Die frechste Gans der Videospielgeschichte ist endlich da! Nach zahlreichen Trailern, die die Spielerschaft begeistern konnten, war noch nicht ganz klar, was für ein Spiel „Untitled Goose Game“ werden würde – und ob das Spiel einen anderen Namen erhält. Möglicherweise gibt es aber gar keinen Titel, der das Spielgeschehen besser beschreibt. Von der ersten bis zur letzten Minute geht es schließlich um eine Gans und den Schabernack, den sie in einem kleinen Dorf treibt.
Vor dem Sturm
Das Tutorial dauert nur eine Minute, beschreibt aber auch nur die Steuerung, und nicht die Möglichkeiten. Die Gans kann gehen, laufen, sich aufplustern, sich ducken und Dinge mit ihrem Schnabel aufnehmen. Und natürlich darf das Honk nicht vergessen werden, mit dem das Tier auf sich aufmerksam machen kann. All das ist schnell erlernt und fühlt sich überraschend natürlich an. Sich unter Tische zu ducken oder die Charaktere pausenlos mit dem Geräusch zu nerven, ergibt oftmals wenig Sinn. Dennoch garantiert alleine das einen Haufen Spaß.
Tanz die Gans!
Nach einem Schwimmkurs geht es dann auch schon in das erste Level. In „Untitled Goose Game“ muss der Spieler eine Liste an Aufgaben abarbeiten, um voranzuschreiten. Dabei handelt es sich um banale Aktivitäten, wie zum Beispiel in einen Garten einzudringen oder ein Picknick dadurch zu veranstalten, dass die Gans bestimmte Objekte stiehlt. Schnell entpuppen sich die Level als Puzzleräume, denn obwohl es häufig mehrere Wege zur Lösung gibt, muss der Spieler zuerst die Situation beobachten. Nicht alles ist offensichtlich, zum Beispiel lässt sich eine Vase nur auf eine bestimmte Weise zerstören. Ohne herumzuexperimentieren, ist es aber unmöglich herauszufinden, was genau der Spieler tun muss.
Genau diese Dynamik macht „Untitled Goose Game“ aus. Der Spieler findet sich in relativ kleinen vollgestopften Arealen wieder, die sich als Spielplätze entpuppen. Alles auszuprobieren und zu sehen, wie die Menschen auf die Aktionen der Gans reagieren, macht den eigentlichen Reiz aus. Herauszulesen, wie anhand der Reaktionen nun die Aufgaben bewältigt werden können, ist eine wunderbar kreative Art des Rätsellösens, um gleichzeitig das Chaos der Prämisse tief in den Ablauf zu verankern.
Der/Die/Das Honk
Das klingt alles erstklassig, und qualitativ kann das Spiel bis zum Finale punkten. Genau hier liegt aber das Problem, denn das Finale kommt viel zu schnell. In jedem Areal müssen alle bis auf eine Aufgabe erledigt werden, um eine finale Herausforderung freizuschalten. Das passiert in vier übersichtlichen Gebieten, bevor die Reise nach dem wunderbaren Finale auch schon vorbei ist. Beim Spielen erzeugt das Verwirrung, denn nach rund zwei Stunden dürften die meisten erwarten, erst etwa die Hälfte gemeistert zu haben, nur um danach enttäuscht zu realisieren, dass es das gewesen ist.
Dass die Möglichkeiten innerhalb der Gebiete bemerkenswert sind, beweisen die mit dem Abschluss freigeschalteten zusätzlichen Aufgaben. Diese sind großflächiger gestaltet und erfordern den Wechsel zwischen den Orten, dennoch handelt es sich lediglich um die bereits bekannte offene Welt. Zur Streckung kommen Zeitherausforderungen dazu, diese können aber nicht so sehr motivieren wie der eigentliche Durchlauf. Die Aufregung, neue Orte freizuschalten und mit den Eigenheiten zu experimentieren, geht dann völlig dahin.
Seichtes Tier
Grafisch setzt das Spiel auf einen möglichst simplen Stil. Die Figuren haben keine klar erkennbaren Gesichter und alle Objekte lassen sich durch ihre farbliche Abhebung erkennen. Das funktioniert überraschenderweise sehr gut, insbesondere gepaart mit den trägen Animationen. Die Ausarbeitung der Gans stiehlt dem Titel die Show, denn die Bewegungen sind derart liebevoll geraten, dass man niemals davon gelangweilt wird, von A nach B zu laufen. Die Musik ist dynamisch geraten und ein Piano beginnt immer schneller zu spielen, wenn der Spieler sich in einer brenzligen Situation befindet. All das passt zum ruhigen, entspannten Spielstil, der durch das regelmäßige Chaos aufgebrochen wird.
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