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Voice of Cards: The Forsaken Maiden

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Voice of Cards: The Forsaken Maiden

Nur drei Monate, nachdem mit „Voice of Cards: The Isle Dragon Roars“ ein ganz besonderes Rollenspiel-Format von Square Enix eingeführt wurde, hat man Anfang Februar ganz überraschend den nun veröffentlichten nächsten Teil der Reihe vorgestellt. Ob „Voice of Cards: The Forsaken Maiden“ ähnlich begeistern kann wie die erste Reise ins „Voice of Cards“-Universum zeigen wir in diesem Test.

Eigenständiges Abenteuer

Wer nun befürchtet, man hätte nur drei Monate nach dem ersten Teil doch gar keine Zeit gehabt, die Vorgeschichte für den zweiten Teil zu erleben, darf beruhigt sein. „Voice of Cards: The Forsaken Maiden“ ist kein direkter Nachfolger zu „Voice of Cards: The Isle Dragon Roars“, vielmehr spielen beide Teile im gleichen Universum, bauen jedoch nicht aufeinander auf. Beide Spiele folgen zwar dem gleichen Spielprinzip und sind ähnlich aufgebaut, dennoch können Neueinsteiger auch direkt mit „Voice of Cards: The Forsaken Maiden“ beginnen. Für Fans des ersten Teils findet sich jedoch eventuell die ein oder andere versteckte Referenz.

Klassisches Rollenspiel in anderem Licht

Im Grunde spielt sich „Voice of Cards: The Forsaken Maiden“ wie ein klassisches Rollenspiel. Wir erkunden unbekannte Gebiete, lernen weitere Mitstreiter kennen, werten unsere Charaktere auf und besiegen eine Vielzahl von Monstern in rundenbasierten Kämpfen. Was dieses Spiel nun von anderen Rollenspielen unterscheidet, ist die Art der Präsentation. So wird alles in Form von Karten präsentiert, und zwar wirklich alles.

Die Spielwelt, in der wir uns bewegen, besteht aus nebeneinander gelegten Karten, die wir aufdecken insofern wir unsere Spielbrettfigur - stellvertretend für die gesamte Party - neben bisher verdeckte Karten bewegen. Selbst die Kämpfe bestehen komplett aus Karten, denn unsere Charaktere, die Monster und auch die Fähigkeiten werden allesamt in Form von Karten repräsentiert. Neben den wunderschön detailverliebten Designs der Charaktere und Monster bietet sich den Spielenden ein einfach zu erlernendes wie packendes Spielgefühl. Die Arbeit von Yoko Taro als Creative Director ist dem Spiel wie bereits im ersten Teil in jedem Karten-Design anzumerken. Die Option, jede einzelne Karte in der Sammlung mit einem Zoom näher betrachten zu können, lohnt sich definitiv. Größter Unterschied zu „Voice of Cards: The Isle Dragon Roars“ ist diesmal, dass wir uns auch mit einem Schiff frei über das Meer bewegen können.

Abend mit Freunden

Wie es die Präsentation von „Voice of Cards: The Forsaken Maiden“ vorsieht, wird uns die Geschichte wie in einem Tabletop-Rollenspiel von einem Gamemaster vorgelesen, der auch unsere Handlungen kommentiert. Die auf Karten vorgetragene Geschichte und die zu erledigenden Aufträge erhalten durch die sehr atmosphärische Sprachausgabe genau das Gefühl, das wir von einem guten Tabletop-Spiel erwarten, während wir am Tisch mit Freunden ein Abenteuer bestreiten. Bei der Sprachausgabe kann dabei zwischen Englisch und Japanisch gewählt werden, inklusive deutscher Untertitel.

Während wir in „Voice of Cards: The Isle Dragon Roars“ noch der englischen Stimme von Todd Haberkorn lauschen konnten, hat nun Mark Atherlay die Sprecherrolle übernommen. Auch wenn die jeweilige Präferenz natürlich Geschmacksache ist, kamen wir nicht umhin zu bemerken, dass die Stimme von Haberkorn zwar gut zum melancholischen Stil des ersten Teils passte, die Stimme von Atherlay für „Voice of Cards: The Forsaken Maiden“ jedoch geeigneter erscheint, um das frische Abenteuer auf offener See zu begleiten. 

Wurden wir in „Voice of Cards: The Isle Dragon Roars“ noch sachte ins Geschehen eingeführt, startet „Voice of Cards: The Forsaken Maiden“ direkt ins Geschehen, ohne Zeit mit einer großen Einführung zu verbringen. Im Grunde geht es darum, dass die Gruppe von Inseln, auf der wir uns bewegen, dem Untergang geweiht ist. Einzig die namensgebenden Miko können dies verhindern und so begleiten wir unsere Freundin Laty dabei, selbst eine Miko zu werden und lernen dabei die verschiedenen Inseln, deren Einwohner und die Vergangenheit der Welt näher kennen. Insgesamt weist auch diese Geschichte viele überraschende Wendungen auf und zeigt uns, dass die Menschen verschiedenste Motivationen für ihre Handlungen haben können und uns durchaus überraschen können. Dennoch fühlten wir uns zu den Personen der Geschichte nicht so stark zugehörig wie es noch im ersten Teil der Fall war. Aber auch diesmal wurden wir mit einem überraschenden und atmosphärischen Finale belohnt.

Bekannte Stärken

Letztlich sind es die Kämpfe, in denen Spielende die meiste Zeit verbringen. Und glücklicherweise sind diese erneut äußerst gut ausgearbeitet. Auch wenn man, wie üblich in dieser Art von Rollenspielen, den ein oder anderen Zufallskampf zu viel bestreiten muss, sind es vor allem die atmosphärischen Bosskämpfe, mit denen die „Voice of Cards“-Reihe glänzt. Jeder Charakter in der Party hat eine bestimmte Auswahl an Fähigkeiten zur Auswahl. Hierbei ist zwischen Angriffen und Status-Veränderungen zu unterscheiden, manchmal auch eine Mischung aus beidem. In jedem Falle benötigen alle Fähigkeiten bis auf eine Standard-Attacke des Charakters gewisse Mengen an Juwelen. Diese erhält man automatisch, wenn ein Charakter an der Reihe ist, durch passive Fähigkeiten - auch Talente genannt - oder mittels Items, die alternativ in den rundenbasierten Kämpfen eingesetzt werden können. 

Fähigkeiten, ob passiv oder aktiv, werden nach dem Erreichen bestimmter Charakter-Level freigeschaltet und können dann über das Menü zugewiesen werden, sofern die Menge an selbst zuweisbaren Fähigkeiten bereits die Anzahl von fünf erreicht hat. Neu in „Voice of Cards: The Forsaken Maiden“ sind die Partner-Fähigkeiten. Nimmt der jeweils angegebene Partner der Figur noch aktiv am Kampf teil, kann mit einer hohen Anzahl von Juwelen eine besonders starke Fähigkeit angewendet werden. Diese wird wie gewohnt mit eindrucksvollen Effekten vom Spiel begleitet.

Ebenso wie die bei Händlern erwerbbaren Items sollten Fähigkeiten wie auch Ausrüstungsgegenstände an die jeweilige Situation und nötigen Elementar-Schwächen der Gegner angepasst werden. Diese Elementar-Schwächen zu kennen ist essenziell für den Sieg über bestimmte Feinde. Leider gibt es hierfür nur das Prinzip des Ausprobierens. Der jeweils angegriffene Gegner zeigt dann über eine Infografik, ob eine Schwäche oder Resistenz vorliegt. Eine breite Auswahl an verschiedenen Fähigkeiten ausgewählt zu haben, führt bei den meisten Gegnern zum Erfolg, genauso wie das stetige Töten aller Zufallsgegner während der Reise. Ein zusätzlicher Grind, um das nötige Level zu erhalten, ist dann bis zum Ende nicht nötig. Hier wurde, wie bereits bei „Voice of Cards: The Isle Dragon Roars“, der Fokus richtig gesetzt. Wer nach einer ganz besonderen Kampf-Herausforderung sucht, kann sich nach Abschluss der Hauptstory, ähnlich zum Vorgänger, auch wieder auf die Suche nach einem besonderen Ort auf der Karte machen.

Weniger Dynamik, mehr Gewinn

Wo wir im ersten Teil noch relativ frei unsere Party auswählen konnten, werden uns in „Voice of Cards: The Forsaken Maiden“ größtenteils feste Party-Mitglieder zugewiesen. Auf den jeweiligen Inseln werden uns dadurch, dass diese quasi kleine Mini-Abenteuer darstellen, immer spezielle Charaktere an die Seite gegeben. In späteren Kämpfen kann man hier zu bestimmten Situationen auch frei wählen, meist ist dies jedoch fest vorgeschrieben. Dies nimmt dem Spiel zwar ein wenig Freiheit bei der Auswahl, passt jedoch insgesamt besser zur Erzählstruktur der einzelnen Abenteuer auf den Inseln.

Es gibt auch weiterhin die Option, Waffen, Rüstungen und Status-verbessernden Schmuck in den Städten zu kaufen, allerdings hat dies, was die Waffen betrifft, nicht mehr die gleiche Notwendigkeit wie es noch im ersten Teil der Fall war. Meist genügt es, bei den Waffen zu bleiben die man während der Story erhält. Dies nimmt zwar, in Verbindung mit der begrenzten Charakterauswahl, ein wenig die Freiheit des ersten Teils, jedoch können sich Spielende somit mehr auf die interessanten kleinen und großen Geschichten des Spiels und seiner Nebendarsteller fokussieren. Wer bei „Voice of Cards“ tiefgreifende Rollenspiel-Mechaniken sucht, um den Charakter zu individualisieren, ist hier fehl am Platz. Auch „Voice of Cards: The Forsaken Maiden“ macht keinen Hehl daraus, ein Genuss-Abenteuer zu sein, welches vor allem durch seine Atmosphäre und die knapp 15 Spielstunden lange Story punkten möchte.

Spiel im Spiel

Wer von Kartenspielen nicht genug bekommt, kann in der Spielhalle in den verschiedenen Städten ein Kartenspiel im Spiel bestreiten, wie es schon bei „Voice of Cards: The Isle Dragon Roars“ möglich war. Hierbei geht es prinzipiell darum, die höchste Punktzahl zu erreichen. Man kann entweder Karten der gleichen Wertigkeit oder mit aufsteigender Zahlenfolge sammeln. Drei Sets von gesammelten Karten können gleichzeitig in Punkte eingelöst werden. Wenn der Stapel an neuen Karten aufgebraucht ist, gewinnt der Spieler oder die Spielerin, die am meisten Punkte mit drei Sets eingelöst hat. Mit späteren alternativen Versionen dieses Spiels werden weitere Faktoren eingebaut, die jedoch stets den gewissen Zufallsfaktor behalten. Das Spiel bietet zwar keinen effektiven Mehrwert für die Hauptstory, ist aber - dadurch dass man es nach dem ersten Spiel auch über das Hauptmenü auswählen kann - eine interessante Nebenbeschäftigung, die man sogar lokal mit Freunden spielen kann. Nach dem ersten Sieg erwartet Spielende ebenfalls eine kleine Überraschung, die das Spielgefühl etwas variiert.

Großartige Kunst mit leichten Abzügen

Wie bereits „Voice of Cards: The Isle Dragon Roars“ gezeigt hat, ist es immer wieder verblüffend, wieviel Atmosphäre mit ein paar Karten, passender Musikuntermalung und packender Erzählerstimme geschaffen werden kann. Yoko Taro und Keiichi Okabe bieten mit ihrer Erfahrung der „NieR“-Reihe erneut ein tolles Erlebnis in Bild und Ton. Leider gibt es wie bereits im ersten Teil die besonderen „NieR“-Referenzen, wie eine 2B-Spielfigur oder den Soundtrack der Jukebox des Widerstands, erneut nur als kostenpflichtige DLCs. Dennoch ist die mögliche Steuerung über den Touchscreen wieder ein großer Vorteil der Switch-Version.

Performance-technisch macht „Voice of Cards: The Forsaken Maiden“ erneut eine solide Figur. Nur ein besonders effektbetontes Level mit Regen sorgt für leichte Framerate-Einbrüche und die Wechsel in die Menüs für kurze Wartezeiten. Vor allem letztere würden kaum ins Gewicht fallen, wenn nicht merkbar für einen kurzen Moment die Musik stockt. Es gibt zwar wieder die Option, Schatten teilweise zu deaktivieren, einen merkbaren Effekt hatte dies in unserem Test jedoch nicht. Da wir aber bereits in „Voice of Cards: The Isle Dragon Roars“ mit kurzen Mikrorucklern bei der Erkundung der Welt konfrontiert wurden, können wir auch diesmal den Kompromiss in Kauf nehmen, um dieses atmosphärische Abenteuer auch unterwegs erleben zu können. Dies beeinträchtigt keinesfalls das Gesamterlebnis. Vor allem im Handheld-Modus der Switch OLED kommen die angenehmen Erdfarben, die viel zum tollen Setting beitragen, besonders gut zur Geltung und bieten mit der bereits erwähnten Touchscreen-Steuerung ein tolles Erlebnis.

Ein Kritikpunkt zum Release von „Voice of Cards: The Isle Dragon Roars“ war das langsame Kampftempo, welches gerade in häufigen Zufallskämpfen etwas den Spaß drückt. Dies wurde mittlerweile durch einen Patch behoben und diese Option findet sich nun auch in „Voice of Cards: The Forsaken Maiden“ und lässt uns das Spiel im gewünschten Tempo erleben. Wir können auch direkt in der Oberwelt durch Gedrückthalten der Y-Taste dieses Tempo über den kurzen Weg aktivieren beziehungsweise deaktivieren.

Weiterführende Links: Forum-Thread

Fazit & Wertung

Nachdem „Voice of Cards: The Isle Dragon Roars“ mit dem neuen Spielstil und Design überrascht hat, bietet „Voice of Cards: The Forsaken Maiden“ vor allem mehr des Bekannten. Die weiterhin linear erzählte Hauptgeschichte gewinnt durch die freie Erkundung mit dem Schiff eine interessante Auflockerung, bleibt ihren Wurzeln jedoch treu, was definitiv nicht negativ zu werten ist. „Voice of Cards: The Forsaken Maiden“ ist ein entspanntes und atmosphärisches Rollenspiel-Erlebnis, welches sich zwar nicht allzu sehr vom Vorgänger unterscheidet, dafür jedoch mehr vom guten Fundament bietet und genauso viel Spaß bereitet.

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