Inside Nintendo 29: Zwei besondere Nintendo-Komponisten

Da Nintendo einer der wichtigsten Videospielkonzerne ist, verwundert es nicht, dass es unzählige bekannte Musikstücke aus Nintendo-Spielen gibt. Doch auch einige der Komponisten, die hinter den Nintendo-Soundtracks stecken, sind mehr oder weniger bekannt. Die Musik von Koji Kondo beispielsweise dürfte dem Großteil aller Menschen ein Begriff sein, auch wenn die meisten nicht seinen Namen kennen – das Hauptthema von „Super Mario Bros.“ zählt nämlich zu den bekanntesten Musikstücken überhaupt. Dann wäre da noch Mahito Yokota, der für die „Mario“- und „Zelda“-Soundtracks der letzten paar Jahre verantwortlich ist und den wir bereits ausführlich in einer eigenen „Inside Nintendo“-Ausgabe besprochen haben. Nun möchten wir euch zwei weitere besondere Nintendo-Komponisten vorstellen, und zwar Kazumi Totaka und Hirokazu Tanaka. Mit den Namen werdet ihr sicherlich wenig anfangen können, mit den Werken dieser beiden Männer aber sicherlich. Immerhin stammen viele kultige Stücke aus der 8-Bit-Ära von diesen beiden Herrschaften. Außerdem gibt es zu beiden ziemlich interessante Anekdoten zu berichten!

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Die Karriereleiter hinauf

Beginnen wir mit Hirokazu Tanaka. Der am 13. Dezember 1957 in Kyoto geborene Musiker besuchte schon ab dem zarten Alter von fünf Jahren eine Musikschule. Seine Musikausbildung nahm jedoch mit seinem elften Lebensjahr ihr Ende. Dennoch hatte der junge Hirokazu, der sich fortan selbst unterrichtete, ein wahres Faible für Musik und gründete schließlich eine eigene Band. Im Laufe der Jahre wohnte er mehreren Bands bei; seine bevorzugten Genres waren Rock, Jazz und Reggae. Zwar widmete er sich auch einem Studium zum Elektroingenieur, doch blieb dieses leider ohne Erfolg.

1980 bewarb sich Tanaka auf eine Stellenausschreibung hin bei Nintendo als Sounddesigner. Obwohl er angenommen wurde, stand er vor einem Dilemma: Sollte er sein Leben weiter seiner Band widmen, die auch noch kurz vor einer Teilnahme bei einem nationalen Wettbewerb stand, oder stattdessen den Job bei Nintendo antreten? Tanaka entschied sich für Letzteres.

Da sich Nintendo damals gerade auf seinen ersten Schritten in der Welt der Videospiele befand und Tanaka der erste angestellte Sounddesigner war, wurde er mit dem Erstellen von Soundeffekten für einige frühe Nintendo-Arcade-Spiele sowie für einige Game-and-Watch-Spiele zuständig. Überdies musste Tanaka den Sound auch einprogrammieren und sogar die Hardware dafür gestalten. Das Arcade-Spiel „Space Firebird“ von 1980 war seine erste Arbeit bei Nintendo. Es folgten unter anderem die Soundeffekte (nicht die Musik!) für „Donkey Kong“ und „Mario Bros.“

So sahen Tanakas erste Jahre bei Nintendo aus. Als 1983 das Famicom auf den Markt kam, welches aufwändigere Soundeffekte und Musikstücke ermöglichte, begann Tanaka, sich auf das eigentliche Komponieren zu konzentrieren. So war er für viele Soundtracks der frühen Famicom- und NES-Spiele aus dem Hause Nintendo zuständig; als Beispiele seien „Duck Hunt“, „Balloon Fight“ und „Wrecking Crew“ genannt. Inzwischen hatte Nintendo unter anderem mit dem weltbekannten Koji Kondo ein Team von Komponisten, sodass Tanaka nicht mehr allein für die Soundprogrammierung zuständig war.

Eine Retro-Legende

1986 gelang Tanaka mit dem Soundtrack für „Metroid“ der Durchbruch. Anders als zur damaligen Zeit üblich, entschied er sich für die Musik des Spiels bewusst gegen eingängige Melodien und erstellte stattdessen atmosphärische, soundeffekt-artige Klänge. Viele Musikstücke, die Tanaka in den folgenden Jahren komponierte, sind noch heute extrem populär: „Kid Icarus“, „Tetris“, „Mother“, „Super Mario Land“ – die Soundtracks dieser Klassiker entstammen alle Tanakas Feder. Als Anfang der 1990er Jahre das SNES auf den Markt kam, das dank seiner 16-Bit-Technik noch abwechslungsreichere Stücke ermöglichte, nahm Tanakas Komponistentätigkeit leider deutlich ab. Seine sicherlich beachtenswerteste Arbeit dieser Ära dürfte „EarthBound“ sein, wobei er auch hier nicht der alleinige Komponist war.

Bereits zu dieser Zeit haben viele Werke Tanakas ihren Weg auf Videospielsoundtrack-Alben gefunden. Doch welchen Musikstil bevorzugt Tanaka? In einem Interview antwortete der Komponist, keinen eigenen Stil zu haben, sondern seine Musik immer an das jeweilige Spiel anzupassen. Außerdem gebe es keine anderen Komponisten, durch die er sich beeinflusst und inspiriert gefühlt habe.

Seinen Wunsch, direkter in die Entwicklung eines Projektes involviert zu sein, erfüllte sich Tanaka 1998 mit der „Game Boy Camera“, einer Peripherie für den Game Boy, mit der man fotografieren konnte. Diese plante und sogar programmierte (!) Tanaka, der bei der Entwicklung als Director fungierte. Zu dieser Zeit gewann der Game Boy ohnehin dank des „Pokémon“-Franchise stark an Aufschwung. Da dieses äußerst erfolgreich war, durfte natürlich eine TV-Serie nicht fehlen. Als deren Komponist wurde Tanaka eingesetzt. Daraufhin verließ Tanaka 1998 Nintendo und wurde bei der Nintendo-Tochter Creatures Inc. angestellt, die für das „Pokémon“-Franchise zuständig ist. 2000 wurde er zum Präsidenten des Unternehmens befördert, was er heute noch ist.

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Der Hirokazu-Tanaka-Song

Seither komponiert Tanaka hauptsächlich für den „Pokémon“-Anime sowie die -Kinofilme. Nur noch selten schreibt er für andere Spiele; einer dieser seltenen Fälle ist „Super Smash Bros. Brawl“. Tanaka gehörte zu den insgesamt 36 Komponisten, die Arrangements für das 2008 veröffentlichte Wii-Beat-'em-up verfassen durften. Er entschied sich zu einem Remix der von ihm erstellen Soundeffekte aus „Donkey Kong“. Angesichts dieses Stückes verwundert es kaum, dass Tanaka den Spitznamen „Hip Tanaka“ besitzt.

Außerdem lässt sich Tanaka hin und wieder auf Spielemessen blicken, aber auch in der Chiptune-Szene ist er bekannt und hat hin und wieder Auftritte. Als Hiroshi Yamauchi, ehemaliger Nintendo-Präsident und damit Tanakas Ex-Boss, 2013 verstarb, schrieb Tanaka zu dessen Gedenken zwei 8-Bit-Stücke, die an „Super Mario Land“ und „Metroid“ anlehnen und im Internet frei verfügbar sind.

Zum Ende der ersten Hälfte dieses Berichtes noch eine schräge Anekdote: 2009 brachte Tanaka in Japan den „Hirokazu-Tanaka-Song“ heraus. Darin singt er mit zehn anderen Männern, die ebenfalls Hirokazu Tanaka heißen, über den Namen „Hirokazu Tanaka“. Unterlegt ist dieses Stück mit 8-Bit-Ausschnitten. Man hält es kaum für möglich, aber dieser Song war in Japan ziemlich erfolgreich.

Kazumi Totaka

Der zweite Nintendo-Komponist, den wir euch heute vorstellen möchten, hört auf den Namen Kazumi Totaka und erblickte am 23. August 1967 in Tokyo das Licht der Welt. Zu seinem Lebenslauf ist leider weitaus weniger bekannt. Als er Anfang der 1990er Jahre bei Nintendo angestellt wurde, konnte das Unternehmen bereits ein umfangreiches internes Soundteam aufweisen. Totaka wurde der Abteilung Research & Development 1 zugeordnet, bei der auch Tanaka angestellt war, und lieferte sein Kompositionsdebüt mit dem 1992 erschienenen Game-Boy-Spiel „X“, an welchem auch Tanaka mitwirkte.

In den nächsten Jahren komponierte Totaka unter anderem die Soundtracks von „Super Mario Land 2“, „Mario Paint“, „Zelda: Link's Awakening“ und „Tetris & Dr. Mario“ (SNES). Was dies betrifft, ist er leicht mit Tanaka zu verwechseln – nicht nur ähneln sich die Namen der beiden Musiker stark, sondern war Tanaka für den ersten Teil für „Super Mario Land“ zuständig, während Totaka den zweiten komponierte. Außerdem komponierte auch Totaka nur wenig für das SNES.

1996 wechselte Totaka dann in Shigeru Miyamotos Abteilung Entertainment Analysis & Development, wo er zunächst für „Wave Race 64“ und „Yoshi's Story“ Musik erstellte. In den nächsten Jahren blieb Totaka ein äußerst aktiver Komponist. So stammen die Spielesoundtracks von „Luigi's Mansion“, „Pikmin“, „Animal Crossing“, „Nintendogs“ und den „Wii Sports“-Spielen von ihm. Sein aktuellstes Werk ist die Musik für „Wii Sports Club“, das vor wenigen Wochen für Wii U erschien. Sogar einige der eingängigen Stücke aus den Wii-Menüs entstammen Totakas Feder und natürlich arrangierte er auch einige Musiken für „Super Smash Bros. Brawl“. Und obwohl er ein „reiner“ Videospielkomponist ist, fungierte er – wie auch Tanaka – bereits einmal als Director eines eigenen Spieles, nämlich des 2008 erschienenen „Wii Music“.

Bild Kazumi Totaka in einem Iwata-fragt-Interview

Synchronsprecher und Totaka's Song

Totaka ist also ebenfalls für viele kultige Soundtracks verantwortlich und noch heute sehr aktiv. Doch tatsächlich ist Totaka für ganz andere Werke bekannt.

So fungiert Totaka seit „Yoshi's Story“ als Synchronsprecher des grünen Dinosauriers. Allerdings werden für Yoshis zahlreiche Auftritte häufig die gleichen Sprach-Samples wiederverwendet. So hatte Totaka für „Super Mario Galaxy 2“ (2010) zum ersten Mal seit zehn Jahren Yoshis Ausrufe neu vertont und im Vorfeld befürchtet, den Dinosaurier nicht mehr angemessen synchronisieren zu können. Auch Professor I. Gidd aus „Luigi's Mansion“ lieh Totaka seine Stimme. Überdies findet sich im Internet die Behauptung, Totaka fungiere auch als Sprecher der Pikmin – tatsächlich war er als Komponist in der „Pikmin“-Reihe involviert und vom Klang her würde dies zu seinen anderen Rollen passen, einen Beweis für diese Behauptung konnten wir nicht ausfindig machen.

Und dann ist da noch Totaka's Song. Es handelt sich dabei um ein kurzes Musikstück aus 19 Noten, das Totaka in fast allen Spielen, für die er komponierte, versteckt eingebaut hat. Schon in „X“, seinem ersten Spiel, taucht Totaka's Song auf. In „Super Mario Land 2“ bspw. muss man im Game-Over-Bildschirm zweieinhalb Minuten warten, bis das Stück erklingt; in „Link's Awakening“ muss man dazu einige Minuten lang in Richards Villa warten. Auch in „Luigi's Mansion“ und „Animal Crossing“ taucht dieses Stück auf, das inzwischen gewissermaßen zu Totakas Markenzeichen geworden ist. Da Totaka's Song stets gut versteckt ist, hat es in einigen Fällen mehrere Jahre gedauert, bis er in einem Spiel von Totaka gefunden wurde. Eine möglichst vollständige Übersicht über alle Spiele mit Totaka's Song findet ihr hier.

Doch in manchen Fällen treibt es Totaka mit seinem Easter-Egg noch auf die Spitze: So kann man seinen Song in der japanischen Version von „Link's Awakening“ auch hören, indem man als Namen für einen neuen Spielstand „TOTAKEKE“ (entspricht Totakas Spitznamen) eingibt. Außerdem basiert die Figur des K. K. Sliders aus „Animal Crossing“ auf Totaka – in Japan heißt sie sogar ebenfalls „Totakeke“. Und ihr dürft drei Mal raten, welches Lied K. K. Slider spielt, wenn man den „K. K. Song“ auswählt.

Zusätzlich zu den im Text angegebenen Quellen liegen diesem Bericht folgende Seiten zu Grunde: Hirokazu Tanakas Homepage, 1UP: A Conversation With Hip Tanaka, Gamasutra: Shooting from the Hip: An Interview with Hip Tanaka, The Legacy Music Hour: Episode 18: Hirokazu Tanaka

Was haltet ihr von Hirokazu Tanaka und Kazumi Totaka? Wie findet ihr die Soundtracks der beiden Nintendo-Komponisten?

Weiterführende Links: Forum-Thread

Bisher gibt es vier Kommentare

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  • Avatar von SLEEPYHEAD-95
    SLEEPYHEAD-95 18.12.2013, 22:35
    guter bericht, war echt interessant :3
  • Avatar von ahixd
    ahixd 16.12.2013, 13:28
    Hätte ich jetzt nicht erwartet. Ich hab wieder Lust auf Retro Games
  • Avatar von JFan
    JFan 15.12.2013, 00:46
    Wiedermal sehr interessant und lesenswert
    Hätte mehr Comments verdient!
  • Avatar von 1UP-Maschine
    1UP-Maschine 14.12.2013, 13:43
    Echt genial, dieser Song!

    Auch wieder ein super Report, macht unheimlich Spaß zu lesen.