„Super Mario Bros.“ hat das Jump'n'Run-Genre salonfähig gemacht, „Super Mario Bros. 3“ und „Super Mario World“ sind so gut, dass Fans bis heute erbittert debattieren, welches besser ist, und mit den „New Super Mario Bros.“-Titeln erlebte das alte Spielkonzept seine überaus erfolgreiche Renaissance. Doch in den letzten Jahren gerieten des Klempners 2D-Ausflüge in eine kreative Sackgasse. Nintendos Lösung: Die vier genannten Titel vereinigen und den Spielern selbst Stift und Papier, Hammer und Meißel übergeben. Das Resultat ist der Wii-U-Leveleditor „Super Mario Maker“. Nach etlichen Stunden des Experimentieren, Ausprobieren und Absolvieren, des Besichtigen, Bezichtigen und Beschwichtigen können wir euch nun verraten, was Nintendos Do-it-Yourself-Baukasten tatsächlich taugt.
Ein rundum intuitiver Level-Editor
Dank dem Wii U GamePad und der durchdachten Benutzeroberfläche hat man die Bedienung des Level-Editors schon nach den ersten paar Spielminuten erlernt. Ein Element aus der oben eingeblendeten Objekt-Leiste auswählen und auf eine beliebige Stelle des noch leeren Level-Rasters tippen – so einfach, so intuitiv. Ein bereits platziertes Element mit dem Stylus auswählen und verschieben – auch kinderleicht. Hält man die R- oder L-Taste dabei gedrückt, kann man mehrere Objekte auswählen. Mit ZR/ZL kopiert man; beide Schultertasten einer Seite ergeben das Radiergummi. Links- und Rechtshänder kommen gleichermaßen gut damit klar. Die Filmklappe unten links berühren – oder Select drücken – und schon kann man sein Werk spielen. Ein erneuter Tastendruck führt wieder in den Bearbeitungs-Modus. Das alles ist so intuitiv und unkompliziert, dass man wirklich nach Lust und Laune experimentieren kann, zumal die Spielfigur hier auch noch von jeder beliebigen Stelle starten kann.
60 Objekte umfasst des vollständige Repertoire des Level-Editors, und praktisch alles, was das „Super Mario“-Herz begehrt, ist dabei – von Plattformen und Blöcken über Items und Hindernisse bis hin zu allen wichtigen Gegnern. Die meisten Elemente verwandeln sich zudem, wenn man sie mit dem Stylus schüttelt – ein roter Koopa etwa wird grün oder aus einem einzelnen Buu-Huu wird ein ganzer Schwarm. Zudem darf der Spieler die Objekte fast auf alle erdenklichen Arten kombinieren. Ein Riesen-Bowser mit Flügeln? Ein Items werfender Lakitu? Blooper aus der Kanone? Alles kein Problem!
Mit Oberwelt, Untergrund, Unterwasser, Spukhaus, Luftschiff und Festung stehen in allen vier Spielstilen sechs Szenarien zur Verfügung. Auch dabei sind ungewöhnliche Kombinationen möglich, etwa unbeholfene Gumbas Unterwasser oder brennende Cheep-Cheeps in Bowsers Festung. Die Spielstile indes führen neben grafischen und akustischen auch spielerische Unterschiede mit sich. In „Bros. 3“ kann Mario zum Waschbären werden und fliegen, in „World“ den Spin Jump und das Cape einsetzen, und in „Bros. U“ stehen ihm Stampfattacke, Wandsprung und Propeller zur Verfügung. Yoshi gibt es nur in „World“ und „Bros. U“; in den älteren Spielstilen übernimmt Kuribo's Shoe seine Funktion. Ferner darf der Spieler Levellänge und Zeitlimit einstellen, automatisches Scrollen aktivieren, Türen einfügen und Warp-Röhren zu einen Sub-Level einbauen.
Kreative Restriktionen und künstlerische Blockaden
Kreativen Levelbastlern stehen somit Tür und Tor offen zur Umsetzung ihrer Vorstellung – allerdings erst nach neun Tagen. Jedes Nintendo-Spiel der heutigen Zeit glänzt durch eine seltsam anmutende Design-Entscheidung, und bei „Super Mario Maker“ ist dies das langsame Freischalten neuer Funktionen und Objekte für den Level-Editor. Wer fünf Minuten im Editor verbringt, erhält am nächsten Tag eine buchstäbliche Lieferung neuer Elemente. Spielt man jeden Tag, so hat man nach neun Tagen alles freigeschaltet. Während dies der Kreativität und dem Tatendrang in den ersten Tagen Einhalt gebietet, ist Nintendos Gedanke dahinter verständlich: Spieler sollen langsam in die Levelerstellung eingeführt, zu Beginn nicht durch zu viele Optionen erschlagen und zum gründlichen Experimentieren animiert werden. Zähneknirschend müssen wir Nintendo dabei Recht geben.
Um einfach gelungene Level zu erstellen, sind ein gut umgesetzter und zugänglicher Editor, viele Elemente und Kombinationsmöglichkeiten sowie Erfahrung, Können und Kreativität von Nöten. Wer nicht selbst Leveldesigner ist, muss sich darum erst die letztgenannten Attribute langsam aneignen. Darum kann der Level-Editor noch so brillant sein; die Resultate können nur so gut sein wie ihr Erbauer. Ein bloßer Editor wäre deshalb für viele öde. Zum Glück ist das zweite Teilelement von „Super Mario Maker“ der Austausch von Leveln mit Spielern weltweit.
Die Hand wird nur auf dem Fernsehbildschirm eingeblendet; auf dem GamePad, auf das man beim Levelbauen hauptsächlich sieht, ist sie nicht sichtbar. Und um der Rassismus-Debatte vorzubeugen: Man kann die Hautfarbe der Hand ändern. Oder auch 'ne Katzenpfote verwenden. Oder Marios Hand.
Astrein gelungener Level-Austausch
Wenn man einen selbst erstellten Level vom Start an absolviert und ihn benannt hat, kann man ihn auf Nintendos Server hochladen. Sobald ein eigener Level gespielt wurde, erhält der Spieler eine Benachrichtigung. Darüber hinaus kann man einsehen, wie oft der Level gespielt und wie oft er absolviert wurde – und von wem. Auch wie viele Versuche insgesamt dabei draufgegangen sind und an welchen Stellen die weltweiten Spieler gescheitert sind, ist einsehbar. Zudem können gute Levels mit Sternen bewertet und mit Kommentaren versehen werden.
Die weltweite Level-Datenbank von „Super Mario Maker“ ist sehr übersichtlich. In drei verschiedenen Listen werden die aktuell beliebtesten, die mit den meisten Sternen ausgezeichneten und die neuesten Level angezeigt. Zudem kann der Spieler auch nach den Kreationen der besten Level-Konstrukteure suchen und favorisierten Erbauern folgen. Zu guter Letzt ist es auch möglich, gezielt Levels aufzurufen, wozu umständlicherweise die 16-stellige Level-ID erforderlich ist.
Bereits während unserer Testphase, in der bloß einige hundert Journalisten und YouTuber Zugriff auf „Super Mario Maker“ hatten, funktionierte das System ausgesprochen gut. Über Stunden haben wir neue Levels entdeckt und unsagbar geniale Levelkonzepte erlebt. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten, und natürlich gibt es auch viele Level, die langweilig oder schlicht und ergreifend schlecht und unfair gestaltet wurden. Nintendo hat sein Bestes gegeben, um dem Einhalt zu gebieten: Wegen des Durchspielzwangs vor dem Hochladen können Level nur so schwierig sein wie ihr Erbauer gut ist; man kann zunächst höchstens zehn Level hochladen und dieses Limit durch verdiente Sterne erhöhen; und unbeliebte Level verschwinden auch alsbald wieder von den Servern.
Spielspaß für Stunden, Entdeckungen für Wochen
Neben der unbegrenzten Anzahl an Community-Leveln kommt „Super Mario Maker“ auch noch mit etwa 60 Leveln direkt von Nintendo daher. Je acht von ihnen hintereinander spielt man in der 10-Mario-Herausforderung, wozu bloß zehn Versuche zur Verfügung stehen; außerdem darf man jene Level auch nach Lust und Laune bearbeiten. Für Community-Level gibt es die 100-Mario-Herausforderung, bei der man mit 100 Versuchen acht beziehungsweise 16 zufällig gewählte Level am Stück durchzuspielen hat. Dank durchdachtem Algorithmus ist dieser Modus in der einfachen Stufe tatsächlich kinderleicht und auf schwierig selbst für Profis bockschwer – und das, obwohl man kulanterweise jederzeit allzu schwierige oder unfaire Level per Fingerwisch überspringen darf.
Die 100-Mario-Herausforderung fesselt über Stunden ans GamePad. Doch auch abseits des Bauens und Austauschens von Leveln gibt es verdammt viel zu entdecken. Viele Reminiszenzen an die Geschichte der Reihe und selbst an das große Vorbild „Mario Paint“ warten darauf, von Nostalgikern entdeckt zu werden, unzählige Easter-Eggs bis hin zu versteckten Minispielen, und auch die digitale Anleitung ist gelungen. Nintendos erster großer Level-Editor ist derart detailverliebt, dass man selbst noch nach Wochen Neues entdeckt.
Link ist bloß eines von 100 sammelbaren Kostümen in „Super Mario Maker“.
Verrückter geht immer: Kostüme und Sounds
Eines von vielen Beispielen dafür ist der ?-Pilz, der ausschließlich im „Super Mario Bros.“-Stil eingebaut werden kann. Sammelt Mario ihn ein, erhält er für den aktuellen Level eines von insgesamt 100 Kostümen, das neben seinem Aussehen auch Animationen und Soundeffekte ändert. Die Auswahl an Kostümen ist beeindruckend und Nintendo hat hier viel Arbeit investiert. Welches Kostüm Mario erhalten soll, entscheidet der Level-Bauer, wobei ein Kostüm erst per Abschluss des Herausforderungs-Modus oder mithilfe des dazugehörigen amiibo freigeschaltet werden muss. Und wow, Sonic in „Super Mario Bros.“ ist ein überaus interessanter Anblick, Freunde!
Des Weiteren darf man eine Reihe von Geräuschen inklusive Grafikeffekt in seine Level einbauen. Vom Benommenheits-Effekt über ein Feuerwerk oder einen Angstschrei bis hin zur Endkampf-Musik gibt es auch hier eine breite Palette an Möglichkeiten. Hiermit kann man seinen Kreationen noch eine ganz individuelle Note verleihen. Sogar eine Sprachsamples darf man aufnehmen und in die Level einbinden. Glücklicherweise können diese jedoch nicht online ausgetauscht werden.
Zeitlosigkeit dank Retro-Charme
Lasst uns noch in wenigen Sätzen auf Grafik und Ton zu sprechen kommen. Die Grafik der Spielstile ist zwar aus den jeweiligen Originaltiteln übernommen werden, durch zusätzliche Details, eine höhere Auflösung, eine konstant geschmeidige Bildrate von 60 Bildern pro Sekunde und das Ausmerzen sonstiger technischer Mängel hat Nintendo den 8- und 16-Bit-Look aber behutsam modernisiert. So erstrahlt er auf dem modernen HD-TV besser als je zuvor. Die zeitlosen Retro-Looks können sich somit heute noch sehen lassen, während der „Bros. U“-Stil wegen seiner Sterilität am schlechtesten aussieht. Levelelemente späterer „Mario“-Teile hat Nintendo unter Berücksichtigung der Optik und der technischen Grenzen der Originalkonsolen nachträglich in frühere Grafikstile ergänzt. Diese Rekonstruktionen lassen sich echt sehen!
Das gilt auch für die Musik. So musste Nintendo etwa eine Spukhaus-Musik für „Super Mario Bros.“ oder eine Luftschiff-Melodie für „World“ komponieren. Diese kommen aber nicht gegen den Rest des Soundtracks an. Wie sollten sie auch: Hier sind einige der bekanntesten und besten 8- und 16-Bit-Stücke zu hören, die wirklich nie aufhören zu begeistern. Den Bearbeitungs-Modus hat Nintendo indes mit atmosphärischen Neuinterpretationen sämtlicher Levelmelodien versehen, die angenehm unaufdringlich im Hintergrund verweilen.
Unser Lieblings-Spielstil ist übrigens jener von „Super Mario Bros. 3“.
Ausblick: Die wahre Sackgasse für Marios 2D-Abenteuer?
Macht „Super Mario Maker“ angesichts seines praktisch unendlichen Umfangs neue 2D-Spiele der Reihe obsolet? Unsere Antwort lautet: Nein! Ein durchdesignter linearer Spielablauf mit Weltkarte, ausnahmslos perfekt und fair gestaltete Level, eine „Handlung“, spielerische Neuerungen – sprich eine richtig Kohärenz: All das bietet „Super Mario Maker“ nicht, und das will es auch gar nicht bieten.
Stattdessen geht es hier um die fast völlige kreative Freiheit der Spieler, was bloß längst nicht jeden anspricht. Auch ein Mehrspieler-Modus ist Fehlanzeige; er wäre innerhalb des Editor-Konzepts einfach nicht elegant umsetzbar gewesen. So richtet sich der Titel eher an Intensivspieler. Trotzdem: Freunde von 2D-Jump'n'Runs wird „Super Mario Maker“ derart lange bespaßen, dass in den nächsten paar Jahren erst einmal kein neues 2D-Spiel der Reihe notwendig ist.
Bisher gibt es 29 Kommentare
Naja man kann es so und so interpretieren. Ich hab ja nicht umsonst auch Smileys mit reingepackt. Ich mein klar erwartet man das von NO, dass da was kommt zu dem "Knaller" des Mario Franchise, doch vielleicht haben wir uns auch etwas gänzlich anderes gedacht
Um auch noch einmal auf den Live Stream mit Playtonic hinzuweisen:
https://twitter.com/PlaytonicGames/s...86941229682688
Die Jahre popeleinfacher Games haben mich schwach gemacht. Ich kann heutzutage auf keinen Fall mehr so gut Mario spielen wie früher und hoffe deshalb, dass es genug Levels geben wird, die fair und kreativ sind.
ich hoffe die Nindies boten auch gut welche levels kreativ sind
Ich stelle es mir eigentlich cool vor, seine eigenen Level zu kreieren und extrem unkreativ bin ich denke ich auch nicht...
Aber ob es dann wirklich so sein wird.
Ich würde sagen, am besten spiele ich erstmal Woolly World zu ende und schaue dann mal, ob ich das Spiel für den ein oder anderen Euro weniger bekomme. :')
Ich finde nicht, dass das nun ungeduldig rüber kam. ^^
Soweit wie ich es von deutschen Reviewern mitbekommen habe und auch von der ein oder anderen englischen Quelle, kann man glaub ich 120 Level offline in einer Sammlung haben (4 Level pro Reihe und 30 Reihen gesamt). Online kann man 10 Level haben, jedoch sobald man eine gewisse Anzahl an Sternen hat (50 Sterne), so kann man mehr Level uploaden (20). https://www.youtube.com/watch?v=XivuDybW-Bg (Minute 16)
Oh man, das hört sich wirklich klasse an, als fehlend würde ich nur mehr Hintergründe nennen, aber das kann locker per Update nachgereicht werden. Iwie muss ja das Spiel frisch bleiben
Bei Domtendo hat das ja funktioniert aber das war ja die Testversion.
Tolle Review! Kanns kaum erwarten das mal zu spielen.
Ich glaube nicht...
Die Custom Sounds können nicht online verwendet werden? Och schade, ich wollte so gerne das "Hallo!" von Marcell D'Avis in ein Level einfügen xD
Werde mich dann unzählige Stunden mit dem Spiel beschäftigen.^^
Vielleicht werden ja noch Elemente, die man noch vermisst, per Update nachgereicht.^^
"Link- und Rechtshänder kommen gleichermaßen gut damit klar." Würde mich wundern, wenn Link nicht damit klarkäme
Naja wie ich auch schon in Videos gehört habe, werden einige Sachen dennoch vermisst, wie z.B. die Bumerang Hammer-Brüder, oder die dicken Football-Brüder (keine Ahnung wie die heißem) zudem gab es auch mal weiße Munchas (das sind die kleinen schwarzen Pflanzen). Auch werden Hintergründe wie Strand, Wüste und Schnee/Eis vermisst.
Aber abgesehen von solchen Kleinigkeiten, welche den Spielspaß nicht vermindern, gab es auch nichts zu bemängeln.