sehr gut, aber immer noch gut. "Gut" alleine ist aber ein bisschen wenig, wenn man wie verrückt die Werbetrommel für einen Film trommelt, der nicht unbedingt für das angelockte Publikum tauglich ist.
    Auf IMDB habe ich gelesen, dass Hoskins vor Drehbeginn nicht einmal wusste, dass der Film auf einem Videospiel beruht. Ich kann mir vorstellen, dass viele der Darsteller und Mitarbeitenden am Film ebenfalls keine Videospielaffinen Leute waren, sondern einfach versuchten Kunst zu machen.
  • Avatar von Tobias
    Tobias 02.04.2023, 15:42
    Die beiden früheren Filme kannte ich vorher nicht wirklich (ich wusste eben nur, dass der Spielfilm sehr schlecht sein soll) und habe daher durch das Schreiben des Artikels viel gelernt! Ich bin wirklich kein Filmexperte, fühle mich jetzt aber gut auf den dritten Film vorbereitet. Den Anime kann ich übrigens sehr empfehlen; das 4K-Remaster findet man ja frei auf YouTube. Er ist kein Meisterwerk, sondern ein eindeutig an Kinder gerichteter Anime mit ziemlich plumpem Humor, aber ich hatte viel Freude daran. Letztlich schafft es der Film eben, nicht mehr, aber auch nicht weniger als das zu sein, was er sein möchte. Was den 1993er-Film angeht, habe ich versucht, möglichst offen an ihn heranzugehen, da viele Leute meinen, dass er doch eigentlich ganz gut sei. Aber nach dem Ansehen muss ich sagen … der Streifen ist ein einziges Durcheinander. Naja, immerhin hat man da mal etwas anderes versucht.