Alles Gute, Nintendo! Heute vor genau 125 Jahren wurde jenes Unternehmen gegründet, dem diese Website gewidmet ist. 125 Jahre, so alt wird kein Schwein – 125 Jahre, das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Nintendo ist älter als seine direkten Konkurrenten Microsoft und Sony zusammen. Dabei können selbst diese auf recht lange Historien zurückblicken.
Verglichen mit den 125 Jahren wirkt die Zeit, die Nintendo im Videospielsektor verbracht hat, geradezu wie ein Katzensprung: Vor nicht einmal 35 Jahren gelang dem damaligen Familienunternehmen der Einstieg in die Videospielbranche. Doch was war in den Jahrzehnten davor? Manche von euch werden antworten: Spielkarten. Doch in Wahrheit war Nintendo in den ersten 90 Jahren seiner Existenz viel mehr als bloß irgendein japanischer Spielkartenfabrikant. Anlässlich des heutigen runden Festtages wagen wir einmal einen Blick auf die Frühgeschichte Nintendos, die zu häufig sträflich unterschätzt wird!
Das alte Nintendo-Logo, wie wir es kennen und noch immer lieben
Aller Anfang ist klein
Durch europäische Einflüsse ab dem 14. Jahrhundert kam Japan in Kontakt mit der westlichen Welt – unter anderem Spielkarten schafften es so in das Land der aufgehenden Sonne. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts begann dann eine lange Zeit der Isolation. Westliche Unterhaltungsformen, eben auch die Spielkarten, wurden verboten. Erst etwa 250 Jahre später wurde dieses Verbot aufgehoben, die bis dahin illegal hergestellten und heimlich gespielten Karten durften wieder offiziell verkauft werden.
In diesem Kontext tritt Fusajiro Yamauchi auf (ausgesprochen „Jama-Utchi“). Geboren am 22. November 1859, war er ein passionierter Hanafuda-Spieler – Hanafuda ist eine besondere, in Japan entstandene Form des Kartenspiels. Er konnte bereits Erfahrung in der Fabrikation von Hanafuda-Karten sammeln, und nun, da die Verbannung der Kartenspiele aufgehoben wurde, versuchte er sich selbst als Unternehmer. So gründete er am 23. September 1889 in Kyoto einen kleinen Laden, in dem er selbst produzierte Hanafuda-Karten verkaufte.
Zu diesem Zeitpunkt kann man noch nicht von einem Unternehmen sprechen. Es war zunächst nichts Weiteres als ein Lädchen, bezeichnet als „Nintendo“. Was dieses „Nintendo“ überhaupt bedeutet, ist heute unbekannt – selbst Yamauchis Urenkel Hiroshi Yamauchi konnte diese Frage nicht mehr beantworten. Normalerweise wird der Ausdruck übertragen mit „sein Glück in die Hände des Himmels legen“. Aufgrund der Vielseitigkeit der japanischen Sprache kann der Terminus aber ganz andere Bedeutungen haben. So lässt sich der Name etwa auch übersetzen mit „die Firma, die Hanafuda herstellen/verkaufen darf“, oder auch mit „arbeite hart, aber letztlich liegt es in den Händen des Himmels“. Die wahre Bedeutung des Namens wird für immer ungeklärt bleiben müssen.
Nintendos erste Krise
Die verkauften Karten stellten Yamauchi und ein kleines Team in Handarbeit her. Nintendos erstes Kartenset hört auf den Namen „Daitoryo“, „Präsident“, und wurde von einem Bildnis Napoleons geschmückt. Obwohl Yamauchi seine Karten zu recht hohen Preisen verkaufte, erfreuten sie sich aufgrund ihrer Qualität hoher Beliebtheit. 1890 folgte ein neues Kartenset, eine Mischung als Gedächtnis- und Gedicht-lern-Spiel. Zunächst ebenfalls erfolgreich, waren die Karten bald aufgrund überlegener Konkurrenz aus Kyoto nur noch schlecht verkäuflich.
Yamauchis gerade erst gegründeter Laden stand somit schon vor einem großen Problem. Da er seine Karten nur lokal verkaufte, war der Markt viel zu schnell gesättigt. Das heißt, so gut seine Karten auch sein mochten – sobald sie die ganze Umgebung besaß, konnte Yamauchi kaum noch weitere absetzen. Seine Lösung bestand darin, weitere Kartensets unterschiedlicher Klassen zu produzieren. So kam etwa ein günstiges, dafür aber auch qualitatives minderwertigeres Set auf den Kyotoer Markt.
Gedenktafel am ersten Nintendo-Hauptquartier (Bildquelle)
Glorreicher Aufstieg dank Glücksspiel, Kriegswirren und Tabak
Außerdem knüpfte Yamauchi Verbindungen zur florierenden Glücksspiel-/Yakuza-Szene in Kyoto. Etwa 70 Spielhallen orderten so bei ihm ihre Karten, und aus Furcht vor Betrügern wurde bei jedem Spiel in der Szene ein komplett neues Set verwendet. Dadurch wurde Yamauchi lokaler Marktführer auf diesem Gebiet. Dieser Erfolg erlaubte es dem jungen Unternehmer, sein Geschäft zu erweitern. Schließlich tätigte er einen weiteren Schachzug, indem er entschied, die bis dato teuer importierten westlichen Spielkarten einfach ebenfalls selbst zu produzieren. Dies geschah entweder 1902 oder 1907 – das Datum ist nicht mehr eindeutig bestimmbar. Eine importierte Druckmaschine aus den USA produzierte schnell und günstig eine hohe Anzahl dieser westlichen Spielkarten. Nintendo war damit der erste japanische Hersteller westlicher Spielkarten.
Während des Russisch-Japanischen Krieges erlegte die japanische Regierung den lokalen Spielkartenproduzenten eine besondere Steuer auf. Diese trieb kleine Unternehmen und Läden in den Ruin; allein im Kansai-Bezirk verloren 5000 Menschen in der Branche ihren Beruf. Yamauchi hingegen blieb im Geschäft. Nintendo ging gestärkt aus der Krise hervor und sah sich nun in einer Monopolstellung, die dem Unternehmen mächtig Geld in die Kassen spülte.
Trotz allem war Yamauchis Erfolg aufgrund der lokalen Distribution überschaubar und vor allem beschränkt, da er seine Karten nur in seinem Laden in Kyoto sowie bei befreundeten Händlern in Osaka verkaufte. Da ihm selbst die Ressourcen für eine nationale Verbreitung fehlten, verbündete er sich mit Japan Tobacco. Fortan wurden Yamauchis Spielkarten zusammen mit Tabak in ganz Japan verkauft. Nintendo wurde national – mit großem Erfolg.
Die Staffel wird weitergegeben
Als Fusajiro Yamauchi Ende der 1920er Jahre bereit war, nach etwa drei Jahrzehnten den Posten als Präsident von Nintendo abzugeben, brummte das Geschäft förmlich und Nintendo war der größte Spielkartenproduzent Japans geworden. Allerdings hatte Fusajiro keinen Sohn. Damit das Unternehmen trotzdem in Familienhand bleiben konnte, verheiratete er seine Tochter Tei mit Sekiryo Kaneda, einem seiner Mitarbeiter. Dieser übernahm den Nachnamen Yamauchi und 1929 die Leitung von Nintendo.
Sekiryo Yamauchi expandierte das Geschäft weiter und meldete es schließlich 1933 ganz offiziell als privates Unternehmen unter dem Namen „Yamauchi Nintendo“ an. Da das bisherige Hauptgebäude zu klein geworden war, ließ er nebenan ein neues errichten – ein großes, edles, dreistöckiges Gebäude. Heute beherbergt es ein Archiv – und die Asche Sekiryo Yamauchis.
Verwirrt von den ganzen Namen? Unsere grobe Skizze gibt einen Überblick über den Yamauchi-Clan mit allen bekannten wichtigen Daten. Ein (?) zeigt an, dass wir den Ursprung derjenigen Angabe nicht mehr nachvollziehen und überprüfen konnten.
Der vorherbestimmte Nintendo-Erbe
So blühte Nintendo auch unter Sekiryo Yamauchis Leitung – doch auch er hatte keinen Sohn. Daher ging er wie schon sein Schwiegervater vor: Er verheiratete seine Tochter Kimi mit einem seiner Angestellten, Shikanojo Inaba, der nun den Yamauchi-Namen ererbte. Shikanojo Yamauchi war als drittes Nintendo-Oberhaupt prädestiniert, sollte sein Schwiegervater einst abtreten. Doch Shikanojo selbst wollte dies gar nicht und verließ alsbald seine Familie.
Da Sekiryos übrige Töchter bereits geehelicht hatten, gab es nur eine Möglichkeit, damit das Unternehmen nicht aus Familienhand geriet: Kimis und Shikanojos Sohn Hiroshi Yamauchi, geboren am 7. November 1927, sollte aufwachsen und den Sitz als Unternehmenschef einnehmen.
Hiroshi Yamauchis Werdegang ist eine sehr interessante Geschichte, doch würde sie hier den Rahmen sprengen. Wir verweisen für Interessierte daher noch einmal auf unseren Nachruf von 2013.
Nintendos eiserner Wille
Nach dem Zweiten Weltkrieg fand sich Nintendo erneut in einer verzwickten Situation wieder. Die Nachfrage nach Unterhaltungsprodukten wie Spielkarten war in Japan denkbar gering. Daher gründete Sekiryo eine Tochtergesellschaft namens Napoleon, die Nintendos Produkte in anderen Ländern vertreiben sollte. Dieser Schritt war jedoch nicht sehr erfolgreich. Anstelle dessen verdiente Nintendo daher zunächst sein Geld mit dem Verkauf von Spielkarten an in Japan stationierten US-Soldaten.
Doch Sekiryo Yamauchi gab nicht auf, was die Expansion seines Unternehmens betraf. 1947 gründete er eine weitere Tochtergesellschaft, Marufuku, und erneuerte den Produktionsvorgang. Die Kartenproduktion und -Distribution sollte noch effizienter ablaufen. Doch auch die Unternehmensstruktur erneuerte er und schuf eine strenge Hierarchie, unter der Nintendos Erfolg stetig wachsen sollte.
Nur kurz darauf erkrankte der hart arbeitende Sekiryo ernsthaft. So übergab er im März 1949 nach zwei Jahrzehnten die Unternehmensleitung an seinen erst 21-jährigen Enkel Hiroshi, der bis dahin als verwöhntes Kind bei seinen reichen Großeltern aufgewachsen war und alles andere als erpicht auf den Posten war. Kurz darauf starb Sekiryo.
Eine Nintendo-Hanafuda-Karte (Bildquelle)
Ein Snob und der Nintendo-Bürgerkrieg
Hiroshi war ein selbstbewusster, bisweilen hochnäsiger, aber auch humorvoller und frei handelnder junger Mann. Diese Charakterzüge übertrug er auf seinen Führungsstil. 1951 führte er die Unternehmen Yamauchi Nintendo und Marufuku zusammen unter dem Namen „Nintendo Koppai“ („Koppai“ ? „Spielkarten“). Er erweiterte die Nintendo-Gebäude, erwarb neues Land und vereinigte die Produktionsflächen.
Hiroshi Yamauchi führte Nintendo mit eiserner Faust, um das Unternehmen seinen Vorstellungen anzupassen und die strickten Regelungen seines Großvaters, die er selbst nicht unterstützte, aufzuheben. Alles andere als begeistert, riefen einige seiner Mitarbeiter zum Streik auf – selbst zu einem Hungerstreik soll es gekommen sein. Auf der anderen Seite formierte sich eine Gruppe, die Yamauchis Ansichten teilte. Wie der Nintendo-Historiker Florent Gorges beschrieb, entfachte Yamauchi einen wahren Bürgerkrieg unter den damals etwa 100 Nintendo-Angestellten. Als Lösung feuerte der zielstrebige Mann viele seiner Mitarbeiter und einen Großteil des Managements – auch seit Jahrzehnten angestellte Menschen verschonte er nicht. Er wollte seine Autorität festigen.
Nintendo erntet die Früchte seiner Mühen
1953 stellte Hiroshi Yamauchi erneut Nintendos Produktion um, indem er von nun an auch Plastik-Spielkarten herstellen ließ – die schwieriger herzustellen und kostspieliger waren, sich aber dennoch zu einem Erfolg mauserten. 1959 sicherte er sich einen wertvollen Vertrag mit Disney, in Folge dessen Nintendo Karten mit Illustrationen von Micky Maus und Co. herstellte. Zusammen mit einer groß angelegten Fernsehwerbe-Kampagne – für Nintendo ein Novum – avancierten auch diese Produkte zu einem Renner.
Doch die traditionellen Hanafuda-Karten verloren unterdessen an Beliebtheit, da sich ihre Hauptzielgruppe neuen Beschäftigungen zuwandte. Da die Produktion dieser Karten noch von Hand erfolgte und daher zu teuer war, ließ Yamauchi fortan Hanafuda-Karten maschinell fertigen. Es stellten sich somit immer größere Erfolge ein; Yamauchis Mühen zahlten sich aus. Derart beflügelt, meldete er Nintendo Koppai 1962 an der japanischen Börse an. Die Bilanzen stiegen gen Himmel auf: Von 1955 bis 1964 konnte Nintendo seinen Jahresumsatz um 800 % auf etwa 1,4 Milliarden Yen steigern. Innerhalb der ersten zwei Jahre nach dem Börsengang versechsfachte sich das Kapital auf 600 Millionen Yen. Inzwischen hatte das Unternehmen einen weiteren Namenswechsel hinter sich: 1963 benannte Yamauchi es schlicht in „Nintendo“ um (im Westen: „Nintendo Co. Ltd.“).
Pssst: Das einzige bekannte Videomaterial aus dem ehemaligen Nintendo-Hauptquartier. Nicht ganz legal entstanden.
Und plötzlich steht man am Abgrund
Von den Olympischen Spielen in Japan 1964 erhoffte sich Yamauchi einen weiteren Aufschwung – doch das genaue Gegenteil trat ein. Aus unerklärlichen Gründen brachen die Verkäufe der Disney-Spielkarten ein. Sowohl neue Produkte dieser Sparte als auch verstärkte Auslandsexporte konnten das Problem nicht lösen. Die bis dato auswegloseste Situation in der Geschichte Nintendos brach an.
Schon in den Jahren davor war sich Yamauchi sicher, dass der Spielkartenmarkt langfristig kein sicherer Sektor war, konnte er doch nicht beliebig expandieren und sogar irgendwann völlig zusammenbrechen. Diese Gewissheit sowie die Krise, mit der sich Nintendo nun konfrontiert sah, veranlassten Yamauchi, die Segel zu setzen und den sicheren Hafen der Spielkarten zu verlassen.
Instant-Reis, Bordelle und Taxis – die verzweifelte Suche nach neuen Geschäften
Die Reise führte Nintendo durch zahlreiche Irrwege. Man versuchte sich etwa in der Lebensmittelbranche. Dazu gründete Yamauchi ein Unternehmen namens San.O Shokukin, erwarb neue Grundfläche in Uji in der Nähe von Kyoto und produzierte hier Instant-Reis. Während dieser kuriosen Ära der Nintendo-Geschichte betrieb der frühere japanische Marktführer im Bereich der Spielkarten außerdem einige der in Japan beliebten Liebeshotels, die Yamauchi selbst auch genutzt haben soll, sowie ein Taxiunternehmen namens Daiya, welches zwar kurzzeitig erblühte, aber schon nach wenigen Monaten an ein anderes Unternehmen weiterverkauft wurde und noch heute existiert.
Der legendäre Gunpei Yokoi (Bildquelle)
Der Phönix ersteht aus seiner Asche
All diese Ansteuerungsversuche scheiterten und manövrierten Nintendo in noch unsichere Gewässer. Doch Yamauchi gab nicht auf, sondern lernte aus den Rückschlägen. Hatte er bis dato allein den Kurs angegeben, würde er diese Aufgabe ab sofort mit weiteren kompetenten Leuten teilen. Außerdem besann er sich zurück auf Nintendos Stärken – denn einzig der Verkauf der althergebrachten Spielkarten erhielt das Wrack Nintendo noch am Leben.
Yamauchis Co-Kapitäne der folgenden Jahre waren Hiroshi Imanishi und Gunpei Yokoi. Letzterer baute für Yamauchi eine Forschungs- und Entwicklungsabteilung auf, die mit der Erarbeitung klassischer Spiele betraut wurde. Ab Mitte der 1960er Jahre fokussierte sich Nintendo somit wieder. Fortan veröffentlichte das Unternehmen hauptsächlich Brettspiele und ausgeklügeltes Spielzeug, vieles davon direkt aus dem genialen Kopfe Yokois stammend. Um im Westen erfolgreiche Spiele in Japan zu vertreiben, wurde eine neue Nintendo-Tochter ins Leben gerufen – Nippon Game Co. Ltd. Das charakteristische NG-Logo ist auf vielen Nintendo-Spielen aus dieser Ära zu erblicken. Später stand das Akronym für Nintendo Game und fand sich auf so gut wie allen Nintendo-Verpackungen.
Nintendos zweite Blütezeit
Puh, so viel Text – könnt ihr noch weiterlesen? Damit das hier nicht zu sehr ausartet, werden wir den Rest der Nintendo-Geschichte etwas schneller durchgehen.
Gunpei Yokois Erfindungen Ultra Hand und Ultra Machine erwiesen sich mit je über einer Millionen Verkäufe als riesige Erfolge. Es folgten weitere derartige Hit-Spielzeuge: viele davon ziemlich innovativ, manche von Lizenznehmern sogar im Westen verbreitet. Um mit der Spielzeugproduktion mithalten zu können, wurde die ursprünglich in Uji für die Produktion von Instant-Reis errichtete Fabrik umfunktioniert.
1969 machte Nintendo einen Umsatz von 3,4 Milliarden Yen. Spielkarten wurden zwar nach wie vor produziert, befanden sich nun aber im Hintergrund. Nintendo hat die Krise der 1960er Jahre endlich überwunden und sich als feste Größe im Spielzeugsektor etablieren können. Mit der Zeit diversifizierte man sein Line-Up immer weiter: Mit den N&B-Blocks brachten die Japaner ihre eigene, erfolgreiche Antwort auf LEGO heraus und allmählich wagte man sich auch an elektronische Spiele. Dabei erwies sich insbesondere Masayuki Uemura von großer Bedeutung, den Nintendo nach einer lukrativen Kooperation von Sharp abwerben konnte.
links: Yokois legendäre Ultra-Hand inklusive Karton; Mitte: Yokois selbst in Deutschland verbreitete „Teufelstonne“; rechts: das klassische NG-Logo auf der Verpackung der Ultra-Hand
Evolution und Revolution
Yokoi und Uemura erfanden etwa eine Art Laser-Schießspiel, das Nintendo in zahlreichen eigens dafür angemieteten ehemaligen Bowling-Hallen betrieb – natürlich ebenfalls ein großer Erfolg. Da die Geschäfte inzwischen wieder stabil liefen, hatte Nintendo endlich auch wieder Freiraum zum Experimentieren. So kamen in den 1970er Jahren Produkte auf den Markt, die heute wirklich niemand mehr mit Nintendo assoziiert: Möbel, Drucker, Kinderwagen, Spielgeräte, und, und, und.
Die Drucker-/Kopierer-Reihe jedoch war ein völliger Flop – und in Folge der japanischen Ölkrise 1973 brach auch das Geschäft mit den Laserschießhallen völlig zusammen. Mit schlimmen Folgen: Wieder einmal befand sich Nintendo in der Krise, kurz vor der Pleite. Ein neuer Ausweg musste her – und den machte man im damals aufboomenden Videospielbereich aus. So wagte Nintendo, der natürlichen Evolution folgend, ab Mitte der 1970er Jahre erste, schüchterne Versuche im Bereich der Arcade-Geräte und Videospielkonsolen.
In aller Kürze: Nintendos dritte und größte Blütezeit
Der Durchbruch in diesem Sektor gelang erst ab 1980. Zunächst erwies sich Yokois Reihe kleiner Handheld-Spiele, die Game & Watch-Serie, sehr großer Beliebtheit. Im Jahr darauf feierte Nintendo mit „Donkey Kong“ seinen ersten weltweiten Videospielerfolg, der gleichzeitig die endgültige Expansion nach Amerika ermöglichte. 1983 kam Nintendos erste Konsole mit austauschbaren Modulen in Japan auf den Markt, die ab 1985 den Westen als Nintendo Entertainment System im Sturm eroberte und in Amerika den Heimkonsolenmarkt wiederbelebte.
Der Rest der Geschichte ist bekannt: Nintendo stieg um 1990 zum weltweiten Videospielmarktführer auf, erlebte ab Mitte der 2000er Jahre einen neuen Boom und steht nun so da, wie wir es heute kennen. 2001 gab Yamauchi nach über einem halben Jahrhundert (!!!) die Konzernleitung ab und überließ den Posten erstmals jemandem außerhalb seines Familien-Clans. Letztes Jahr verstarb Yamauchi, der Nintendo mit unglaublichem Führungstalent von einem lokal bedeutenden Spielkartenhersteller zum Marktführer im Videospielbereich ausbaute.
Und trotz allem ist Nintendo seinem Ursprung immer noch treu geblieben: Noch heute werden in Japan ganz traditionell Hanafuda-Karten hergestellt und verkauft. Dort sind sie immer noch so häufig anzutreffen wie vor vielen Jahrzehnten. Darüber hinaus hat Nintendo ein gewisses Faible dafür, seine Geschichte in Videospielen wie „WarioWare“ zu rezipieren.
Noch immer bleibt Nintendo seinen Wurzeln treu: „Super Mario“-Hanafuda-Karten aus dem Club Nintendo
Was bleibt?
Das heute vor 125 Jahren gegründete Unternehmen ist sich seiner Wurzeln noch immer bewusst. In seiner Geschichte oszillierte es stets zwischen höchsten Erfolgen und ausweglosesten Krisen. Und doch hat es sich jedes Mal wieder aufrappeln können. Dieses Wissen gibt uns die Gewissheit, dass uns Nintendo noch sehr, sehr viele Jahre lang erhalten bleiben wird – obgleich, oder gerade weil es derzeit für Nintendo weniger rosig aussieht als noch vor wenigen Jahren. Angesichts dieser bewegten und bewegenden Geschichte können wir uns nur fragen: Wo wird Nintendo in weiteren 125 Jahren stehen? Zu schade, dass wir das wahrscheinlich nicht mehr erleben werden.
Unsere Quellen für diesen Bericht waren Florent Gorges: „The History of Nintendo, Vol. 1: 1889–1980: From playing-cards to Game & Watch“ sowie David Sheff: „Game Over: How Nintendo Zapped an American Industry, Captured Your Dollars, and Enslaved Your Children“. Die verwendeten Fotos stammen, sofern nicht anders angegeben, von uns.
Bisher gibt es 30 Kommentare
Also Nintendo hat zwar gerade keinen Höhenflug aber um seine Existenz muss das Unternehmen auch noch nicht kämpfen. Bin gespannt wie es in Zukunft weiter geht wenn ihre Investition in ihr neues Gebäude, das viele neue Entwickler unterbringen kann fruchtet.
btw. interessant Nintendo ist also mit Spielkarten für die Mafia groß gewurden.
@ Tiki: da kann ich dir nur zustimmen
ich finde ihn sehr gut geschrieben
AlsoTobi, wenn du mit Reports solch einer Güteklasse keine Kohle machen wirst, weiß ich auch nicht...
Am besten fand' ich ja immer noch die eine Frau im Video, die einfach mal eine Spontan-Betriebsführung durchführte!
Herlichen Glückwunsch Nintendo.
Auf die nächsten 125!
Alles Gute Nintendo!
Gut gemacht und achja Happy Birthday Nintendo
Danke dafür.
P.s. Eshop Angebote wären doch was Feines...