Das Jahr 2013 ist bisher ein tolles Jahr für Fans der japanischen Rollenspiele gewesen. Neben der Ankündigung von Monolith Softs Titel für die Wii U haben Level-5 mit „Ni No Kuni“, Intelligent System mit „Fire Emblem: Awakening“ und AlphaDream mit „Mario & Luigi: Dream Team Bros.“ einige beeindruckende Spiele des schwächelnden Genres veröffentlicht. Es ist trotz allem eine sehr große Überraschung gewesen, als Nintendo bekannt gegeben hat, dass Silicon Studios „Bravely Default“ bereits dieses Jahr noch für den Nintendo 3DS erscheinen soll. Zum Anfang Dezember kommt der Titel nun tatsächlich in den Handel und schließt 2013 sowohl für das JRPG-Genre als auch für die Nintendo 3DS-Familie erfolgreich ab. Unsere Eindrücke könnt ihr im folgenden Testbericht nachlesen, doch eines müssen wir vorwegnehmen: Mit „Bravely Default“ erwartet die Spieler unter Umständen eines der besten Titel des Jahres.

Das Schicksal von Norende

Als Vestalin des Windkristalles besteht die Pflicht von Agnès Oblige darin, um die Wohlerhaltung der Kraft des heiligen Relikts zu beten. Ihr zeremonielles Ritual wird jedoch durch eine dunkle Macht unterbrochen, wobei die Vestalin dank dem Schutz ihrer Anhänger knapp der Dunkelheit entgehen kann.

Im friedlichen Dorf Norende bekommen die Bewohner von diesem Ereignis kaum etwas mit und leben ihr ruhiges Leben wie gewohnt weiter. Tiz Arrior, ein junger Schafshüter und sein Bruder Til gehen wie gewohnt ihrer Pflicht nach, als ein plötzliches Erdbeben ihr Dorf heimsucht. Tiz gelingt es knapp, dem Abgrund zu entkommen; die rutschende Hand seines Bruders kann er jedoch nicht mehr hochziehen.

Vier Auserwählte

Der junge Schafshüter wird vom Hauptmann des Königreichs Caldisla aufgefunden und in einer Herberge untergebracht, in der Tiz eine Woche reglos liegen bleibt. Sobald er wieder zu Bewusstsein kommt, bittet er den König, den Krater, der nun den Platz von Norende beansprucht, untersuchen zu gehen. Hier trifft er auf die Vestalin Agnès, die von den Himmelsrittern verfolgt wird. Diese greifen seit längerer Zeit das Königreich Caldisla an.

Agnès erklärt Tiz ihre Pflicht als Vestalin des Windkristalls und berichtet von den einzelnen Ereignissen, die unter anderem Norendes Schicksal nun bestimmt haben. Hierauf möchte Tiz sich ihr anschließen und sein Dorf wieder aufbauen, sobald sie gemeinsam den Schutz der vier Kristalle hergestellt haben. In ihren Konfrontationen mit den Himmelsrittern und weiteren dunklen Kräften treffen die beiden noch auf Ringabel, der seine Erinnerungen verloren hat und der Tochter eines hochrangigen Militärs Edea Lee, die ebenfalls ihre Ziele verfolgen und sich daher der Gruppe anschließen.

Das ist jedoch erst der Beginn eines unglaublich emotionalen und umfangreichen Abenteuers mit vielen wunderschönen Momenten und einer beeindruckenden Erzählung.

Eine riesige Oberwelt

Angefangen in der Stadt des Königreiches Caldisla besucht man zunächst einzelne Höhlen und Schlösser, bis sich schon bald eine komplette Oberwelt dem Spieler eröffnet. Kenner älterer japanischer Rollenspiele werden sich sofort heimisch fühlen, da der Aufbau dieser den Klassikern sehr ähnelt. In den Städten lassen sich Herbergen besuchen, in denen man das Team sowie die Heil- und Magiepunkte regenerieren kann. Außerdem findet man das übliche Angebot an Waffen- Rüstungs- und Magie-Shops, die mit zahlreichen Schwertern, Schildern sowie magischen Kräften den Spieler versorgen, wenn entsprechend gezahlt wird. Selbstverständlich gibt es auch wichtige, spezielle Gebäude, die besonders für die Geschichte relevant sind.

Verlässt man die Stadt, findet man sich auf einer Landkarte wieder und kann sich hier frei bewegen. Zufällig wird man hier von verschiedenen Wesen angegriffen, sodass der Weg zum Labyrinth oder zur nächsten Stadt schon einige Schweißperlen kostet. In den Dungeons findet man sich in einem dem Stadtbild-ähnelnden Gebiet wieder und kann über Karte auch die Position orten.

Haupt- & Nebenquests

In diesem Schema bewegt man die Protagonisten von einem Punkt zum anderen und geht den einzelnen Aufgaben der Gruppe nach. Wichtige Ereignisse werden mit einem gelben Ausrufezeichen markiert und sind relevant für die Hauptstory des Spiels. Zusätzlich gibt es aber auch zahlreiche Bitten einzelner Personen im Spiel oder Quests, die über die rechte Steuerkreuztaste oder über Touchscreen angezeigt werden können. Bei letzterem handelt es sich oftmals um Errungenschaften wie dem Beseitigen einer bestimmten Anzahl von Gegnern. Die Bitten der lokalen Anwohner erfordern dagegen gewöhnliche Sammel- und Kampfaufgaben.

Einige Nebenquests erzählen interessante Geschichten über zahlreiche Charaktere im Spiel. Diese sind in der ursprünglichen Version in die Story eingebunden gewesen, sind jedoch seit der hierzulande erhältlichen Neuauflage nur noch optional. Damit fällt die Hauptstory deutlich kürzer aus, die Missionen wurden jedoch nicht gestrichen und können weiterhin in der ursprünglich vorgesehenen Reihenfolge absolviert werden.

Auf in den Kampf!

Neben den zahlreichen Missionen verbringt der Spieler die meiste Zeit in den Kämpfen, wobei die Animationen über die linke beziehungsweise rechte Steuerkreuztaste langsamer oder schneller abgespielt werden. Eine gewonnene Auseinandersetzung bringt Erfahrungs- und Jobpunkte sowie Geld.

In den Kampf fließen viele verschiedene Faktoren ein, wie man es eben aus Rollenspielen gewöhnt ist. Zunächst ist es selbstverständlich entscheidend, dass man ein entsprechendes Level besitzt. Ein Levelanstieg ist dagegen über Erfahrungspunkte möglich, die man sich mit einem Training aneignen kann. Allein der Level des Charakters wird jedoch nicht für die nötigen Werte sorgen. Hierfür muss man fleißig auch die örtlichen Läden und Dungeons nach starken Items abklappern und eine optimale Ausrüstung auswählen.

Ferner können die Charaktere zahlreichen Jobs nachgehen, die jeweils verschiedene Fähigkeiten bieten und durch Jobpunkte verbessert werden. Als Weißmagier ist man beispielsweise ein idealer Unterstützer, sei es durch heilende oder wertesteigernde Kräfte. Ein Mönch und Magier sind dagegen für ihre eigenen, unterschiedlichen Spezialitäten bekannt.

Zu den Fähigkeiten gibt es auch zahlreiche Hilfsfertigkeiten, die die Kampfstrategie noch einmal überdenken lassen. Schlussendlich kann man im Kampf gegen wichtigere Gegner den Asterisk des jeweiligen Job erwerben und die Eigenschaften weiter ansteigen lassen.

Neben der Wichtigkeit der eigenen Werte spielen die Stärken und Schwächen der gegnerischen Einheiten ebenfalls eine sehr große Rolle. Insgesamt erwartet einen also ein ausgeklügeltes Kampfsystem.

Default & Brave

Die bisherigen Voraussetzungen für eine Auseinandersetzung sind zwar schon relativ umfangreich, allerdings als Vertreter eines Rollenspiels noch recht überschaubar gewesen. Dies ändert sich mit den Default- und Brave-Möglichkeiten, die dem Spiel den Namen auch geben. Das rundenbasierte Kämpfen belohnt jeden Spieler jede Runde mit einem Bravepunkt. Dieser sinkt um einen Wert, wenn eine Aktion durchgeführt wird. Das heißt, dass man mit einem gewöhnlichen Angriff stets den Zähler um die 0 hält.

Nun gibt es mit Brave jedoch die Möglichkeit, in einer Runde bis zu vier Angriffe mit einem einzelnen Charakter durchzuführen. Dann sinkt der Zähler jedoch auf -4. Solange dieser im negativen Bereich ist, kann dieser Charakter allerdings keinen Angriff mehr durchführen. Alternativ kann man jedoch mit Default eine Runde aussetzen und den Zähler in die positiven ganzen Zahlen ansteigen lassen. Hierbei steigt die Verteidigung des Charakters, einzelne Schäden von gegnerischen Treffern muss man trotzdem verkraften.

Zusätzlich zu den Bravepunkten, die hinreichend das Kampfgeschehen bestimmen und regeln, gibt es noch die Schlafpunkte. Ein SP bekommt man, wenn das jeweilige System der Nintendo 3DS-Familie acht Stunden im Standby-Modus gewesen ist. Diese haben zudem den Vorteil, dass sie das Rundensystem auflösen und die Zeit für jeden gegnerischen Charakter stoppen. Da man die Punkte kostenfrei relativ selten bekommt, kann man SPs auch für einen gewissen Betrag erwerben. Das Prinzip um Bravely Second, das die Schlafpunkte einführt, ist glücklicherweise nur optional.

Diese werden wohl am ehesten gebraucht, wenn man den Schwierigkeitsgrad „Schwer“ aufnimmt. In „Einfach“ kommt man definitiv auch ohne klar, in „Normal“ muss man dagegen ein Rollenspiel-Verständnis mit sich bringen, welches man sich auch beim Spielen aneignen kann.

StreetPass & SpotPass

In den Kämpfen ist man zudem nicht auf sich alleine gestellt, wenn man fleißig über die SpotPass- und StreetPass-Funktionen mit Freunden interagiert. Über eine Internet-Verbindung kann ein bestimmter Charakter von einem Freund in den Kampf eingreifen und seine stärkste Attacke ausführen. Genauso profitiert man von vorbeilaufenden Spielern, die die StreetPass-Funktion für das Spiel angeschaltet haben.

Über StreetPass lassen sich zudem noch Bewohner für den Wiederaufbau von Norende anwerben, die dann direkt loslegen können. Anfangs vergehen die Stunden kaum, wenn nur ein einzelner Arbeiter den Bau übernimmt. Doch mit ansteigender Population verleiht man diesem einiges an Geschwindigkeit. Das Dorf kann dann von Erzfeinden besucht werden. Siegt man in einem Kampf gegen diese Eindringlinge, wird man mit zusätzlichen Inhalten belohnt.

Diese recht überschaubare StreetPass-Funktion scheint zunächst sehr simpel gehalten zu sein. Allerdings gestaltet sich die Aufgabe des Wiederaufbaus des Dorfes als spaßig. Es ist jedes Mal aufs Neue eine schöne Überraschung, wenn man nach zehn Stunden heim kommt und die Fortschritte im Dorf belohnt werden.

Eine beeindruckende Präsentation

Eine große Stärke des Rollenspiels ist es, wie sehr man von der Erzählung und der grafischen Aufbereitung an den Bildschirm gefesselt wird. In der Grafik setzen die Entwickler auf mehrere Ebenen, die in Kombination mit dem tollen 3D-Effekt ein bisher einzigartiges visuelles Erlebnis auf dem Nintendo 3DS versprechen. Einzelne Details gehen durch die riesigen Welten selbstverständlich verloren, doch ein charmanter Stil und die angesprochene Präsentation lassen diesen Punkt schnell vergessen. Die Landschaften, die im ersten Augenblick oder bei längerer Wartezeit komplett angezeigt werden und in die bei Bewegung gezoomt wird, zeugen von den schönsten Städte- und Atmosphärenbildern in einem RPG.

Zwischendurch wird man mit zahlreichen Zwischensequenzen bedient, die in japanischer Sprache deutlich mehr Emotionen vermitteln können als in der englischen Aufmachung. Wer jedoch an westliche Lokalisierungen gewöhnt ist, wird die etwas schwächere, englische Synchronisation verarbeiten können, vor allem da eine wundervolle japanische Sprachausgabe geboten wird. Ansonsten setzt der Titel auch auf viele Dialoge, die Gameplay-fixierte Spieler vermutlich zu lange aufhalten werden. Allerdings lebt ein Rollenspiel auch sehr von seiner Erzählung, die teilweise über diese Dialoge erfolgen muss. Die Texte sind vollkommen auf Deutsch.

Einen Großteil der Präsentation macht zudem der Soundtrack des Spiels aus. Die Musikstücke passen sich wundervoll der Atmosphäre an und bestimmen diese grundlegend mit. Vorbesteller der Deluxe Collector's Edition dürfen sich also auf eine traumhafte Soundtrack-CD freuen.