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RollerCoaster Tycoon Adventures

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RollerCoaster Tycoon Adventures

Wenn schon nicht die umstrittene Spendenkampagne seitens Publisher Atari, dann haben uns spätestens die sprachlichen Fehler auf der Spielhülle darauf hingewiesen, dass wir bei „RollerCoaster Tycoon Adventures“ vielleicht nicht gerade das Spiel des Jahres erwarten sollten. Trotz der beständigen Talfahrt, die Chris Sawyers beliebte Wirtschaftssimulations-Reihe in den letzten Jahren erleben musste (ausführlich dazu in „Inside Nintendo 147“), waren wir – wie auch manch andere Fans – vorsichtig optimistisch. Wie also ist das „RollerCoaster Tycoon“ für die Konsole, die man wann und wo man will spielen kann, geworden?

Viel Arbeit für den Parkdirektor

In „RollerCoaster Tycoon“ dreht sich alles darum, einen eigenen Vergnügungspark aufzubauen und zu verwalten. Dabei gibt es viel zu tun: Wir müssen Fahrgeschäfte, Achterbahnen, Stände und Co. aufbauen, die Versorgung durch Reinigungspersonal, Mechaniker, Entertainer sowie Sanitäranlagen sicherstellen und das Parkgelände durch Wege, Landschaftselemente und Dekorationen gestalten. Wichtige Werte, die man dabei stets im Blick behalten sollte, sind die Anzahl der Besucher im Park, die eigenen Finanzmittel sowie der Parkwert.

Durch Forschung schaltet der Spieler stets neue Arten von Attraktionen frei, mit denen sich der Park erweitern lässt. Die große Menge an unterschiedlichen Fahrgeschäften und Ständen in „RollerCoaster Tycoon Adventures“ ist durchaus beeindruckend, sorgt für eine große Abwechslung und erzeugt auch ein gewisses Fortschrittsgefühl. Das Herzstück der Attraktionen sind, wie schon der Name der Reihe andeutet, dabei die Achterbahnen. Hier kann man entweder aus vorgefertigten Designs wählen oder aber in einem mächtigen Editor seine eigenen Werke kreieren.

Durchwachsener Story-Modus

„RollerCoaster Tycoon Adventures“ kommt mit vier Modi daher. Ein Tutorial versucht – mehr schlecht als recht – den Spieler in die Grundlagen einzuführen. Im Abenteuer-Modus gilt es, einen von vier Parks aufzubauen, wobei wir zwischendurch immer wieder vor Entscheidungen gestellt werden, die Einfluss auf den weiteren Verlauf nehmen. Ein solcher Quasi-Story-Modus ist neu für die Reihe. Klassischer geht es im Szenario-Modus zu, in dem ein Dutzend Parkszenarien parat stehen, die man durch die Erfüllung unterschiedlichster Aufgaben zu bewältigen hat. Abgerundet wird das Ganze durch einen Sandbox-Modus, in dem man wahlweise mit unbeschränkten Finanzmitteln oder ohne feste Zielvorgaben seiner Kreativität freien Lauf lassen kann.

Der auf dem Papier so interessant klingende Abenteuer-Modus entpuppt sich in der Spielpraxis als weniger gelungen. Die Entscheidungen, vor die der Spieler spontan und ohne Vorwarnung gestellt wird, sind zwar gut gemacht, wir hatten aber kaum das Gefühl, dass sie sich wirklich stark auf den Spielverlauf auswirkten. Das ist ein generelles Problem an „RollerCoaster Tycoon Adventures“ – mehr dazu später. Nach nur einer Handvoll Entscheidungen ist der Spaß auch schon vorbei, und in jedem der vier Szenarien ist es genau dieselbe Handlung. Das motiviert nicht gerade.

Was bleibt, ist daher der klassische Szenario-Modus, der am längsten motivieren dürfte. Insgesamt kann sich der Umfang des Spiels dabei durchaus sehen lassen. Ein Jahr Spielzeit dauert ungefähr eine Echtzeit-Stunde, und da man an einem Parkszenario für gewöhnlich mehrere Jahre arbeitet, summiert sich die Spielzeit gut auf. „RollerCoaster Tycoon“ konnte schon seit jeher praktisch beliebig lang gespielt werden.

Verblasstes Tycoon-Leben

So viel sei zum Spielinhalt gesagt. Auf den ersten Blick scheint „Adventures“ eine umfangreiche Simulation geworden zu sein. Ein Vergleich mit dem allerersten „RollerCoaster Tycoon“, das anno 1999 für den PC erschienen ist, straft dieses Vorurteil aber Lügen. Denn in sämtlichen Aspekten sind die Spielfunktionen erheblichst eingeschränkt worden: Es gibt keine Warteschlangen vor den Attraktionen, man kann nicht mehr in die Köpfe und Taschen jedes einzelnen Besuchers Einsicht nehmen, die Landschaftsgestaltung erlaubt keinerlei Höhenveränderung, bei Wasserattraktionen, Go-Karts und Co. lassen sich keine eigenen Strecken gestalten, abgesehen vom Preis hat man praktisch keinerlei Einfluss auf seine Attraktionen, nicht einmal die Namen lassen sich ändern, fast alle hilfreichen Statistiken sind weggefallen.

Die Folge ist nicht etwa, wie es Entwickler und Hersteller gewiss angepeilt haben, eine Vereinfachung des früher äußerst komplexen Spielprinzips. „RollerCoaster Tycoon“ wird vielmehr völlig seiner Identität beraubt. Man erhält kaum Feedback von den gesichts- und charakterlosen Besuchern und hat einfach nie das Gefühl, wirklich eng mit der Spielwelt verbunden zu sein. Die Individualisierungsmöglichkeiten, die die alten Spiele ausgezeichnet haben, sind ebenso wie der Simulations- und Management-Aspekt auf ein absolutes Minimum heruntergefahren worden.

Fader Rummel

So beschränkt sich der Parkchef-Alltag praktisch darauf, neue Fahrgeschäfte zu errichten, Dekorationen aufzustellen und die Preise anzupassen. Da es abgesehen von Erweiterungen des Parks keine Geldausgaben gibt, muss man sich schon sehr ungeschickt anstellen, um überhaupt Probleme mit seinen Finanzen zu kriegen. Dabei war in den alten Spielen gerade auch die herausfordernde und durchaus realistische Wirtschafts-Komponente so bedeutsam. Außerdem sind in „Adventures“ sämtliche Parks vom Design her identische ebene Flächen und somit alle gleich. Auf Dauer kann das alles nicht motivieren, da sich ein wirkliches Fortschrittsgefühl einfach nicht einstellen möchte. Gleichwohl: Das typische „Tycoon“-Gefühl kommt trotz alle dem durchaus auf und so verbringt man gerne mehr Zeit mit dem Spiel, als man zunächst vorhatte.

Das Spiel will es dem Spieler aber scheinbar so schwer wie möglich machen, in den Genuss dieses Erlebnisses zu gelangen. Wenn nämlich die im Vergleich zu den legendären Serienerstlingen wesentlich eingeschränkten Systeme wenigstens funktionieren würden! Aber die Steuerung ist auf der Switch äußerst kompliziert und umständlich und macht häufig genug einfach nicht das, was sie soll. Besonders schlimm ist der Achterbahn-Editor: Zwar erlaubt das Tool wirklich die volle Verwirklichung der eigenen Vorstellungen, es ist aber absolut unintuitiv und umständlich zu bedienen. Beides liegt in der Natur der Sache eines gegenüber dem Baukasten-Editor der ersten Spiele enorm erweiterten Systems. Wo aber alle anderen Komponenten von „RollerCoaster Tycoon Adventures“ so stark vereinfacht wurden, passt es einfach nicht, dass gerade der Achterbahn-Editor so kompliziert ist.

Instabiler Parkspaß

Parallel zum beinahe sämtlicher Identität beraubten Spielsystem hat auch die Grafik gegenüber den 2D-Sprites der alten Spiele enorm an Charakter eingebüßt. Dafür freilich ist volle 3D-Kamerasteuerung möglich. Leider kann man nicht, wie in einigen späteren Teilen der Reihe, selber auf seinen Achterbahnkreationen Platz nehmen. Die Bildrate indes ist selbst dann, wenn kaum etwas auf dem Bildschirm los ist, von ständigen Rucklern geplagt, und sobald man etwas größere Parks errichtet, artet das Spiel im Handheld- und im TV-Betrieb gleichermaßen zu einer unerträglichen Diashow aus. Dagegen läuft der 20 Jahre alte erste Teil der Reihe selbst mit Tausenden von Parkbesuchern und weitaus komplexeren Spielsystemen jederzeit flüssig.

Eigentlich ist das ein technisches Armutszeugnis. Hinzu kommen unerklärliche Ladezeiten von etwa 50 Sekunden, selbst wenn ein total leerer Park geladen wird. Überdies sind uns beim Spielen vielfältige Bugs aufgefallen. Regelmäßig etwa kommt es vor, dass der überaus nervige Soundeffekt einer defekten Anlage erklingt, obwohl alle Anlagen funktionabel sind, und sobald man ein Szenario neu lädt, werden alle vorhandenen Achterbahnen als nicht fertiggestellt angezeigt. Dies ist nur eine Auswahl an Kuriositäten, die uns aufgefallen ist; dazu ist das Spiel mehrfach faktisch eingefroren. Attraktionen, Wege und Gestaltungselemente jeglicher Art dürfen nach Lust und Laune in die Strecken von Achterbahnen und Co. gebaut werden, was einfach unfreiwillig stupide aussieht. Stilecht ist die deutsche Übersetzung sehr fehlerhaft. Als wohl bester Aspekt am Spiel erweist sich indes die Musikuntermalung, die sich zwar dezent im Hintergrund hält, nach Stunden auf Dauerschleife aber natürlich auch irgendwann stört.

Weiterführende Links: Forum-Thread

Fazit & Wertung

Ein totaler Unfall ist „RollerCoaster Tycoon Adventures“ zwar nicht geworden. Für sich allein genommen ist es ein Titel durchschnittlicher Qualität, mit dem vor allem all jene, die zuvor noch nie mit der Freizeitpark-Simulation in Kontakt gekommen sind, ihre Freude haben können, die durch zahlreiche Mängel und kaum vorhandenen Anspruch getrübt wird. Kenner der Serie hingegen werden auf voller Linie enttäuscht. Es ist erstaunlich, wie der nunmehr 20 Jahre alte PC-Erstling der Reihe in sämtlichen Aspekten dem Switch-Ableger haushoch überlegen ist. „RollerCoaster Tycoon Adventures“ wird sein deutlich spürbarer Ursprung als erweiterter Port des Mobile-Ablegers „Touch!“ zum Verhängnis.

Bisher gibt es vier Kommentare

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  • Avatar von Mizunezumi
    Mizunezumi 10.01.2019, 21:26
    Ach, schade.

    Ich hatte des Spiel ebenfalls im Fokus, weil ich Rollercoaster Tycoon auf dem PC noch immer gern spiele, inzwischen als Kauf-Version von GoG, obwohl die CDs auch noch im Regal stehen.
    Wäre es gut geworden, hätte man es sich durchaus zulegen können, aber so lieber nicht.

    Danke für das Review.
  • Avatar von matzesu
    matzesu 10.01.2019, 16:23
    Zum Beispiel Trillville vom DS was auch wunderbar auf dem New 2DS XL läuft. ^^
    Ich hätte auch gehofft das das Switch Spiel besser ist, denn ich mag eigentlich Aufbau Spiele..
  • Avatar von Br1ind31d
    Br1ind31d 10.01.2019, 16:00
    Ich hatte ja noch drauf gehofft, dass es ein solides Spiel werden würde, aber das Review scheint da sehr ehrlich zu sein und das lässt mich nicht gerade vor Freude ausrasten.

    Dann halt doch wieder die Klassiker für nen Abbel und en Ei bei Steam kaufen und zocken oder Planet Coaster oder Parkitect

    Eigentlich gibt es ja super Alternativen die zeigen wie man es richtig macht, also warum schafft es Atari denn nicht sich was abzugucken und eine 180° Wende zu machen?

    Wäre ich Chris Sawyer würde mir die Galle hochkommen und ich würde mich wohl schämen dafür, dass mein Name und mein Meisterwerk so verschandelt werden
  • Avatar von BIGBen
    BIGBen 10.01.2019, 15:19
    Schade, dass die es einfach nicht mehr gebacken bekommen ein halbwegs gutes Spiel abzuliefern.