Inside Nintendo 156: Die 3DS-Reportage, Teil 5: Eine Hardware-Familie auf Erfolgskurs (2012–2017)

Nachdem der Nintendo 3DS 2011 trotz großer anfänglicher Begeisterung einen holprigen Marktstart hingelegt hatte, vermochte Nintendo im Laufe des Jahres aber noch das Steuer herumzureißen. Doch das war erst der Anfang des Lebenszyklus des 3DS. In den folgenden Jahren sollte sich der Nintendo-Handheld noch zu einem großen Erfolg mausern. Einen nicht unerheblichen Beitrag leisteten dazu die insgesamt fünf Hardware-Updates. Sie stehen im Mittelpunkt dieses fünften Teils unserer 3DS-Reportage.

Ein handlicher Handheld

Da Nintendo bei seinen Handhelds eine lange Tradition der Revisionen pflegt, schien es auch beim 3DS nur eine Frage der Zeit zu sein, bis der Konzern ein neues Modell auf den Markt bringen würde. Viele Fans rechneten mit einer XL-Variante, ähnlich dem Anfang 2010 veröffentlichten Nintendo DSi XL. Wie wir aber in „Inside Nintendo 111“ festgestellt hatten, war ein solcher Riesen-Handheld damals für Nintendo wie auch für die Spielebranche Neuland. Anders als aus heutiger Sicht war eine XL-Revision also alles andere als selbstverständlich.

Vielleicht erklärt das, warum Nintendo der Idee eines vergrößerten 3DS-Modells in öffentlichen Äußerungen zunächst ablehnend gegenüberstand. „Der DSi XL war mit seinem sehr großen Bildschirm sehr wirkungsvoll, aber das Konzept des 3DS sieht vor, dass die Leute ihn aus dem Haus mitnehmen und mit sich führen“, erklärte Hardware-Produzent Hideki Konno Mitte 2010 zur Weltpremiere des 3DS. „Wenn wir ihn zu groß machen, könnten die Kunden so ein schweres Ding womöglich nicht in ihren Taschen tragen. Wir wollten ihn kompakt machen.“

Nichts Neues am Horizont?

Aber auch einer schlankeren Revision erteilte Nintendo zunächst eine Absage. Anfang 2011 erklärten die Hardwaredesigner in einem Interview, dass sie von den Erfahrungen mit dem DS Lite profitiert und so den 3DS von Anfang an so dünn wie möglich gemacht hätten. Sie zitierten Nobuo Nagai, den Anfang 2012 verstorbenen Leiter von Nintendos Uji-Produktionsstätten, der bei der Inspektion des 3DS gesagt haben soll: „Diesmal ist die Konsole gleich von Beginn an vollgepackt.“ Hardwaredesigner Kenichi Sugino fügte hinzu: „Deshalb haben wir auch keine kurzfristigen Pläne für eine kompaktere Version des Nintendo 3DS in der Schublade, so wie wir sie für den Nintendo DS Lite hatten.“

Diese Aussagen werden sicher in erster Linie marktstrategischen Zwecken gedient haben – Nintendo wollte vermeiden, mit der Möglichkeit eines baldigen besseren Modells interessierte Kunden vom Kauf eines aktuellen 3DS abzuschrecken. Doch da Hardwareentwicklung ein umfangreicher Prozess ist und langfristig geplant werden muss, können wir sicher sein, dass Nintendo damals längst an neuen Modellen tüftelte. Schließlich kam Mitte 2012 schon der Nintendo 3DS XL heraus. Und in dessen Entstehung ist sehr viel Arbeit geflossen.

Links: Dieses nicht im Handel erhältliche durchsichtige Modell zeigt das Innenleben eines Nintendo 3DS XL; zu sehen ist im Detail, wie die drei Flexiblen Leiterplatten durch das Gelenk geführt werden. Rechts: Diese Abdeckung sorgt dafür, dass der Bildschirm des 3DS XL weniger stark reflektiert.

Maxihandheld zum Minipreis

Der Projektleiter des Nintendo 3DS XL, Kazunori Koshiishi, erzählte: „Aus meiner eigenen Perspektive war es so, dass ich miteinbezogen wurde, als unsere Abteilung nach einer internen Besprechung gefragt hat: ‚Können wir den Nintendo 3DS XL im Jahr 2012 herausbringen?‘“ Auch die Bildschirmmaße der XL-Variante standen schon früh fest. Ein erstes Arbeitsmodell entstand, indem LCD-Bildschirme mit der angestrebten Diagonale von 4,88 Zoll an die Technik eines Standard-3DS angeschlossen wurden.

Aus dem zu hohen Startpreis für den 3DS schien Nintendo entsprechende Lehren gezogen zu haben und visierte für den 3DS XL einen Preis von unter 20.000 Yen an. Einen so großen Handheld zu einem solchen Preis zu produzieren, war aber keine einfache Sache. „Das konnten wir nur erreichen, weil wir alle möglichen neuen Sachen ausprobiert haben“, meinte Takashi Murakami, der am mechanischen Design mitwirkte. „Das umfasst auch eine Menge Firmengeheimnisse, ich kann also nicht zuviel verraten!“

Millimeterarbeit

Hinzu kamen grundsätzlichere Probleme. Größere Bildschirme erfordern mehr Stromleistung für die Hintergrundbeleuchtung, was einen größeren Akku nötig macht, der wiederum das Gewicht des Geräts zusätzlich erhöht. Die Entwickler tüftelten daher viel am Stromverbrauch der großen Bildschirme herum, sodass deren Spezifikationen selbst Ende 2011, also ein halbes Jahr vor der Markteinführung, noch nicht endgültig feststanden. Ferner ist der Rahmen, der den Bildschirm umgibt, diesmal deutlich schmaler als bei vorherigen Nintendo-Handhelds, wozu wiederum kleinere Lautsprecher eingebaut werden mussten. Und um ein noch dünneres Gehäuse zu ermöglichen, kam ein anderer Kunststoff als beim Basis-Modell zum Einsatz.

Dies sind nur wenige von vielen Beispielen dafür, wie viel Arbeit Nintendo in die Gestaltung des 3DS XL investiert hat. Der XL-Zusatz war schließlich kein Freifahrtschein für ein unhandliches und schweres Gerät; die Konsole sollte weiterhin für den Mobilbetrieb ausgelegt sein. Schlussendlich waren die Designer stolz darauf, dass der finale 3DS XL ohne Abstützungen nur 0,1 Millimeter dicker als der Basis-3DS ist. „Aber dieser 0,1 Millimeter wurmt uns schon!“, fügte Murakami hinzu. Daher fasste es der damalige Nintendo-Präsident Satoru Iwata so zusammen: „Solche Geräte sind wirklich wie ein Puzzle, wo es auf präzise Kalkulationen ankommt.“

Fünf wichtige Gesichter hinter dem 3DS XL, v. l. n. r.: Kazunori Koshiishi leitete wieder das mechanische Design und war Projektleiter; Shoya Tanaka aus der Systemsoftware-Entwicklungsgruppe war zuständig für die Organisation der Software; Takashi Murakami wirkte am mechanischen Design mit und war unter anderem verantwortlich für Bildschirme, Touchscreen, Bildschirmabdeckung und Belastbarkeit; Kumpei Fujita kümmerte sich besonders um Klang und Lautsprecher; Junichiro Miyatake war ebenfalls am mechanischen Design beteiligt.

Entspiegelung und Ladehemmung

Abgesehen von der Vergrößerung der Bildschirme und der leichten Umgestaltung des Gehäuses hat Nintendo dem 3DS XL kaum Neuerungen verpasst. Während damals der DSi gegenüber dem Ur-DS völlig neue Hardwarefeatures und Systemfunktionen erhalten hatte, sind das technische Innenleben sowie das Betriebssystem der ersten 3DS-Revision gegenüber dem Grundmodell identisch. Dafür kümmerte sich Nintendo darum, dass die Bildschirme weniger spiegeln. „Die Reflexivität lag beim Nintendo 3DS bei ungefähr 12%, aber diesen Wert haben wir auf ungefähr 3% reduzieren können“, berichtete Murakami.

Dies werden die meisten Spieler als Verbesserung wahrgenommen haben – anders als das fehlende Netzteil. Anstelle wie ursprünglich geplant ein neues Netzteil herzustellen, wiederverwendete Nintendo für den 3DS XL schließlich jenes des Grundmodells. Und da das 3DS-Netzteil seinerseits bereits identisch mit jenen von DSi und DSi XL ist, ging der Konzern davon aus, dass die meisten Spieler bereits ein passendes Netzteil ihr eigen nennen, und strich ein solches dann aus dem Lieferumfang des 3DS XL. Natürlich bot Nintendo ein 3DS-XL-Netzteil zum separaten Kauf an, dennoch ist diese Entscheidung recht heftig kritisiert worden.

Vorboten eines neuen Geräts

Innerhalb von Nintendo war der 3DS XL ein Top-Secret-Projekt, das in vielen Aspekten firmenintern geheim gehalten wurde. „Wenn man miteinander telefoniert, könnten andere Leute etwas mitkriegen, deshalb haben wir hauptsächlich Emails geschrieben“, verriet ein Mitwirkender namens Shoya Tanaka. Diese Mühen gestalteten die Kommunikation natürlich als ziemlich schwierig, da an einem solchen Projekt viele verschiedene Abteilungen involviert sind. Und überdies konnte nicht verhindert werden, dass Nintendo – wenigstens ein bisschen – Leck schlug.

Trotz des frühen Dementis von der E3 2010 war natürlich viel über eine XL-Variante des 3DS spekuliert worden. Handfeste Gerüchte kamen schließlich Anfang Juni 2012 auf. Die japanische Tageszeitung Nikkei berichtete, dass Nintendo eine vergrößerte 3DS-Version mit einem 4,3-Zoll-Bildschirm gegenüber den ursprünglichen 3,5 Zoll vorbereite. Noch im Sommer solle das Gerät auf den Markt kommen. Rasch dementierte Nintendo die Meldung und sprach von bloßer Spekulation, die mehrere Fehler aufweise.

Riesen-Klempnererfolg

Die eher zurückhaltende Reaktion, die vor allem klarzustellen versuchte, dass die Meldung der Nikkei keine offizielle Ankündigung war, ließ das Gerücht eher noch glaubwürdiger erscheinen. Auf der E3 2012 wenige Tage später war von einem XL-3DS jedoch keine Spur zu sehen. Stattdessen nutzte der „Mario“-Konzern etwas später sein „Nintendo Direct“-Format, um am 21. Juni 2012 den 3DS XL offiziell zu enthüllen. Das Gerät kam dann bereits am 28. Juli in Europa und Japan auf den Markt, in Nordamerika erst am 19. August.

Parallel erschien „New Super Mario Bros. 2“, das als erstes Nintendo-Spiel sowohl regulär im Handel wie als Download im Nintendo eShop verfügbar war. Damit sollte eine neue Online-Ära für Nintendo anbrechen, denn von da an brachte der Konzern fast alle großen Vollpreistitel sowohl physisch wie digital heraus. Außerdem war „New Super Mario Bros. 2“ einer der ersten Big-N-Titel mit kostenpflichtigen Download-Inhalten (DLCs). Ganz unabhängig von diesen Neuerungen bescherte der neue Teil von Nintendos Evergreen-Spielereihe in Verbindung mit dem 3DS XL dem Handheld ein überaus erfolgreiches zweites Sommergeschäft.

Ein Türkeil für die Kleinen

Ein neues Jahr, ein neues Modell: Das schien die Devise zu sein, als Nintendo am 28. August 2013 per Pressemitteilung eine weitere neue Revision des 3DS ankündigte – jedoch nicht etwa ein erweitertes Modell, wie etwa GBA SP oder DS Lite, sondern ganz im Gegenteil ein im Funktionsumfang erheblich eingeschränktes. Der Nintendo 2DS weist anders als alle anderen DS-Geräte kein Klappdesign auf und verzichtet vollständig auf 3D. Die Gründe dafür waren, dass sich der 3D-Effekt als wenig langfristiger Hype erwiesen und Nintendo seine Nutzung für Kinder unter sieben Jahre ohnehin nicht empfohlen hatte.

Vor allem an diese Zielgruppe richtete sich nun der 2DS. Entsprechend wurde das Gerät auch zu einem möglichst günstigen Preis vertrieben. Daher umfasst es nur einen Monolautsprecher, und das eigenwillige Design, das dem 2DS die wenig schmeichelhafte Bezeichnung „Türkeil“ einbrachte, erzielte neben einem niedrigeren Produktionspreis auch eine höhere Stabilität. Außerdem ist im 2DS nur ein einziger, großer Bildschirm eingebaut, der durch den Rahmen den Eindruck zweier separater Bildschirme erweckt. Was das übrige Innenleben anbelangt, ist der 2DS den vorherigen 3DS-Modellen ebenbürtig.

Kein DS-Gerät hatte ein so ungewöhnliches Design wie der 2DS. Bereits dass die Tasten nicht auf der unteren Hälfte angebracht sind, ist ein Alleinstellungmerkmal. Um den 2DS trotz nicht vorhandener Klappmöglichkeiten in den Standby-Modus zu versetzen, was in manchen Softwaretiteln sogar spielrelevant ist, betätigt der Spieler den Schalter unten rechts.

Ende einer Ära? – 3DS ohne 3D

Dass Nintendo bei einem Hardware-Update das zentrale Feature des entsprechenden Geräts wegrationalisiert, ist bis dato unerhört gewesen. Man versuche sich nur einmal eine Wii-Variante ohne Unterstützung der Wii-Fernbedienung vorzustellen! Diese Maßnahme versinnbildlicht, wie sehr sich Nintendo mit dem 3DS verkalkuliert hatte. „Ich glaube, auch in fünf Jahren werden die Leute noch von 3D-Fotos beeindruckt sein“, hatte Iwata noch 2011 geschätzt. Doch der 3D-Trend ebbte damals auch in Kino und Fernsehen rasch ab und erwies sich nicht als langfristige Innovation. So hatte Nintendo rasch auch den Werbeslogan „3D ohne Brille“ fallen gelassen.

Angesichts der Veränderungen des Marktes erwies sich der 3D-Effekt nicht länger als tragfähiges Fundament für den 3DS – und da bewies Nintendo den Mut zu entsprechenden Konsequenzen. Diese Möglichkeit hatte sich Iwata ebenfalls bereits Anfang 2011 offen gehalten. „Als jemand, der Unterhaltung macht, empfinde ich es als unsere Aufgabe, Leute zu überraschen“, äußerte er damals bezüglich der Zukunft des 3D-Effekts. „Und wenn in der Zukunft Bilder, die aus dem Bildschirm hervorspringen, die Leute nicht mehr verblüffen können, dann bezweifle ich, dass wir weiterhin alles aus dem Bildschirm herausspringen lassen würden.“ Freilich betonte Iwata, dass der 2DS nicht bedeute, dass Nintendo den 3D-Effekt völlig aufgeben werde.

Taschenmonster-Antrieb für den Unklappbaren

Natürlich boten neue 3DS-Spiele nach wie vor in der Regel einen 3D-Effekt, nur konnte dieser eben nicht auf dem 2DS genossen werden. Als das Einsteiger-Modell am 12. Oktober 2013 in Europa und Nordamerika auf den Markt kam, wurde es freilich gleich von einem Gegenbeispiel begleitet. „Pokémon X“ und „Pokémon Y“, eine neue Generation der überaus beliebten Taschenmonster-Reihe, versprachen die idealen Startbegleiter des 2DS zu sein – und unterstützten als solche den 3D-Effekt weitestgehend gar nicht. Bei den meisten Besitzern der übrigen 3DS-Modelle blieb der 3D-Regler aber ohnehin schon seit Langem meist auf „Aus“.

Der 2DS war aber nicht nur auf besonders junge Spieler und solche, die keinerlei Wert auf den 3D-Effekt legen, zugeschnitten, sondern auch auf eine westliche Zielgruppe. Immerhin verkaufte sich der 3DS damals in Japan deutlich besser als in Nordamerika, weshalb der 2DS in Nintendos Heimatmarkt erst ab Februar 2016 verfügbar war – und zwar anlässlich der Virtual-Console-Wiederveröffentlichung der ersten „Pokémon“-Generation in den vier Grundfarben. Bereits im Juni wurde die Produktion des Einsteiger-3DS dann für Japan wieder eingestellt; im Rest der Welt war der 2DS dagegen weiterhin regulär erhältlich und zum Preis für nunmehr unter 100 Euro das mit Abstand günstigste 3DS-Modell.

Das Circle Pad Pro, das Ende 2011/Anfang 2012 den 3DS notdürftig um einen zweiten Analogstick sowie ein zweites Paar Schultertasten erweiterte, hat gewiss nicht den Schönheitspreis für Handheld-Zubehör verdient. Für den 3DS XL erschien sogar eine vergrößerte Version des Add-Ons. Mit 3DS (XL) wurde das Zubehör obsolet.

Alles stabil!

Die scharfe Kritik vieler Intensivspieler am 2DS ging fehl, weil sie einfach nicht der intendierten Zielgruppe angehörten. Dafür waren sie dann beim nächsten Hardware-Update an der Reihe. Am 29. August 2014 kündigte Nintendo in einer japanischen „Nintendo Direct“-Ausstrahlung den New Nintendo 3DS sowie den New Nintendo 3DS XL an, die beide am 11. Oktober im Land der aufgehenden Sonne auf den Markt kamen. Für den Westen in einer „Direct“-Präsentation im Januar 2015 angekündigt, erschienen New 3DS und New 3DS XL am 13. Februar 2015 im Europa.

Gegenüber den älteren Modellen warten die New-3DS-Geräte mit einem kleinen zweiten Analogstick sowie einem zusätzlichen Paar Schultertasten auf – nach Sicht vieler Fans hätte beides bereits zum Grundmodell gehört –, wodurch das klobige Circle-Pad-Pro-Zubehör überflüssig wurde. Außerdem erfuhr der 3D-Effekt eine Überarbeitung: Dank einer Infrarotkamera passt das System den 3D-Effekt an die Kopfhaltung des Spielers an, sodass kein starrer Blickwinkel mehr erforderlich ist.

Der stabile 3D-Effekt stellte eine große Verbesserungsmaßnahme dar, die das Spielerlebnis viel angenehmer gestaltete und ebenfalls, so der damalige Tenor, schon anno 2011 zum Funktionsumfang des 3DS hätte gehören sollen. Diese Funktion stammt übrigens vom Pariser Nintendo-Studio European Research & Development (früher Mobilclip). Außerdem wurden bei New 3DS (XL) die Prozessorleistung und der Arbeitsspeicher etwas erhöht und Unterstützung für Micro-SD-Card sowie ein NFC-Adapter für amiibo-Kompatibilität eingebaut.

Eine Hardware-Zwischengeneration

Anders als 3DS XL und 2DS sind New 3DS und New 3DS XL also generalüberholte 3DS-Modelle, die sich wohl am ehesten mit dem DSi vergleichen lassen. Zwar tat sich diesmal an den Systemfunktionen nur wenig, dafür öffneten die New-3DS-Systeme mit der erhöhten Rechenleistung neuen Spielen Tür und Tor, die auf den älteren Modellen nicht mehr laufen. So erschienen als Exklusivspiel für New 3DS (XL) die Wii-Portierung „Xenoblade Chronicles 3D“, die von Basis-3DS-Modellen nicht unterstützt wird, sowie Virtual-Console-Umsetzungen von SNES-Spielen. Davon abgesehen folgten aber nur wenige Exklusivspiele, so wie damals auch beim DSi.

Manche 3DS-Spiele profitieren zwar von der erhöhten Rechenleistung und den neuen Steuerungsoptionen der neuen Modelle, sind aber ebenso mit den alten kompatibel. Ferner zeigt sich die technische Überlegenheit von New 3DS (XL) in schnelleren Ladezeiten, besonders in „Super Smash Bros. for Nintendo 3DS“, das den 3DS an die Grenzen seiner Leistung bringt. Eine Besonderheit des kleinen New 3DS sind die Zierblenden, die der Spieler am Gehäuse zur Personalisierung seines Handhelds anbringen kann. Seit 2015 ist eine Vielzahl an Zierblenden zu den unterschiedlichsten Spielen und Reihen veröffentlicht worden. Besitzer der XL-Variante schauten dagegen in die Röhre.

Damit brachte Nintendo Spezial-Designs für Handhelds auf ein neues Level: Für den New 3DS (nicht das XL-Modell!) ist inzwischen ein Pool von über 70 Zierblenden verfügbar. Viele davon erschienen exklusiv in Japan.

Die Wende: Switch stellt die Weichen

Die New-3DS-Revisionen stießen generell auf positive Resonanz. Einerseits sprachen sie jene an, die noch kein 3DS-Gerät ihr Eigen nannten, andererseits überzeugten sie einige 3DS-Intensivspieler mit ihren Neuerungen. Die Befürchtung, dass die verbesserte Hardware mit einer Vielzahl an Exklusivspielen die 3DS-Spielergemeinde spalten und faktisch eine neue Hardwaregeneration beginnen würde, erwies sich als unbegründet – wie auch schon beim DSi ist die Liste an Spielen, die auf den älteren Modellen nicht mehr laufen, überschaubar und umfasst nur wenige Hochkaräter.

Der 3DS lief in Hinblick auf Hardware und Software inzwischen für Nintendo äußerst erfolgversprechend. Ende 2014 war die 50-Millionen-Marke gebrochen worden; in den zwei folgenden Jahren kamen noch über 15 Millionen weitere Einheiten dazu. So hielt der 3D-Handheld das Unternehmen über Wasser, denn der Misserfolg der Wii U hatte sich inzwischen als unabwendbar erwiesen. Als Wii-U-Nachfolger erschien dann im März 2017 die Nintendo Switch – ein Hybrid aus Heimkonsole und Handheld. Auch wenn Nintendo beteuerte, dass die Switch nicht den 3DS ablösen werde, so wurde dieser doch für viele Spieler obsolet und befand sich nun auf dem absteigenden Ast.

Das beste kommt zum Schluss

Je mehr Hardware-Updates für den 3DS auf den Markt gekommen waren, desto mehr war in Nintendos Marketing-Semantik von der „Nintendo 3DS-Familie“ die Rede. Diese bekam 2017 zum fünften Mal Zuwachs, als die insgesamt sechste 3DS-Revision angekündigt wurde: Der New Nintendo 2DS XL. Er vereint, wie auch der Name zum Ausdruck bringt, die Eigenarten aller vorheriger Revisionen – die erhöhte Rechenleistung und die anderen Neuerungen des New 3DS, den gestrichenen 3D-Effekt des 2DS und die Maße des (New) 3DS XL. Das Klapp-Design wurde wieder beibehalten.

Im Sommer 2017 kam der New Nintendo 2DS XL auf den Markt und wurde von „Miitopia“ und „Hey! Pikmin“ begleitet. Insgesamt sollte er einen Mittelweg zwischen den beiden damals aktuellen 3DS-Varianten einschlagen, nämlich dem New 3DS XL als Hochklasse- und dem 2DS als Einsteigergerät. Während das neueste 3DS-Modell einerseits Nintendos Versprechen untermauerte, den Handheld nicht durch die Switch abzulösen, erweckte er andererseits den Eindruck einer abschließenden, besonders chicen Revision, nicht unähnlich dem Game Boy Micro.

Der New Nintendo 2DS XL mit Super Mario Maker for Nintendo 3DS, der Portierung eines ursprünglichen Wii-U-Spiels. Der Ende 2016 veröffentlichte mobile Mario-Baukasten war eines jener Spiele, die überhaupt keinen 3D-Modus bieten, und eignete sich daher gut für die Vermarktung der letzten 3DS-Revision.

Systemverbesserungen in kleinen Schritten

Wie wir in der ersten Hälfte dieser Reportage gesehen haben, bedeutet auch eine vermeintlich simple Hardware-Revision für die Nintendo-Ingenieure äußerst viel Arbeit. So stecken unbezweifelbar auch hinter 2DS, New 3DS (XL) und New 2DS XL interessante Entwicklergeschichten. In Ermangelung von Interviews mit den zuständigen Entwicklern und anderen Quellen müssen diese Geschichten zumindest vorerst ungeschrieben bleiben. Dennoch sind wir mit dem fünften Teil der 3DS-Reportage noch nicht ganz am Ende.

Denn über die Jahre hat sich nicht nur die Hardware, sondern auch die Systemsoftware des 3DS weiterentwickelt. Das erste große Firmware-Update für den 3DS im Juni 2011 schaltete zwei zentrale Features frei, nämlich den eShop sowie den Internetbrowser. Eine 3D-Videofunktion, die schon Anfang 2011 in Aussicht gestellt worden worden war, kam im Dezember mit einem weiteren großen Update hinzu. Eine lang gewünschte Neuerung war dann die Ordnerstruktur für das Home-Menü, die ein Systemupdate zur Version 4.0 im April 2012 mit sich brachte.

Große neue Funktionen folgten darauf erst wieder im Juni 2013: Die „StreetPass Mii-Lobby“ erhielt einen Shop für kostenpflichtige neue Minispiele, deren Riege in den folgenden Jahren immer mal wieder erweitert wurde. Danach spendierte Nintendo dem 3DS im Dezember 2013 eine Unterstützung für zwei Wii-U-Funktionen, nämlich die Nintendo Network IDs und das Miiverse. Mit dem Update auf Version 9.0 im Oktober 2014 kam dann die Möglichkeit zur Personalisierung des Home-Menüs durch eine Vielzahl kostenpflichtiger Designs hinzu. Dazwischen und auch seitdem erschien zudem eine Vielzahl an Firmware-Updates, die einzig und allein der Stabilität und Sicherheit des Systems dienten.


Die Nintendo-3DS-Familie hat sich über die Jahre gut behaupten können, wozu die regelmäßige Veröffentlichung neuer Modelle einen großen Beitrag leistete. Mit insgesamt sechs Varianten ist die Hardwarefamilie dabei umfangreicher als bei allen anderen Nintendo-Handhelds. Auch wenn der 3D-Handheld dabei teils auf seine titelgebende Funktion verzichtete, setzte er sich äußerst souverän gegen die PlayStation Vita durch und ließ Nintendo die mauen Jahre der Wii U gut überstehen. Den gesamten Erfolg des 3DS werden wir im abschließenden sechsten Teil der 3DS-Reportage würdigen.



Quellen: „Iwata fragt: Nintendo 3DS XL“, 2012; weitere Quellen im Text verlinkt.

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Bisher gibt es vier Kommentare

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  • Avatar von Tobias
    Tobias 14.06.2019, 22:30
    Zitat Zitat von Minato Beitrag anzeigen
    Vielen Dank wie immer für deine Mühen. Sechs Reports und sechs Revisionen- I see what you did there
    (Und wenn das nicht so gemeint war, dann nimm es als Easter Egg an hehe).
    Danke, immer gerne! Das war eigentlich gar nicht geplant und ist mir noch nicht mal aufgefallen – normalerweise fallen mir solche Dinge immer auf. Zu Beginn waren auch nur fünf Teile geplant, aber das wäre nicht gut aufgegangen. Also echt cooler Zufall!
  • Avatar von Minato
    Minato 13.06.2019, 21:44
    Vielen Dank wie immer für deine Mühen. Sechs Reports und sechs Revisionen- I see what you did there
    (Und wenn das nicht so gemeint war, dann nimm es als Easter Egg an hehe).
  • Avatar von Tobias
    Tobias 10.06.2019, 16:26
    Allerdings ist es so ja bei fast allen Handhelds. Das relativiert die Einschätzung dann ein bisschen. Wobei ich schon fand, dass der 3DS in meinem Umfeld deutlich weniger verbreitet war als noch der DS. Ferner erklärt das von dir Angesprochene natürlich auch, warum Handhelds meist bessere Gesamt-Verkaufszahlen als Heimkonsolen haben. Aber wie gesagt, da das zumindest bei Nintendo auf die meisten Handhelds zutrifft, mindert das den Erfolg des 3DS im Vergleich zu anderen Nintendo-Handhelds nicht wirklich.
  • Avatar von virus34
    virus34 10.06.2019, 15:19
    Dankeschön für den Bericht.
    Von meiner persönlichen Einschätzung her, hatte der 3DS eigentlich gar nicht so viele Käufer, da Nintendo es wieder mal geschafft hat den wenigen Käufern viele verschiedene Versionen anzudrehen. Ich habe mich dummerweise auch dazu verleiten lassen den 3DS Day1 zu kaufen, später die Zelda OoT Spezialversion und anschließend noch den New 3DS XL... und viele andere werden auch 3-5 Versionen gekauft haben, womit sich die eigentlichen 3DS-Besitzer drastisch reduzieren.