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Bloodstained: Ritual of the Night

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Bloodstained: Ritual of the Night

Kickstarter-Projekte von Legenden der Videospielindustrie müssen nicht immer zu Erfolgen werden. Das wissen wir spätestens seit „Mighty Nr. 9“, allerdings können wir bereits verraten, dass „Bloodstained: Ritual of the Night“ nicht nur eine Erfolgsgeschichte für „Castlevania“-Schöpfer Koji Igarashi ist, sondern auch eines seiner besten Spiele überhaupt. Leider verspielt die Nintendo Switch-Version ihren sicheren Award und sogar die Chance auf eine Bestwertung – doch beginnen wir am Anfang.

Das Geheimnis einer fremden Welt

In einer etwas langgezogenen Eröffnungssequenz erfährt der Spieler von Alchemisten, die mit dunklen Kräften experimentiert haben, um die Welt zu warnen – und zusätzlich an den Waisen Miriam und Gebel. Diese erhielten zwar durch Dämonensplitter bemerkenswerte Fähigkeiten, lebten aber auch mit dem Risiko, von diesen verzerrt zu werden. Nach einigen Ereignissen, durch die Miriam selbst in einen zehnjährigen Schlaf fiel, wacht diese auf und muss sich gegen ihren ehemaligen Freund stellen, der anhand eines Buches kurz davor ist, das Schicksal der Welt zu besiegeln.

Die Geschichte wirkt anfangs überladen, glücklicherweise wird das Tempo nach der ersten Stunde herausgenommen und der Spieler erfährt stückweise, was wirklich vor sich geht. Dabei können vor allem die Charaktere überzeugen, insbesondere Miriam selbst, doch auch der Dämonenjäger Zangetsu dürfte begeistern, und das nicht nur, weil er von David Hayter gesprochen wird. Igarashi hat es geschafft, eine neue und interessante Welt zu implementieren, denn kein Charakter wirkt fehl am Platz, und es gibt sogar eine gewaltige Portion Humor – ein Bibliothekar, der ebenfalls ein Vampir ist, sowie Stylisten gehören zu den bunten Gestalten, die Miriam im mysteriösen Schloss findet. Da das Tempo in der zweiten Spielhälfte zusätzlich angezogen wird, ist Spannung garantiert. Man muss sich lediglich mit der Synchronisation anfreunden, die eher an B-Movies in der englischen Variante erinnert.

Der perfekte spirituelle Nachfolger

„Castlevania“ spielt man nicht wegen der Geschichte, sondern wegen des starken Gameplays sowie der interessanten Kulissen, und genau hier kann „Bloodstained: Ritual of the Night“ abliefern. Das Schloss ist riesig und die Vielfalt der einzelnen Bereiche gigantisch. Mal geht es durch typische Schlosshallen, dann steht man in einer Kathedrale und sogar Züge, Labore und Wüsten kommen hier vor. Dabei sind die einzelnen Bereiche nicht zu groß geraten, was dazu führt, dass es extrem viele Abschnitte gibt und man stets die Übersicht erhält.

Theoretisch kann Miriam das Schloss frei erkunden, doch natürlich gibt es immer wieder Blockaden, sodass die Heldin erst bestimmte Fähigkeiten erlangen muss. Vom klassischen Doppelsprung bis hin zu kreativeren Ideen gibt es genug Gründe, bereits erforschte Gebiete ein weiteres Mal aufzusuchen, da mitunter komplett neue Areale von dort aus erreicht werden können. Das Konzept ist als „Metroidvania“ in die Geschichte eingegangen, das Fortschrittssystem ähnelt allerdings stärker einem „Symphony of the Night“. Immer wieder gibt es Kämpfe, Plattformerpassagen, kleine Rätsel und verschlossene Türen, sodass der Spieler auch nach vielen Stunden immer mehr erkunden möchte.

Beeindruckende Heldin

Miriam ist ein interessanter Charakter. Sie bewegt sich nicht zu schnell, kann einen Rückschritt sowie einen Slide ausführen, das war es dann aber auch schon. Ihre kämpferischen Fähigkeiten hängen ganz von den Waffen ab, von denen es viele gibt. Schuhe mit Klingen, Peitschen, Großschwerter und auch Schusswaffen darf der Spieler nutzen, um die Feinde zu besiegen. Die Steuerungsweise sowie Bewegungsmöglichkeiten ändern sich ständig, und da bestimmte Waffen gegen bestimmte Gegner effektiver sind, wird man dazu angeregt, sein Arsenal regelmäßig durchzuwechseln. Liegen zum Beispiel Gegner am Boden oder sind besonders klein, ist ein Dolch wenig nützlich, während eine Peitsche auch diese Kreaturen mit Leichtigkeit besiegt. Häufig geht es nicht darum, eine stärkere Waffe zu finden, sondern eine, die sich anders verhält und neue Vorteile erzeugt. Zusätzliche Spezialangriffe erzeugen ein derart komplexes System, dass der Spieler auch hier noch nach Stunden Überraschungen erleben kann.

Natürlich gibt es auch andere Ausrüstungsgegenstände, die sogar das Charaktermodell beeinflussen. Von Helmen bis hin zu Accessoires werden die verschiedenen Statuswerte aufgewertet, während es auch Level Ups gibt. Es ist ein wahnsinnig schönes Gefühl, die Gegner, für die man anfangs noch Geschick benötigt hat, nach wenigen Stunden schon mit einem Schlag zu besiegen. Das Pacing ist wunderbar geraten und bietet stets eine passende Herausforderung, während der Spieler gleichzeitig in älteren Gebieten mit unglaublicher Macht belohnt wird. Da sich mit der Zeit ein Schnellauswahlsystem freischalten lässt, bei dem man komplette Sets erstellen kann, geht der Wechsel flott voran.

Dämonische Mächte

Miriam lernt gar nicht direkt neue Fähigkeiten, sondern erlangt nach Bosskämpfen sowie zufällig nach normalen Kämpfen sogenannte Kristalle. Diese lassen sich mit der Kernmechanik aus „Castlevania: Aria of Sorrow“ vergleichen, denn dadurch kann Miriam Angriffe von Feinden nutzen. Mal ist das ein Drachenkopf, der Feuer speit, mal eine einfache Wasserkugel. Die Vielfalt ist gigantisch, dennoch bleibt auch dieses System übersichtlich, da alle Fähigkeiten in Farben eingeteilt werden. Rote Kristalle werden zum Beispiel per Knopf ausgeführt, blaue Kristalle sorgen hingegen für Fernangriffe. Andere geben passive Boni, meist lässt sich allerdings nur ein Kristall pro Farbe ausrüsten, sodass man sich auch hier austoben und alle Kombinationen ausprobieren darf, um den Kampfstil zu personalisieren. Die Möglichkeit, die Kristalle sogar noch zu verbessern, garantiert derweil, dass keiner wertlos wird.

Die Vielfalt zieht sich auch durch dieses System, denn es ist immer wieder spannend, wenn nach dem Besiegen eines Gegners die junge Frau von einem Kristall durchbohrt wird. Derweil enden die Bosskämpfe häufig mit Kristallen, die komplett neue Bewegungsmöglichkeiten freischalten. Ansonsten wird der Spieler regelmäßig belohnt, obwohl es zufällig ist, wann ein Kristall erscheint. Wer sich zu den Perfektionisten zählt, darf alle davon sammeln, wodurch ein wunderbares, wenn auch gegen Ende etwas frustrierendes Spielziel gesetzt wird.

Von Tänzern, Ninjas, Zombies und dämonischen Katzen

Die Besprechung von „Bloodstained: Ritual of the Night” ist nicht möglich, ohne über die beeindruckenden Feinde zu sprechen. Ja, es gibt Zombies, in Wellenlinien fliegende Dämonen und Bogenschützen. Spannender sind aber Barden, gigantische Hundeköpfe oder Feen, die Miriam auslachen. Sowohl in Sachen Design als auch Angriffsmuster gibt es hier keine Ausfälle, denn jede Dämonenart versprüht eine eigene Persönlichkeit und überrascht regelmäßig – wir wiederholen an dieser Stelle: Ein gigantischer Hundekopf. An einer Kette.

Natürlich können die Kämpfe durchaus herausfordernd sein, weshalb man stets an besonderen Punkten speichern sollte, denn das Abenteuer ohne Tode abzuschließen, wird insbesondere in den Bosskämpfen schwierig. Diese sind stets spektakulär und kreativ gestaltet, und häufig muss man sie so lange wiederholen, bis man gelernt hat, den Angriffen vorzeitig auszuweichen. Allzu hoch ist der Schwierigkeitsgrad aber nicht, denn die Herausforderung bleibt stets fair. Zusätzlich ist auch hier das Design durchweg hochwertig – Fans des Spin-Offs „Curse of the Moon“ werden sogar alte Bekannte wiedertreffen. In Zukunft werden noch Updates erscheinen, mit neuen spielbaren Charakteren und kniffeligeren Feinden – was kann man sich mehr wünschen?

Verswitched

Obwohl das Spiel bislang perfekt klang, beginnt nun die Katastrophe. Über den Grafikstil darf man streiten, allerdings sieht es durchaus gut aus und strotzt nur so voller Details. Auf Nintendo Switch sieht man davon noch immer viel, deutlich minderwertige Texturen, die häufig matschig wirken, enttäuschen allerdings auf ganzer Linie, auch wenn sie im Handheld-Modus noch im akzeptablen Rahmen sind.

Schlimmer ist die technische Leistung, denn die Bildrate liegt definitiv nicht bei stabilen 30 Bildern pro Sekunde und sinkt häufig deutlich, was man bereits in der eigenen Basis merkt. Der Titel bleibt gut spielbar, diese Momente stören aber den Spielfluss. Kleinere Aussetzer, in denen das Spiel durchaus für einige Sekunden komplett stehen bleibt, ärgern ebenfalls, insbesondere, wenn diese von Abstürzen gefolgt werden. Auch ein Input-Lag ist vorhanden und lässt die Kämpfe und Bewegungen in Kombination mit der problematischen Bildrate deutlich unattraktiver. Manchmal läuft das Geschehen regelrecht in Zeitlupe ab, was ärgert.

Zahlreiche Bugs sind ebenfalls noch vorhanden. Manchmal kann man zum Beispiel nicht speichern, obwohl man direkt vor dem entsprechenden Sofa steht, was den Spielspaß trübt. Die Ladezeiten machen das Paket perfekt, insbesondere eine Stelle, die jeden Spieler verärgern wird und auch im Digital Foundry Video gezeigt wurde. In der Bibliothek springt der Spieler nämlich nach oben zum nächsten Areal, anschließend folgt eine über 10 Sekunden lange Ladezeit. Hält er nicht den Sprungknopf gedrückt, fällt Miriam aber direkt wieder in das untere Gebiet, nach einer ebenso langen Ladezeit. Diese Momente sind sehr selten, dürften aber gar nicht vorkommen und sorgen dafür, dass die Nintendo Switch-Version eindeutig die schlechteste Umsetzung des Titels ist – selbst, wenn man den portablen Aspekt bedenkt.

Weiterführende Links: Forum-Thread

Fazit & Wertung

Mit „Bloodstained: Ritual of the Night“ hat sich das Team rund um Koji Igarashi selbst übertroffen. Das gigantische und vielfältige Schloss, die interessante Geschichte, das intensive Kampfsystem, die beeindruckende Kristallvielfalt und die bemerkenswerten Gegner, hier ist nahezu alles perfekt geraten. Igarashi hat einen der besten Genre-Vertreter aller Zeiten versprochen, und damit sogar seinen bisherigen Meilenstein vom Thron gestoßen. Umso tragischer ist es, wie enttäuschend und minderwertig die Nintendo Switch-Version ausgefallen ist. Wer keinerlei Alternativen hat, sollte dennoch zugreifen, schließlich ist es das Spiel wert, die Mängel zu ertragen.

Bisher gibt es einen Kommentar

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  • Avatar von Anonym 20200811
    Anonym 20200811 07.07.2019, 18:07
    Ich habe noch nicht viele Tests/Reviews auf dieser Seite gelesen aber 8/10 für die PS4 okay aber für die Switch? Nee, auch die Mängel in Anbetracht so runter zuspielen (siehe Fazit) halte ich für fatal. Es gibt ja genug Videos wo man sieht, dass sich das Spiel auf der Switch sogar um einiges schlechter spielen lässt. Wo die Fehler Einfluss auf Dinge wie das Springen und Kämpfen haben usw. Die Wertung ist m.M.n viel zu hoch.