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Mario Kart Wii

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Inside Nintendo 213: Rennaction, die bewegt: Die Entwicklung von Mario Kart Wii

Leider haben wir es nicht rechtzeitig über die Ziellinie geschafft: Eigentlich hat „Mario Kart Wii“ schon vor einigen Monaten Jubiläum gefeiert. Genauer gesagt war es im April 2023, dass sich die Markteinführung des beliebten Rennspiels zum 15. Mal jährte. Gemäß dem Motto „besser spät als nie“ lassen wir uns davon nicht aus der Bahn werfen und holen den runden Geburtstag des Wii-Klassikers nach. Begeben wir uns also auf die Spuren der Entwicklung des erfolgreichsten und wohl auch besten Teils der Reihe vor „Mario Kart 8 Deluxe“.

Im Windschatten eines Verkaufserfolgs

Obwohl sich die „Mario Kart“-Reihe seit ihren Ursprüngen auf dem SNES im Jahre 1992 ununterbrochen großer Beliebtheit erfreut, hat sie sich in der letzten Zeit recht rar gemacht. Seit „Mario Kart 8“ ist kein völlig neuer Hauptableger mehr auf den Markt gekommen – das ist nun zehn Jahre her. Dagegen erschienen zwischen 2001 und 2011, also ebenfalls innerhalb von zehn Jahren, nicht weniger als fünf neue Hauptteile („Super Circuit“ 2001 für den GBA, „Double Dash!!“ 2003 für den GameCube, „Mario Kart DS“ 2005, „Mario Kart Wii“ 2008 und „Mario Kart 7“ 2011 für den 3DS). Eine neue Nintendo-Konsole war ohne brandneues „Mario Kart“ schlichtweg nicht denkbar. Als die Wii angekündigt wurde, war daher den Fans klar, dass ein „Mario Kart“ für die Konsole so sicher wie das Amen in der Kirche sein würde.

Tatsächlich dürfte die Entwicklung von „Mario Kart Wii“ denn auch unmittelbar nach Fertigstellung des DS-Teils begonnen haben (über dessen Entstehung erfahrt ihr alles in „Inside Nintendo 182: Wie Mario Kart DS mobilen Rennspiel-Spaß in die ganze Welt brachte“). „Mario Kart DS“ hatte im November 2005 wichtige Neuerungen mitgebracht, darunter Onlinefunktionen und Retrostrecken. Diese sinnvollen Elemente stießen auf positive Resonanz und durften im nächsten Teil nicht fehlen. Doch mit welchen komplett neuen Ideen sollte das Entwicklerteam diesmal für frischen Wind sorgen?

Halb so viele Räder, doppelt so viel Spaß

„Mario Kart“-Veteraninnen und -Veteranen werden nicht lange überlegen müssen: Die zentralen Innovationen des Wii-Teils waren Bikes und Stunts. Sie haben die Kernformel der Reihe wesentlich bereichert und nachhaltig geprägt, waren aber keineswegs einfach ein spontaner Einfall. Bereits seit der Zeit von „Double Dash!!“ hatte Serienproduzent Hideki Konno versucht, Ideen rund um BMX-Räder umzusetzen. „Um ehrlich zu sein, könnte diese Entscheidung durch meine eigenen Hobbys beeinflusst worden sein“, erklärte er im „Iwata fragt“-Interview zu „Mario Kart Wii“. „Ich liebe BMX-Räder und Snowboarding.“ Allerdings stieß die Idee innerhalb von Nintendo zunächst auf wenig Gegenliebe und wurde Konno zufolge „gnadenlos abgelehnt“. Der Grund? „[M]an glaubte, Mario auf einem Zweirad wäre keine so gute Idee.“

Angesichts der unzähligen Berufe, Rollen und Sportarten, denen der Klempner im Laufe seiner Karriere nachgegangen ist, erscheint der Einwand sehr fragwürdig. Offenbar hatte sich schon während der Entwicklung von „Mario Kart DS“ die Stimmung aber zum Positiven gewandelt, denn Konno erklärte: „Als wir an der DS-Version gearbeitet haben, wollten wir Elemente aus Extremsportarten einbauen, damit die Spieler sich mal so richtig austoben können.“ Daraus wurde allerdings nichts. Aus Zeitgründen hatte das „Mario Kart DS“-Team so manche Idee aufgeben müssen; im Falle der Extremsportelemente sprach Konno nur allgemein davon, dass es „nicht leicht“ gewesen sei, diese in einem Handheld-Titel zu integrieren. Damals habe man sich aber vorgenommen, die Idee im Wii-Teil endlich umzusetzen.

Diese Skizzen aus der Entwicklung des Spiels zeigen Entwürfe zu den Strecken „Luigis Piste“ und „Staubtrockene Ruine“. Sie wurden im Nintendo Company Guide 2009 veröffentlicht.

Es wird extrem!

Bereits 2005 hatte Konno für das neue Spiel den Namen „Mario Kart X“ ausgesucht, wobei „X“ für „extrem“ stehen und den Fokus auf Extremsportarten andeuten sollte. Demnach stand dieses Konzept von Anfang an im Mittelpunkt der Entwicklung. Dass das Spiel schlussendlich allerdings unter dem Namen „Mario Kart Wii“ auf den Markt kam, hängt damit zusammen, dass Nintendo 2006 einen weiteren wichtigen Wii-Titel mit der gleichen Namensidee ankündigte, nämlich „Super Smash Bros. Brawl“, das in Japan auf den Namen „Super Smash Bros. X“ hört.

Bessere Kommunikation dank zeitgemäßerem Onlinemodus

Nicht nur die ursprünglich angedachten Extremsportelemente, auch die Onlinefunktionen – damals ein völliges Novum für die Reihe – hatte das Entwicklerteam bei „Mario Kart DS“ nicht vollständig wie geplant umsetzen können. Der Onlinemodus war sogar erst gegen Ende der Arbeiten integriert worden. Wegen der Zeitknappheit, aber auch in Ermangelung an Erfahrung mit Onlinekomponenten waren dabei viele Abstriche erforderlich. Beispielsweise konnten online maximal vier Personen gegeneinander antreten. Konno äußerte außerdem, dass er gerne auch Funktionen wie ein Rangsystem oder eine Möglichkeit zum Austausch von Geistdaten integriert hätte.

„Mario Kart Wii“ war daher für Konno und sein Team die perfekte Gelegenheit, an dieser Stelle kräftig nachzulegen. Nun endlich konnte sich das Spiel online genau wie im lokalen Mehrspielermodus anfühlen. Das Entwicklerteam hob besonders den Aspekt hervor, dass nun nach jedem Rennen neue Spielerinnen und Spieler zu einer bestehenden Lobby hinzugefügt werden können. Damit sollte das Problem aus dem Onlinemodus von „Mario Kart DS“ beseitigt werden, dass die Lobby beständig kleiner wurde, wenn Spielerinnen und Spieler den Raum verließen. An diesem Beispiel wird bereits deutlich: Die meisten Neuerungen im Onlinemodus von „Mario Kart Wii“ betreffen Funktionen, die schon seit Langem unhinterfragter Standard sind.

Wie dem auch sei: Durch die massive Erweiterung der Onlinefunktionalität kam „Mario Kart“ dem eigenen Wesen noch ein Stück näher. Denn für Nintendo ist Kommunikation das heimliche Leitthema hinter der Erfolgsreihe. „‚Mario Kart Wii‘ ist im Grunde genommen ein Spiel, bei dem die Kommunikation und Interaktion mit Anderen im Vordergrund steht“, hob Produzent Shigeru Miyamoto diesen unscheinbar wirkenden Aspekt hervor. „Wenn Sie also eine Verbindung zur Wi-Fi Connection herstellen, werden Sie das Gefühl haben, dass ‚Mario Kart‘ vier Mal so groß ist wie früher.“

Prototypen des Wii Wheel. Das finale Modell ist schlicht weiß gefärbt, ebenso wie die Wii-Konsole selber sowie ihre ersten Zubehörteile wie Classic Controller oder Wii Zapper. Die große Bedeutung des Wii Wheel für „Mario Kart Wii“ zeigt sich bereits daran, dass es prominent auf dem Cover zum Spiel zu sehen ist.

Jetzt kommt Bewegung ins Spiel

Neben den Bikes, den Stunts und den erweiterten Onlinefunktionen spielt vor allem die Bewegungssteuerung eine wichtige Rolle in „Mario Kart Wii“. Zur Wii- und DS-Ära legte Nintendo großen Wert auf möglichst breite Zugänglichkeit. Neuartige Steuerungsschemata sollten Zielgruppen ansprechen, die von klassischen Controllern überfordert waren. Nachdem das Team in „Mario Kart DS“ den Touchscreen nur rudimentär eingebunden, die eigentliche Steuerung aber ganz klassisch ausschließlich über die Tasten abgewickelt hatte, kam bei dem neuen Wii-Projekt einer neuartigen, intuitiven Steuerungsmethode eine hohe Priorität zu.

Im Renngeschehen von „Mario Kart Wii“ wird der Bewegungssensor der Wii-Fernbedienung verwendet, um durch Schütteln des Controllers Stunts und, im Falle der Bikes, Wheelies auszuführen, die kleine Geschwindigkeitsschübe gewähren. Zusätzlich steht eine völlig optionale Steuerungsmethode zur Verfügung, bei der die Spielenden ihre Karts oder Bikes ähnlich wie mit einem echten Lenkrad durch Neigen der Wii-Fernbedienung lenken. Dazu passend brachte Nintendo einen neuen Controlleraufsatz auf den Markt, das Wii Wheel. „Ein Lenkrad ist an und für sich leicht zu verstehen“, erklärte Miyamoto. „Jeder weiß, wie man ein Lenkrad nach links dreht, um nach links zu fahren.“

Das (Lenk-)Rad neu erfinden

Projektleiter des Wii Wheel war Kenichiro Ashida aus Nintendos Hardwareabteilung Integrated Research & Development. Er berichtete, dass er Ende 2006 einen Anruf von Konno erhalten habe, in dem es um die Pläne für ein Lenkrad zu „Mario Kart Wii“ ging. Damals war die Wii gerade erst auf den Markt gekommen, doch Ashida, einer der wichtigsten Köpfe hinter der Konsole, konnte sich keineswegs eine Ruhepause gönnen, immerhin musste sich seine Abteilung nun um mehrere Zubehör-Projekte kümmern. „Wir hatten ja schon die Pläne für den Wii Zapper in den ersten Entwurfstufen“, erzählte er. „Da wurde auch ein Lenkrad erwähnt, nur hat noch niemand erwähnt, dass Prototypen entworfen werden sollen.“

Im Frühling 2007 wurde Ashida eingeladen, eine frühe Version von „Mario Kart Wii“ per Bewegungssteuerung mit einem probehalber von Konno gebastelten Lenkrad zu spielen. „Es enthielt die Wii-Fernbedienung und man konnte schon damit spielen“, erinnerte sich Ashida zurück. „Ich erlebte eine völlig neue Spielsteuerung und dachte instinktiv: ‚Das könnte wirklich funktionieren!‘“

Ashida zufolge dauerte es nicht lange, bis das endgültige Design des Wii Wheel feststand. Dennoch entstanden insgesamt ganze 30 verschiedene Prototypen, die das „Mario Kart Wii“-Entwicklerteam allesamt auf Herz und Nieren prüfte. Der erste Prototyp des Wii Wheel von Ashidas Team diente in erster Linie zur Klärung der Frage, wo die Wii-Fernbedienung am besten platziert werden soll und wie die Spielenden das Lenkrad optimal halten. Da damals noch nicht feststand, ob im Spiel die auf der Rückseite des Controllers befindliche B-Taste Verwendung findet, wies dieser Prototyp noch keinen Freiraum auf der Rückseite auf. Ein späterer Prototyp orientierte sich am eckigen Design von typischen Gokart-Lenkrädern, konnte aber nicht ganz überzeugen, sodass sich Nintendo wieder dem runden Design eines Auto-Lenkrads zuwandte.

Links drei Fotos des ersten Prototyps für das Wii Wheel; rechts der an ein Go-Kart-Lenkrad angelehnte spätere Prototyp.

Mission Impossible?

Abgesehen vom „Iwata fragt“-Interview, das nur wenige wirklich handfeste Informationen bietet, haben sich Nintendo-Mitarbeitende leider nicht näher zur Entwicklung von „Mario Kart Wii“ geäußert. Daher steht uns zum Entstehungsprozess des Spiels kaum Wissen aus erster Hand zur Verfügung. Dafür ist glücklicherweise die Menge an ungenutztem Material innerhalb der Spieldaten außergewöhnlich groß. Was Hacker ausfindig machen konnten, ermöglicht uns immerhin einige indirekte Rückschlüsse auf die Arbeit der Entwicklerinnen und Entwickler.

Die mit Abstand interessanteste Entdeckung ist ein verworfener Missionsmodus. „Mario Kart DS“ hatte als erster und bis heute einziger Teil der Reihe einen solchen Modus mit zusätzlichen Herausforderungen für Einzelspieler enthalten. Offenbar hat Nintendo etwas Ähnliches für „Mario Kart Wii“ vorgesehen, allerdings aus unbekannten Gründen die Pläne aufgegeben. Die im Spielcode enthaltenen Daten sind sehr fragmentarisch und erlauben nur noch grobe Rückschlüsse auf das, was hätte sein können. Allem Anschein nach ist zumindest ein Teil der Missionen in den Wettbewerben aufgegangen, die Nintendo von 2008 bis 2014 zwei Mal pro Monat über den „Mario-Kart-Kanal“ ausgetragen hat. Wenn das stimmt, dann ist der Missionsmodus nicht komplett verworfen worden, sondern nur zu den Wettbewerben umgearbeitet worden.

Auf der Strecke geblieben

Weitere interessante Funde in den Spieldaten von „Mario Kart Wii“ sind Charaktericons für Mutant-Tyranha und Koopa Paratroopa – zwei Figuren, die zuvor in „Double Dash!!“ spielbar gewesen waren – sowie für Hammer-Bruder und Mii Outfit C. Vermutlich waren diese vier Charaktere zu einem bestimmten Zeitpunkt der Entwicklung als Fahrer geplant. Es gibt auch einen Hinweis auf ein verworfenes Item, nämlich den aus „Double Dash!!“ bekannten Kettenhund. Dieser sollte ursprünglich auch in „Mario Kart DS“ auftauchen, war dort aber durch das neue Item Kugelwilli ersetzt worden. Auch in „Mario Kart Wii“ übernimmt dieses Raketen-Helferlein praktisch dieselbe Funktion wie der Kettenhund; vielleicht wurde er deswegen gestrichen.

Sodann gibt es zahlreiche Daten für frühere Versionen von Objekten, Karts und Bikes sowie Charakteranimationen. Nichts davon ist spektakulär; die Funde ermöglichen Interessierten allerdings, dem Entwicklerteam quasi beim Feinschliff des Spiels über die Schultern zu blicken. Einige dieser früheren Materialien sind sogar in vorgerenderten Filmsequenzen, die in den Menüs des finalen Spiels eingeblendet werden, zu sehen, auch wenn man sie kaum als solche erkennen kann.

Einige der Funde aus den Spieldaten: Neben Icons für drei verworfene Fahrer und das Kettenhund-Item sind frühe Modelle des Gumba sowie von zwei Fahrzeugen im Vergleich zu ihren finalen Versionen zu sehen (die frühere Version jeweils oben).

Auf den Spuren alter Pfade

Darüber hinaus enthält jede Kopie von „Mario Kart Wii“ zwölf ungenutzte Strecken. Anders als bei manch anderem „Mario Kart“-Teil handelt es sich dabei jedoch nicht um verworfene Kurse, sondern um frühere Versionen von bekannten Strecken mit nur geringfügigen Abweichungen sowie um Streckenvarianten, die für Filmsequenzen geplant waren, aber nie genutzt werden.

Bemerkenswert sind dabei zwei frühe Versionen von „GCN Marios Piste“, die anscheinend rückwärts gespielt werden. Lässt sich aus diesem Fund womöglich schließen, dass der „Reverse Cup“, ein ursprünglich für „Double Dash!!“ geplanter Modus, in dem die bekannten Strecken in umgekehrter Richtung gefahren werden, zurückkehren sollte? Und wo wir gerade bei einer „Double Dash!!“-Retrostrecke sind: „GCN Marios Piste“ und auch „GCN DK Bergland“ wirken in den früheren Versionen, die in den Spieldaten enthalten sind, als seien sie unmittelbar aus dem GameCube-Titel importiert worden. Offenbar hat Nintendo diese Retrostrecken also nicht von Grund auf neu umgesetzt, sondern die Originaldaten übernommen und dann leicht abgeändert.

Ein eingespieltes Team

Richten wir unseren Blick nun von den Spieldaten auf jene Menschen, die sie erstellt haben. Von der Planung und dem Gamedesign über die Programmierung bis hin zu Grafik und Ton entstand „Mario Kart Wii“ vollständig bei Nintendos interner Entwicklungsabteilung Entertainment Analysis & Development. Das Entwicklungsteam umfasste laut Abspann etwa 60 unmittelbar Mitwirkende. Viele von ihnen waren auch an den vorherigen Ablegern „Double Dash!!“ und „DS“ beteiligt, so etwa die beiden leitenden Streckendesigner Hirotake Otsubo und Yoshihisa Morimoto. Erstmals an einem „Mario Kart“ mitgearbeitet hat dagegen Kosuke Yabuki, einer der Planer des Spiels – er stieg später zum Projektleiter der Nachfolger „Mario Kart 7“ und „Mario Kart 8“ auf.

Der schon mehrfach erwähnte Konno fungierte als Produzent und war 16 Jahre zuvor Co-Director des Serienerstlings gewesen. Neben ihm war der an den Filmsequenzen beteiligte Naoki Mori das einzige Mitglied des „Mario Kart Wii“-Teams, das auch am 1992 veröffentlichten Original mitgewirkt hatte. Die eigentliche Projektleitung von „Mario Kart Wii“ hatte nicht Konno selber inne, sondern Yasuyuki Oyagi. Er saß zuvor schon bei den GameCube- und DS-Teilen mit im Regiestuhl, hielt diesmal aber völlig allein die Zügel in der Hand.

Eine weitere wegweisende Innovation von „Mario Kart Wii“ war die Option, sein eigenes Mii als Spielfigur zu verwenden. „Mario Kart“-Fahrerinnen und -Fahrer von außerhalb des „Mario“-Universums hatte es bis dahin mit Ausnahme von R.O.B. in „Mario Kart DS“ nicht gegeben. „Wir waren der Meinung, dass, wenn nur Mii-Charaktere am Start wären, es sich nicht wie ein echtes ‚Mario Kart‘-Spiel anfühlen würde“, erklärte Konno. „Das ist auch der Grund, warum die Mii-Charaktere später ausgewählt werden können.“ Scherzend fügte Miyamoto hinzu: „Vielleicht hätten wir das Spiel aber doch als Mii Kart herausbringen sollen? Wir könnten jeden überraschen, indem wir Mario mitten im Spiel als freischaltbaren Charakter einbauen würden.“

Die Notenlenker

Die Musik von „Mario Kart Wii“ stammt aus der Feder von Asuka Hayazaki und Ryo Nagamatsu. Hayazaki hatte zuvor unter anderem an den Soundtracks von „New Super Mario Bros.“ und „The Legend of Zelda: Twilight Princess“ mitgewirkt (in den Abspännen als Asuka Ohta aufgeführt). Sie ist bis heute bei Nintendo aktiv und komponierte beispielsweise für „Zelda: Spirit Tracks“, „Super Mario 3D Land“ sowie „Pikmin 3“ und „Pikmin 4“. Innerhalb der „Mario Kart“-Reihe wirkte sie nur noch an der Musik für die neuen Inhalte von „Mario Kart 8 Deluxe“ mit.

Nagamatsu war vor „Mario Kart Wii“ an der Musik von „Wii Play“ und „Big Brain Academy: Wii Degree“ beteiligt. Er machte sich in den folgenden Jahren als alleiniger Komponist von „Wii Sports Resort“, „Nintendo Land“, „Zelda: A Link Between Worlds“, „Zelda: Tri Force Heroes“ und „Zelda: Link’s Awakening“ (Switch-Remake) einen Namen. Dass größere Spielesoundtracks von nur einer Person komponiert werden, ist heutzutage eine echte Seltenheit! Darüber hinaus wirkte Nagamatsu an Titeln wie „Super Mario Galaxy 2“, „Splatoon 2“ sowie „Splatoon 3“ mit und gehörte innerhalb der „Mario Kart“-Reihe noch zum Musikteam hinter „Mario Kart 8“. Im April 2023 hat er Nintendo verlassen und ist seither freiberuflich tätig – auch das kommt relativ selten vor.

Auf der Zielgeraden

Insgesamt scheint die Entwicklung von „Mario Kart Wii“ reibungslos über die Bühne gegangen zu sein. Am Ende des „Iwata fragt“-Interviews betonten die Beteiligten sogar eigens, dass es während der Arbeiten nicht zum berüchtigten „Umwerfen des Teetisches“ gekommen sei. Diese Metapher bezeichnet Miyamotos Eigenart, ein Spiel meist gegen Ende seiner Entwicklungsphase noch einmal gehörig umzukrempeln.

„Mario Kart Wii“ wurde auf der E3 2007 zusammen mit dem Wii Wheel angekündigt. Einige wichtige Neuerungen des Spiels hielt Nintendo damals noch unter Verschluss. So gab der Konzern erst auf einer Herbstkonferenz im Oktober 2007 die Implementierung von Bikes sowie die gegenüber früheren Ablegern gesteigerte Anzahl von zwölf Fahrern pro Rennen bekannt. Auf den Markt kam das Spiel in allen großen Regionen im April 2008, angefangen in Japan am 10. April. In Europa war es einen Tag darauf so weit.

Auf der E3 2007 enthüllte Nintendo „Mario Kart Wii“. Wie man in diesem Videomitschnitt merkt, war die unmittelbare Resonanz ziemlich verhalten. Übrigens: Im präsentierten Material ist deutlich zu sehen, dass die Beschleunigungsstreifen in frühen Versionen des Spiels noch einen durchgängigen Regenbogen-Farbverlauf hatten. In der finalen Version haben sie stattdessen einen rosa-rot-orange-gelben Farblauf – anders aber in der Strecke „Kokos-Promenade“, wo aus welchem Grund auch immer die frühere Version der Regenbogenstreifen beibehalten worden zu sein scheint.

Ein Goldpokal für Mario Kart Wii

„Mario Kart“ ist eine der beliebtesten und erfolgreichsten Nintendo-Reihen. Bedenkt man zusätzlich, dass der Wii-Ableger so viel Abwechslung mit sich brachte wie kein vorheriger Teil der Reihe, sich durch noch größere Zugänglichkeit auszeichnete und endlich halbwegs zeitgemäße Onlinefunktionen bot, so ist es wenig verwunderlich, dass die Markteinführung des Titels gleichsam mit einem Turbostart erfolgte. Allein bis Ende Juli 2008 wurden fast 6,5 Millionen Einheiten abgesetzt.

Wie für einen wahren Nintendo-Erfolg üblich, verkaufte sich „Mario Kart Wii“ noch Jahre nach seiner Veröffentlichung blendend. Noch im Zeitraum von April 2013 bis März 2014 wanderten 1,27 Millionen Exemplare über die Ladentheken. Im April 2014 – kurz vor dem Marktstart von „Mario Kart 8“ – stellte Nintendo die Wi-Fi Connection ein, womit sämtliche Onlinefunktionen des Spiels ein Ende fanden. Dennoch kamen in der darauffolgenden Zeit noch knapp zwei Millionen weitere Verkäufe hinzu.

Insgesamt brachte Nintendo offiziellen Angaben zufolge 37,38 Millionen Exemplare des Spiels auf der ganzen Welt unters Volk. Mit diesem Ergebnis ist „Mario Kart Wii“ das zweiterfolgreichste Wii-Spiel, überboten nur von „Wii Sports“. Außerdem konnte es einige Zeit lang den Titel des erfolgreichsten Rennspiels aller Zeiten für sich beanspruchen, bis es von „Mario Kart 8 Deluxe“ von der Spitze des Siegertreppchens gestoßen wurde.

Das Warten auf das nächste Rennen

„Mario Kart Wii“ war nicht nur sehr lukrativ für Nintendo, es drückte der beliebten Rennspielreihe auch nachhaltig seinen Stempel auf. Alle zentralen Neuerungen des Spiels gingen in die nachfolgenden Hauptteile der Reihe ein, außerdem feierten einige beliebte Strecken als Retropisten ein Comeback. Führt man sich vor Augen, wie schnell, routiniert und reibungslos die Entwicklung von „Mario Kart Wii“ vonstattenging, so stellt sich für Serienfans allerdings eine große Frage. Denn seit Erscheinen des Klassikers vor nunmehr 16 Jahren hat es nur sage und schreibe zwei neue Hauptteile gegeben. Warum also hapert es in den letzten Jahren so sehr an Nachschub?

Wer sich an „Mario Kart 8 Deluxe“ und den eher mäßig überzeugenden Inhalten des „Booster-Streckenpass“ sattgesehen und -gespielt hat, kann die Wartezeit auf das doch wohl unvermeidliche „Mario Kart 9“ überbrücken, indem er oder sie mal wieder die älteren Teile auspackt. „Mario Kart Wii“ dürfte insgesamt der beste der früheren Teile sein. Auch wenn die Online-Komponente seit nun gut zehn Jahren – zumindest offiziell – nicht mehr unterstützt wird: Allein und noch mehr mit Freunden bietet „Mario Kart Wii“ heute noch ebenso bewegende Rennaction wie vor knapp 16 Jahren.

Skizzen aus der Entwicklung des Spiels, veröffentlicht im Nintendo Company Guide 2009. Ganz links sind zwei frühe und zwei verworfene Bikes (Mecha-Koopa und Lakitus Wolke) zu sehen.

Quellen: „Iwata fragt: Mario Kart Wii“, Nintendo.de, 2008; The Cutting Room Floor.

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