„Metroid“-Fans mussten in den letzten Jahren einiges aushalten. Zwar erschien nach einer langen Ruhe das fantastische Remake „Metroid: Samus Returns“, leider aber nicht auf der aktuellsten Konsole des japanischen Traditionsunternehmens, und die Entwicklung von „Metroid Prime 4“ zieht sich länger, als es vielen lieb ist. Die Bombe ließ Nintendo aber auf der diesjährigen E3 platzen, denn „Metroid Dread“ führt die Geschichte der klassischen Reihe als „Metroid 5“ fort. Dahinter steht erneut MercurySteam, auf denen nun viel Druck lastet. Ob sie eine würdige Fortsetzung abliefern, haben wir für euch herausgefunden.
Metroid 5
Die Handlung spielt nach „Metroid Fusion“ und macht in einer knappen Zusammenfassung deutlich, dass die Geschichte, die seit 1986 erzählt wird, nicht zugunsten eines Neuanfangs ignoriert wird. Samus trägt nach ihrem Kampf gegen die X-Parasiten weiterhin Metroid-DNS in sich und wird deshalb von der Galaktischen Föderation für eine wichtige Mission auf den Planeten ZDR geschickt. Dort wurde nämlich einem Video zufolge ein X-Parasit entdeckt, und obwohl die E.M.M.I.-Roboter dort hingeschickt wurden, ist der Kontakt abgebrochen.
Bei ihrer Ankunft begegnet Samus aber unerwartet einer Gestalt in Chozo-Rüstung, die eine Übermacht für Samus darstellt. Fortan muss sie dem Planeten entkommen, wobei sie klassischerweise ihre Fähigkeiten verliert und diese wiedererlangen muss. Doch die Flucht bleibt nicht das einzige Ziel, denn spätestens als die E.M.M.I.-Einheiten sie angreifen wird klar, dass mehr auf dem Spiel steht, als sie erwartet.
Interessante Erzählweise
Die Geschichte ist zwar nicht omnipräsent, spielt aber dennoch eine wichtige Rolle. Es ist durchaus bemerkenswert, dass hier nach so langer Zeit kein leichterer Neuanfang angesetzt wird, sondern an den bisherigen Ereignissen angeknüpft wird. Das dürfte zwar dazu führen, dass einige Anspielungen für Neulinge unbedeutend sind, allgemein hat das Team aber einen guten Spagat geschafft, um auch diejenigen zu fesseln, die noch kein „Metroid“ erlebt haben. Zudem weiß die Handlung regelmäßig zu überraschen und macht immer wieder deutlich, wie wichtig Samus Mission eigentlich ist.
Leider ist die Erzählweise nicht perfekt geraten. Während die Zwischensequenzen erstklassig sind, gibt es Pacing-Probleme. Anstatt dass der Spieler nach und nach die Geheimnisse lüftet, kommt es an bestimmten Punkten zu einer regelrechten Informationsflut, in der alles schlichtweg hintereinander erzählt wird. Das ist nicht gerade elegant, aber noch immer besser, als die Adam-KI. Diese fasst das Geschehene regelmäßig zusammen und erklärt Samus ungefähr, was sie tun muss. Alles kein Problem, aber die Roboter-Stimme ist derart unangenehm anzuhören, dass im Test regelmäßig der Ton abgestellt werden musste, um Kopfschmerzen zu vermeiden.
Ein Klassiker
An sich ist „Metroid Dread“ ein sehr klassischer Ableger der Reihe. Viele der Neuerungen aus „Samus Returns“ lassen sich auch hier finden, wurden aber überarbeitet und fühlen sich deshalb natürlicher an. Das beginnt schon bei Samus selbst, die deutlich schneller unterwegs ist und sich allgemein flüssiger steuern lässt. Besonders in Sprung-reichen Passagen wird das Tempo nicht herausgenommen, und der Konter, durch den Gegner bei richtigem Timing direkt besiegt werden können, lässt sich im Lauf dynamisch benutzen, um gleichzeitig auch als Nahkampfangriff zu fungieren. Das wird auch durch den Slide betont, durch den Samus durch enge Passagen kommt, ohne sich erst per Morph Ball zu verwandeln. Das funktioniert alles wunderbar und bereits nach den ersten Minuten fühlt es sich so an, als würde man Samus schon seit Stunden steuern.
Was wäre aber ein „Metroid“ ohne anfänglichen Verlust aller Fähigkeiten? Obwohl Samus bereits zu Beginn deutlich agiler ist, fehlen ihr die zahlreichen Markenfähigkeiten, wie der Morph Ball oder zahlreiche Verbesserungen für den Anzug sowie die Waffen. Die meisten davon sind bekannt, doch es gibt immer wieder einige Überraschungen, zum Beispiel die Fähigkeit zu Dashen oder sich Unsichtbar zu machen, vorausgesetzt, die entsprechende Leiste ist voll genug. Alle davon sind hilfreich, leider ist die Steuerung recht überladen. Besonders im späteren Verlauf drückt man gerne den falschen Knopf oder hält einen bestimmten nicht lang genug gedrückt, was im Tod resultieren kann. Dank fairer Rücksetzpunkte und vieler Speicherpunkte hält sich der Frust aber in Grenzen.
Der Horror der Jagd
Eine spielerische Weiterentwicklung gibt es in Form der E.M.M.I.-Einheiten. In nahezu jedem Gebiet gibt es einen durch gesonderte Türen gekennzeichneten Bereich, durch den Samus immer wieder muss, um das nächste Ziel zu erreichen. Diese umfassen meist mehrere Räume, in denen die Roboter herumlaufen und die größte Gefahr im Spiel darstellen. Hören sie Samus, verfolgen sie die Geräusche, und bei Sichtkontakt kommt es so zu rasanten Fluchtszenen, die häufig im Tod der Heldin enden. Zwar gibt es in einer Sequenz kurze Momente, in denen sich der Angriff kontern lässt, die Zeitfenster sind aber so klein, dass man nicht darauf setzen sollte.
Diese Passagen treten regelmäßig auf und nutzen sich auch nicht ab, da die Fähigkeiten der Roboter immer komplexer werden. Gleichzeitig erhalten Spielende ebenfalls weitere Optionen, sei es die bereits erwähnte Tarnung oder Bewegungsoptionen, um deutlich erfolgreichere Fluchtsequenzen zu ermöglichen. Die Balance stimmt, am Ende ist es aber die Atmosphäre, die am meisten beeindruckt. Wenn das Bild sich verdunkelt, die E.M.M.I.-Geräusche dominieren und die Joy-Con einen Herzschlag simulieren, erlebt man eine sehr angespannte und intensive Situation, sodass man jedes Mal aufhorcht, wenn Samus die Bereiche verlässt. Das Team hat hier nicht nur spielerisch interessante und kurzweilige Momente erzeugt, sondern verleiht dem Titel eine einzigartige Stimmung – auch, weil hier auf „Metroid Fusion“ aufgebaut wurde. Zudem ist die Genugtuung gigantisch, wenn man endlich in der Lage ist, die Einheiten auszuschalten.
Bedrückend
Die Spielwelt selbst ist so sehr „Metroid“, wie sie nur sein könnte. Es gibt Höhlen, Labore, Wälder und viele weitere Klassiker, die auf der Nintendo Switch erstrahlen. Zwar erfinden die Macher das Rad nicht neu, die Umgebungen sind aber wahnsinnig detailliert und bieten zahlreiche Hintergründe, die eigene Geschichten erzählen.
Das Leveldesign ist derweil klassisch gehalten und bietet eine offen-lineare Spielwelt. Klingt kompliziert, aber ähnelt den vorherigen Teilen. Samus kann stets nur einen Teil der Welt erkunden, da sich weitere erst mit den benötigten Upgrades öffnen lassen. Dementsprechend wird der Spieler immer wieder an die richtigen Orte geführt, ohne dass Questmarker erscheinen müssen oder man sich verlaufen könnte. Da hilft es auch, dass die Karte stets anzeigt, wo sich eine neue Fähigkeit einsetzen lässt. Manchmal ändern sich die Umgebungen auch, sodass nur ein bestimmter Weg verfolgt werden kann, immer wieder öffnet sich das Spiel aber für diejenigen, die nach Geheimnissen und Bonus-Items Ausschau halten wollen.
Der wahre Kampf
Zwar gibt es keine gigantische Menge an Bossen, die vorhandenen sind dafür knallhart. Im Test konnte keiner dieser Kämpfe im ersten Anlauf gemeistert werden, denn sie leben davon, dass Spielende die Angriffe der Feinde erlernen und herausfinden, wie man ihnen ausweicht. Da „Metroid Dread“ sowieso schon ein schnelles Spiel ist, werden hier entsprechende Reaktionen gefordert, die einen auch auf dem normalen Schwierigkeitsgrad zum Schwitzen bringen können. Während die Bosse sehr einzigartig gestaltet wurden und frischen Wind reinbringen, wiederholen sich die Mini-Bosse immer wieder, erhalten aber zusätzliche Fähigkeiten, sodass hier keine spielerische Repetition aufkommt.
Die Kämpfe werden somit neben der Erkundung der Welt und dem Lösen einfacher Rätsel zum Highlight. Jeden neuen Gegnertypen zu analysieren und teilweise in wenigen Sekunden herauszufinden, wie sich diese am einfachsten besiegen lassen, wird niemals langweilig, da die Vielfalt durchaus gegeben ist. Das liegt auch an der Spielzeit, denn wer lediglich das Ende der Handlung sehen will und recht wenig abseits erkundet, dürfte nach sechs Stunden das Ende sehen. Dafür wird die Spielzeit bestens genutzt, um Spielende durchweg unter Strom zu stellen.
Das erste HD-Metroid
Es wirkt unglaublich, ist aber wahr: „Metroid Dread“ ist der erste HD-Teil der Reihe, und das macht sich auch bemerkbar. Vor allen bei den flüssigen Animationen sowie den vielen kleinen Details im Hintergrund, an den Gegnern und an Samus selbst macht sich die stärkere Technik bemerkbar. Zwar gibt es seltene Ruckler bei großen Explosionen, diese stören aber niemals während des eigentlichen Spielverlaufs. Ebenso beeindruckend sind die Zwischensequenzen, die derart imposant inszeniert wurden, dass man sich gar nicht satt sehen kann. Glücklicherweise lassen sie sich aber auch überspringen, falls man häufig nach einer dieser Szenen stirbt.
Die Soundkulisse muss mit Kopfhörern erlebt werden, denn der teils heroische, oft aber düstere Soundtrack versetzt einen in die passende Stimmung und die Isolation, die Samus erlebt. Vor allem aber die Geräusche in den E.M.M.I.-Sequenzen kommen so an Horror-Titel ran, auch wenn Jumpscares zum Glück fernbleiben. Das Team hat verstanden, wie sich Metroid anfühlen und anhören muss.
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Bisher gibt es neun Kommentare
Ein spiel strecken kann sehr nerven.
Mega bock drauf aber das Pflichtbewusstsein lässt es vor den Vorgängern bei mir nicht zu :-D
Aber nur 6 Stunden (+Bonus)? Für den neuen, langersehnten Fetzer vom Urvater der Metroidvanias hätte ich eher was in die Richtung erwartet:
Anhang 24843
Naja vielleicht nicht ganz so krass, aber ein bisschen mehr Content für ein Hauptkonsolen-Metroid hätts schon sein dürfen imo.
Ich werde mir am Freitag ganz genau ansehen, ob Mercury Steam mich nach dem desaströsen Metroid: Samus Returns von sich überzeugen kann oder nicht. Ich bin gespannt.