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Assassin's Creed III Remastered

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Assassin's Creed III Remastered

Fragt man Fans, welcher Teil der „Assassin’s Creed“-Reihe am unbeliebtesten ist, wird neben „Unity“ oft der dritte Teil genannt. Der war übrigens das erste Spiel der Reihe, das für eine Nintendo Konsole erschienen ist – und passenderweise der erste Teil, der nun auch für Nintendo Switch erhältlich ist. Ob damit ein guter Einstand gefeiert wird, verraten wir im Test.

Volles Paket

Glücklicherweise erhalten Käufer von „Assassin’s Creed III Remastered“ eine ganze Menge für ihr Geld. Natürlich ist das überarbeitete Hauptspiel dabei, doch auch die DLC-Trilogie „Die Tyrannei des König George Washington“ ist enthalten. Als ob das nicht genug für eine vergünstigte Neuveröffentlichung wäre, ist sogar das ursprünglich für PlayStation Vita veröffentlichte „Assassin’s Creed III: Liberation“ dabei, und das in der überarbeiteten HD-Version. Hinzu kommen lediglich ein paar Artworks, doch über zu wenige Inhalte kann man sich definitiv nicht beschweren. Nun bleibt nur noch die Frage, ob hier Quantität über Qualität gestellt wurde.

Desmond, Haytham und Connor

Wer die Reihe noch nie gespielt hat, wird in den ersten Minuten leider gar nichts verstehen. Denn „Assassin’s Creed III“ erzählt nicht nur eine historische Geschichte, sondern auch die von Desmond Miles und dem modernen Kampf der Assassinen gegen Templer. Zwar gibt es eine gute Einleitungssequenz, diese beinhaltet allerdings viel zu wenig Informationen, um den bisherigen Ereignissen gerecht zu werden. Immer wieder wird man aus der eigentlichen Geschichte herausgezogen, um als Desmond zu spielen, was seinerzeit viel Sinn gemacht hat, für Neulinge aber alles andere als ein schöner Einstieg ist.

Glücklicherweise verbringt mal viel Zeit während des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges, wobei die Geschichte gar nicht mit dem eigentlichen Helden Connor, sondern seinem Vater Haytham Kenway beginnt. Das entpuppt sich leider als riesiges Problem, denn die Geschichte der ersten Stunden kann kaum an Fahrt aufnehmen und bietet kaum nennenswerte Höhepunkte, da keine Charakterentwicklung stattfindet. Hinzu kommt, dass über eine viel zu lange Zeit hinweg die Missionen als erweiterte Tutorials gestaltet wurden, die offene Welt gar nicht so frei erkundet werden kann und man sich von einer linearen Mission zur nächsten wuselt. Auch mit Connor geht es nicht direkt in die Action, sodass mehrere Stunden vergehen, bis der sich über fünf Kapitel erstreckende Prolog endlich sein Ende findet. Zwar macht die Gestaltung narrativ durchaus Sinn, um alle Kernspieler und Motivationen auf den Tisch zu legen. Dafür muss sich der Spieler viel zu lange gedulden, was zahlreiche Fans damals wie heute abschrecken dürfte.

Veraltete Revolution

Ansonsten merkt man dem Spiel sein Alter auch an der allgemeinen Missionsstruktur an. In Schleichmissionen darf man nicht frei agieren, sondern muss diese neu starten, wenn man entdeckt wird. Ständig muss man Charakteren hinterherlaufen und ihnen zuhören, anstatt das eigentliche Gameplay zu genießen. Und auch die Optionen beim Schleichen sind nicht unbedingt vielseitig und werden erst in der zweiten Spielhälfte interessant.

All diese Kritikpunkte liegen hauptsächlich daran, dass der Titel ursprünglich 2012 erschienen ist und die heutigen Teile, die natürlich deutlich mehr Vielfalt bieten, von der jahrelangen Entwicklung der Reihe profitieren. Passt man seine Erwartungen an, ist es sogar höchst interessant zu sehen, was sich dieser Teil eigentlich wagt. Zum einen wäre da die automatische Regeneration der Lebensleiste, die Fähigkeit gleich zwei versteckte Klingen zu führen, sich im Gebüsch und nicht nur an fixen Punkten zu verstecken oder auch in den Wäldern auf Jagd zu gehen. All diese Sachen und noch mehr gab es im vorherigen Ableger nicht und gehören mittlerweile so sehr zum Standard, dass man sie nicht missen möchte. Natürlich wurde noch nicht alles perfekt umgesetzt, zum Beispiel muss man stets ZR gedrückt halten, um nicht im Schritttempo zu gehen, freies Ducken ist nicht möglich und die deutlich lineareren Missionen werfen einen ständig aus dem Spielfluss. Dafür bleibt das Spiel sehr unterhaltsam, bietet starke Momente, überraschende Wendungen und ein allgemein sehr gutes Gameplay, das seinerzeit die Grundlage für einige der besten Ableger bot. Mal ganz abgesehen davon, dass das Herumlaufen und Klettern wunderbar flüssig funktioniert und eine Revolution für die Reihe darstellte.

Lebendiges Amerika

Auch die Welt war besonders. Waren vorher noch hohe Gebäude oder extrem dichte Städte im Zentrum, startet das Abenteuer nach der ersten Mission in Boston. Hier ist der Abstand zwischen den Häusern groß und es wird schwierig, sich vor Feinden zu verstecken. New York hingegen ist deutlich lebhafter, doch der wahre Star ist die Welt dazwischen. Egal ob die Landschaften, Wälder oder Gebirge-artige Kletterwände, hier gibt es eine ganze Menge zu tun und zu genießen. Egal ob die Jagd oder Sammelgegenstände, dank einer fantastischen Inszenierung weiß die gesamte Welt zu überzeugen. Natürlich dürfen die Seeschlachten nicht unterwähnt bleiben, die zwar im Vergleich zum Nachfolger noch eingeschränkt und geskriptet sind, dafür extrem viel Spielspaß bieten.

Die besten Momente sind diejenigen, in denen einem das Spiel Freiheit bietet. Leider sorgt der viel zu lange Prolog dafür, dass man zuerst ein völlig anderes Bild von dem Abenteuer sieht. Und auch die Hauptgeschichte kann bis auf wenige Ausnahmen nicht gerade fesseln, dabei sind das Setting sowie die Charaktere eine Bombe an Potential. Auch Desmonds Abenteuer endet nicht gerade zufriedenstellend – vielleicht sorgen ja die neueren Teile dafür, dass ein paar lose Enden zusammengefügt werden. Hinzu kommen die bereits erwähnten einschränkenden Missionen, doch da es allgemein viel zu tun gibt, nimmt man das ab der sechsten Sequenz gerne hin. Das Kampfsystem ist ebenfalls in Ordnung geraten und aufgrund des sehr niedrigen Schwierigkeitsgrads nie ein Hindernis. Hinzu kommen noch viele kleinere Mechaniken, die bei Laune halten und jeder gerne selbst entdecken darf. Die DLC-Trilogie erzählt derweil eine faszinierend übernatürliche Geschichte in einer alternativen Realität und führt sogar Fähigkeiten ein, die man nicht in einem Teil dieser Reihe erwarten würde.

Minimale Verbesserungen

Das große Fragezeichen ist natürlich, wie „Remastered“ das Spiel wirklich ist. Hier muss man leider sagen: bis auf kleine Gameplay-Anpassungen nicht allzu sehr. Dabei lässt sich die Nintendo Switch-Version nicht mit PlayStation 4 oder Xbox One vergleichen, sondern am ehesten mit den Fassungen der letzten Generation. Die Farben wirken etwas kräftiger als noch auf Wii U, Texturen bieten mehr Details und sehen überraschend gut im Handheld-Modus aus, und anscheinend wurde auch an den Lichteffekten geschraubt. Abseits davon gibt es kaum sichtbare Änderungen, was enttäuscht. Noch immer bauen sich viele Texturen sichtbar in der Nähe des Helden auf, ein hässlicher Nebel verhindert die Weitsicht und kleine grafische Probleme bleiben erhalten. Das geht sogar so weit, dass Bildfehler in Zwischensequenzen dieselben sind, die schon bei der Erstveröffentlichung gestört haben.

Viel fataler ist leider die Bildrate. Manchmal erreicht das Spiel stabile 30 Bilder pro Sekunde, vor allem in geschlossenen Räumen, kleinen Arealen oder auch in der Wildnis. Die ersten Missionen der vierten Sequenz überraschen, ansonsten gibt es haufenweise Probleme. In den Städten stören zahlreiche Ruckler den Spielfluss, und in aufregenderen Sequenzen mit Explosionen – wie es sie nunmal in einem Krieg häufig gibt – artet das Abenteuer in ein Ruckelfest aus. Ein exakter Vergleich ließ sich nicht machen, doch gefühlt läuft das Spiel trotz leicht verbesserter Optik schlechter als auf PlayStation 3.

Alles andere als eine Befreiung

Ebenfalls 2012 erschien „Assassin’s Creed III: Liberation“ für PlayStation Vita, das später als HD-Version auch für zahlreiche weitere Konsolen portiert wurde, allerdings nicht für Wii U, womit die erste spielbare weibliche Assassine nun ihr Nintendo-Debut feiert. Leider sollte man seine Erwartungen herunterschrauben, denn das Spiel leidet darunter, dass es seinerzeit sehr ambitioniert war. New Orleans bietet nichts Besonderes, sodass es nur wie eine minderwertige Version von Boston wirkt. Auch die Geschichte bleibt kriminell uninteressant, denn furchtbare Dialoge sorgen dafür, dass man nicht einmal mit Aveline mitfühlt und sie damit trotz tragischer Hintergrundgeschichte extrem eindimensional bleibt.

Auch spielerisch wird nur das geboten, was es in besserer Form schon zuvor gab. Das Problem an den Missionen von „Assassin’s Creed III“ waren die langweiligen Momente, in denen man Personen folgen musste und der Neustart, wenn man während einer Schleich-Mission gesehen wurde. Genau dasselbe Problem gibt es hier auch, nur fehlt die Abwechslung noch stärker und die Aufgaben sind deutlich linearer. Auch die Freiheit der offenen Welt wird kaum genutzt und man streift sich von Aufgabe zu Aufgabe, bis das Abenteuer zu Ende ist.

Im neuen Gewand

Das System mit dem meisten Potential sind die Kostüme – und zugleich das schlechteste System, das die Reihe jemals eingeführt hat. Häufig kann Aveline nämlich gar nicht als Assassine auftreten, sondern muss sich als schicke Dame oder Sklavin verkleiden. Letztere lässt Aveline zwar nicht herausstechen, bietet ansonsten aber lediglich weniger Kampfmöglichkeiten. Das edle Outfit ist allerdings deutlich schlimmer, denn dann darf der Spieler nicht einmal klettern oder kämpfen, sondern muss lediglich zum Ziel gehen. Diese Momente erinnern an einen Walking Simulator. Ein fatales Urteil für ein Spiel, dessen Fokus auf Action liegt.

Obwohl die Kritik sehr gravierend ist, kann es trotzdem Spaß machen, in das Abenteuer einzutauchen. Denn das Herumlaufen sowie einige Ortschaften sind definitiv schön anzusehen und in den Kletter-Passagen muss man manchmal sogar Geschicklichkeit beweisen. An sich spielt sich der Titel sehr solide, verschenkt aber an jeder Ecke Potential, was Avelines Reise umso tragischer macht. Da das Spiel technisch überraschend gut aussieht und auch läuft, und zudem dem vergünstigten Remaster eines deutlich besseren Titels beiliegt, sollte man über eine Abwertung hinwegsehen. Auf jeden Fall ist es interessant, einen sehr experimentellen Teil der Reihe zu erleben.

Weiterführende Links: Forum-Thread

Fazit & Wertung

„Assassin’s Creed III Remastered“ ist ein bemerkenswertes Produkt, denn es macht umso deutlicher, wie sich die Reihe entwickelt hat. Zahlreiche Mechaniken, die heute selbstverständlich sind, wurden in diesem Spiel eingeführt und sorgen für ein sehr flüssiges Erlebnis. Die linearen Missionen sowie der viel zu lange Einstieg trüben zwar das Gesamtbild, die tolle Welt sowie die besseren Momente der Geschichte sorgen aber dafür, dass man sich gerne in die Welt stürzt. Auch „Liberation“ sollte man anspielen, obwohl bei weitem nicht die Qualität der Hauptreihe erreicht wird. Zudem sorgen einige technische Ungereimtheiten dafür, dass hier nicht die bestmögliche Version des Titels abgeliefert wird.

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