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Star Ocean: First Departure R

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Star Ocean: First Departure R (eShop)

Mit „Star Ocean: First Departure R“ erlangt eine Serie, die viel zu oft übersehen wird, erneute Aufmerksamkeit. Wir zeigen euch, ob die Portierung des Remakes von Sonys PSP auch auf Nintendo Switch überzeugen kann.

Old but Gold

Wir schreiben das Jahr 1996, in dem „Star Ocean“ für das SNES in Japan erscheint. Auch wenn einige der Sequels es in den Westen schaffen, wird dieser Titel Japan niemals verlassen, zumindest nicht ohne einen Import-Händler des Vertrauens. Zwölf Jahre danach, im Jahr 2008, erscheint „Star Ocean: First Departure“ für PSP im Handheld-Format als Remake des 1996 erschienenen Originals, und zwar zum ersten Mal offiziell auf dem westlichen Markt. Nun erschien am 5. Dezember 2019 mit „Star Ocean: First Departure R“ eine Portierung der PSP-Version auf Nintendo Switch.

Wenn auch grafische Verbesserungen vorgenommen wurden und versucht wurde, das Spiel an einigen Stellen den heutigen Standards anzupassen, bleibt es insgesamt sehr ähnlich der PSP-Version. So erhielten zum Beispiel die Charakter-Portraits ein kleines Facelift, bei dem der originale Geist von 1996 bestehen blieb, aber durch viele Details den Charakteren mehr Persönlichkeit verliehen wurde, als es noch in den flachen Portraits auf der PSP der Fall war. Ein kleines Problem ist dabei allerdings, dass die neuen Portraits nicht mehr zu den Animationen im Spiel oder den Charakteren in den Zwischensequenzen passen. Insgesamt fällt es nicht immer auf, kann in bestimmten Momenten jedoch ein wenig die Stimmung zerstören. Glücklicherweise kann man jederzeit zwischen den neuen und den originalen Portraits der PSP-Version wechseln.

Historische Kämpfe

Das Kampfsystem besticht durch seine völlige Bewegungsfreiheit. Es besteht grundsätzlich daraus, die normale Drei-Schlag-Kombo mit zwei einsetzbaren Spezialfähigkeiten zu kombinieren. Da nur eine Figur auf einmal gesteuert werden kann, gibt es ausreichend ausgebaute Einstellungen für die computergesteuerten Begleiter. Für die meiste Zeit reicht die einmalig festgelegte Einstellung für das Verhalten und die Startposition der Charaktere aus, nur bei etwas härteren Kämpfen muss eventuell nachjustiert werden.

Das Kampfsystem mag 1996 ein Alleinstellungsmerkmal gewesen sein, wirkt im Vergleich zu heutigen Standards aber eher simpel. Die weiteren Teile der Serie und andere Spiele dieser Zeit bieten weitaus mehr Komplexität und eine belohnendere Erfahrung als das, was der Spieler in „Star Ocean: First Departure R“ vorgesetzt bekommt. Abgesehen von der Positionierung und der Entscheidung, welcher Gegner zuerst angegriffen werden sollte, bietet das Spiel keine taktische Tiefe. Erschwerend kommt hinzu, dass an keiner Stelle eine Einführung ins Kampfsystem erfolgt, geschweige denn eine Erklärung, welche Knöpfe welche Funktion besitzen. Dieses auf Experimenten basierende Spielprinzip findet sich auch in anderen Bereichen wieder.

Zusätzlich zum sehr simpel gehaltenen Kampfsystem ist das Spiel insgesamt sehr einfach. Selbst wenn man einer schwierigen Situation gegenübersteht, genügen meist ein paar leichte Veränderungen des Verhaltens der Begleiter, um das Problem zu lösen. Wie ähnliche Vertreter des Genres, lobt sich das Spiel zum Ende hin selbst, mit ein paar schwierigeren Herausforderungen und Endgegnern, welche dann zumindest im Vergleich zum Rest des Spiels herausstechen. Wenn der eigene Charakter hoch genug gelevelt ist, löst sich allerdings auch dieses Problem. Abgesehen vom Endgebiet ist kein Grinding notwendig und selbst dann hält es sich in Grenzen, sofern man nicht den schnellsten Weg durchs Spiel genommen hat.

Zwei Seiten der Medaille

Das Fertigkeitensystem kompensiert das simple Kampfsystem, selbst im Vergleich zu heutigen Standards. Bei jedem neuen Level erhält man Fertigkeiten-Punkte, die in eine von vier Kategorien fallen, welche wiederum jeweils drei Stufen von Fertigkeiten bieten. Neue Fertigkeiten werden freigeschaltet, indem bestimmte Typen von Fertigkeiten in Shops bestimmter Städte gekauft werden. Wenn diese dann freigeschaltet wurden, können die Fertigkeiten-Punkte genutzt werden, um einzelne Fertigkeiten auf das maximale Level 10 zu bringen. Die Punkte können in traditionelle Dinge wie Angriffs-, Verteidigungs- oder Magiefertigkeiten investiert werden, aber auch in kreative Fertigkeiten wie Crafting, Scouting oder Musizieren.

Die Menge an Elementen, die durch das Hochleveln bestimmter Fertigkeiten beeinflusst werden, ist beeindruckend. Allerdings besticht auch hier der Experimentiergedanke. Einige Mechaniken hätten von ein wenig mehr Erklärung oder einem besseren Feedback-System profitieren können. So besteht das Crafting zu einem Großteil aus Trial and Error. Die versteckten Spezial-Fertigkeiten einzelner Charaktere machen das ganze System nur noch komplizierter. Diese sorgen beispielsweise dafür, dass ein bestimmter Charakter besser für eine bestimmte Art des Craftings geeignet ist. Es muss also sorgfältig bedacht werden, welche Fertigkeit für welchen Charakter verbessert wird. Dazu passend eine kleine Beschwerde: Es gibt keine Möglichkeit, die getroffenen Entscheidungen rückgängig zu machen. Wenn eine Fertigkeit gewählt wurde, gibt es keine weitere Bestätigungsabfrage. Eine solche zusätzliche Bestätigung oder eine Möglichkeit zur kompletten Neuverteilung der Punkte hätte viele Situationen des Neuladens verhindern können. Die Mischung aus Experimentieren und fehlender Erklärung zieht sich auch hier wie ein roter Faden durch das Spiel.

Zwischen den einzelnen Orten findet sich der Spieler in einer Oberwelt wieder, die allerdings auch für nicht viel mehr dient, als eine Verbindung zu sein. Eher fad und ohne Material zur Erkundung, wird man hier zumindest von sehr atmosphärischer Musik begleitet. Dennoch gibt es genug zusätzliche Aktivitäten. In einer Stadt kann zum Beispiel in einer Arena gekämpft werden, um zusätzliche Preise zu erringen. Daneben gibt es zusätzliche und teils geheime Dungeons, die eine zusätzliche Herausforderung darstellen und mit besonders begehrenswerten Preisen aufwarten. Eine sehr angenehme Neuerung im Vergleich zur PSP-Version ist die Möglichkeit der Speed-Option. Damit verkürzen sich die Laufwege, die auf der PSP noch einiges an Zeit gekostet haben, indem der Charakter sich rennend von einem Ort zum nächsten bewegt. Wenn sie auch klein ist, so sorgt diese Neuerung doch für einen sehr modernen Touch in diesem klassischen Abenteuer.

Beam mich hoch, Scotty

Eine weitere Besonderheit des Originals war die Möglichkeit, zusätzliche Charaktere zu rekrutieren. Einigen begegnet man auf natürlichem Wege, andere benötigen mehr Detektivarbeit, um entdeckt zu werden. Zusätzlich zu besonderen Fertigkeiten kommen so auch besondere Story-Elemente zum Vorschein, die nur bei einer bestimmten Partykonstellation aktiviert werden. So ist beispielsweise das Ende auch davon abhängig, wen man rekrutiert hat und wie die Beziehung unter den einzelnen Charakteren beschaffen ist. Eine solche Beziehung verbessert sich, ähnlich zu anderen Rollenspielen, via sogenannter privater Interaktionen. Diese werden beispielsweise bei der Reise über die Oberwelt an bestimmten Orten ausgelöst und der Spieler wird dann durch eine Meldung auf dem Bildschirm aufgefordert, eine bestimmte Taste zu drücken, um die folgende Sequenz in Spielgrafik abzuspielen.

Da diese Sequenzen weitere Story-Elemente verraten, ist auch hier wichtig, wer zur Zeit in der Party ist und wen man bisher rekrutiert hat. All diese zusätzlichen Elemente sind komplett optional, bieten aber eine wundervolle Tiefe für die einzelnen Charakter-Geschichten und die gesamte Story. Demnach ist es wenig überraschend, dass man die komplette Story nicht nach einem Spieldurchgang erfährt. Dazu werden mindestens drei Durchgänge benötigt, was wiederum etwas an Geduld erfordert, wenn man bedenkt, dass ein Durchgang zwischen 20 und 25 Spielstunden in Anspruch nimmt. Auch wenn sich der zusätzliche Aufwand lohnt, werden selbst diejenigen, die sich auf einen Durchgang beschränken, mit einer erfüllenden Story belohnt, die sehr gut aufgelöst wird, egal wer in der eigenen Party ist.

Die Story selbst startet in einem Science-Fiction-Setting, geht aber bald in ein allzu bekanntes Fantasy-Setting über und bleibt auch dort für den Großteil der Spielzeit – ein wenig so, wie wenn man sich auf eine Folge Star Trek freut und diese dann auf einem unterentwickelten Planeten stattfindet, welcher sich mitten in einem durchschnittlichen Renaissance-Setting befindet. Die Helden der Story suchen eine Heilung für eine mysteriöse Krankheit. Dabei entwickeln sich viele Geheimnisse, die auch sehr befriedigend aufgelöst werden, sogar im anfangs aufgebauten Science-Fiction-Setting. Dennoch muss man hinzufügen, dass man ruhig ein paar mehr Weltraum-Elemente hätte einbauen können, in einem Spiel mit dem Namen „Star Ocean“.

Wohltuende Klänge

Technisch bietet „Star Ocean: First Departure R“ eine solide Leistung. Es gibt ein paar Einbrüche bei der Bildrate an bestimmten Stellen der Oberwelt und ein kurzes Stottern vor dem Beginn vereinzelter Kämpfe, ansonsten läuft das Spiel aber sehr flüssig. Die verbesserten Grafiken sehen anständig aus, wenn man im TV-Modus spielt, sind jedoch etwas besser anzuschauen im Handheld-Modus. Die Animationen und vorgefertigten Hintergründe bieten ein schönes Bild, die 3D-Oberwelt sieht jedoch sehr karg aus mit wenig Liebe zum Detail und einer kurzen Sichtweite.

Grundsätzlich bietet der Soundtrack vieles, was man aus anderen Rollenspielen dieser Zeit kennt, jedoch nie auf einem Level, auf dem man die verschiedenen Lieder anstrengend findet oder man sich an ihnen satt gehört hat. Einer der besten Tracks ist das Battle Theme während der Kämpfe, mit seinen leichten Tönen, die eine angenehme Hintergrund-Kulisse bieten. Einzig der neue Titelsong und das Opening erscheinen etwas aufgesetzt und wirken nicht so gut an das Spiel angepasst wie die Werke aus der PSP-Version.

Ein weiteres großartiges Feature des originalen „Star Ocean“ ist die umfangreiche Sprachausgabe, die zur damaligen Zeit keine Selbstverständlichkeit war. „Star Ocean: First Departure R“ nimmt diesen Faden wieder auf und bietet die originalen englischen und japanischen Tonspuren der PSP-Version sowie eine neue japanische Tonspur, die auf der originalen SNES-Version beruht. Alle Tonspuren haben ihre Stärken und Schwächen, und so bleibt es am Ende eine persönliche Präferenz, welche man lieber mag. Dies ist jedoch perfekt gelöst, da wie bei den Charakter-Portraits ein schneller Wechsel über das Menü jederzeit möglich ist.

Weiterführende Links: Forum-Thread

Fazit & Wertung

„Star Ocean: First Departure R“ ist der beste Weg, die originale Version dieser historisch wichtigen Serie zu genießen, welche viel zu oft übersehen wird. Sie bietet viele Quality-of-Life-Verbesserungen im Vergleich zur PSP-Version und passt perfekt zur Portabilität der Switch. Es ist ein solides Rollenspiel, gefüllt mit einzigartigen Mechaniken, viel Charme und Kreativität. Einzig das Alter des Titels lässt sich mittlerweile nicht mehr verstecken.

Bisher gibt es einen Kommentar

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  • Avatar von Naska
    Naska 15.02.2020, 21:54
    Kann ich bitte eine physical bekommen?
    Oder noch besser eine Collection mit 1-2 weiteren der Reihe auf einem Datenträger?