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No More Heroes 3

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No More Heroes 3

Obwohl in der Zwischenzeit ein Spinoff veröffentlicht wurde, sind nun über elf Jahre vergangen, seit „No More Heroes 2: Desperate Struggle” erschienen ist. Seitdem wünschten sich Fans immer wieder einen neuen Ableger, und nun steht „No More Heroes 3“ exklusiv für Nintendo Switch vor der Tür. Allerdings haben andere spätere Fortsetzungen in den vergangenen Jahren gezeigt, dass die Vorfreude schnell in Enttäuschung münden kann. Fällt Travis Touchdown in eine ähnliche Falle, oder hat sich das Warten gelohnt?

Ein echter Touchdown

Die Geschichte beginnt in Santa Destroy, das kurzerhand von übermächtigen Aliens zerstört wird. Der intergalaktische Prinz Fu kehrt nämlich nach vielen Jahren zurück zur Erde, um sie zu erobern, und bringt zugleich neun hochgefährliche Gefolgsleute mit, die dann auch die intergalaktische Assassinen-Liste bilden. Travis Touchdown kennt das Prozedere, will es am liebsten aber gleich mit Fu aufnehmen, der ihm den Wunsch gewährt. Innerhalb kürzester Zeit muss der Protagonist aber einsehen, dass er seinen Kontrahenten unterschätzt hat, und wird in einer überaus brutalen Szene entsprechend bestraft. Deshalb nimmt er nach und nach die Killer ins Visier, und versucht nebenbei, die Welt zu retten.

Die Geschichte rund um Fu ist wunderbar verrückt, überdreht und voller Humor sowie Wendungen. Keine Szene wurde ohne Spektakel umgesetzt und man freut sich jedes Mal, wenn eine neue Zwischensequenz gestartet wird. Auch die Killer auf der Liste begeistern durch ihre chaotischen Persönlichkeiten und enttäuschen kein einziges Mal, sodass man sich natürlich wünscht, die Liste sei länger. Auch die bekannten Gesichter sind überragend, und spätestens wenn Jeane auftaucht, bleibt kein Auge trocken. Die sehr klassische Geschichte wird dank der erstklassigen Charaktere so stark aufgewertet, dass man ein klein wenig enttäuscht ist, sobald die Reise dann vorbei ist. Allerdings sollte man Vorwissen mitbringen, denn die besten Gags und größten Wendungen nehmen Bezug auf die vorherigen drei Teile.

Ein bisschen vom Alten, viel vom Neuen

In Sachen Präsentation weiß sich das Spiel derweil permanent selbst zu überbieten. Das beginnt schon beim Übergang zwischen den Kapiteln, die jedes Mal mit Intro und Outro sowie einer an Netflix orientierten Einblendung daherkommen. Die zahlreichen Szenen, die die vierte, fünfte und sechste Wand durchbrechen, wollen wir an dieser Stelle gar nicht vorwegnehmen, doch wer auf verrückte, teils sinnlose Szenen steht, der kommt hier vollends auf seine Kosten. Auch ansonsten weiß „No More Heroes 3“ durch seine pixeligen Menüs und stylischen Einblendungen jederzeit zu begeistern. 

Allerdings sollte man derben Humor auch mögen, denn das Spiel scheut sich nicht davor, ebenso blutig wie die Vorgänger zu sein. Travis' Witze wirken da schon harmlos im Vergleich, wobei er sowieso vor allem in den Szenen glänzt, die man nicht wirklich einordnen kann. Wie viele Videospiele diskutieren wohl noch, welche Schauspieler sich bestens für das Marvel Cinematic Universe eignen würden?

Blut, Wrestling und Laserschwerter

Im Zentrum des Gameplays stehen die Kämpfe gegen die Aliens, wobei es natürlich neben den Bossen auch zahlreiche Schergen gibt. Bereits hier überrascht das Spiel: Bis auf wenige Slowdowns in seltenen Momenten läuft die Action in erstklassigen 60 FPS ab, sowohl im TV-Modus als auch im Handheld-Modus. Das ist auch notwendig, denn das Kampfsystem bietet rasante Action, und das auch abseits der zwei verschiedenen Schlagarten. Travis kann im letzten Moment ausweichen, um eine Zeitlupe zu aktivieren, Gegner per Wrestling-Moves zu Boden werfen und sogar in einen Mecha Suit steigen, um gigantischen Schaden loszulassen. Das recht ausführliche Tutorial sollte man deshalb nicht ignorieren, denn die Kämpfe machen erst dann richtig Spaß, wenn man alle entsprechenden Optionen vollends ausnutzt. Einzig das Anvisieren ist nicht immer hilfreich, denn gerade in großen Gegnergruppen verliert man zu schnell die Übersicht.

Weil Travis manchmal etwas träge reagiert, und die verschiedenen Systeme nicht bereits nach dem Tutorial in Fleisch und Blut übergehen, dauert es ein bis zwei Stunden, bis man in den Kämpfen wirklich die Oberhand gewinnt. Gerade deshalb ist es schade, dass sich der Schwierigkeitsgrad innerhalb des Abenteuers nicht ändern lässt, denn für einige dürfte bereits normal schnell zur anstrengenden Angelegenheit werden. Gut also, dass es das Glücksrad-System gibt. Nach jedem Ableben kann der Kampf direkt wiederholt werden, vorher wird aber ein Glücksrad gedreht. Das bringt meistens positive Effekte mit sich, sei es ein voll aufgeladener Tiger-Modus, mehr Angriffsschaden oder eine Chance, den eigentlich verlorenen Kampf mittendrin wieder aufzunehmen. Da die negativen Effekte extrem selten sind, kommt also überraschend wenig Frust auf, denn die zweite Chance ist meist die leichtere. Auch in den Kämpfen kann Travis verstärkt werden, denn eine Slot-Maschine wird immer dann gedreht, wenn ein Gegner stirbt oder einen großen Teil der Lebensleiste verliert. All das lässt sich auch in einem gesonderten Tutorial-Raum üben, sodass sich die Grundlagen jederzeit erfrischen lassen.

Welcome to the Garden of Science

Diesmal ist auch der Death Glove dabei, der Travis ermöglicht, vier Skills mit Cooldown-Leisten zu aktivieren. Zwar müssen diese erst freigeschaltet werden, spätestens dann ist das Kampfsystem aber wunderbar rasant und im positiven Sinne überladen, da man immer starke Schläge austeilen kann, gleichzeitig aber auch Angriffen ausweichen muss. Der Death Glove kann sogar noch mit Chips ergänzt werden, die sich mithilfe von Materialien im Labor erzeugen lassen. Diese bringen positive Effekte mit, auch wenn die besten häufig einen negativen als Ausgleich haben. Um Statuswerte zu verbessern, muss eine zweite Währung, die es nach jedem Kampf gibt, an einer Maschine ausgegeben werden, die sogar neue Angriffe freischaltet. Dass man dafür aber jedes Mal ins Labor reisen muss, ist etwas umständlich gelöst. Dennoch ist es schön, dass sich die Systeme stets weiterentwickeln und das Gameplay sinnvoll erweitern.

Die intergalaktischen Attentäter

Die besten Momente finden sich aber in den Bosskämpfen, die schlichtweg überragend geraten sind. Dabei wirken sie erstmal wie eine Enttäuschung, denn es gibt nun kein komplettes Level mehr, vielmehr steht Travis nach Bezahlen des Eintrittsgeldes direkt vor den Türen. Die starken und nicht zu kurz geratenen Zwischensequenzen, in denen sich die Widersacher vorstellen, machen das aber wieder wett. Es passiert nicht häufig, dass Videospiele so viel verrückten Charme in so kurzer Zeit einbringen können, doch dank Travis Touchdown fühlt sich das jederzeit bestens an.

Die Kämpfe selbst können ebenfalls punkten, denn sie sind häufig wie kleine Rätsel gestaltet. Ein früher Boss muss in einer kleinen Arena bekämpft werden, und der Boden färbt sich regelmäßig ein. Wie genau Travis das zu seinem Vorteil nutzen kann, ist zwar schnell herausgefunden, doch genau diese Kombinationen aus Rätseln und schnellen Kämpfen sorgen für die Highlights. Zudem werden diese Schlachten immer größer und bombastischer, sodass man gar nicht mehr darauf warten kann, gegen das nächste Alien zu kämpfen. Leider muss man das.

Offene Welt ohne Inhalt

Der Ablauf von „No More Heroes 3“ orientiert sich am Erstling, und das ist nicht immer etwas gutes. Travis muss zwischen den Missionen nämlich die halbwegs offene Welt bereisen, die zwar durch verschiedene, getrennte Gebiete abwechslungsreicher aussieht, leider aber einmal mehr nur eine leere Kulisse darstellt, mit der man kaum interagieren kann. Wenigstens ist Travis dank seines Motorrads sehr schnell unterwegs, und Markierungen auf der Karte zeigen an, wo es etwas zu tun gibt. In einem neuen Gebiet angekommen, geht es aber meist darum, besondere Qualifikationskämpfe zu meistern, um gegen den nächsten Boss antreten zu können. Diese sind wunderbar kurzweilig, finden in kleinen Arenen statt und überraschen immer wieder mit interessanten Konfrontationen.

Leider reicht das nicht, um den nächsten Bosskampf freizuschalten, stattdessen muss auch noch eine sich stetig erhöhende Summe gezahlt werden. Um Geld zu verdienen, müssen weitere kleine Kämpfe erledigt werden, die meist aber viel zu eintönig daherkommen. Zwar gibt es noch Minispiele, darunter Rasenmähen, diese sind aber zu eindimensional und müssen wiederholt werden, wenn man mit ihnen die benötigte Summe einfahren möchte. Zumindest die Toiletten zu entstopfen lohnt sich, denn neben einem Geldpreis schaltet Travis dadurch Speicherpunkte frei. Dennoch ist das Sammeln des Geldes, das zumindest schneller als im ersten Teil funktioniert, schlichtweg Spielzeitstreckung, die dem ansonsten atemberaubenden Abenteuer das Tempo rausnimmt.

Ein Minus und ein gigantisches Plus

Der vielleicht faszinierendste Teil ist die Anpassung an die Nintendo Switch. Grafisch punktet das Spiel keineswegs, denn die Texturen sind niedrig aufgelöst, Kantenglättung ist ein Fremdwort und besonders die offene Welt ist karg, bietet kaum Details und fällt vor allem wegen aufploppender Objekte auf. Gerade in den Zwischensequenzen und den spannendsten Kämpfen fällt das aber überraschend wenig auf, denn der Grafikstil kann viele Schwächen kaschieren. Dennoch ist es schade, dass Travis' vierter Ausflug grafisch nur einen kleinen Sprung gemacht hat.

All das zahlt sich aber aus, denn die Bildrate lädt zum Staunen ein. Die Zwischensequenzen laufen bestens ab, egal wie viele Effekte gleichzeitig explodieren. Vor allem aber die Kämpfe liefern flüssige 60 Bilder pro Sekunde ab, egal in welchem Modus. Das ist gigantisch und lässt einen ohne Probleme akzeptieren, dass grafisch so viele Abstriche gemacht wurden. In der offenen Welt wird es zwar schon ruckliger, hier sind aber keine schnellen Eingaben erforderlich und obwohl ein Patch wünschenswert wäre, der zumindest stabile 30 FPS ermöglicht, sind wir weit von „Deadly Premonition 2“ entfernt.

Wie in den alten Zeiten

Das Paket perfekt machen die einmal mehr grandiosen Sprecher, die jeden Psychopathen bestens zum Leben erwecken. Zwar gibt es nur deutsche Texte, diese sind aber ebenso gelungen. Auch der Soundtrack weiß zu begeistern und legt Klassiker neu auf, während die neuen Stücke genauso gut ins Ohr gehen. 

Ebenfalls bemerkenswert sind die sehr kurzen Ladezeiten, denn man muss nie lange warten, bis es mit der Action weitergeht. Auch die Steuerung wurde gut gelöst, und wer die nostalgischen Tage der Wii nacherleben möchte, kann im TV-Modus mit je einem Joy-Con in der Hand spielen, um per Bewegungssteuerung die Finisher zu aktivieren oder die Controller schütteln, um das Schwert aufzuladen. Alternativ geht das aber auch sehr gut mit dem rechten Stick.

Weiterführende Links: Forum-Thread

Fazit & Wertung

„No More Heroes 3” ist eine wunderbar verrückte, brutale und chaotische Fortsetzung, die die Reihe um einen Pflichttitel erweitert. Die Handlung gepaart mit der rasanten Action und bemerkenswerten Bosskämpfen wird wohl keinem Spieler mehr aus dem Kopf gehen, während die technischen Anpassungen vor allem den Spielfluss in den Mittelpunkt rücken. Zwar ist es schade, dass der Titel künstlich mit sich stark ähnelnden Missionen gestreckt wird, dafür sind es die Belohnungen wert, sich durch sie zu kämpfen. Genau so muss eine Fortsetzung aussehen - hoffentlich bleibt es nicht die letzte!

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