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Sifu

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Sifu

Zum ursprünglichen Release von „Sifu“ im Februar 2022 waren viele Augen auf das vom Beat em Up-Genre motivierte Action-Erlebnis gelegt. Die Kampfszenen erinnerten an klassische Martial Arts-Filme und die Roguelike-Mechanik, gekoppelt mit einem Alter-orientierten Progressionssystem, wirkte mehr als interessant. Ob die nun veröffentlichte Switch-Version an die guten Bewertungen des ursprünglichen PlayStation-Releases anknüpfen kann soll dieser Test zeigen.

Die magische Rache

Die Geschichte beginnt brutal, denn ein mysteriöser Mann kämpft sich mit seiner Truppe durch ein Dojo, um zu seinem ehemaligen Meister Sifu zu gelangen. Diesen tötet er, und nimmt einen mysteriösen Gegenstand an sich. Das alles muss ein kleiner Junge - oder Mädchen, hier liegt die Wahl beim Spielenden - beobachten, welcher sich retten kann und fortan hart trainiert, um sich an den Mördern zu rächen. Im Alter von 20 zieht er dann los, und erfährt im Laufe der Reise zudem, was genau damals geschehen ist.

Die Geschichte nimmt eine untergeordnete Rolle ein, was sie in diesem Fall aber nicht schlechter macht. All das passt zu dem Genre, welches die Macher imitieren, und wird vor allem durch den Stil getragen. Seien es Charakterstarke Bosse, der mysteriöse Unterton, die magischen Elemente oder schlichtweg die Inszenierung - besonders die erste Trainingsmontage bleibt in Erinnerung - hier wird jeder Genre-Fan bestens bedient, auch wenn man nicht unbedingt weiterspielt, um den nächsten großen Twist zu erwarten.

Schwer zu erlernen, sehr schwer zu meistern

Was „Sifu“ wirklich besonders macht, ist sein Gameplay. Dieses orientiert sich am Beat em Up-Genre, schafft es aber als einer der wenigen Titel, die Gegnerwellen, Objektinteraktion und Kombo-Angriffe perfekt in einen 3D-Raum zu bringen. Theoretisch ist das ganz simpel, denn Angriffe werden aus einem Mix aus leichten und starken Schlägen ausgeführt, Tritte lassen Gegner zu Boden fallen, Objekte wie eine Brechstange teilen mehr Schaden aus und per Zeitlupe lassen sich besonders starke Attacken ausführen, um Gegner aus der Fassung zu bringen.

Was das alles so schwierig macht, ist die KI. Die Gegner sind nämlich keinesfalls dumm, halten einiges aus und lernen, Angriffe zu blocken, sollte man immer wieder dieselbe Kombo nutzen. Somit muss man kreativ werden, gleichzeitig aber auch die Angriffsmuster erkennen, um passend auszuweichen. Anfangs ist da Parieren und wegtreten hilfreich, besonders im späteren Verlauf muss aber die Körperhaltung angepasst werden, um nicht mit nur wenigen Schlägen selbst getötet zu werden. Der Held ist zwar stark, hält aber nicht besonders viel aus, und sobald mehrere Gegner auf einen einschlagen und man die Übersicht verliert, ist ein Ableben nicht mehr zu verhindern.

Handheld-Modus

Ein fordernder Ablauf

Und genau da ist der Haken von „Sifu“: Wer sich nicht die entsprechende Zeit nimmt, sich in alle Systeme einzuarbeiten und auch bereit ist, mehrfach zu sterben, Kämpfe neu anzugehen und aus den eigenen Fehlern zu lernen, wird es nicht weit schaffen, zumindest auf dem normalen Schwierigkeitsgrad. Bereits das erste Level ist eine Herausforderung, allerdings werden Fehler verziehen und es kann sein, dass man mit nur wenigen Versuchen den Boss besiegt. Die zweite Welt zieht dann aber den Schwierigkeitsgrad ordentlich an und jeder Fehler wird entsprechend bestraft. Wer sich nicht durchbeißen möchte und die notwendige Frustresistenz mitbringt, wird vermutlich niemals die zweite Spielhälfte sehen, denn die eigene Spielerfahrung wird zur wichtigsten Fähigkeit des Protagonisten.

Das klingt alles sehr hart, doch „Sifu“ hat den Schwierigkeitsgrad nicht versehentlich so hoch gesetzt. Vielmehr wird hierdurch die Zielgruppe definiert, denn Spielende sollen leiden, mit jedem Tod aber etwas dazulernen und an den eigenen Fähigkeiten arbeiten, um anfangs schwierige Passagen später ohne jegliche Probleme abzuschließen. Das motiviert enorm, besonders weil der Lernprozess funktioniert und das anfangs schwierige zweite Level später zum Spaziergang wird.

Glücklicherweise sind in der Switch-Version jedoch alle bisherigen Updates des Spiels enthalten und somit hat es auch der einfachere Modus geschafft, und ermöglicht so denjenigen, die die notwendige Zeit und Kraft nicht investieren möchten oder können, vielleicht doch noch das Finale zu erleben. Kenner wissen, dass auch ein besonders harter Modus eingebaut wurde, dieser hat uns allerdings neben vielen schnellen Toden und Kopfschmerzen keinen großen Ertrag gebracht. 

Der Tod kann ein Anfang sein

Der Tod selbst ist dann auch das große Knackpunkt, denn hier geht „Sifu“ einzigartige Wege. Stirbt der Held, altert er um die Jahre der bisherigen Tode: Nach dem ersten Tod wird er 21, nach dem zweiten 23. Der Anstieg lässt sich verlangsamen, indem Gegnergruppen besiegt werden, doch früher oder später wird aus dem jungen Helden ein alter Meister. Das hat durchaus seine Vorteile, denn mit jedem Tod startet man exakt da, wo man gestorben ist, sogar mitten in Kämpfen. Zudem erhöht sich der Angriffsschaden alle zehn Jahre, und verschiedene Skills lassen sich freischalten, die neue Angriffsmöglichkeiten oder passive Boni mitbringen. Gleichzeitig sinkt aber die eigene Lebensleiste, was ein geschicktes Vorgehen erfordert.

All das motiviert, denn man möchte natürlich nicht zu alt werden, gleichzeitig eröffnen sich dann aber auch erst die besten Kampfoptionen. Die Art der Progression sorgt aber für Probleme, denn sollte man zu alt werden, lässt sich zwar das Level neu starten, dann aber nur im Alter, mit dem man das entsprechende Level begonnen hat. Und hier beginnt die Frustration, denn wenn man einige der späteren Bosse nach mehreren Versuchen besiegt hat, kommt kaum ein Erfolgsgefühl auf, da man bereits jetzt plant, das gesamte Spiel von Vorne anzufangen und möglichst perfekt zu spielen, um den Boss dann auch in so einem Alter zu besiegen, dass man das nächste Level überhaupt erst schaffen kann.

TV-Modus

Es ist definitiv keine Freude, das Spiel von Vorne beginnen zu müssen, und die Kampferfahrung als wichtiger zu bewerten, als der echte spielerische Fortschritt. Das weiß „Sifu“ und hat mitgedacht, weshalb es freischaltbare Abkürzungen gibt und auch eine Mechanik, um Fähigkeiten dauerhaft freizuschalten. Auch das erfordert aber einen eisernen Willen, der den Titel zum einen unzugänglich für viele macht, auf der anderen Seite aber selbst von den Kampferprobten viel abverlangt, die immer gleichen Kämpfe zu wiederholen, selbst wenn es manchmal eigentlich nur die Bosse sind, welche das tatsächliche Hindernis darstellen.

Der leichte Modus schafft hier definitiv Abhilfe, da wir mehr einstecken können und die KI trotz gleicher Komplexität weniger eine Gefahr für uns darstellt. Insgesamt empfanden wir den leichten Modus aber fast ein wenig zu leicht, da wir zwar durch Tode auch an Alter gewinnen, diese aber bei ein wenig Lernfähigkeit viel zu selten passieren um uns wirklich am Fortschritt zu behindern. Außerdem altern wir jeweils nur ein Lebensjahr, daher ist auch dies hier weniger ein Problem. Natürlich konnten wir so der Story leichter folgen, aber das eigentliche Erfolgserlebnis auf welchem das Gameplay aufbaut kommt so deutlich weniger zum Tragen.

TV-Modus

Lichtblicke mit Schattenseiten

Dafür punktet das Spiel dann wieder mit seinem Leveldesign, das ein waches Auge belohnt. In vielen Kampfsituationen kann nämlich die Umwelt genutzt werden, um Objekte aufzunehmen, Gegner über Abgründe zu werfen oder gar selbst in Deckung zu gehen, um Gruppen aufzulösen. Die verwinkelten Areale sind stets voller Details, und wer Hinweise in Form von Gegenständen findet, wird gleich doppelt belohnt. Die meisten schmücken die Handlung aus, denn im Laufe der Reise findet man immer mehr Hinweise zu den Bossen, die von typischen Bösewichten zu Charakteren mit einer eigenen Geschichte werden. Gleichzeitig gibt es aber auch Tipps, um neue Areale freizuschalten, sodass die Wiederholung manchmal zumindest Abwechslung mitbringen kann.

Bereits im Ankündigungstrailer der Switch-Version war sofort klar, dass „Sifu“ für Nintendos Hybridkonsole nicht mit dem großen Vorbild mithalten kann. Tatsächlich hat das Studio Sloclap in einem Interview bekanntgegeben, dass man versucht habe, dass schnelle Gameplay möglichst flüssig zu portieren. In neun von zehn Fällen hat das sogar geklappt und wir erleben in meist konstanten 30 Bildern pro Sekunde ein zwar in dynamischer Auflösung manchmal breiiges Textturbild, dafür jedoch keine Probleme bei der Ausführung des fordernden Gameplay-Erlebnisses. Einzig zu Beginn eines Abschnittes kommt es zu Rucklern, während das Level geladen wird, oder in sehr seltenen Szenen, wenn besonders viele Effekte auf dem Bildschirm sind. Allerdings fiel dies nie zusammen mit Feindbegegnungen und so konnten wir selbst in einem besonderen Kampf mit vielen Flammen im Hintergrund unsere Schläge und Tritte präzise timen um am Ende siegreich weiterzugehen.

Auch wenn die Farben je nach Auflösung wie beschrieben eventuell ein wenig zu verwaschen sind im Vergleich zum Original, beeindrucken diese ebenso wie die schiere Abwechslung, denn jedes Level verfügt über eine eigene Identität. Dass die Animationen butterweich sind, und auch die Musik sich dynamisch dem Geschehen anpasst beweist, wie viel Liebe zum Detail und zur Inspiration die Macher verpackt haben.

Das Haar in der Suppe

All dem steht eine Kamera im Weg, die in den Kämpfen für frustrierende Situationen sorgen kann. Gerade in der Nähe von Wänden schwenkt sie unberechenbar hinter eben jene und dürfte für Schaden sorgen, der vermeidbar gewesen wäre, hätten wir doch nur durch die Wand schauen können. Das gleiche Problem wies auch schon die ursprüngliche Version des Spiels auf und somit ist hier nicht mit einem verbessernden Patch zu rechnen. Auch das Feedback ist nicht immer visuell gut umgesetzt, vor allem das Parieren fühlt sich durch zu wenig optisches Feedback eher unbefriedigend an. Nichts davon zerstört die Spielerfahrung, macht das aber besonders in actionreichen Szenen schwammig wirkende Spiel dann noch etwas undurchschaubarer.

Wie bereits beschrieben enthält die Switch-Version alle bisherigen Updates des Spiels und soll auch nahezu alle künftigen Updates erhalten. Dies umfasst leider nicht den angekündigten Replay Editor, welcher laut Aussage von Sloclap leider nicht wie gewünscht auf der Switch funktioniert und daher lieber komplett gestrichen wurde. Dies schränkt das wunderbar umgesetzte Gameplay zwar keinesfalls ein, sollte der Vollständigkeits halber jedoch erwähnt werden.

Weiterführende Links: Forum-Thread

Fazit & Wertung

„Sifu“ ist ein einzigartiges Spiel mit einer klaren Zielgruppe, das durch einen leichteren Schwierigkeitsgrad und einer mobilen Spielmöglichkeit nun auch einer breiteren Spielerschaft schmackhaft gemacht wurde. Die immer noch wunderschönen Level, die wunderbaren Animationen und das tiefgreifende sowie motivierende Kampfsystem suchen ihresgleichen, und auch die Alterungs-Mechanik sorgt für einen einzigartigen Ablauf. Der falls gewünscht sehr hohe Schwierigkeitsgrad sowie die auf Wiederholungen setzende Progression dürften aber vielen Spielern vor den Kopf stoßen und gerade diejenigen frustrieren, die an der Perfektion der einzelnen Systeme scheitern. Wer aber genügend Energie mitbringt und kein Problem damit hat, entsprechend gefordert zu werden, dürfte hier auf eine waschechte Perle stoßen. Alle anderen finden mit dem leichteren Schwierigkeitsgrad zwar nicht das gleiche belohnende Spielgefühl, erleben aber dennoch ein einzigartiges Spielerlebnis und eine solide Story mit interessanten Charakteren.

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