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Life is Strange: True Colors

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Life is Strange: True Colors

Bisher noch ohne Kontakt zur „Life is Strange“-Reihe war mein Blick auf die Veröffentlichung des aktuellen Teils „Life is Strange: True Colors“ im September sehr überrascht ob der schönen Grafik und der offenbar sehr emotionalen Geschichte. Nun erschien im Dezember die Nintendo Switch-Version des Titels und dieser Test soll zeigen, ob diese Version eine positive Alternative für längere Reisen ist.

Die Kraft der Empathie

Was zunächst hochgezogene Augenbrauen hervorruft, soll nun also die im aktuellen Teil gewählte „Superkraft“ sein: Die Kraft der Empathie. Wer nun eine kitschige und peinliche Story nach dieser Ankündigung erwartet, darf beruhigt werden. Die Geschichte von „Life is Strange: True Colors“ überzeugt nahezu über die gesamte Spielzeit und hat in vielen Situationen für feuchte Augen gesorgt, was der Emotionalität des Spiels das höchste Gütesiegel verleiht.

Man spielt Alex Chen, die gerade in Haven Springs ankommt, einem idyllischen Städtchen in Colorado. Hier trifft sie nach einer langen Trennungsphase auf ihren Bruder Gabe. Leider bleibt es nicht bei der positiven Grundstimmung und die Story nimmt eine tragische Wendung. Nun liegt es an Alex, ihre Kräfte zu nutzen, um die Wahrheit über dieses tragische Ereignis herauszufinden und ob es sich dabei wirklich um den betitelten Unfall handelt oder ob mehr dahinter steckt. So weit, so typisch für diese Art von Geschichten.

Bekanntes weiterentwickelt

Haven Springs verspricht genau das, was man erwartet: eine Kleinstadt voller Geheimnisse. Die Reise beginnt mit einem Kennenlernen aller wichtigen Figuren, damit Spielende direkt eine emotionale Verbindung aufbauen können. Wer die aus den alten Teilen bekannte Coming-of-Age-Thematik mag, wird auch in „Life is Strange: True Colors“ wieder voll auf seine Kosten kommen, nur in einem etwas ernsteren Setting. Jede Person in Haven Springs versprüht eine besondere Bedeutung für das Spiel, sogar die Stadt selbst scheint eine eigene Figur der Geschichte zu sein. 

Auch die Erwartung, dass die Empathie als Superkraft kaum zu gebrauchen sei, kann schnell über Bord geworfen werden. Wenn ein anderer Charakter eine starke Emotion verspürt, kann Alex dies anhand einer farblichen Aura um den Charakter herum erkennen und dies nutzen, um in die inneren Gedanken der Person vorzudringen. 

In einem Spiel, in dem es grundsätzlich um die Kommunikation mit Menschen geht, könnte man vermuten, dass sich die Mechanik der Superkraft schnell abnutzt, aber auch hier weiß „Life is Strange: True Colors“ zu überraschen. Viele bereits bewertete Situationen erscheinen mit den zusätzlichen Informationen in einem völlig neuen Licht und die Atmosphäre zieht Spielende stets mit sich, so dass man immer wissen möchte, wie es weitergeht.

Jede Entscheidungssituation unterscheidet sich von der vorherigen, nie hat man das Gefühl, die eigene Entscheidung habe keinen Wert. Sogar die Spielmechanik der Entscheidung selbst scheint sich stets zu verändern. Im Grund genommen handelt es sich hierbei theoretisch um ein Point-and-Click-Abenteuer, welches sich durch die eigenen Elemente aber so gut hervortut, dass man begeistert ist, wohin sich dieses Genre entwickelt hat. 

Der große Star

Natürlich sind die wahren Stars eines solchen Spiels die schwerwiegenden Entscheidungen, die von den Spielenden erwartet werden. Wo man in anderen Spielen stets groß angekündigte Entscheidungen trifft, die – wie sich meist später herausstellt – oftmals keine große Bewandtnis für die Geschichte haben, spielt „Life is Strange: True Colors“ seine Karten richtig aus. Positiv ist ebenfalls, dass in diesen Momenten kein Timer oder Ähnliches herunterzählt, da jede dieser Entscheidungen gut durchdacht werden muss. Alle positiven und negativen Aspekte abzuschätzen und die unvorhersehbaren Folgen mit in Betracht zu ziehen, stellt Spielende stets vor harte Herausforderungen, da die Folgen meist viel umfangreicher sind als man es sich zunächst ausmalt.

Auch wenn die Geschichte in der zweiten Hälfte etwas an Geschwindigkeit verliert, oder manchmal zu viel Zeit in Kleinigkeiten investiert wird, die nichts zur Geschichte oder den Charakteren beitragen, sind dies doch alles minimale Abzüge in einem ansonsten toll inszenierten Erlebnis. 

Die Kraft der Emotionen

Neben den einschneidenden Entscheidungsmomenten, sind es vor allem die Emotionen beziehungsweise emotionale Lebenssituationen, die „Life is Strange: True Colors“ meisterlich behandelt. Jemand Geliebtes zu verlieren ist eine harte Erfahrung. „Life is Strange: True Colors“ weiß den Spielenden mit den richtigen Pausen jede Facette dieser Emotion durchleben zu lassen. Jeder Effekt und jeder Gedanke sind wohl positioniert und in Verbindung mit der emotionalen Superkraft schafft es das Entwicklerstudio, eine absolute Glanzleistung abzuliefern, die kaum ein Auge trocken lässt. 

Technische Einschränkungen

Wer „Life is Strange: True Colors“ auf dem PC oder anderen Konsolen kennt, weiß wie grafisch schön das Spiel ist. Die Stadt mit ihren Details, die Natur drumherum und alle Lichteffekte wirken sehr beeindruckend. Wer bereits Erfahrung mit Portierungen für Nintendo Switch hat, kann erahnen, dass dieses Level nicht auf der Hybridkonsole gehalten werden kann. 

Auch wenn die Switch-Version des Titels bei weitem nicht mit den anderen Versionen mithalten kann, ist die zusätzliche Entwicklungszeit gut genutzt worden. Die Ladezeiten sind teils zwar sehr lang, dennoch gab es keinerlei Abstürze während der Spielzeit und auch die Bildrate war stets stabil. Im Handheld-Modus verliert das Spiel selbstverständlich noch etwas mehr als Textur-Qualität, macht aber in dessen Rahmen auch hier ein gutes Bild. Dennoch muss gesagt werden, dass „Life is Strange: True Colors“ kein typischer Einsatz für die Hybridfähigkeit der Konsole ist, da man sich genug Ruhe und Zeit nehmen sollte, bevor man sich auf den Weg nach Haven Springs macht.

Weiterführende Links: Forum-Thread

Fazit & Wertung

Die Switch-Umsetzung von „Life is Strange: True Colors“ wurde mit viel Liebe zum Detail und großer Sorgfalt entwickelt. All dies lässt einen die technischen Einschränkungen zwar nicht vergessen, lenkt den Fokus der Spielenden jedoch sehr gut auf das hervorragende Spiel selbst. Wer die Kopfhörer dabei hat, kann bedenkenlos zur Switch-Version greifen und so auch unterwegs die emotionale Geschichte von Alex nacherleben.

Bisher gibt es einen Kommentar

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  • Avatar von Arcade
    Arcade 23.12.2021, 14:56
    Danke für den Artikel. Ich habe inzwischen ein Video gesehen, welches das Spiel auf der Switch und der Xbox Ser. X grafisch vergleicht.. Ein anderes vergleicht die Switchversion mit PS5 und das war ebenfalls interessant. So richtig auffallen tut einem der Unterschied bei stillen Blicken in die Landschaft bei großen Sträuchern und Bäumen. Bei der Switch erscheinen diese "gemäldeartiger", was allerdings gar nicht so unpassend ist. Ansonsten bemerkt man bei den HighEnd-Konsolen die bessere "Beleuchtung".