Inside Nintendo 185: Wer ist wer? Ein Blick in Nintendos interne Spieleabteilungen (Teil 2)

Nachdem wir im ersten Teil der Reportage einen Überblick über Geschichte und Struktur von Nintendos interner Spieleentwicklungsabteilung Entertainment Planning & Development (EPD) verschafft sowie die ersten vier Teams unter die Lupe genommen haben, setzen wir nun unseren Gang durch eines der bedeutendsten Spielestudios aller Zeiten fort.

Die Entwicklung von Videospielen ist immer noch überwiegend eine Männerdomäne. Die derzeit wohl wichtigste Nintendo-Entwicklerin heißt Aya Kyogoku und fungiert als Leiterin der für „Animal Crossing“ und „Splatoon“ zuständigen fünften EPD-Abteilung. Ursprünglich bei Atlus angestellt, schrieb sie später bei Nintendo unter anderem für „Zelda: Twilight Princess“ das Skript, bevor sie intensiv in die beliebte „Animal Crossing“-Reihe eingebunden wurde.

Erfolgreiche Gegensätze: Aya Kyogoku und EPD 5

Die zwei Spielereihen, für die EPD 5 hauptsächlich zuständig ist, sind beide äußerst erfolgreich, könnten aber unterschiedlicher kaum sein: die entspannende Lebenssimulation „Animal Crossing“ und der feuchtfröhliche Teamshooter „Splatoon“. „Animal Crossing“, schon zuvor ein echtes Brett in Nintendos Markenrepertoire, hat mit seinem Switch-Ableger „New Horizons“ mitten in Corona-Zeiten alles Vorherige in den Schatten gestellt, während „Splatoon“ mit bislang über 17 Millionen Verkäufen in zwei Veröffentlichungen die wohl wichtigste neue Nintendo-Marke der letzten Jahre ist.

EPD 5 geht zurück auf die frühere zweite EAD-Abteilung, deren langjähriger Leiter und Produzent Katsuya Eguchi nun mit anderen Aufgaben betraut ist. Managerin von EPD 5 ist Aya Kyogoku, Projektleiterin der „Animal Crossing“-Teile „New Leaf“ und „New Horizons“. Sie war die erste Frau, die für ein Nintendo-Spiel im Regiestuhl saß, und ist derzeit auch inmitten der EPD-Abteilungsleiter die einzige Frau. Produzent von EPD 5 ist indes Hisashi Nogami, seines Zeichens „Animal Crossing“-Mitarbeiter der ersten Stunde und leitender Entwickler der Teile für N64/GameCube, DS und Wii. Die Verantwortung für „Splatoon“ liegt dagegen in den Händen von Yusuke Amano, dem vorherigen Projektleiter von „New Super Mario Bros. 2“.

Mit zwei überaus erfolgreichen und beliebten Reihen unter seiner Ägide muss sich EPD 5 gewiss keine Sorgen um die Zukunft machen. Anfang 2021 ist bereits der dritte „Splatoon“-Teil angekündigt worden, der im nächsten Jahr seinen Weg auf Nintendo Switch finden soll. Sicher wird auch ein neues „Animal Crossing“-Spiel zumindest schon in den frühen Projektphasen stecken, auch wenn der Bedarf nach einer Fortsetzung angesichts des langfristigen Spielspaßes etwas geringer ist.

V.l.n.r.: Risa Tabata, Co-Produzentin von EPD 6, Kensuke Tanabe, langjähriger Produzent und Abteilungsleiter, sowie Retro-Studios-Präsident Michael Kelbaugh (Foto: Giancarlo Valdes/GamesBeat).

Partner von Retro Studios und Co.: Kensuke Tanabe und EPD 6

Anders als die drei vorherigen Abteilungen ist EPD 6 hauptsächlich an Projekten externer Entwickler beteiligt. Zu den engen Partnern zählen unter anderem Retro Studios sowie Next Level Games, zwei Nintendo-First-Party-Studios aus Amerika. Zur Verantwortung von EPD 6 gehört somit die Kooperation bei Spieleprojekten wie „Paper Mario“, „WarioWare“ und „Luigi’s Mansion“; auch das heiß ersehnte „Metroid Prime 4“ entsteht mit EPD-6-Unterstützung. Damit wird bereits klar: Die Projekte, an denen dieses Team mitwirkt, sind im Vergleich zu manch anderen Nintendo-Titeln oft eher größeren Kalibers, wie etwa in den letzten Jahren „Luigi’s Mansion 3“ und „Paper Mario: The Origami King“.

Geleitet wird die Abteilung von Kensuke Tanabe, der schon seit den späten 1980er-Jahren bei Nintendo arbeitet und als verantwortlicher Produzent der „Metroid Prime“-Reihe größere Bekanntheit erlangt hat. Während seiner Zeit als Leiter der dritten Abteilung von Nintendo SPD, in deren Nachfolge EPD 6 steht, hatte er daneben bei einer Vielzahl kleinerer Titel die Rolle des Produzenten inne, darunter bei mehreren „Kirby“-Titeln und bei der „Mario vs. Donkey Kong“-Reihe. Aufmerksamkeit verdient auch Risa Tabata, von Anfang an Koordinatorin der „Metroid Prime“-Spiele und aktuell Co-Produzentin bei EPD 6.

Eine weitere wichtige Person bei EPD 6 ist Akiya Sakamoto, der bei vielen Entwicklungen als Projektmanager mitwirkte und vermutlich auch bei „Metroid Prime 4“ eine wichtige koordinierende Tätigkeit inne hat. Die „WarioWare“-Reihe, die gemeinsam von Intelligent Systems und Nintendo entwickelt wird, obliegt indes der Direktion von Goro Abe.

„Famicom Detective Club“ ist eines von Nintendos weniger bekannten 8-Bit-Spielen. Mitgewirkt hatten damals Nintendo-Urgesteine wie Gunpei Yokoi, Satoru Okada, Toru Osawa, Kenji Yamamoto und Yoshio Sakamoto, die unter dem internen Namen „Team Shikamaru“ Story-orientiertere Spiele voranbringen wollten und später unter anderem auch den Klassiker „Super Metroid“ entwickelten. Da ist es nur recht und billig, dass das de facto Nachfolgeteam jener legendären R&D1-Abteilung an der komplett überarbeiteten Neuauflage von „Famicom Detective Club“ mitarbeitet. In dieser Fassung erscheint die Visual Novel dieses Jahr erstmals außerhalb Japans.

Erbe einer Legende: Katsuya Yamano und EPD 7

Nintendo Entertainment Planning & Development 7 geht auf die frühere Abteilung Software Planning & Development 1 zurück, die für kleinere interne Projekte wie „WarioWare“, „Rhythm Paradise“ und „Tomodachi Life“ verantwortlich zeichnete. Es war die einzige der damals vier SPD-Unterabteilungen, die nicht in der Koordination externer Spieleentwicklungen aufging, sondern in Eigeninitiative neue Titel hervorbrachte, oft unterstützt von Intelligent Systems. Den Status als wichtigstes SPD-Team festigte auch der damalige Abteilungsleiter Yoshio Sakamoto, der als Kopf hinter der „Metroid“-Reihe als eines der bekanntesten Nintendo-Gesichter gilt. Einige Kernmitglieder von SPD 1 hatten ihrerseits zuvor bei der bekannten und von Gunpei Yokoi geleiteten Abteilung R&D1 an Spielen wie den frühen „Metroid“-Teilen sowie der „Wario Land“-Reihe mitgewirkt.

Es dürfte deutlich geworden sein: Das Team hinter EPD 7 kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Hier lebt de facto der Geist von R&D1 fort, wo Ende der 1970er- und Anfang der 1980er-Jahre Nintendos allererste Videospiele entstanden. In Anbetracht dieses Erbes stießen die Projekte der letzten Jahre insgesamt aber nur auf eine eher durchwachsene Resonanz: „Rhythm Paradise Megamix“, Nintendos erste Smartphone-App „Miitomo“ sowie das 3DS-Remake „Metroid: Samus Returns“ – Letzteres ist in enger Zusammenarbeit mit dem spanischen Studio MercurySteam entstanden – haben allesamt keine Bäume ausreißen können, was Verkaufszahlen angeht.

Yoshio Sakamoto ist weiterhin Produzent innerhalb von EPD 7, geleitet wird die Unterabteilung allerdings nun von Katsuya Yamano, der ab den 1990er-Jahren als Programmierer unter anderem bei mehreren „Metroid“- und „Wario Land“-Spielen involviert war, bevor er Produzent und Supervisor bei SPD 1 wurde. Da er nie selber im Regiestuhl gesessen hat, ist er für Nintendo-Fans kein bekannter Name. Ebenfalls nur wenig bekannt sind andere wichtige Mitglieder von EPD 7, etwa „Tomodachi Life“- und „Miitomo“-Entwickler Ryutaro Takahashi sowie „Rhythm Paradise“-Entwickler Masami Yone. Deutlich länger als diese beiden ist Takehiko Hosokawa für Nintendo tätig. Er war nicht nur Director der „Metroid“-Teile „Fusion“, „Other M“ und „Samus Returns“, sondern in den 1990er-Jahren auch Projektleiter von „Super Mario Land 2“ sowie der „Wario Land“-Reihe.

Der Informationsstand zu den aktuellen Projekten von EPD 7 ist recht dürftig. Bekannt ist derzeit nur die Arbeit an einem Remake von „Famicom Tantei Club“, zwei bei uns ziemlich unbekannten Nintendo-Adventures, die 1988 exklusiv in Japan auf den Markt kamen. Das Projekt entstand in Zusammenarbeit mit Mages, das sich mit Japano-Adventures einen Namen gemacht hat, während EPD 7 nur kooperierend mitgewirkt zu haben scheint. Eine Veröffentlichung des Remakes in unseren Gefilden galt als äußerst unwahrscheinlich, wird aber im Mai 2021 erfolgen.

V.l.n.r.: Manager und Produzent Koichi Hayashida, Director Kenta Motokura und Leveldesigner Shinya Hiratake, die derzeit leitenden Entwickler der 3D-„Super Mario“-Spiele. Nicht minder bedeutend ist Futoshi Shirai; von ihm gibt es leider kein aktuelles Foto. Diese Herren führen die Arbeit von Shigeru Miyamoto, Takashi Tezuka und Yoshiaki Koizumi an einer der wichtigsten Nintendo-Reihen überhaupt fort.

Das Top-Team aus Tokyo: Koichi Hayashida und EPD 8

Anders als alle anderen EPD-Abteilungen ist die achte Gruppe nicht in Kyoto angesiedelt, sondern befindet sich in Nintendos Tokyo-Niederlassung. Sie ist die Nachfolgerin von EAD Tokyo 2 und hauptsächlich für die prestigeträchtigen 3D-„Super Mario“-Spiele verantwortlich. Zuletzt brachte EPD 8 zusammen mit Nintendo Software Technology in Amerika sowie dem japanischen Partner 1-Up Studio die erweiterte Neuauflage „Super Mario 3D World + Bowser’s Fury“ auf den Markt. Vorherige Projekte der Abteilung sind „Super Mario Odyssey“, das Spin-off „Captain Toad: Treasure Tracker“ sowie die Retro-Minispielsammlung „NES Remix“.

Die Leitung von EPD 8 obliegt Koichi Hayashida, der seit „Super Mario Sunshine“ an des Klempners wegweisenden 3D-Spielen beteiligt ist. Mit „Super Mario Galaxy 2“ hatte er sein Regiedebüt gegeben, während Yoshiaki Koizumi, der Projektleiter des Vorgängers, zum Produzenten befördert worden war. Als Koizumi 2014 eine noch höhere Position erhielt, rückte Hayashida auf die Stelle des Gruppenleiters und Produzenten nach. Die Kreativleitung der 3D-„Super Mario“-Spiele liegt seitdem in den Händen von Kenta Motokura. Der seit den späten 1990er-Jahren für Nintendo tätige ursprüngliche Grafikdesigner führt mit großer Wahrscheinlichkeit auch beim nächsten großen 3D-„Mario“ Regie. Angekündigt ist dieses Spiel aber noch nicht, obwohl der Vorgänger „Odyssey“ bereits dreieinhalb Jahre zurückliegt.

Wichtige aktuelle „Mario“-Entwickler neben Hayashida und Motokura sind Shinya Hiratake und Futoshi Shirai, die seit den „Super Mario Galaxy“-Spielen zu den leitenden Leveldesignern innerhalb von EAD Tokyo/EPD 8 zählen. Diese Namen sollten Nintendo-Fans im Gedächtnis behalten, denn wir schätzen, dass die genannten Personen für die langfristige Zukunft der 3D-„Super Mario“-Reihe sehr bedeutend sein werden und damit zu den führenden Nintendo-Entwicklern von morgen zählen könnten.

Kosuke Yabuki, Produzent und Manager von EPD 9, und „Arms“-Director Masaaki Ishikawa im Interview mit GameXplain. Yabuki war zuvor Projektleiter von „Mario Kart 7“ und „Mario Kart 8“, während Ishikawa bei diesen Titeln die Art Direction übernommen hatte.

Hier geht die Lutzi ab: Kosuke Yabuki und EPD 9

Eine der bekanntesten und erfolgreichsten Reihen, die Nintendo intern produziert, ist „Mario Kart“. Dementsprechend kümmert sich eine eigene EPD-Unterabteilung ausschließlich um das Franchise. Neben „Mario Kart 8“, der Switch-Portierung mit dem Namenszusatz „Deluxe“ sowie dem umstrittenen Mobile-Teil „Tour“ hat EPD 9 jüngst den Augmented-Reality-Ableger „Mario Kart Live: Home Circuit“ hervorgebracht, der primär beim amerikanischen Entwickler Velan Studios entstand. Mit dem Prügelspiel „Arms“ versuchte sich das Team außerdem 2017 an einem völlig neuen Spiel abseits etablierter Marken und in einem für Nintendo eher unüblichen Genre, konnte damit aber nicht ganz an den Erfolg von EPD 5 mit „Splatoon“ anknüpfen.

EPD 9 geht zurück auf die EAD-Spieleentwicklungsabteilung Nummer 1, die mit mehreren „Mario Kart“-Titeln sowie der „Nintendogs“-Reihe Verkäufe im zweistelligen Millionenbereich feierte. Ein „Mario Kart 9“ gilt zwar als so sicher wie das Amen in der Kirche, ist aber bis heute nicht angekündigt worden – obgleich der letzte große neue Teil nunmehr sieben Jahre zurückliegt. Dass sich das Team nur auf den Lorbeeren von „Mario Kart 8 Deluxe“, dem derzeit meistverkauften Switch-Spiel, ausruht und nicht schon lange an einem vollwertigen Nachfolger werkelt, ist jedoch überaus unwahrscheinlich. Ob EPD 9 indes je zum Genre der Tiersimulationen zurückkehren wird, ist ungewiss, nachdem dem 3DS-Launchtitel „Nintendogs + Cats“ eher wenig Aufmerksamkeit zuteil geworden ist.

„Mario Kart“ wird meist mit dem Namen Hideki Konno assoziiert, und in der Tat war der Schöpfer der Rennspielreihe auch Leiter von EAD 1. Mit der Umstrukturierung der Entwicklungsabteilungen 2015 wandte sich Konno jedoch neuen Aufgaben zu und übernahm die Leitung von Nintendos Mobile-Spielen. Das „Mario Kart“-Team EPD 9 wird seitdem geleitet von Kosuke Yabuki, der die Regie von „Mario Kart 7“ und „Mario Kart 8“ inne gehabt hatte. Auch Yasuyuki Oyagi, Co-Produzent des Teams, hatte schon bei mehreren Ablegern der Reihe die Kreativleitung übernommen. Die Directors von „Arms“, Shintaro Jikumaru und Masaaki Ishikawa, waren zuvor ebenfalls an „Mario Kart“ beteiligt und gaben mit besagtem Kampfspiel ihr Regiedebüt.

Grenzenlose Kreativität verspricht „Super Mario Maker 2“. Ob 2D-„Super Mario“-Spiele klassischer Machart angesichts dessen überhaupt noch eine Zukunft haben? Den beiden „New Super Mario Bros.“-Teilen von 2012 war damals Ideenlosigkeit vorgeworfen worden.

Flache Hüpfer und kleine Krabbler: Hiroyuki Kimura und EPD 10

Es waren in erster Linie 2D-Jump’n’Runs, die Nintendo in den 1980er-Jahren weltweit riesige Erfolge beschert haben, und seit Mitte der 2000er-Jahre feiert der Konzern wieder alle paar Jahre rekordverdächtige Verkaufszahlen mit 2D-„Mario“-Hüpfern. Angesichts dessen ist nicht verwunderlich, dass für diese Spiele ein eigenes Entwicklerteam verantwortlich zeichnet, nämlich die zehnte Unterabteilung von Nintendo EPD. Sie hat zuletzt die Switch-Neuauflage „New Super Mario Bros. U Deluxe“ sowie den Levelbaukasten „Super Mario Maker 2“ hervorgebracht, außerdem das Remake „Pikmin 3 Deluxe“.

Schon in seiner Vergangenheit als vierte EAD-Abteilung hatte dieses Team die sehr absatzstarken „New Super Mario Bros.“-Spiele sowie die „Pikmin“-Reihe und 2015 den „Super Mario Maker“ verantwortet. Die Leitung des Teams obliegt Produzent Hiroyuki Kimura, einem Nintendo-Veteranen, der schon 1988 als Grafikdesigner am 2D-Klassiker „Super Mario Bros. 3“ mitgewirkt hatte. Anfang der 2000er-Jahre leitete Kimura die Entwicklung der vierteiligen Remake-Serie „Super Mario Advance“, die den Weg für die Renaissance der 2D-„Super Mario“-Spiele ebnete. Auch das DS- und Wii-Spiel „Big Brain Academy“ war damals innerhalb seiner Abteilung entstanden.

Ein weiterer verdienstvoller Entwickler von EPD 10 ist Shigefumi Hino, der ebenfalls schon seit über 30 Jahren für Nintendo tätig ist. Eine seiner ersten Leistungen bestand darin, im SNES-Launchtitel „Super Mario World“ das bis heute beliebte Reittier Yoshi zu gestalten. Außerdem saß er – mit Ausnahme des 3DS-Spin-offs „Hey! Pikmin“, das beim externen Studio Arzest entstand – bei bislang jedem „Pikmin“-Spiel im Regiestuhl und wirkte als Spieldesigner an den „Super Mario Maker“-Titeln mit. Hino ist damit einer der eher wenigen Nintendo-Entwickler, die seit Jahrzehnten an der kreativen Front tätig sind, ohne in eine übergeordnete und distanziertere Produzentenrolle aufgestiegen zu sein.

Die aktuellen Projekte von EPD 10 sind nicht bekannt. Ein neues klassisches 2D-„Mario“ gab es schon seit dem Wii-U-Teil von Ende 2012 nicht mehr, und Bedarf an einem dritten „Super Mario Maker“-Teil besteht angesichts des grundsätzlich unbegrenzten Spielumfangs der Leveleditoren derzeit nicht wirklich. Der Director der „Super Mario Maker“-Spiele, Yosuke Oshino, hat Nintendo übrigens Mitte 2019 verlassen und ist zu The Pokémon Company gewechselt. Ein großes Rätsel ist indes „Pikmin 4“, von dem Shigeru Miyamoto bereits im September 2015 behauptete, dass es so gut wie fertiggestellt sei, das bis heute aber nicht offiziell angekündigt worden ist. Der Umstand, dass auch schon „Pikmin 3“ viele Jahre hatte auf sich warten lassen, stimmt uns aber vorsichtig optimistisch, dass der vierte Teil irgendwann doch noch das Licht der Welt erblicken wird.

Was lange undenkbar schien, wurde im Dezember 2016 Wirklichkeit: Nintendo veröffentlichte ein offizielles „Super Mario“-Spiel für Smartphones. Hier experimentierte Nintendo noch mit Monetarisierungssystemen, konnte aber allein bis September 2018 über 300 Millionen Downloads der App generieren.

Auf zu neuen Ufern: Hideki Konno und die Smart Device Production Group

Einen Einstieg in den lukrativen Markt der Mobile-Spiele hatte Nintendo lange Zeit kategorisch abgelehnt – bis „Miitomo“ 2016 einen Paradigmenwechsel einleitete. Es folgten in den nächsten Jahren einige weitere, weitaus beliebtere Titel für Smartphones und Tablets: „Super Mario Run“, „Animal Crossing: Pocket Camp“, „Fire Emblem Heroes“, „Dr. Mario World“ und „Mario Kart Tour“. Für diese spezielle Produktsparte richtete Nintendo eine eigene Unterabteilung ein, nämlich die EPD Smart Device Production Group.

Im Vergleich zu den zehn regulären EPD-Teams ist über diese Unterabteilung leider recht wenig bekannt. Grund dafür ist, dass Nintendos Mobilespiele überwiegend keinen Abspann aufweisen, mithilfe dessen man mehr über die Personen hinter den Spielen erfahren könnte. Geleitet wird die Smart Device Production Group vom früheren „Mario Kart“-Produzenten Hideki Konno, der in seiner Arbeit – wie wir letztes Jahr in einer „Inside Nintendo“-Reportage über ihn festhielten – schon immer den Aspekt der Kommunikation in den Mittelpunkt gestellt hat.

Obwohl Nintendo mit einzelnen Mobile-Spielen sehr große Erfolge einfahren konnte, kündigte der Konzern 2020 an, seine Bemühungen in diesem Sektor stark herunterzufahren. Seit „Mario Kart Tour“ von 2019, das sehr kontrovers aufgenommen worden war, ist daher kein neuer Mobile-Titel mehr herausgekommen. Lange Zeit war die Rede von einem „The Legend of Zelda“-Titel für Smartphones und Tablets, von dem wir aber bis heute nichts gesehen haben und der wohl auch nie mehr erscheinen wird.

Überraschend wurde dann im März 2021 eine Kooperation mit Niantic für eine „Pikmin“-App angekündigt, die der Auftakt zu einer umfassenderen Zusammenarbeit zwischen Nintendo und dem „Pokémon Go“-Entwickler sein soll. Sehr wahrscheinlich wird auch hier die EPD Smart Device Production Group involviert sein. Anders als bei den meisten anderen Mobile-Titeln von Nintendo wird die eigentliche Entwicklungsarbeit aber vermutlich bei Niantic erfolgen.

Zwei verschollene Entwicklerteams

Damit sind wir am Ende unseres Durchgangs durch Nintendo Entertainment Planning & Development angelangt. Wenn wir noch einmal einen Blick auf die Umstrukturierung der internen Nintendo-Studios 2015 werfen, so wird ersichtlich, dass sämtliche Unterabteilungen des früheren Nintendo Software Planning & Development (SPD) nun in entsprechenden EPD-Teams fortleben. Dagegen scheinen nicht alle der sieben Unterabteilungen des früheren Entertainment Analysis & Development (EAD) mehr zu bestehen, denn die tabellarische Übersicht unten verrät, das von zwei EAD-Teams jede Spur fehlt.

Dabei handelt es sich um EAD Kyoto 5, die Entwickler von „Wii Fit“ sowie der nur leidlich erfolgreichen „Star Fox“-Spiele für Wii U, sowie um EAD Tokyo 1, das abgesehen von wenig bekannter Software wie „Panorama View“ für Wii U in den letzten Jahren schon gar keine neuen Titel mehr hervorgebracht hatte. Die beiden Abteilungsleiter Tadashi Sugiyama und Takao Shimizu, zwei langjährige Nintendo-Mitarbeiter, sind seit einigen Jahren nicht mehr namentlich in einem Spieleabspann erwähnt worden.

AbteilungLeiterZuständigkeitsbereichUrsprung
EPD 1
Hitoshi Yamagami
externe Kooperationen: „Xenoblade“, „Fire Emblem“ u.a.SPD 2
EPD 2
Toshiharu Izuno
externe Kooperationen
SPD 4
EPD 3
Eiji Aonuma
interne Entwicklungen: „Zelda“
EAD 3
EPD 4
Koichi Kawamoto
interne Entwicklungen: „Nintendo Labo“, „Ring Fit Adventure“ u.a.
SDD
EPD 5
Aya Kyogoku
interne Entwicklungen: „Animal Crossing“, „Splatoon“
EAD 2
EPD 6
Kensuke Tanabe
externe Kooperationen: „Metroid Prime“, „Paper Mario“, „Luigi’s Mansion“ u.a.
SPD 3
EPD 7
Katsuya Yamano
interne Entwicklungen: „WarioWare“, „Rhythm Paradise“, 2D-„Metroid“
SPD 1
EPD 8
Koichi Hayashida
interne Entwicklungen: 3D-„Mario“
EAD Tokyo 2
EPD 9
Kosuke Yabuki
interne Entwicklungen: „Mario Kart“, „Arms“
EAD 1
EPD 10
Hiroyuki Kimura
interne Entwicklungen: 2D-„Mario“, „Pikmin“ u.a.
EAD 4
Smart Device Production Group
Hideki Konno
interne Entwicklungen: Mobile-Spiele
-

Das Nintendo-Netzwerk

Abschließend sei noch ein Überblick über Nintendos interne und externe Forschungs- und Entwicklungsabteilungen gegeben. Seit der Umstrukturierung von 2015 ist die interne Struktur sehr übersichtlich, denn es gibt nur noch das für Software zuständige Entertainment Planning & Development Department (EPD) sowie das für Hardware verantwortliche Platform Technology Development (PTD). Zuvor hatte es für jeden Bereich mehrere Abteilungen gegeben; mit der Zusammenlegung ist jetzt eine noch effizientere und zentralisiertere Arbeit möglich.

Natürlich verfügt Nintendo abseits von EPD noch über weitere First-Party-Studios. Dies sind aber gar nicht so viele, wie man meinen könnte. Die größten und bekanntesten Nintendo-Tochterunternehmen sind Monolith Soft, Retro Studios sowie das erst Anfang 2021 akquirierte Next Level Games. Hinzu kommen in Japan die eher kleineren Unternehmen 1-Up Studio, iQue und NDcube, in Amerika Nintendo Software Technology (NST) und Nintendo Technology Development (NTD) sowie in Europa Nintendo European Research & Development (NERD). Darüber hinaus gibt es zahlreiche Partnerstudios und -unternehmen, die eng und oftmals exklusiv mit Nintendo zusammenarbeiten, aber dennoch nicht zum „Mario“-Konzern gehören. Die bekanntesten Namen dürften hier Game Freak, HAL Laboratory und Intelligent Systems sein.

Wo die Nintendo-Magie entsteht

All diese diversen externen Kooperationen werden zentral in Japan von Nintendo EPD koordiniert. So hat Nintendo ein sehr dichtes und vielfältiges Netz an First-Party-Veröffentlichungen aufbauen können. Und was wäre eine Nintendo-Konsole ohne Nintendo-Spiele? Das zeigt schon ein Blick auf die aktuelle Top Ten der meistverkauften Switch-Spiele, die allesamt von Nintendo veröffentlicht wurden. Die EPD-Abteilung hatte somit bei sämtlichen der erfolgreichsten Switch-Titel ihre Finger im Spiel; sechs der zehn meistverkauften Spiele sind sogar reine EPD-Eigenproduktionen und haben sich mit Stand Dezember 2020 insgesamt 127,99 Millionen Mal verkauft. In Anbetracht dieser Größenordnungen ist das Studio mit schätzungsweise um die 800 Mitarbeitenden relativ klein.

Diese Zahlen zeigen: Nintendo EPD ist eines der gewinnbringendsten und wichtigsten Studios der gesamten Videospielbranche. Diesen Rang wird die Abteilung nicht so schnell verlieren – einen großen Beitrag dazu leistet die neue Studiostruktur seit 2015, die Nintendos erfolgreichste Jahre seit der Wii- und DS-Ära eingeleitet hat.

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