Die Ankündigung von „Bayonetta 2“ gehört zu den überraschendsten Momenten in der Nintendo-Geschichte. Kein Fan hätte jemals geahnt, dass ausgerechnet ein Publisher mit einem solch familienfreundlichen Ruf die Fortsetzung zum brutalen Meisterwerk der freizügigen Hexe ermöglicht. Glücklicherweise ist das Endprodukt alles, was sich Spieler der Vorgängers hätten erträumen können, jedoch haben die enttäuschenden Verkaufszahlen der Wii U dafür gesorgt, dass viele das Abenteuer verpasst haben. Die bereits jetzt erfolgreichere Nintendo Switch ermöglicht dem Feuerwerk von einem Spiel deshalb die verdiente zweite Chance, weshalb wir die Portierung unter die Lupe genommen haben.
Rettungsmission in Himmel und Hölle
Eigentlich möchte Bayonetta nur ihre Weihnachtseinkäufe erledigen, doch als eine Gruppe Engel diese Feierlichkeiten stören möchte, kommt es nicht nur zu einem Wiedersehen mit Jeanne und Rodin, sondern auch zu einem hitzigen Kampf, der mit einer klassischen Dämonenbeschwörung endet. Völlig überraschend entzieht sich jedoch ein von der Hexe gezähmtes Biest ihrer Macht und befördert Jeannes Seele in die Hölle. Das kann Bayonetta nicht hinnehmen und macht sich deshalb auf eine Reise, ihre beste Freundin zu retten. Dabei trifft sie nicht nur auf alte Bekannte, sondern auch auf einen Jungen mit mysteriösen Fähigkeiten. Als dann ein Lumen-Weiser auftaucht, beginnt das wahre Chaos.
Die Geschichte der Fortsetzung ist ein großer Schritt in die richtige Richtung. Direkt zu Beginn hat die ansehnliche Heldin ein klares und sehr persönliches Ziel, und es gibt zahlreiche spannende Entwicklungen und Wendungen. Die humorvollen Unterhaltungen sind einmal mehr perfekt und sorgen für ständiges Schmunzeln, solange man dem Extremen nicht abgeneigt ist. Bayonetta hat nichts von ihrem Biss verloren, wird emotional aber stärker in das Geschehen eingebunden. Es werden sogar Fragen aus dem Vorgänger beantwortet, was für Klarheit im „Bayonetta“-Universum sorgt.
Bekannt und dennoch besser
Spielerisch ist vieles beim Alten geblieben. Das ist gar nicht einmal schlimm, denn bereits der Vorgänger hat hier eine Leistung abgeliefert, die derart fantastisch ist, dass man sie kaum übertrumpfen kann. Weiterhin lernt man Kombos, weicht im richtigen Moment aus, um durch die Hexenzeit die Zeitlupe zu aktivieren, und nutzt Hinrichtungen, um Feinde zu vernichten. Das Spielgefühl ist fantastisch, denn die wuchtigen Schläge und die schnelle Action lassen sich leicht ausführen und werden durch großartige Animationen begleitet. Wer hingegen viel Zeit investiert, kann ausführlichere Angriffe erlernen und dadurch noch spektakulärere Aktionen ausführen. Schön ist auch die größere Vielfalt an Waffen, die man an Bayonettas Händen und Füßen ausrüsten kann. Dadurch kann man seinen Spielstil komplett abwandeln und die perfekte Kombination für sich selbst finden.
Obwohl alles perfekt scheint, schafft es „Bayonetta 2“ durch die neue Umbran Climax eine Schippe drauf zu legen. Diese darf man alternativ zu den Hinrichtungen ausführen und dadurch werden Bayonettas Angriffe nicht nur großflächiger, sondern teilen auch mehr Schaden aus. Abgeschlossen wird jede Kombo mit einer Beschwörung, die man ansonsten nur aus Zwischensequenzen kennt. Das macht die Kämpfe noch bombastischer und sorgt für starke Momente in jeder Auseinandersetzung. Übermächtig wird das zwar nie, jedoch wird man so brenzlige Situationen für sich entscheiden können. Daneben gibt es viele kleinere Anpassungen, denn aufgenommene Waffen von Gegnern lassen sich nun durch einen separaten Knopf ausführen und werden nicht bei jedem Angriff aufgebraucht. Wer bereits vom Vorgänger begeistert war, wird das überarbeitete Kampfsystem lieben!
Offen und abwechslungsreich
Das Leveldesign des ersten Ablegers war gut, hatte jedoch einige Schwächen. Genau hieran haben die Entwickler gearbeitet und liefern durchweg tolle Szenen, die sich nie in die Länge ziehen. Die Schauplätze sind wirklich wunderschön und bieten nicht nur lebhafte Kulissen, sondern auch viele Interaktionsmöglichkeiten. Kleine Minispiele wie das Sammeln von Podest-Teilen und zahlreiche Geheimnisse bieten in den insgesamt offeneren Gebieten mehr Gründe, alles zu erkunden, während man ständig belohnt wird. Doch auch die Action ist noch stärker, da man nie zu lange dasselbe macht. Mal läuft man durch die tollen Gebäude, durchforstet die Hölle, fliegt im Himmel und sogar einen Mech darf Bayonetta besteigen. Das sorgt für eine permanent hohe Spannungskurve, die bis zum Ende nicht zu sinken wagt.
Einige Verwandlungen sorgen dafür, dass man die Laufpassagen weiter verkürzen kann. Bayonetta steuert sich dabei präzise, sodass auch die Sprungpassagen ohne Probleme zu meistern sind. Abseits der gelungenen Kämpfe und Erkundungen darf man statt nach Alfheim das Reich Muspelheim betreten, das im Grunde jedoch dasselbe bietet. Hier kämpft man nicht nur gegen die Engel, sondern muss bestimmte Bedingungen meistern wie das Fehlen der Hexenzeit oder die Voraussetzung, Gegner nur innerhalb einer Kombo zu vernichten. Diese Portale kommen viel häufiger vor als im ersten Teil und sind zwar optional, bieten aber eine tolle Abwechslung zu den herkömmlichen Herausforderungen. Ein besseres Leveldesign kann man sich kaum wünschen.
Groß, größer, Bayonetta
Die Gegner überzeugen erneut durch ein tolles Design und eine große Vielfalt. Man findet gerne heraus, wann man ihnen am besten ausweicht, während sie dank der kräftigeren Farbgebung noch himmlischer aussehen. Besonders stark sind auch die Dämonen, die noch abstruser gestaltet wurden und somit die Gegnervielfalt ordentlich steigen lassen. Ständig wird man von neuen Typen überrascht, die gerade dann das Kampfsystem voll ausnutzen, wenn sie in größeren Gruppen auftreten.
Wenn man bereits von den Bossen des Erstlings begeistert war, wird man in „Bayonetta 2“ aus dem Staunen nicht herauskommen. Die gigantischen Gegner sind mehr als nur spektakulär und können in den besten Szenen des Spieles bekämpft werden. Nicht nur die Schauplätze sind unglaublich, wenn man in einigen Kämpfen auf den Hintergrund achtet, finden mitunter ganz eigene Szenen statt. An dieser Stelle soll nichts verraten werden, jedoch darf man sich auf einige der aufregendsten Bosse der Videospielgeschichte freuen.
Nach dem Ende ist vor dem Kampf
Natürlich verbessert „Bayonetta 2“ nicht nur vieles, es führt auch neue Sachen ein. Ein großer Bonus sind die zusätzlichen Kämpfe, die man nach der Geschichte angehen kann. Diese finden in Muspelheim statt, sind jedoch noch herausfordernder und verlangen alle Fähigkeiten, die man im Spiel erlernt hat. Hinzu kommt der sowieso hohe Wiederspielwert, denn das Spiel auf einem höheren Schwierigkeitsgrad zu wiederholen, macht ebenso viel Spaß. Dank amiibo darf man auch das Grinden nach der Währung Halos für neue Waffen oder Techniken abkürzen, während man auch Kostüme freischaltet. Die sehen toll aus und verkleiden die Hexe nicht nur, sondern ändern auch ihre Verwandlungen und Beschwörungen.
Der Hexen-Klimax-Modus funktioniert fast genauso wie bei der ursprünglichen Veröffentlichung. In einer Reihe aus sechs Kämpfen darf man die Halos einsetzen, um bessere Belohnungen zu erhalten, jedoch erhöht das auch die Stärke der Feinde. Leider sind die Kämpfe eher zusammenhangslos und eignen sich wirklich nur für kurze Runden zwischendurch. Stärker ist da schon die Möglichkeit, komplett andere Charaktere zu steuern, mitsamt eigenen Movesets. Das Potential entfaltet sich mit Freunden stärker, denn auch online darf man zusammen antreten, während man jedoch einen kleinen Wettstreit um die höchste Punktzahl startet. In der Nintendo-Switch-Version darf man auch lokal spielen, wobei aufgrund des kleinen Bildschirms im Handheld-Modus nicht empfehlenswert ist.
Mankos bei der Portierung
Das Spiel ist dank seiner satten Farben und wunderschönen Umgebungen sehr schön geworden. Leider ist beim genaueren Hinschauen die Qualität der Texturen nicht immer optimal, das lässt sich jedoch verschmerzen. Schlimmer ist da schon das heftige Kantenflimmern, das in den Standbildern vorkommt und die Szenen für die Augen anstrengend gestaltet. Ansonsten sind die Animationen wunderbar und verkörpern die Liebe zum Detail. Unterschiede zur Wii-U-Fassung sind beim Spielen nicht ersichtlich.
Bei der Bildrate zeigen sich wahre Probleme. Im Dock von Nintendo Switch darf man sich auf eine nahezu identische Fassung wie auf Wii U freuen. In einigen Passagen, wo man dort starke Einbrüche bemerkt hat, läuft das Spiel nun besser. Permanent erhält man dennoch keine 60 Bilder pro Sekunde und muss sich selten mit kleinen Rucklern begnügen, die aber das Gameplay nie beeinflussen. Schlimmer ist das im Handheld-Modus, wo das Spiel Mühe hat, die hohe Bildrate an einigen Stellen zu erreichen. Bei der Kameradrehung sieht man das in größeren Gebieten deutlich, während in aufregenden Kämpfen Slowdowns zu erkennen sind. Unspielbar wird das Abenteuer dadurch zwar nicht, aber im direkten Vergleich stören diese Probleme. Das ist zwar Meckern auf hohem Niveau, kann dennoch nicht immer ignoriert werden. Komisch ist, dass dieses Problem nicht ständig auftaucht und manchmal kleine Kämpfe betrifft, größere aber davon oftmals verschont bleiben. Ein Patch ist hier dringend wünschenswert; wer jedoch das beste Spielerlebnis anstrebt, sollte am TV spielen, zumal man durch die kleinen Ausbesserungen ein besseres Spielerlebnis erhält als noch auf Wii U. Wer hingegen mit den Problemen leben kann, wird auch im Handheld-Modus seinen Spaß haben.
Einen viel besseren Eindruck hinterlassen da schon die fantastischen Sprecher, die sowohl auf Japanisch als auch auf Englisch eine bemerkenswerte Leistung liefern und jedem Charakter Leben einhauchen. Der Soundtrack legt hier noch einmal eine Schippe drauf und untermalt die Action mit zahlreichen Ohrwürmern, unter anderem auch eigene Interpretationen von Klassikern wie „Moon River“. Die Lieder sind tatsächlich so stark, dass man sie gerne auch abseits des Spieles hören möchte. Neu ist die HD-Vibration, die gut funktioniert und den Schlägen mehr Wucht verleiht.
Bisher gibt es 28 Kommentare
Ich möchte echt nicht gemein sein, aber wen interessiert es denn wann du deinen Code freirubbelst?
Klar ist das sehr verwegen den Code jetzt schon frei gelegt zu haben aber so geht das morgen früh schneller..
Für nen Port von nem 3 Jahre alten Spiel ist das schon recht viel.
Wäre das schlimmste was passieren kann das der nicht erkannt wird und deshalb morgen früh wieder eingegeben werden müsste??
Oder wird der Code dadurch unbrauchbar??
Da man das Spiel schon im E-Shop vorbestellen und vor laden kann müsste das doch schon gehen??
Die Österreicher haben mein Exemplar schon versendet, aber ich will mit dem ersten Teil beginnen..
Wobei ich die Woche eh erst mein aktuelles Buch durchgelesen haben will damit ich bald mit den GOT Büchern anfangen kann..
Seid ihr da sicher, dass es sich da um ein technisches Problem handelt? Manchmal verlagsammen sich die Gegner auch nach einem knappen ausweichen (wenns zu wenig knapp für die Hexenzeit ist aber trotzdem knapp genug um grade nicht getroffen zu werden). Auch in Muspelheim tritt das auf, besonders bei den Aufgaben wo die Hexenzeit deaktiviert ist.
Der Durchgang auf der Wuu hat vollkommen ausgereicht.