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Irony Curtain: From Matryoshka with Love (eShop)

Egal, welche politische Einstellung man hat, die Zeiten des Eisernen Vorhangs wünschen sich wohl nur die schlimmsten Extremisten zurück. Dabei war die Propaganda-Maschine damals dermaßen effektiv, dass einige gar nicht mehr wussten, was sie glauben sollen. So auch der Protagonist von „Irony Curtain“, der in das definitiv nicht von der Sowjetunion inspirierte Matryoshka geworfen wird und erfährt, dass nichts so ist, wie es scheint. Ob der Blick hinter den Eisernen Vorhang auch ein gutes Spiel ergibt, verraten wir euch im Test.

Hinter dem Vorhang

Evan Kovolsky ist ein erfolgloser Journalist, der vom Sozialismus angetan ist. Als bestes Beispiel für eine funktionierende Gesellschaft führt er Matryoshka an, das von den Machern offensichtlich als fiktive Version der Sowjetunion erdacht wurde. Für seine Reden erhält er allerdings das Gegenteil von Applaus und wird in seiner kapitalistischen Heimat dementsprechend behandelt. All das ändert sich, als er eine Einladung vom Obersten Führer persönlich erhält und mit der mysteriösen Anna nach Matryoshka reisen darf, was eine Erfüllung all seiner Träume darstellt. Dort angekommen, erkennt er aber nichts von den ihn bekannten Geschichten wieder und erlebt vielmehr eine Gesellschaft am Rande der Rebellion.

Die Handlung selbst hat eine klare Nachricht und erklärt auf aberwitzige Weise, wieso die Sowjetunion fallen musste. Gleichzeitig wird mit extrem viel Humor gearbeitet, wodurch es nie zu erdrückenden Momenten kommt, sondern die politischen Ereignisse in einem Stil dargestellt werden, der durchweg unterhaltsam ist. Einige Wendungen lassen sich lange vorher erahnen, doch andere überraschen tatsächlich und sorgen dafür, dass man bis zum Ende des rund sechs Stunden langen Ausflugs nach Matryoshka durchweg gespannt an der Konsole bleibt.

Humor im Leid

Insbesondere die Charaktere sind gelungen, auch wenn insbesondere der Protagonist spalten dürfte. Evan ist nämlich extrem naiv und kann sich nicht vorstellen, dass die Propaganda von Matryoshka tatsächlich Propaganda ist. Dabei liefert er in seiner Rede zu Beginn gute Argumente gegen den Kapitalismus, spricht aber eher die gehörten Sätze nach, anstatt zu erklären, wie es besser laufen könnte. Natürlich entwickelt er sich während seines Aufenthalts und besonders, als er erkennt, was der Oberste Führer wirklich vorhat. Dennoch möchte man ihn häufig durchrütteln, wenn er das Offensichtliche ignorieren möchte.

Die restlichen Charaktere sind derweil wunderbar überzeichnet und bieten erstklassige Dialoge. Egal ob Anna, die als schöne Spionin jedes Klischee erfüllt, oder die Bürger, von denen einige sich ihre Misere nicht eingestehen wollen, es gibt schlichtweg niemanden, mit dem man sich nicht unterhalten möchte. Bereits zu Beginn gibt es jemanden, der nützliche Spielhinweise singt – so viel Charme kann man nur genießen.

Klassisch gute Kost

Spielerisch handelt es sich bei „Irony Curtain“ um ein sehr typisches Point and Click-Adventure mit einigen Besonderheiten. Zum Beispiel lässt sich jedes Objekt im Inventar genauestens begutachten und manchmal müssen in diesen Bildschirmen auch Rätsel gelöst werden. Ein Hilfssystem, bei dem man verschiedene Nummern wählt, um sich von Charakteren Tipps geben zu lassen, ist derweil sehr effektiv und lustig zugleich. Ansonsten wird ein guter Mix aus fordernden Rätseln geboten, die nicht immer offensichtlich sind, aber nie zu unlogisch aufgebaut wurden, um zu verwirren. Kreative Momente wechseln sich mit wunderbaren Szenen ab, sodass man auch neben der Handlung bestens unterhalten wird.

Portierungsproblem

Das große Manko der Nintendo Switch-Fassung ist leider die Steuerung. Wählt man ein Objekt oder eine Person aus, erscheinen im Kreis angeordnete Symbole – diese wählt man aber mit Stick-Bewegungen nach links oder rechts aus, was sehr unintuitiv daherkommt. Auch das auswählen von Objekten ist unschön gelöst worden, wenn man den Cursor nicht über den rechten Stick steuern möchte. Dann muss man sich nämlich darauf verlassen, dass auch wirklich der gewünschte Gegenstand anvisiert wird. Zwar lassen sich alle interagierbaren Objekte anzeigen, dafür muss man aber den oberen Knopf des Steuerkreuzes gerückt halten, was sehr unbequem ist. Etwas mehr Feinarbeit hätte dem Spiel gutgetan, denn es dauert zu häufig zu lange, die gewünschten Aktionen auszuführen. Dabei hilft es auch nicht, dass sich Evan selbst beim Laufen zu langsam bewegt.

Lebendiger Comic

Der gezeichnete Stil ist extrem stark, denn jede Szene sieht so aus wie aus einem Comic oder einem Cartoon. Die Liebe zum Detail ist beeindruckend, denn überall wimmelt es nur so von Anspielungen oder verstecken Hinweisen, während die Welt selbst wunderbar lebendig wird. Auch die Animationen der Charaktere sehen wunderbar aus, besser hätten die Macher den Stil nicht umsetzen können. Lediglich Evans 3D-Modell wirkt völlig deplatziert, doch nach einigen Minuten gewöhnt man sich daran, dass er stets hervorsticht. Auch die englischen Sprecher leisten einen fantastischen Job, während die deutschen Texte gut übersetzt wurden. Den Abschluss macht gute Soundtrack, der die Zeit aus musikalisch wiederbelebt.

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Fazit & Wertung

„Irony Curtain: From Matryoshka with Love“ ist ein herrlich verrücktes Abenteuer nach Matryoshka, das einen bis zum Finale an die Konsole fesselt. Der wunderschöne grafische Stil wird durch eine spannende sowie lustige Handlung zum Leben erweckt, die eine schwierige historische Zeit nahezu perfekt durch eine Menge Humor aufarbeitet. Die Rätsel selbst sind auch gelungen, selbst wenn man hier keine Innovationen erwarten darf. Lediglich die Steuerung fällt negativ auf, doch abgesehen davon ist „Irony Curtain“ ein erstklassiger Genre-Vertreter.

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