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Cuphead (eShop)

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Cuphead (eShop)

Es wirkt wie ein historischer Moment. Einst wurde „Cuphead“ als einer der besten Konsolen-exklusiven Spiele für Xbox One gehandhabt. In einer Zeit, in der Exklusivität zugleich an Bedeutung gewinnt und verliert, sticht das gute Verhältnis zwischen Microsoft und Nintendo allerdings heraus. Nun hatten wir das Glück, eines der optisch besten Spiele aller Zeiten auf Nintendo Switch zu spielen – und haben es trotz vieler virtueller Tode nicht bereut.

Back to the 40s!

Niemand kann über „Cuphead“ sprechen, ohne die bombastische Optik zu erwähnen. Alles, von den Effekten über den Animationen bis zu den Charakterdesigns ist den frühen Cartoons nachempfunden. Mit dem entscheidenden Unterschied, dass der Spieler selbst den Helden steuert, nämlich den kleinen Tassilo oder seinen Bruder Pottkopp. Diese müssen Seelenverträge für den Teufel sammeln, da sie sich selbst hoch bei ihm verschuldet haben. Dafür bekämpfen sie hauptsächlich die zahlreichen Bosse auf der Tintenfassinsel, die zwar kein Wort sprechen, dafür voller Persönlichkeit sind.

Das Team hätte einfach nur ein optisch schönes Spiel abliefern können, doch die Liebe zum Detail ist schlichtweg beeindruckend. Jeder Angriff, jede Animation, jede Siegespose, wirklich jede kleinste Bewegung wurde handgezeichnet. Anstatt sich die Aufgabe zu erleichtern, wurde keine Mühe gescheut und durchweg unterschiedliche Bosse abgeliefert, die auch innerhalb der Kämpfe durch zahlreiche Animationen bestechen. Man könnte tausende Wörter darüber schreiben, wie großartig das Design ist – auch in Sachen Hintergründe. Doch jeder Boss bleibt in Erinnerung und weiß ausschließlich durch Angriffe, Animationen und Transformationen zu beeindrucken. Es gibt hier keine Tiefs, sondern nur höchste Hochs.

Die alte Schule

Man könnte sich von der Präsentation einwickeln lassen – von Tassilo, der seine Hosen hochzieht, bis zum Verkäufer, dessen Sprachausgabe in dieser Form auch auf dem SNES möglich gewesen wäre. Doch hinter „Cuphead“ steht ein knallharter Boss-Rush, der seine fantastischen Charaktere stets in den Mittelpunkt stellt. Anfangs sind die Gegner noch hartnäckig, lassen sich aber nach einigen Versuchen bewältigen. Schließlich verfügen sie nur über ein begrenztes Arsenal an Angriffen, und nach einigen Fehlschlägen und schnellen Reaktionen dürfte die ersten drei Bosse besiegt sein. Das bedeutet allerdings nicht, dass der Anfang selbst ein Spaziergang ist. 

Später wird der Unterschied dafür schon deutlicher, denn spätere Feinde verfügen nicht nur über mehrere Phasen und Transformationen. Vielmehr wird das Angriffsrepertoire deutlich größer. Es kann sogar sein, dass der Spieler einige Attacken erst nach mehreren Versuchen sieht, obwohl er die dazugehörige Phase schon mehrfach abgeschlossen hat. Das sorgt für frischen Wind, der bei den ständigen Wiederholungen auch notwendig ist. Nur, wer gut aufpasst, die kleinen Ankündigungen der Angriffe aufschnappt und lernt, perfekt auszuweichen, wird eine Chance haben, wirklich jede Herausforderung zu bestehen.

Umfangreiches Arsenal

Natürlich können die Tassen-Brüder Tassilo und Pottkopp mehr als nur laufen und schießen. Ein schneller Dash sorgt für Ausweichmanöver, während die Waffenauswahl die Offensive bestimmt. Je zwei davon können die Helden ausrüsten und im Kampf per Knopfdruck wechseln. Der normale Schuss ist schon zu Beginn verfügbar, wer allerdings einen Bumerang verschießen oder einen Streuschuss abfeuern möchte, muss diese im Laden kaufen. Dort gibt es auch Amulette, durch die bestimmte Eigenschaften verändert werden, zum Beispiel gibt es einen weiteren Lebenspunkt, dafür richten Schüsse weniger Schaden an.

Der Laden verschenkt keine Ausrüstungsgegenstände. Vielmehr muss der Spieler Münzen sammeln, die es in den „Laufen und Schießen“-Leveln gibt. Diese erinnern an klassische Spiele wie „Contra“ oder „Gunstar Heroes“, denn die Helden laufen durch die Level, springen gelegentlich, weichen Hindernissen aus und schießen alles ab, was den Weg der beiden kreuzt. Es gibt nicht sonderlich viele Level, allerdings sind auch sie wunderbar abwechslungsreich gestaltet und warten stets mit einzigartigen Ideen auf. Auch der Schwierigkeitsgrad passt, allerdings werden nicht einfach nur immer mehr Gegner auf den Bildschirm geworfen. Die Levelmechaniken werden schlichtweg kreativer und komplizierter, weshalb es ebenso ein Genuss wird, diese Passagen zu absolvieren, wie die Bosse zu besiegen. Wem das nicht gefällt, der darf die Level auch ignorieren, denn sie sind komplett optional. Zumindest, wenn man sich ohne zusätzliche Optionen in die Kämpfe stürzen will, was auch sehr viel Spaß bereitet.

Cupbird

Als ob der Wechsel zwischen klassischen Leveln und reinen Bosskämpfen nicht reicht, gibt es auch überraschend viele Bosse, die man in Flugleveln besiegen muss. Dann ändern sich die Fähigkeiten der Helden schlagartig, denn sie verschießen schnelle Schüsse oder können zu Bomben wechseln. Spezialangriffe funktionieren anders und die Fähigkeit, sich zu verkleinern, dadurch allerdings kaum schaden anzurichten, erzeugt eine fantastische Dynamik. Für unseren Geschmack kamen diese Fluglevel etwas zu häufig vor, die damit verbundenen Bosse waren allerdings ebenso großartig, wie alle anderen. Dennoch war es etwas schade, dass es überraschend häufig nicht möglich war, seine Waffenauswahl nicht anzupassen.

Pink: Die Farbe des Abwehsmechanismus

Eine weitere Kernmechanik ist das Parieren. Sind die Projektile pink, können die Pottköppe diese per Knopfdruck annullieren. Die Belohnung dafür ist es wert, denn so ein Manöver füllt eine Karte der Spezialanzeige auf, die je nach Waffe einen mächtigen Angriff auslösen kann. Wer fünf Karten füllt, darf sogar eine von drei immens effektiven Attacken nutzen oder sogar unverwundbar werden. Dafür muss man zuerst eines der drei Mausoleen abschließen, in denen es ausschließlich darum geht, die pinken Geister abzuwehren. Diese Herausforderungen sind überraschend einfach, denn wer sich einmal mit der Mechanik angefreundet hat, wird sie möglichst oft nutzen, um in den Kämpfen einen Vorteil für sich zu gewinnen. All das wirkt erst wie ein kleines Bonus, wird allerdings zum integralen Bestandteil aller Boss-Begegnungen in „Cuphead“.

So sieht Feinschliff aus!

Die Liebe zum Detail ist nicht nur optischer Natur. Auch spielerisch wurde alles perfektioniert, weshalb sich die Charaktere extrem präzise steuern. Sehr motivierend ist eine kleine Anzeige, die nach jedem gescheiterten Kampf eingeblendet wird und dem Spieler deutlich macht, wie nah er am vernichtenden Schlag war. Der Wutanfall, der daraus resultieren kann, fast die Flagge berührt zu haben, ist zugleich frustrierend und motivierend.

Das macht „Cuphead“ auch aus, denn das Spiel ist schlichtweg frustrierend. Niemand kämpft gerne zwei Minuten lang gegen einen Boss, nur um das alles mitunter mehrfach wiederholen zu müssen, weil man von einem kleinen Projektil getroffen wird. Dieser ganze Frust staut sich definitiv auf, im Test ist es jedoch nie dazu gekommen, dass wir aufgeben wollten. Vielmehr wurde der Frust genau passend aufgelöst und das Erfolgsgefühl, das den vernichtenden Schuss abzugeben, war es jedes Mal wert. Die verschiedenen unterhaltsamen Bosskämpfe sind natürlich die Grundlage dafür. Es heißt schon etwas, wenn ein fünfminütiger Kampf zum besten des Spieles gehört, auch wenn er dank der Wiederholungen zum längsten wird.

Spaß für Solisten und Mehrspieler

Der kooperative Aspekt bleibt wichtig und wird für einige der Kaufgrund sein. Der Vorteil, gleich doppelte Macht zu besitzen, wird allerdings gut ausbalanciert, denn die Übersicht leidet darunter, dass ein weiterer Charakter auf dem Bildschirm herumschießt und -springt. Nervig wird das nie und zusammen einen Boss zu besiegen, ist ebenso befriedigend, wie ihn alleine zu meistern. Solisten brauchen nichts befürchten, denn das Spiel wurde definitiv so gestaltet, dass man auch alleine immens viel Spaß haben wird. Zudem darf man auch Pottkopp spielen, sodass für etwas mehr optische Abwechslung gesorgt ist. Wer das Spiel beendet, darf derweil die Errungenschaften in Angriff nehmen – oder noch schwierigere Versionen der Bosse besiegen, die unter anderem schneller Angreifen oder niedriger springen, was die Kampfdynamik verändert.

Sogar noch besser auf Switch!

Portierungen von einer großen Konsole auf Nintendo Switch sind oftmals nur mit Einschränkungen möglich, dank einer perfekten Anpassung dürfte die portable Version allerdings die beste von „Cuphead“ sein. Die Bildschirmauflösung können wir nicht detailliert bestimmen, allerdings sieht das Spiel sowohl auf dem TV als auch im Handheld-Modus gestochen scharf aus, was auch am Filter liegt, der die absichtlich niedrig aufgelösten Texturen erstrahlen lässt. Noch beeindruckender ist die Bildrate, die wirklich niemals Probleme macht und konstant stabil bleibt. Noch besser sind allerdings die Ladezeiten, die teilweise nur halb so lang sind wie auf Xbox One S. Zwar wird die große Version per Update bald verbessert, zum Testzeitpunkt ist die Nintendo Switch Fassung allerdings wirklich die Version mit den kürzesten Ladezeiten, was selbst kurze Runden zwischendurch möglich macht. Der Soundtrack ist ebenfalls phänomenal und birgt nicht nur stets die passende Kampfmusik, sondern auch zahlreiche Ohrwürmer, die so auch in alten Cartoons hätten vorkommen können. Ein besonderes Lob geht an die deutsche Übersetzung, die eigene Wortwitze beinhaltet.

Weiterführende Links: Forum-Thread

Fazit & Wertung

„Cuphead“ ist ein nahezu perfektes Spiel. Die Optik sticht sofort ins Auge und der Charme weiß mit atemberaubendem Charakterdesign und nostalgischen Animationen jeden zu überzeugen. Das Spiel dahinter ist allerdings ebenso gut, denn die Bosse sind knallhart, allerdings niemals unfair. Jede Spielmechanik wurde gut durchdacht und garantiert eine präzise Steuerung sowie spaßiges Gameplay. Die Portierung auf Nintendo Switch ist nicht nur beeindruckend perfekt, sondern übertrifft das Original auf Xbox One S. „Cuphead“ auf Nintendo Switch ist ein Wunder, das niemand in seiner Sammlung missen sollte.

Bisher gibt es zwei Kommentare

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  • Avatar von Rincewind
    Rincewind 19.04.2019, 11:33
    auch laut digital foundry der bislang wohl der beste Port
    nochmal Daumen rauf für den tollen Artstyle der einen Unterschied von 720-1440p nicht sichtbar macht und die mögliche Zusammenarbeit von Switchbox vorantreiben könnte (Sea of Thieves ? ... )
  • Avatar von Thestalos
    Thestalos 18.04.2019, 16:05
    Bin hin-und hergerissen ob ich es mir doch mal holen soll. Mechstermination Force fand ich überraschend gut und da wäre Cuphead ja eigentlich genau das richtige. Aber wenn der Schwierigkeitsgrad dann echt so hoch ist werde ich da wohl eher dran scheitern .