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Chase: Cold Case Investigations – Distant Memories (eShop)

Bereits im Vorfeld der Veröffentlichung von „Chase: Cold Case Investigations – Distant Memories“ hatte ich recht ausführlich dargelegt, warum ich mich so sehr auf das Spiel gefreut hatte. Für den Nachfolger im Geiste der „Hotel Dusk“- und „Another Code“-Reihen waren meine Erwartungen hoch – und konnten letztlich nicht gehalten werden.

Der Erbe von Hotel Dusk?

Kurz zur Erläuterung: Das Spiel mit dem sperrigen Namen „Chase: Cold Case Investigations – Distant Memories“ stammt von einem Team bestehend aus ehemaligen Mitarbeitern von CiNG. Das japanische Entwicklerstudio war zu DS-Zeiten besonders für „Hotel Dusk: Room 215“ bekannt und konnte sich mit weiteren Spielen innerhalb kürzester Zeit eine kleine aber treue Fan-Gemeinde zusammenschustern. CiNG ging allerdings insolvent, worauf sicherlich nicht nur ich wehmütig zurückblicke. Unter der Führung des ehemaligen CiNG-Directors Taisuke Kanasaki hat sich allerdings ein Teil des ehemaligen Entwicklerteams bei Arc System Works zusammengefunden. Mit „Chase“ liefert nun genau dieses Team einen geistigen Nachfolger zu „Hotel Dusk“ ab, der optisch auf den ersten Blick an „Hotel Dusk“ erinnert.

Ein ungleiches Duo

Auch die Charaktere in „Chase: Cold Case Investigation“ hätten so in „Hotel Dusk“ auftreten können. Die beiden Detectives Shounosuke Nanase und Koto Amekura bilden eine Cold-Case-Einheit. Gemeint ist damit eine Abteilung der Polizei, die sich mit vergangenen Fällen auseinandersetzt, die einst zu den Akten gelegt wurden und wieder neu aufgerollt werden. Shounosuke Nanase ist schweigsam, Kettenraucher und macht sich hauptsächlich durch zynische Bemerkungen bemerkbar. Seine junge Kollegin Koto Amekura ist das genaue Gegenteil: Sie ist motiviert, glaubt an ihren Job und versucht immer wieder vergeblich, ihren Partner Nanase anzustacheln, wofür sie meist derbe Kritik erntet. Natürlich steckt hinter Nanases Charakter und Verhalten ein triftiger Grund, der etwas mit der Vergangenheit des verbitterten Detectives zu tun hat.

Wie es so kommen muss, erhält das ungleiche Duo eines Tages einen anonymen Anruf und erfährt die Information, dass ein für einen Unfall gehaltener Brand von vor fünf Jahren tatsächlich ein Mord war. Die Ermittler machen sich daran, diesem Tipp nachzugehen und die wahre Geschichte aufzudecken.

Wenig Sympathie und fieser Cliffhanger

„Chase“ ist ein Dialog-zentriertes Spiel, das sich auf die Erzählung und seine Charaktere konzentriert. Nanase und Amekura stellen zwar ein interessantes Duo dar, allerdings hat man diese Kombination zweier völlig unterschiedlicher Menschen bereits in viel zu vielen anderen Erzählungen angetroffen. Außerdem macht es den Eindruck, als dass Nanase deutlich mehr im Fokus stehe als Kollegin Amekura. Die junge Detektivin dient hauptsächlich dazu, von Nanase erniedrigt und beleidigt zu werden, was es nicht einfacher macht, mit Nanase zu sympathisieren. Auch Kyle Hyde aus „Hotel Dusk“ war ein Griesgram, allerdings ein liebenswerter.

Vielleicht ist dieser Eindruck aber auch nur ein Resultat der geringen Spielzeit, denn allzu viel Zeit bekommt man in den etwa zwei Stunden nicht, um die Figuren genauer kennenzulernen. Ohne zu viel vorweg zu greifen, macht die eigentlich solide erzählte Kriminal-Geschichte eher den Eindruck, als bereite sie einen Vollpreis-füllenden Nachfolger vor. Einige Fragen bleiben zum Ende offen, weshalb man hoffen darf, dass „Chase: Cold Case Investigations“ bloß eine Art Testlauf für eine vollwertige Fortsetzung war.

Einfallslose Ideen

Allerdings sollte man dem Spieler dann mehr Beschäftigungen geben. Ein Adventure-Spiel darf und sollte sich zwar auf die Erzählung und seine Figuren konzentrieren. Der spielerische Gehalt darf aber nicht zu kurz kommen. Zwar muss man in „Chase“ die Zeugen selbst vernehmen und die richtigen Fragen stellen. Wer aufmerksam den vorangehenden Dialogen folgt, kann die richtigen Fragen aber ohne weiteres erkennen. Manchmal sind die Auswahlmöglichkeiten einfach so plump, dass man logisch die richtige Frage erschließen kann. An anderen Stellen gilt es den Tatort zu untersuchen, was in etwa so funktioniert wie in den „Ace Attorney“-Spielen.

Auf dem Touchscreen wird die Szenerie des Tatorts angezeigt, den man mit dem Touchpen nach Hinweisen untersuchen kann. Was in den „Ace Attorney“-Spielen mächtig Spaß macht, ist in „Chase“ ein eher bedauernswertes Unterfangen. Das resultiert daraus, dass der Tatort trist und detailarm gestaltet ist und man eher durch Raten als durch schlaues Kombinieren auf die wichtigen Hinweise stoßt. Es scheint so, als hätte man nicht gewusst, wie man die Erzählung mit Spieleinlagen und Rätseln anreichern sollte. Letztlich ohne das Gefühl zu haben, dass man etwas zu tun hätte oder dass passiert sei, stolpert man also mehr oder weniger durch die Geschichte und die einfallslosen Ermittlungen. Und als die Geschichte Fahrt aufzunehmen scheint, ist das Spiel auch schon vorbei.

Weiterführende Links: Forum-Thread

Fazit & Wertung

Leider schafft „Chase: Cold Case Investigation“ es nicht, die Genialität von „Hotel Dusk“ oder „Another Code“ einzufangen. Nur schwer kann man Sympathie zu den Charakteren gewinnen. Aufgrund der quasi mangelnden Puzzles und trägen Ermittlungseinlagen kommt auch nicht recht Fahrt auf. Es bleibt zu hoffen, dass man mit „Chase: Cold Case Investagtion – Distant Memories“ bloß den Prolog für ein echtes Abenteuer mit dem ungleichen Ermittler-Duo geliefert hat. Für den potentiellen Nachfolger sollte man das Konzept noch einmal stark überdenken und sich die gemachten Fehler zu Herzen nehmen.

Bisher gibt es einen Kommentar

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  • Avatar von NinMon
    NinMon 12.11.2016, 18:07
    Mir hat Chase [...] zwar insgesamt gefallen, aber ich kann die Kritikpunkte auch nachvollziehen. Ich denke/hoffe, dass sie größtenteils dem geringen Umfang geschuldet sind. Das gilt insbesondere für die Charaktere - es ist ja oft so, dass Charaktere anfangs so drauf sind wie die beiden Protagonisten hier, sich dann aber im Laufe der Spielzeit weiterentwickeln. (Es wäre zumindest sehr wünschenswert, wenn Nanase in einem Vollpreistitel auch Veränderungen durchmachen würde.) Gameplaytechnisch darf da auf jeden Fall gerne noch mehr kommen.
    Nach dem teilweise offenen Ende hoffe ich nun auch sehr auf eine Fortsetzung, in der das Spiel sich dann weiter entfalten könnte. Auch wenn Chase [...] Schwächen hatte, würde ich dann wohl wieder zugreifen.

    Nette Auswahl zwischen zwei Fragen bei einer Befragung btw:
    A: "You're really that stupid?"
    B: "Are you an idiot?"