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The Legend of Zelda: The Wind...

Inside Nintendo 212: Auf zu neuen Ufern: Die Geschichte hinter Zelda: The Wind Waker (Teil 3)

Sei es ein Buch, ein Film, ein Musikwerk, ein Videospiel: Wer an einem kreativen Projekt arbeitet, der hängt an „seinem“ Baby, möchte es nicht gehenlassen, da es nie wirklich „fertig“ ist. Und doch muss man es irgendwann loslassen, in letzter Minute schweren Herzens Kürzungen vornehmen und das Projekt, ohne Möglichkeit, es nachträglich noch zu verbessern, als Produkt den Händen der kritischen und erbarmungslosen Öffentlichkeit übergeben. So war es auch Ende 2002 nach einer Reise von zweieinhalb Jahren für die Entwicklerinnen und Entwickler hinter „The Legend of Zelda: The Wind Waker“.

Der Stapellauf

Am 13. Dezember 2002 kam „The Wind Waker“ in Japan auf den Markt – gerade noch rechtzeitig zum Jahresende, wie es im Vorfeld angekündigt worden war. Wie das Spiel heißen würde, hatte Nintendo erst im Oktober bekanntgegeben. Dass lange Zeit Geheimniskrämerei um den Untertitel eines „Zelda“-Spiels betrieben wird, reicht also lange vor „Tears of the Kingdom“ zurück. Shigeru Miyamoto zeigte sich zufrieden damit, dass man den japanischen Veröffentlichungstermin einhalten konnte; zugleich bedauerte er, dass es für die westliche Version nicht mehr bis Ende 2002 klappen würde. Für Vorbestellerinnen und Vorbesteller gab es dafür eine bis heute begehrte Dreingabe, nämlich eine Bonusdisc mit einer GameCube-Portierung von „Ocarina of Time“ inklusive der zuvor unveröffentlichten „Master Quest“-Erweiterung.

In Nordamerika war es am 24. März, in Europa am 2. Mai 2003 so weit (der westliche Untertitel „The Wind Waker“ war immerhin schon im Dezember 2002 bekanntgegeben worden). Das neue „Zelda“ war einzeln wie auch in einem speziellen Bundle zusammen mit dem GameCube erhältlich. Nintendo nutzte die Zeit zwischen der japanischen und der westlichen Veröffentlichung nicht nur für die Lokalisierung, sondern auch für kleine Überarbeitungen. Um die Spielerfahrung besser auszubalancieren, wurden einige Schätze und Schatzkarten umplatziert. Außerdem galt es Programmierfehler auszumerzen. Das Entwicklerteam hatte offenbar im Eifer des Gefechts einige Auffälligkeiten übersehen; beispielsweise wird in der japanischen Ur-Version auf Präludien bereits das Kollisionsmodell des Piratenschiffs geladen, bevor dieses dort überhaupt anlegt.

Ein würdiger Nachfolger – aber kein neues „Ocarina of Time“

Fast zwei Jahre nach dem Schock von der Space World 2001 dürften sich selbst die größten Kritikerinnen und Kritiker mit dem neuen Grafikstil wenn nicht angefreundet, so doch abgefunden haben. „The Wind Waker“ erhielt überaus positive Bewertungen – wie es sich für ein großes neues „Zelda“ geziemt, möchte man sagen. Beim Wertungsaggregator „Metacritic“ liegt das Spiel mit einer Durchschnittswertung von 96 exakt gleichauf mit seinem Nachfolger „Twilight Princess“ und belegt Platz 3 der bestbewerteten GameCube-Spiele. Auch an Auszeichnungen mangelte es nicht.

Mit insgesamt etwa 4,5 Millionen Einheiten verkaufte sich „The Wind Waker“ gut, konnte aber „Ocarina of Time“ mit seinen 7,6 Millionen Verkäufen nicht das Wasser reichen. Und während Letzteres bei den Interactive Achievement Awards 1999 gleich sechs Auszeichnungen abgestaubt hatte, war „The Wind Waker“ bei der 2004er-Ausgabe der Branchen-Preisverleihung zwar neun Mal nominiert, erhielt aber einzig den Preis für „Outstanding Achievement in Art Direction“.

In der GameCube-Fassung von „The Wind Waker“ ermöglicht der Tingleceiver, den Game Boy Advance in das Spiel einzubinden (links, Mitte). Dieses Konzept wurde zur Grundlage des Ablegers „Four Swords Adventures“, der ausschließlich in der japanischen Version auch ein grob an „The Wind Waker“ angelehntes Spiel namens „Navi Trackers“ umfasst (rechts).

Navi Trackers: die unbekannte Fortsetzung

Vermutlich wissen nicht viele, dass „The Wind Waker“ eines der wenigen GameCube-Spiele ist, die sich mit einem Game Boy Advance verbinden lassen. Die GBA-GameCube-Konnektivität kommt für den sogenannten „Tingleceiver“ zum Einsatz. Benutzt man dieses Item, dann wird auf dem angeschlossenen Handheld eine Karte eingeblendet – vom Prinzip her erinnert das Ganze an das spätere GamePad der Wii U. Mit dem Tingleceiver kann Link mit Tingle in Verbindung treten und kleine zusätzliche Inhalte sowie Items erhalten.

Die Symbiose von GBA und GameCube machte Nintendo sich auch für das nächste „Zelda“ zunutze, das irgendwo zwischen Hauptteil und Spin-off angesiedelte Mehrspielerabenteuer „Four Swords Adventures“ von 2004. Mit seinem Vorgänger „The Wind Waker“ hat der Titel bei uns wenig zu tun – ganz anders aber in der japanischen Version: Ausschließlich dort umfasst „Four Swords Adventures“ einen Modus namens „Navi Trackers“, in dem sich die Spielenden in Labyrinthen auf die Suche nach Tetras Piratencrew begeben. Hier gibt es sogar umfangreiche Sprachausgabe für Tetra und andere Figuren. Die „Handlung“ dahinter, obgleich kaum kanonisch, findet direkt nach den Ereignissen von „The Wind Waker“ statt.

„Navi Trackers“ hat eine interessante Geschichte hinter sich. Es begann ursprünglich als Neuauflage von „Marvelous: Mouhitotsu no Takarajima“. Wenn euch der Name dieses SNES-Spiels von 1996 nichts sagt, ist das wenig verwunderlich – der Titel erschien exklusiv in Japan. Er war das Director-Debüt von Eiji Aonuma und sicherte ihm später einen Posten bei der Entwicklung von „Ocarina of Time“. Aus dem geplanten „Marvelous“-Remake wurde aus unbekannten Gründen ein „Zelda“-Spiel; Nintendo wollte es unter dem Namen „Tetra’s Trackers“ sogar eigenständig veröffentlichen. Daraus wurde aber nichts, wiederum aus unbekannten Gründen, und aus dem „Zelda“-Spin-off „Tetra’s Trackers“ wurde der Japan-exklusive Bonusbonus „Navi Trackers“. Im Spielcode finden sich aber noch Überreste aus der Phase als „Marvelous“-Remake.

Die Reise geht weiter

Wenige Monate nach „Four Swords Adventures“ wurde die „Zelda“-Reihe mit „The Minish Cap“ auf dem Game Boy Advance erneut fortgesetzt. Doch das nächste große 3D-Hauptspiel á la „The Wind Waker“ ließ noch auf sich warten. Hinsichtlich eines solchen Projekts hatte Aonuma unmittelbar nach Fertigstellung der japanischen Fassung von „The Wind Waker“ geäußert – auch unter dem Eindruck der äußerst arbeitsintensiven letzten Entwicklungsphasen –: „Es fällt mir schwer, auch nur an eine solche Möglichkeit zu denken.“ Wie häufig bei der Spieleentwicklung habe es aber auch diesmal viele Ideen und Konzepte gegeben, die man aus Zeitgründen nicht oder nicht wie gewünscht habe umsetzen können. Vor diesem Hintergrund halte er es „für möglich, wenn nicht wahrscheinlich, dass es ein weiteres GameCube-‚Zelda‘ geben wird“. Lachend fügte er hinzu: „Ob ich dabei allerdings der Director sein werde, weiß ich nicht.“

Bekanntlich hat es in der Tat ein zweites großes GameCube-„Zelda“ gegeben, und erneut übernahm Aonuma dabei die Projektleitung. Was Ende 2006 unter dem Titel „Twilight Princess“ parallel für den GameCube und die Nachfolgekonsole Wii auf den Markt kam, begann aber ursprünglich als direkte Fortsetzung zu „The Wind Waker“. Auch über den gleichen Cartoon-Grafikstil sollte „The Wind Waker 2“ verfügen. Wie Art Director Satoru Takizawa im „Zelda“-Artbook „Arts and Artifacts“ verriet, sollte der Nachfolger nicht mehr auf dem Ozean, sondern auf dem Land spielen. Bedenkt man, dass „The Wind Waker“ strenggenommen mit einem Cliffhanger endet, wird es sich tatsächlich um eine direkte Fortsetzung gehandelt haben.

Die Situation im Umfeld der Enthüllung von „Twilight Princess“ zeigt erstaunliche Parallelen zu jener bei „The Wind Waker“, nur genau umgekehrt: Wieder erzeugte Nintendo, wohl unbewusst, durch Ankündigungen eine bestimmte Erwartungshaltung bei Fans (damals: Space World 2000 mit dem realistischen „Zelda“-Video; diesmal: Ankündigung von „The Wind Waker 2“), der später die tatsächliche Enthüllung diametral entgegenlief (damals: die Cartoon-Optik von „The Wind Waker“; diesmal: das düster-realistische „Twilight Princess“).

Nintendo spielt erneut mit den Erwartungen

Schon früh sei geplant gewesen, so Takizawa weiter über „The Wind Waker 2“, dass Link diesmal wie auch in „Ocarina of Time“ auf einem Pferd sollte reiten können. Das funktionierte aber nicht so recht mit den stilisierten Proportionen von Toon-Link. Ein weiteres Problem: Offensichtlich war Nintendo namentlich in Nordamerika nicht ganz zufrieden mit den Verkaufszahlen von „The Wind Waker“. Dafür machte man zum Teil den kontroversen Grafikstil verantwortlich, der gerade ältere Spielerinnen und Spieler nicht anzusprechen schien. Die Entwicklerinnen und Entwickler von „The Wind Waker 2“ stießen bei der Fortführung des Cartoon-Grafikstils also auf innere und äußere Schwierigkeiten.

Dies führte, wie Aonuma 2007 bestätigte, schon Ende 2003 zu einem massiven Kurswechsel, weg vom Cartoon-Stil und hin zu dem seit Jahren gewünschten realistischen Grafikstil, durch den sich „Twilight Princess“ letzten Endes auszeichnen sollte. Doch noch Monate, nachdem diese Entscheidung intern gefällt worden war, sprach Nintendo in der öffentlichen Kommunikation von „The Wind Waker 2“; die Fortführung der umstrittenen Grafik schien also beschlossene Sache zu sein. Umso größer war dann die Überraschung, als der Konzern auf der E3 2004 mit dem ersten Trailer des späteren „Twilight Princess“ für herunterklappende Kiefer sorgte.

Was toon mit Link?

Interessanterweise hatte Miyamoto, der ja wie gesehen ursprünglich wenig begeistert war von der neuen Cartoon-Optik, zunächst seine Bedenken wegen des neuerlichen Umschwungs. Er sah inzwischen mehrere Vorteile des „Wind Waker“-Grafikstils. Ende 2002 hatte er in einem Interview geäußert, dass nun das Artwork endlich deutlich ähnlicher wie die Spielgrafik aussehen und sich die Grafikstile von „Zelda“-Titeln für Heimkonsolen und für leistungsschwächere Handheldgeräte annähern könnten. Es sei nun möglich, „denselben Link auf verschiedenen Plattformen zu sehen“.

Rückblickend liest sich das fast so, als habe man damals bereits geplant, den „Wind Waker“-Grafikstil künftig für die Handheld-Ableger der Reihe zu verwenden. In der Tat sollte es auf dem Nintendo DS mit „Phantom Hourglass“ von 2007 und „Spirit Tracks“ von 2009 genau dazu kommen. Da „Phantom Hourglass“ erneut auf einem großen Ozean spielt, ist die Idee eines „Wind Waker“-Nachfolgers gewissermaßen doch noch realisiert worden. Auch in der „Zelda“-Timeline ist das DS-Abenteuer unmittelbar nach dem GameCube-Titel angesiedelt. Daneben wurde Toon-Link als eigenständige Figur fester Bestandteil der Kämpferriege aus der Prügelspielreihe „Super Smash Bros.“

Abgesehen von den beiden DS-Titeln ist der „Wind Waker“-Stil in dieser Form allerdings nicht mehr Teil eines weiteren Spiels der optisch äußerst wandlungsfähigen „Zelda“-Reihe geworden. 2007 äußerte Aonuma zwar, dass er gerne für Wii ein neues „The Wind Waker“ entwickeln würde, doch sei ihm bewusst, dass er sich damit wohl nicht werde durchsetzen können. Mit „Skyward Sword“ schlug Nintendo dann 2011 einen Mittelweg zwischen dem stilisierten „The Wind Waker“ und dem realistischen „Twilight Princess“ ein, der leicht abgewandelt auch in „Breath of the Wild“ und „Tears of the Kingdom“ fortgeführt wurde.

Verschiedene Entwicklungsskizzen zu Link, die in „Hyrule Historia“ zu sehen sind. Was wohl die Geschichte hinter dem realistisch proportionierten, aber wenig interessiert dreinschauenden Link in der Mitte ist?

„Langsam und eintönig“

Ohne die gemischte Resonanz auf „The Wind Waker“ hätte es „Twilight Princess“ in dieser Form vermutlich nie gegeben. Ein solcher Fall ist keineswegs einmalig für die „Zelda“-Reihe; ähnlich sollte später „Breath of the Wild“ in bewusster Abgrenzung vom nicht unkontrovers aufgenommenen „Skyward Sword“ konzipiert werden.

Aonuma selber war zwar nicht der Ideengeber für Toon-Link, er scheint aber sehr an ihm gehangen zu haben. Es gibt allerdings eine Aussage von Aonuma, in der er sehr kritisch mit seiner Arbeit an „The Wind Waker“ ins Gericht geht. 2005 äußerte er in einem schwedischen Interview: „Am Ende der Entwicklung kämpften wir gegen die Zeit. Es gab Sachen, die ich zu genehmigen gezwungen war, obwohl es sich unvollständig anfühlte.“ Er benannte einen ganz konkreten Punkt: „Ich entschuldige mich dafür, dass wir die Triforce-Suche am Ende des Spiels nicht verbessert haben. Sie war langsam und eintönig.“

Eine zweite Chance für ein nicht perfektes Meisterwerk

„Ein verschobenes Spiel ist letztendlich gut, aber ein übereiltes Spiel ist für immer schlecht“: Das (zu Unrecht) Miyamoto zugeschriebene Zitat hat natürlich insofern recht, als dass sich grundlegende Mängel an einem Spiel, die sich einer zu knapp bemessenen Entwicklungszeit verdanken, im Nachhinein nicht mehr beheben lassen. Die einzige Chance – zumindest in der Ära vor dem heute omnipräsenten Update- und Patch-Wahn – ist eine Neuauflage des Spiels, bei der das Entwicklerteam im Idealfall einige der Probleme angehen kann. Diese Möglichkeit ergab sich für „The Wind Waker“ 2013 mit einem HD-Remake auf der Wii U, das unter anderem die umstrittene und auch von Aonuma selbst kritisierte Triforce-Suche etwas einfacher zu gestalten versuchte.

„The Wind Waker HD“ geht zurück auf frühe Experimente des „Zelda“-Teams mit der noch in der Entwicklung befindlichen Wii U. Es ging um die Frage, welcher Grafikstil sich für einen Serienableger auf Nintendos erster HD-Konsole am besten eignen würde. Im Zuge dieser Experimente entstand auch die „Zelda“-Tech-Demo von der E3 2011, die mit ihrem realistischen Grafikstil wieder einmal irreführende Erwartungen weckte. Probehalber übertrugen die Entwicklerinnen und Entwickler die Daten ihrer früheren Spiele in HD. Besonders tat sich dabei „The Wind Waker“ hervor.

Zwei der ersten Screenshots von „The Wind Waker HD“, mit denen Nintendo das Remake im Januar 2013 ankündigte.

Noch eindrucksvoller in HD

Takizawa, der seit „The Wind Waker“ als Art Director der Reihe fungiert, sprach im „Iwata fragt“-Interview davon, wie „überwältigend“ der Eindruck war, wie „natürlich“ Toon-Link in HD wirkte und wie verblüfft das Team war. Ein neues „Zelda“ für Wii U sollte freilich erst 2017, am Ende des Lebenszyklus der Konsole, erscheinen und einen neuartigen Grafikstil bieten. Der Eindruck, den die Experimente mit einer HD-Version von „The Wind Waker“ beim Team hinterlassen haben, muss aber so stark gewesen sein, dass Nintendo daraus eine eigenständige Veröffentlichung zu machen gedachte.

Der Öffentlichkeit präsentiert wurde „The Wind Waker HD“ erstmals Ende Januar 2013, und zwar innerhalb der wohl ankündigungsreichsten und spektakulärsten Ausgabe von „Nintendo Direct“ in der Geschichte des Formats. Unter dem Eindruck der schwachen Verkaufszahlen der neuen Wii U sah sich Nintendo damals unter starkem Zugzwang und musste unbedingt große neue Titel vorweisen. Eine der merklich frühen Ankündigungen war eben „The Wind Waker HD“, dass im Gegensatz etwa zu neuen „Super Mario“- und „Mario Kart“-Spielen nicht nur dem Namen nach, sondern immerhin mit ersten Screenshots angekündigt wurde.

Vom Konzept zum Spiel in einem halben Jahr

Viel mehr als diese Bilder hat das Projekt zum damaligen Zeitpunkt gar nicht umfasst. Der für die technische Umsetzung des Remakes zuständige Takuhiro Dohta erinnerte sich zurück: „Ich arbeitete gerade daran [an den Tests zu ‚The Wind Waker‘ in HD; Anm. d. Red.], als ich plötzlich eine E-Mail von Mr. Aonuma erhielt, der mich fragte, wie lange es wohl dauern würde, dies zustande zu bringen. Um ehrlich zu sein, hatten wir insgeheim schon damit gerechnet. Daher antwortete ich, dass wir es schaffen würden, um die Veröffentlichung bis zum Herbst 2013 zu ermöglichen.“ Bis aus den ersten Experimenten also das fertige „The Wind Waker HD“ wurde, dauerte es nur etwa ein halbes Jahr.

„Hätten sie mir gesagt, dass es länger dauert“, so äußerte Aonuma, „denke ich nicht, dass ich darauf bestanden hätte. Aber die Dauer von weniger als einem Jahr war schon ziemlich verlockend!“ Hinzu kam der Aspekt, dass das Team durch das Remake-Projekt wertvolle Erfahrung im Umgang mit HD-Grafik sowie mit den Möglichkeiten der Wii U würde sammeln können, die der Entwicklung des großen neuen „Zelda“-Spiels sehr zugute kommen könnte. „Ich ging sofort zu Mr. Miyamoto und fragte ihn, ob wir das machen könnten“, fuhr Aonuma fort. Die beiden sprachen über die voraussichtlich kurze Entwicklungszeit und über die mittlerweile stark zum Positiven gewandelte Resonanz zum Spiel innerhalb der „Zelda“-Fangemeinde. Auf dieser Grundlage gab Miyamoto grünes Licht für die Entwicklung.

Nicht nur ging die Entwicklung des Remakes schnell über die Bühne, sie erforderte auch nicht viele Mitwirkende. Im Gegensatz zu allen anderen „Zelda“-Remakes seit „Ocarina of Time 3D“ entstand „The Wind Waker HD“ zwar offiziell intern bei Nintendos „Zelda“-Abteilung. Allerdings waren tatsächlich nur drei interne Nintendo-Mitarbeiter involviert; unterstützt wurden sie von einigen externen Designerinnen und Designern. „Wir arbeiteten eine Methode aus, mittels derer man Daten für den Nintendo GameCube in Daten für die Wii U konvertieren und die Grafiken verbessern konnte, fast ohne dabei die 3D-Modelldaten anzurühren“, berichtete Dohta. Die rasche und unkomplizierte Entwicklung des Remakes wäre ohne die vergleichsweise simple Grafik mit ihren eher minimalistischen Texturen allerdings wohl kaum möglich gewesen.

Entwürfe zu Zelda/Tetra und der Piratencrew. Tetra wurde nach dem griechischen Zahlwort für „vier“ benannt – schlichtweg deswegen, weil es eines mehr ist als „tri“, das Zahlwort für „drei“, aus „Triforce“. Links Schwester Aril, die zweite wichtige weibliche Figur des Spiels, sollte übrigens ursprünglich „Maril“ heißen, in Kontinuität zu Marin aus „Link’s Awakening“ und Malon aus „Ocarina of Time“.

Ein gutes Spiel noch besser machen

Dohta war eines der Teammitglieder, die nicht bereits an der Entstehung des Originalspiels beteiligt gewesen waren. Dies gilt auch für Daiki Iwamoto, dem die Projektleitung für „The Wind Waker HD“ oblag. Er hatte gewissermaßen eine Außenperspektive auf das Spiel und konnte daher unbefangen dessen Schwächen identifizieren. „Er lieferte uns ein paar sehr harte Kommentare“, sagte Aonuma über ihn. Iwamoto selbst berichtete: „Also listete ich die Punkte auf, hörte mir an, was die Teammitglieder, die daran gearbeitet hatten, dazu zu sagen hatten und machte so die Stellen ausfindig, die noch angepasst werden mussten.“

„[N]ach den Anpassungen verbesserten sich diese Stellen dann dramatisch“, gestand Aonuma selbstkritisch ein – „so sehr, dass ich mich fragte: ‚Warum haben wir das eigentlich nicht gleich so gemacht?‘“ Dabei ging es anscheinend hauptsächlich um die zweite Hälfte des Spiels und damit auch um die berüchtigte Triforce-Suche. So konnte nun ein Kritikpunkt am Spiel verbessert werden, der Aonuma selber immer recht nahe gegangen war, wie er äußerte: „Diese Kritik, die erste Hälfte sei perfekt, während die zweite Hälfte viel zu schwer war, hat mir immer wehgetan.“

Eine bessere Spielerfahrung dank Wii-U-Funktionen

Dank des Wii-U-GamePad sind Menü und Karte im Remake nahtlos in den Spielablauf integriert, und ein optionales schnelleres Segel macht die Fortbewegung über den Ozean deutlich flotter. Hinzu kommt optionale Bewegungssteuerung etwa für das Zielen mit Pfeil und Bogen oder für das Fernglas. Der Tingleceiver wich einem Item, mit dem über das hauseigene soziale Netzwerk „Miiverse“ Nachrichten abgesetzt werden konnten, die in der Spielwelt dann als Flaschenpost auftauchten – eine charmante Idee, wenigstens bis zur Abschaltung des Systems Ende 2017. Neben diesen Änderungen, die für mehr Komfort und eine deutlich rundere Spielerfahrung sorgen, wurde natürlich die Grafik HD-generalüberholt und erhielt eine stark verbesserte Beleuchtung. Musik und Ton blieben hingegen, wie es für Remakes von Nintendo-Spielen meist der Fall ist, weitestgehend unangetastet.

Weitere Konzeptskizzen aus der Entwicklung des Spiels, abgedruckt in „Hyrule Historia“. Diese Eindrücke scheinen nirgendwo im Spiel aufgegriffen worden zu sein.

Kein Reinfall – und doch Luft nach oben

Als „The Wind Waker HD“ Ende September bzw. – in Nordamerika und Europa – Anfang Oktober 2013 auf den Markt kam, schien sich jene Situation zu wiederholen, die sich zwei Jahre zuvor rund um den Nintendo 3DS und „Ocarina of Time 3D“ ergeben hatte: Erneut half das Remake eines „Zelda“-Klassikers einer schwächelnden neuen Nintendo-Konsole auf die Beine. Zusammen mit einer Preissenkung der Wii U sorgte „The Wind Waker HD“ für einen deutlichen Anstieg in den Verkaufszahlen der Tablet-Konsole. Insgesamt verkaufte sich die Neuauflage 2,37 Millionen Mal – das reicht knapp für den neunten Platz auf der Liste der erfolgreichsten Wii-U-Titel.

Immerhin: „The Wind Waker HD“ ging deutlich häufiger über die Ladentheken als die Wii-U-Version von „Breath of the Wild“. Auch „Twilight Princess HD“, das Nintendo beim externen Studio Tantalus Media entwickeln ließ und das Anfang 2016 für Wii U erschien, konnte HD-Toon-Link nicht das Wasser reichen. Allerdings ist „The Wind Waker HD“ ja einer der frühen Titel für die Konsole, war also über einen deutlich längeren Zeitraum erhältlich. So steht zu vermuten, dass wohl einige weitere Millionen Spielerinnen und Spieler die Weiten des Ozeans hätten erkunden können, wäre das Remake später auch für die ungleich erfolgreichere Nintendo Switch erschienen. Neben „Xenoblade Chronicles X“ ist „The Wind Waker HD“ tatsächlich einer der wenigen nennenswerten Wii-U-Exklusivtitel, die bislang nicht für Switch erhältlich sind.

Ein Klassiker wird 20

Die Veröffentlichung von „The Wind Waker HD“ ist nun zehn Jahre her, und das Originalspiel selber ist nunmehr 20 Jahre alt – älter, als die gesamte „Zelda“-Reihe anno 2003 war! In Anbetracht dieser Zeitverhältnisse ist es kaum verwunderlich, dass Links Seeabenteuer heute als absolutes Meisterwerk und immer noch spielenswerter Klassiker gehandelt wird. Welches der „klassischen“ 3D-„Zeldas“ als das beste zu gelten hat, ist zwar in Fankreisen sehr umstritten, doch „The Wind Waker“ ist für viele Fans ein guter Anwärter auf den Titel.

Letztlich ist es gerade die einstmals umstrittene Cartoon-Optik, die den Titel so außergewöhnlich, aber auch zeitlos macht. Doch auch die offene Erkundung eines großen Ozeans ist ein Alleinstellungsmerkmal; ein ähnliches Gefühl von Freiheit hat „Zelda“ erst wieder mit „Breath of the Wild“ vermittelt. Und dann wäre da noch Toon-Link, der mit den DS-Nachfolgern und seinen „Super Smash Bros.“-Auftritten ein Eigenleben entwickelt hat.

Bekannte Welten, aber auch neue Ufer: Die „Zelda“-Reihe ist vielseitig und unvorhersehbar. Doch dass das Entwicklerteam eine bekannte und beliebte Spielwelt einfach buchstäblich versenkt und anstelle des von Fans ersehnten und vom Konzern angedeuteten realistischen Grafikstils, der die Designerinnen und Designer schlichtweg langweilt, eine bunte Cartoon-Optik etabliert, und das anfänglich sogar gegen den Willen des „Zelda“-Erfinders – einen mutigeren Schritt hat es in der langen Geschichte der Serie nicht gegeben.

Quellen für alle drei Teile der Reportage: „Spaceworld 2001: Miyamoto Explains Zelda Redesign Decision“, IGN, 23. August 2001; japanisches Interview mit Shigeru Miyamoto und Yuji Naka, Dezember 2001, übersetzt von shmuplations.com; „Miyamoto Talks Zelda, Mario“, IGN, 19. Februar 2002; japanisches Interview mit Shigeru Miyamoto und Eiji Aonuma auf einer Pressekonferenz von Ende 2002, offizielle Übersetzung von Nintendo bei gamecubicle.com; Interview aus einem japanischen Lösungsbuch von 2002, übersetzt von glitterberri.com; Ellie Gibson: „Zelda producer slags own game“, Eurogamer, 25. Juli 2005; „Iwata fragt: The Legend of Zelda: The Wind Waker HD“, Nintendo.de, 2013; Keza MacDonald: „The Story of Zelda: Wind Waker“, IGN, 25. Oktober 2013; The Cutting Room Floor. Sehr viele wertvolle Informationen aus der Entwicklung von „The Wind Waker“ stammen aus zeitgenössischen japanischen Entwicklerinterviews, die bis vor kurzem nicht bekannt waren und vom „YouTube“-Kanal „DidYouKnowGaming“ zugänglich gemacht wurden. Siehe dazu das – trotz des aufreißerischen Titels – sorgfältig recherchierte Video „Miyamoto Hated Wind Waker's Graphics (Exclusive)“.

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