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Pokémon Karmesin

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Pokémon Karmesin & Purpur: 90 Minuten angespielt

Nach dem experimentierfreudigen „Pokémon Legenden: Arceus“ gehen “Pokémon Karmesin & Purpur“ den nur logischen und finalen Schritt in die Open World. Eine nathlos zusammenhängende Spielwelt, die nur darauf wartet, bereist und erkundet zu werden. Damit kommen die Spiele einem Wunsch nach, den „Pokémon“-Fans schon seit Jahren äußern. Um uns einen Ersteindruck der Spiele zu verschafffen, wurde ich gemeinsam mit anderen Medienvertretenden von The Pokémon Company nach London in ihre Büros eingeladen.

90 Minuten durch Paldea

In meinen rund 90 Minuten Spielzeit ging es darum, einen ersten Eindruck von der offenen Spielwelt zu erhalten. Dazu durfte ich mich ohne Anleitung komplett frei durch einen zwar eingeschränkten, aber weiträumigen Teil der anfänglichen Spielwelt bewegen. Als Anhaltspunkte für die Dauer meiner Spielzeit wurden mir drei Markierungen auf der Karte genannt, an denen ich mir einen Eindruck der drei verschiedenen Kampagnen machen konnte.

„Pokémon Karmesin & Purpur“ spielen in der neuen Region Paldea, einer Insel, deren Flora und Gebäude von der iberischen Halbinsel inspiriert wurde. Das bedeutet weite, grüne Wiesen, gelbe Strände, kleinere Berglandschaften, aber auch steinige Wüsten. In den fertigen Spielen werden erfahrungsgemäß noch andere Terrains hinzukommen, um genügend Abwechslung zu gewährleisten.

Pokémon können jetzt selbstständig kämpfen

Im Startgebiet wimmelte es auch gleich von zahlreichen verschiedenen Pokémon, die sich mal allein, dann in Herden oder auch versteckt in Gebüschen oder auf Bäumen aufhielten. Rein vom ersten Eindruck her ist die Vielfalt und Anzahl der auftauchenden Pokémon in „Karmesin & Purpur“ größer als in „Pokémon Legenden: Arceus“. Allein deswegen ist die neue „Pokémon losschicken“-Funktion eine echte Bereicherung. Dank dieser müsst ihr nicht jedes Mal in die für „Pokémon“ typischen, rundenbasierten Kämpfe wechseln, wenn ihr auf wilde Pokémon trefft. Stattdessen kämpfen eure Pokémon selbstständig.

Per Knopfdruck schickt ihr das erste Pokémon aus eurem Team los, das dann automatisch gegen das nächste Pokémon in der Nähe kämpft. Kehrt euer Taschenmonster siegreich zurück, winken Erfahrungspunkte für das gesamte Team. Genau so könnt ihr euer Pokémon losschicken, um versteckte Items einzusammeln, ohne euch selbst dorthin bewegen zu müssen. Die „Pokémon losschicken“-Funktion hilft dabei, das Spielgeschehen zu beschleunigen und so mehr Zeit zur Erkundung in der Spielwelt zu haben, ohne wilde Pokémon links liegen lassen zu müssen.

Weniger Trainerkämpfe?

Wollt ihr eines der wilden Pokémon fangen, müsst ihr einen Pokéball werfen oder ganz klassisch auf das Pokémon zugehen. In beiden Fällen startet dann ein rundenbasierter Kampf, in dem ihr das Pokémon schwächen und mit etwas Glück auch fangen könnt. Das Fangen der Wesen direkt in der Oberwelt wie noch in „Pokémon Legenden: Arceus“ ist nicht möglich. Dennoch habt ihr die Möglichkeit euch an wilde Pokémon heranzuschleichen. Habt ihr zuvor einen Pokéball geworfen, und das wilde Pokémon überrascht, hilft euch dies außerdem bei eurem Fangversuch. Gerade im Zusammenspiel mit der „Pokémon losschicken“-Funktion, hätte das Fangsystem aus „Pokémon Legenden: Arceus“ für einen noch dynamischeren Spielablauf gesorgt.

Dadurch, dass in „Pokémon Karmesin & Purpur“ nun an jeder Ecke wilde Pokémon lauern, scheint es so, als ob Trainerkämpfe etwas in den Hintergrund geraten. Zumindest im gespielten Startgebiet warteten nur wenige Trainer darauf, mich herauszufordern. Werdet ihr herausgefordert, wechselt das Spiel ohne Umschweife in den Kampf-Modus, was für den Spielfluss sehr angenehm ist.

Zu viel zu entdecken, zu wenig Zeit

Beim Durchstreifen von Paldea gab es genügend Momente, bei denen es sich lohnte, anzuhalten und die Aussicht zu genießen. Für solche Momente gibt es nun auch einen integrierten Foto-Modus, mit dem man auch Selfies schießen kann. Das bietet sich zum Beispiel dann an, wenn man gemeinsam mit Freunden im Online-Modus durch Paldea zieht oder ein Picknick mit seinen Pokémon abhält.

Insgesamt war ich überraschend angetan von der Spielwelt. Mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass ich nur begrenzt viel Zeit hatte, konnte ich bei weitem nicht alles erkunden, was ich am Horizont sehen konnte. So stieß ich aber beispielsweise auf eine unterirdische Höhle, in der ich gleich neuen Pokémon-Arten begegnete. Woraufhin ich dann auf die Spitze des höchsten Bergs in der Nähe kletterte und mich von dort aus bis zum nächsten Pokémon Center gleiten ließ. Paldea scheint also auch in der Vertikalen einige Geheimnisse zu bieten, die darauf warten entdeckt zu werden.

Drei nichtlineare Geschichten

Wie eingangs erwähnt, teilt sich „Pokémon Karmesin & Purpur“ in drei Handlungsstränge auf, die ihr in beliebiger Reihenfolge verfolgen könnt. In „Der Weg des Champs“ sammelt ihr acht Arena-Orden, in "Die Straße der Sterne" bekämpft ihr das feindliche Team Star und in „Der Pfad der Legenden“ stellt ihr euch mächtigen Herrscher-Pokémon, um seltene Gewürze zu sammeln. Die drei Geschichten sollen allem Anschein nach unter einer „Schatzsuche“ der ansässigen Pokémon-Akademie zusammenführt werden.

Wann und in welcher Reihenfolge ihr die Geschichten spielt, entscheidet ihr selbst. So soll es zum Beispiel auch keine festgeschriebene Reihenfolge für die Arenen geben, wie es bislang immer war. Was dies für „Pokémon Karmesin & Purpur“ impliziert, lässt sich auch nach dem ersten Anspielen noch nicht einschätzen. Es schien aber so, dass die Arenen abhängig von den gesammelten Arena-Orden skaliert werden. Wie konsequent und letztlich erfolgreich dieser neue Ansatz umgesetzt ist, müssen die fertigen Spiele zeigen.

Der erste Arena-Orden

Jede der acht Arenen ist mit einer Arena-Challenge verbunden, die ihr zunächst absolvieren müsst, bevor ihr euch dem Arenaleiter oder der Arenaleiterin stellen dürft. Bevor ich es mit Arenaleiter Colzo und seinen Pflanzen-Pokémon aufnehmen durfte, musste ich zunächst die Stadt nach versteckten Sonnflora durchstöbern. Die Herausforderung ging trotz Sammelnatur gut von der Hand und verwickelte mich in einige Kämpfe. Positiv fiel auf, dass die Herausforderung die gesamte Stadt einschloss und nicht nur in einem geschlossenen Raum stattfand. Wie unterhaltsam diese Herausforderung letztlich werden, wird von ihrem Abwechslungsreichtum abhängen.

Die Tera-Kristallisierung

Im anschließenden Kampf gegen Colzo kam zum ersten Mal die Tera-Kristallisierung zum Tragen. Dahinter steckt eine neue Kampfmechanik, die in die Fußstapfen der Mega-Entwicklung oder Gigadynamaximierung tritt. Jedes Pokémon in „Pokémon Karmesin & Purpur“ hat einen festgelegten Tera-Typ, den es mit Hilfe der Tera-Kristallisierung während eines Kampfes vorübergehend annehmen kann. Ein Wasser-Pokémon kann so beispielsweise zum Tera-Typ Feuer wechseln, um so gegen ein sonst überlegendes Pflanzen-Pokémon zu bestehen. Da ich von diesem Kniff auch direkt erfolgreich Gebrauch machen konnte, stehe ich der neuen Mechanik gespannt gegenüber. Abzuwarten bleibt, wie sich die Tera-Kristallisierung auf den Grind nach seltenen Tera-Typen und auf die kompetitiven Spielmodi auswirken wird.

Auseinandersetzung mit Team Star

Herausfordernder als die Arena stellte sich die Begegnung mit Team Star heraus. Das bislang noch nicht weiter beleuchtete Team versteckt sich in Geheimverstecken, die in ganz Paldea verteilt sind. Jedes Versteck scheint thematisch an einen Pokémon-Typ wie etwa Feuer angelehnt zu sein. Dringt ihr in eines der Verstecke ein, müsst ihr innerhalb eines Zeitlimits eine bestimmte Anzahl gegnerischer Pokémon des entsprechenden Typs besiegen. Dazu nutzt ihr allerdings die „Pokémon losschicken“-Funktion, wobei ihr innerhalb der Geheimverstecke bis zu drei Pokémon gleichzeitig losschicken könnt.

Mit dem anschließenden Auftritt von Team Star-Anführerin Irsa wurde es ungewöhnlich wild. Nach ihrem imposanten Auftritt auf ihrem riesigen Gefährt, dem Starmobil, bekämpft ihr zunächst ihr Pokémon und daraufhin das Starmobil selbst. Wem der Arena-Ablauf zu eintönig ist, wird in der Geschichte rund um Team Star allem Anschein nach eine ansprechende Alternative finden.

Gemeinsam durch Paldea reisen

Gemeinsam zu viert konnten wir vor Ort auch noch abschließend den Online-Modus und einen der Tera-Raids ausprobieren. „Pokémon Karmesin & Purpur“ lassen sich komplett kooperativ spielen. Das bedeutet, ihr bewegt euch gemeinsam durch Paldea und trefft auf dieselben wilden Pokémon. Spielt ihr einen der Story-Punkte, werdet ihr zwar als abwesend angezeigt, bleibt aber trotzdem mit euren Mitspielenden verbunden. Der kooperative Modus zielt eher darauf ab, dass ihr Aktivitäten wie das Picknick, Minispiele wie das Sandwich belegen oder die Tera-Raids miteinander absolviert.

Letztere könnt ihr an jedem Pokémon-Center starten. In dieser neuen Art der Raid-Kämpfe müsst ihr ein mächtiges Pokémon innerhalb eines Zeitlimits besiegen. Entscheidend ist, dass die Kämpfe in Echtzeit und nicht rundenbasiert stattfinden. Eure Pokémon können dabei die Tera-Kristallisierung nutzen, um Vorteile zu erlangen. Genauso könnt ihr die Pokémon anderer Trainer anfeuern und ihnen so Vorteile verschaffen. Besiegte Pokémon kehren außerdem nach einer gewissen Zeit in den Kampf zurück, vermutlich um sicherzustellen, dass niemand frustriert das Spiel verlässt. Trotz Rückkehr scheinen die Raids recht fordernd zu sein. Und obwohl die Pokémon im Level angepasst waren, konnten wir den Raid-Boss nur knapp vor dem Ende des Zeitlimits gemeinsam besiegen.

Technisches Verbesserungspotenzial

Zur Einordnung sei erwähnt, dass wir eine Entwicklungsversion der Spiele ausprobieren durften. Das heißt, den Spielen fehlt noch der Feinschliff und das Gesehene muss nicht den fertigen Spielen entsprechen. Bestimmte technische Aspekte klammern wir daher noch bewusst aus und verweisen für einen Eindruck auf die bereits gezeigten Trailer und warten solange auf das finale Ergebnis.

Als problematisch entpuppte sich allerdings häufig das Verhalten der Kamera. Wechselt das Spiel in einen Kampf, bleibt die Kamera bei ihrer Ausgangslage stehen. Das hat zum Beispiel zur Folge, dass das gegnerische Pokémon durch euer eigenes verdeckt wird. Das manuelle Nachjustieren der Kamera funktioniert zwar problemlos, sollte aber nicht notwendig sein. Ungenau verhielt sich hingegen das Klettern an Felswänden mit eurem legendären Pokémon-Begleiter. Je nach Felswand war der Wechsel in den Klettermodus nicht immer so zuverlässig wie erwartet.

Kleine Ideen mit großer Wirkung

Im Gegensatz zu diesen Mängeln stehen aber viele Quality of Life-Verbesserungen, die zwar unscheinbar sind, das Spielerlebnis aber insgesamt angenehmer gestalten. Markiert ihr auf der Karte zum Beispiel einen Ort und schließt das Menü, dreht sich euer Charakter automatisch in die Richtung der Markierung. Nach einem Kampf könnt ihr eure Pokémon über eine neue Funktion mit den Items aus eurem Beutel automatisch heilen lassen. Eine weitere Verbesserung sind die Pokémon Center, die nun außerhalb von Städten stehen, und somit beim Erkunden einfacher zugänglich sind. Auch an anderen Stellen konnte man kleine Verbesserungen wahrnehmen, die das Spielgefühl insgesamt flüssiger und angenehmer machen oder den Gegebenheiten einer Open World anpassen.

Weiterführende Links: Forum-Thread

Ersteindruck & Fazit

Nach den ersten 90 Minuten mit „Pokémon Karmesin & Purpur“ steht fest, dass „Pokémon“ in der Open World angekommen ist und keine Kompromisse eingeht. Sowohl die vielen kleinen Verbesserungen als auch neue Ideen wie die „Pokémon losschicken"-Funktion, zeigen, dass man sich Gedanken darüber gemacht hat, wie „Pokémon“ in einer Open World funktionieren muss. Die nicht länger vorgeschriebene Reihenfolge von Arenen und Story-Punkten lassen auf weniger lineare Abläufe als zuletzt hoffen. Alle Ansätze für unterhaltsame „Pokémon“-Spiele sind da. Wie diese am Schluss zusammenhängend über das gesamte Spiel zum Tragen kommen, sehen wir im November, wenn „Pokémon Karmesin & Purpur“ erscheinen.

Bisher gibt es zehn Kommentare

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  • Avatar von Garo
    Garo 23.10.2022, 01:58
    Legt das, was ich sagte nicht auf die Goldwaage. Das war ein Schuss ins Blaue mit einem weit zurück liegenden Fauxpas im Kopf.
  • Avatar von bananenbär
    bananenbär 22.10.2022, 22:40
    Ich überlege auch, ob ich die Vorbestellung cancle. Das Spielt sieht bewegt nicht nur schwach aus, das veränderte Spielprinzip selbst scheint mir auch sehr langweilig zu sein.
  • Avatar von _Alucard_
    _Alucard_ 22.10.2022, 14:54
    Zitat Zitat von bananenbär Beitrag anzeigen

    Ein angespanntes Verhältnis zwischen Redaktionen und Firmen sollte einer ehrlichen und kritischen Berichterstattung übrigens nicht entgegenstehen.
    Ja seh ich auch so.
    Was ist denn überhaupt vorgefallen, dass es dazu geführt hat, wenn man das mal anfragen darf?

    Zur Technik :
    Gamepro hat auch angespielt und dazu vollgendes geschrieben :

    "Grafik und Technik lassen bislang noch zu wünschen übrig. Während Pokémon- und Charaktermodelle allesamt fantastisch und liebevoll designt sind, kommen Umgebungen erschreckend detailarm daher. Hinzu kommen matschige Texturen auf Böden und an Felswänden.

    Außerdem kam es während des Anspielens wiederholt zu Framerateeinbrüchen und Pop-Ups, beispielsweise wurden NPCs in Städten teils erst dann richtig geladen, wenn ich mich fünf Meter vor ihnen befand."
  • Avatar von bananenbär
    bananenbär 22.10.2022, 13:52
    Technisch erwarte ich von den Pokemon-Spielen keine Luftsprünge - die laufen beinahe immer eher schwach. Aber auch ich würde mich über ein paar Sätze zur Framerate und deren Stabilität freuen.

    Gibt es da vielleicht gerade einen allgemeinen Maulkorb? Mir ist jedenfalls noch nichts dazu begegnet, habe aber auch nicht explizit danach gesucht.

    Ein angespanntes Verhältnis zwischen Redaktionen und Firmen sollte einer ehrlichen und kritischen Berichterstattung übrigens nicht entgegenstehen.
  • Avatar von Karltoffel
    Karltoffel 22.10.2022, 13:29
    Mir fehlen hier auch Infos zu technischen Problemen.
    Arceus lief mit niedriger Framerate und sehr geringer Auflösung. Ist erkennbar, dass Game Freak an diesen Problemen gearbeitet hat?
  • Avatar von Tiago
    Tiago 22.10.2022, 09:22
    Guter Punkt.
  • Avatar von Garo
    Garo 21.10.2022, 22:17
    Zitat Zitat von Tiago Beitrag anzeigen
    Für meinen Geschmack hätte man - trotz Vorabversion - ein bisschen mehr darauf eingehen können.
    Nicht, wenn man gerade froh ist, dass ein angespanntes Verhältnis zu einer Firma sich anscheinend wieder etwas beruhigt hat.
  • Avatar von Tiago
    Tiago 21.10.2022, 21:33
    Habe mir tatsächlich nur den Technik-Aspekt durchlesen wollen und war dann etwas enttäuscht. Für meinen Geschmack hätte man - trotz Vorabversion - ein bisschen mehr darauf eingehen können.
  • Avatar von Shodan
    Shodan 21.10.2022, 20:25
    Für mich klingt das Review erstmal positiv
  • Avatar von Garo
    Garo 21.10.2022, 15:48
    Den größten Problembereich (die Technik) gekonnt umschifft.

    Ich bin gespannt, wie die Alinearität angegangen wird, ich befürchte bei Game Freak aber, dass das das Spiel nur noch leichter macht, als es ohnehin schon ist.