Ohrwürmer können schrecklich sein. Und heute nutze ich die Gelegenheit, das mir durch einen an dieser Stelle nicht genannten Verwandten erteilte Leid hemmungslos an die Nintendo-Online-Gemeinde weiter zu geben. In diesem Sinne:

„Im Radio ist ein Küken, im Radio ist ein Küken,
und das Küken piept, das kleine Küken piept,
das kleine Küken piept, das kleine Küken piept,
das kleine Küken piept, das kleine Küken piept.“

Nach meiner schäbigen Rache, nun aber zur eigentlichen Ursache meines Pieps, den unser Chefredakteur formell als Review bezeichnet. Der niederländische Entwickler Two Tribes führt nämlich dieser Tage zum dritten Mal sein Küken Toki Tori auf eine Nintendo-Plattform und zwar in den eShop der Wii U. Ursprünglich war der Puzzler als Launch-Titel geplant, brauchte aber noch den nötigen Feinschliff und ein Mehr an Arbeitsstunden, um schließlich die Tore des Entwicklerstudios verlassen zu dürfen. Ob Mr. Tori überzeugen kann oder wir in lautes Gegagger ausbrechen mussten, erfahrt ihr nachstehend.

Was zum Kuckuck?

Im Gegensatz zu den ursprünglichen „Toki Tori“-Spielen. schlägt „Toki Tori 2“ einen eher unkonventionellen Weg ein. Vorbei sind die Zeiten, in denen das kleine gelbe Gefieder innerhalb eines Levels einen vorgegebenen Pfad absolvieren musste, durch das es sich mit diversen Items schlug, um am Ende den einen richtigen Lösungsweg zu finden. Diesmal gestaltet sich das Geschehen offener. Das einzige, dass der Spieler zu Beginn an den Flügel bekommt, ist der Hinweis, dass mit A gestampft und mit B gepfiffen werden kann. Darüber hinaus gilt es seine Umgebung ausgiebig zu beobachten, die Verhaltensweisen anderer tierischer Mitbewohner zu analysieren, um so das Ziel eines jeden Abschnittes zu erreichen.

Auf Seiten der Story verhält es sich ähnlich mit der stummen Darbietung der Gegebenheiten. Man weiß, man ist ein Küken, in dessen Lebensraum eine ölige Flüssigkeit aus dem Boden schießt. Und um dies für die Zukunft zu verhindern, müssen diverse Artefakte gesammelt und Statuen zum Leuchten gebracht werden. Klingt komisch, ist aber so.

Piep

Jene Art den Spieler in die bunte Welt der Tiere zu entlassen und auf sich alleine zu stellen, bietet ein wirklich frisches Spielerlebnis und fordert Kreativität und ein gewisses Vorstellungsvermögen. Wenn erst mal klar ist, dass der Frosch gerne Käfer mag und daraufhin einen gewaltigen Rülpser in Form einer Blase ausspeit, hat sogleich ein wichtiges Transportmittel entdeckt, mit dem sich unerreichte Höhen erklimmen lassen. So oder so ähnlich verhält es sich während des gesamten Spielverlaufs. Durch Piepen oder Stampfen beeinflusst Toki Tori seine Umwelt, scheucht Tiere weg oder lockt sie durch seinen lieblichen Gesang an. Die Aufgabe des Spielers ist es, seine Gehirnzellen anzustrengen und zu schauen, wie welches Tier mit der Umgebung oder anderen Artgenossen interagieren könnte. Dabei kommt man manchmal einfach nicht drum herum, gewisse Sachen auszuprobieren, um daraufhin festzustellen, dass ein ganz anderer Weg der bessere wäre. Getreu dem Motto „Lieber den Spatz in der Hand als eine Taube auf dem Dach“, durchforstet man die frei ineinander übergehenden Level und stößt dabei immer wieder auf neue Herausforderungen, die zunehmend kniffliger werden und einem früher oder später auch scheitern lassen. Beißt Toki Tori mal ins Gras, oder kommt man partout nicht weiter, weil einem zum Beispiel ein entscheidendes Tier abhandengekommen ist, verhilft dem Spieler einer der zahlreich gesetzten Checkpoints zu einem Neuanfang.

Ein blindes Huhn findet auch schon mal ein Korn

Fakt ist aber, dass man in „Toki Tori 2“ recht schnell zum blinden Huhn werden kann und man oft lange nach dem besagten Korn suchen muss. Nicht selten wird man sich in der misslichen Lage wiederfinden, in der man glaubt nicht weiter zu kommen und somit einen anderen Weg einschlägt. Das Schöne hierbei ist jedoch, dass man auf diesem Pfad dann häufig die Erleuchtung trifft, die einem an der eben noch unschaffbar geglaubten Herausforderung weiterhilft. „Toki Tori“ fordert einem schon einiges ab und führt wiederholt zu Frust, der aber früher oder später durch die eigene Motivation des Rätsels Lösung zu finden dahingeblasen und durch den Aha-Effekt ersetzt wird.

Da brat mir doch einer einen Storch!

Mit solch einem Emotionsausruf lässt sich die wunderschöne Welt beschreiben, die es im Kükenabenteuer zu erkunden gilt. Mit geschmeidigen 60 Bildern pro Sekunde bieten sich einem die liebevollen Charaktere, wunderhübschen Areale und putzig animierten Tierchen dar und erfüllen einem das Herz mit einer wohligen Atmosphäre. Auf Seiten des Vogelgesangs trällert zwar nicht gleich die Nachtigall, aber der zurückhaltende Soundtrack fügt sich perfekt in das Geschehen um das kleine Küken ein.