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The Legend of Zelda: Skyward...

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Warum es so ist, wie es ist: Die Entwicklung von The Legend of Zelda: Skyward Sword

Mit „The Legend of Zelda: Skyward Sword HD“ gewährt Nintendo einem der umstrittensten Teilen der langlebigen und beliebten Action-Adventure-Serie eine zweite Chance. Ursprünglich Ende 2011, also vor fast zehn Jahren, als eines der letzten großen Spiele für die Wii veröffentlicht, legt das 16. Spiel der „Zelda“-Hauptreihe einen starken Fokus auf Bewegungssteuerung. Diese ist durchaus nicht der einzige, wohl aber der deutlichste Kritikpunkt aus Fankreisen – und hat ironischerweise die Entwickler des Spiels vor gewaltige Herausforderungen gestellt. Interessant ist im Rückblick auch, wie sehr sich die damalige Vorfreude und zunächst positive Kritik zur später überwiegend negativen Rezeption wandelte. Nach fünf Jahren Entwicklungszeit schürte die damals größte Nintendo-Eigenproduktion große Erwartungen, die sie der Presseresonanz auch zu erfüllen schien. Inzwischen aber wird „Skyward Sword“ im Rückblick häufig als eines der schwächsten Spiele der „The Legend of Zelda“-Reihe eingestuft. Dennoch – oder vielleicht gerade darum – bedeutete der Titel eine gewisse Weichenstellung für die Zukunft der Reihe. Anlässlich der Veröffentlichung des Remakes für Nintendo Switch rekapitulieren wir nun die gesamte Geschichte hinter „Skyward Sword“, von der Entwicklung über die Enthüllungen bis hin zum Erscheinen.


Hinweis: Bei der vorliegenden Reportage handelt es sich um eine überarbeitete und leicht gekürzte Fassung der dreiteiligen Reportage „Skyward Sword – fünf Jahre Arbeit am Motion-Control-Zelda“ („Inside Nintendo“-Ausgaben 113–115) von März und April 2017.

Ohne Rast und Ruh Arbeit an Zelda

„Als die Wii-Konsole veröffentlicht wurde, wollten wir sofort ein Wii-‚Zelda‘ veröffentlichen“, verriet Serienschöpfer und Produzent Shigeru Miyamoto in einem Videointerview, „also haben wir ein ‚Zelda‘ für beide Konsolen, Wii und GameCube, gleichzeitig herausgebracht.“ So kam im November 2006 nach mehrfachen Verschiebungen „The Legend of Zelda: Twilight Princess“ für den allmählich veralteten GameCube als auch für die brandneue Wii auf den Markt. Die Fähigkeiten der neuen Konsole hatte das Team mit dem vierten 3D-Abenteuer der Reihe jedoch nicht ganz ausreizen können: „Wir hatten noch immer viele Ideen, die sich nur auf Wii umsetzen lassen konnten“, fuhr Miyamoto fort. „Also haben wir begonnen, ein reines Wii-‚Zelda‘ zu entwickeln.“

So nahm das Studio Nintendo Entertainment Analysis & Development (EAD) unmittelbar nach der Fertigstellung von „Twilight Princess“ die Arbeiten am nächsten großen „Zelda“-Titel auf. Die Entwickler um „Zelda“-Produzent Eiji Aonuma begannen mit einer ausgiebigen Planungsphase, bei der zunächst nur ein kleiner Teil des späteren Teams beteiligt war. Der Rest der „Zelda“-Abteilung stellte währenddessen zunächst den DS-Ableger „Phantom Hourglass“ fertig, der in Japan im Juni 2007 erschien.

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne

Die Regie von „Skyward Sword“ übernahm Hidemaro Fujibayashi, der assistierende Director von „Phantom Hourglass“. Ursprünglich bei Capcom angestellt, hatte er die Entwicklung der „Zelda“-Teile „Oracle of Ages“/„Oracle of Seasons“, „Four Swords“ und „The Minish Cap“ geleitet und war anschließend zu Nintendo gewechselt, wo er seine Arbeit an der Reihe rund um den Zipfelmützenträger Link fortsetzte. Nach Fertigstellung von „Phantom Hourglass“ „zeigte [Fujibayashi] uns ein Planungsdokument und gab uns zu verstehen, dass er die Arbeit an dem neuen Titel auch gerne übernehmen würde“, berichtete Aonuma.

Für „Twilight Princess“ hatte noch Aonuma im Regiestuhl gesessen, doch mit dem neuen Spiel zog er sich endgültig in die Rolle des Produzenten zurück. Warum ausgerechnet der relativ junge und noch nicht lange bei Nintendo tätigte Fujibayashi in seine Fußstapfen trat und die kreative Leitung eines der wichtigsten Spiele des Konzerns übernahm, ist leider nicht näher bekannt. Doch natürlich befand sich Fujibayashi während der gesamten Entwicklungsphase in engem Austausch mit langjährigen Serienentwicklern wie Miyamoto und Aonuma sowie Yoichi Yamada, Takashi Tezuka oder Toshihiko Nakago.

Director Hidemaro Fujibayashi und Produzent Eiji Aonuma im „Iwata fragt“-Interview zum Spiel.

Fokus auf Fuchtel

Für das neue „Zelda“-Abenteuer zog das Team Lehren aus der Entstehung des vorherigen Serienteils. In einer Videoausgabe des „Iwata fragt“-Formats erklärte Aonuma: „Wir hatten das Gefühl, dass wir ‚Twilight Princess‘ zu groß angelegt hatten. Wir fühlten uns, als wären wir nicht in der Lage, den Umfang zu unserem Vorteil auszunutzen und alles zu einem soliden Stück zusammenzufassen. Also wollten wir sichergehen, dass wir erst eine starke Grundlage für das Spiel bauen würden und dann eine kompakte, aber dennoch solide Spielerfahrung kreieren.“

Welches diese Grundlage sein sollte, stand schon früh fest: Das damals noch in der Mache befindliche Zubehör Wii MotionPlus. Diese Erweiterung der Wii-Fernbedienung ermöglicht dank eines integrierten Gyroskops eine präzisere Bewegungssteuerung. „Twilight Princess“ dagegen hatte die Standard-Bewegungssteuerung der Wii genutzt, die in der Praxis in eher ungenaues Herumgefuchtel ausartete. Die verbesserte Bewegungserfassung von Wii MotionPlus sollte es nun ermöglichen, die Handbewegungen des Spielers eins zu eins auf das Schwert von Protagonist Link zu übertragen.

Aufs falsche Pferd gesetzt?

Dies in der Praxis umzusetzen, erwies sich natürlich als gar nicht so einfach. So wusste Aonuma über die Planungsphase von „Skyward Sword“ zu erzählen: „Das nächste halbe Jahr war die Stimmung dann sehr angespannt“. Fujibayashi präzisierte: „Wir haben einige Dinge mit Wii MotionPlus ausprobiert, aber es war wirklich alles sehr wackelig“. Nintendo-Präsident Satoru Iwata erklärte: „Wii MotionPlus ist eine äußerst präzise Technologie, aber schon auch ein wenig speziell. Es ist wie ein Pferd, das sich sträubt.“ Diese Metaphorik griff Aonuma auf: „Was wir auch probiert haben, wir konnten die Technologie nicht zähmen.“

Den Entwicklern gelang es nicht, die Wii-MotionPlus-Technologie unter Kontrolle zu bekommen und die Grundlagen des neuen Spiels zu erschaffen. Solange diese aber nicht fertiggestellt waren, konnte das eigentliche Gameplay nicht in Angriff genommen werden. Aonuma zog die entsprechenden Konsequenzen und schlug Fujibayashi und dem Team vor, die Wii-MotionPlus-Unterstützung aufzugeben. Daraufhin war für das spätere „Skyward Sword“ tatsächlich für eine kurze Zeit eine klassische Steuerung mit Wii-Fernbedienung und Nunchuck angedacht.

Verschiedene Entwürfe für Link. Die dritte Konzeptgrafik wurde Grundlage für das auf der E3 2009 veröffentlichte erste Artwork zu „Skyward Sword“.

Die Produzentenfalle

„Aber dann entstand auf einmal großer Druck seitens einiger anderer Produzenten, die mich fragten: ‚Mr. Aonuma, warum nutzen Sie denn Wii MotionPlus nicht?!‘“, erinnerte sich Aonuma zurück. Es handelte sich konkret um Katsuya Eguchi, den Produzenten einer ganz anderen EAD-Gruppe. Er hatte soeben „Wii Sports Resort“ fertiggestellt, das rechtzeitig zum Hochsommer 2009 für die Wii herauskam und als erstes Spiel Wii MotionPlus unterstützte. Das Zubehör ermöglichte hier eine Vielzahl sportlicher Minispiele wie Tischtennis, Radfahren, Basketball – und Schwertkampf und Bogenschießen. Eguchi schlug Aonuma vor, das hier funktionierende System auch im neuen „Zelda“-Spiel zu verwenden. „Da ich es bereits gespielt hatte, sagte ich [Eguchi], dass ich seinem Vorschlag zustimmen würde“, erzählte Aonuma.

Was der „Zelda“-Produzent nicht wusste: Es war Miyamoto, der Eguchi zu ihm geschickt hatte. Durch dessen Worte wollte er das „Zelda“-Team davon überzeugen, im neuen Projekt nicht auf Wii MotionPlus zu verzichten. Zuvor hatte er Aonuma selbst zu überzeugen versucht, was ihm aber nicht gelungen war. Indem Miyamoto einen unbeteiligten Produzenten zurate zog, der eine gute Lösung zu präsentieren vermochte, konnte er das Team nun doch umstimmen. Es scheint also, als hätte Miyamoto die realistische Schwertsteuerung besonders am Herzen gelegen. Dazu passt die Anekdote, der zufolge er bereits für „Twilight Princess“ wollte, dass Link während des Reitens sein Schwert in die Luft strecken kann, was damals nicht hatte realisiert werden können.

Zweite 180-Grad-Drehung

Dies bedeutete einen erneuten Kurswechsel für das Projekt. Immerhin hatten die Entwickler schon in Grundzügen eine traditionelle Kampfsteuerung mit Knöpfen und Tasten umgesetzt, als von Aonuma die Anweisung kam, nun doch Wii MotionPlus zu integrieren. Und auch wenn das „Wii Sports Resort“-Team den „Skyward Sword“-Entwicklern Teile seiner Technologie anbot, gingen die Arbeiten alles andere als reibungslos vonstatten.

In der Spielesammlung sind Schwertkampf, Bogenschießen und Co. in unterschiedlichen Minispielen verfügbar; in einem „Zelda“-Abenteuer müssen diese einzelnen Elemente jedoch nahtlos ineinander übergehen: In Auseinandersetzungen mit Gegnern muss Link übergangslos vom Schwertkampf zur Nutzung von Items wie Bomben oder Pfeilen übergehen können, so wie es das traditionelle „Zelda“-Gameplay vorsieht. Dies flüssig und intuitiv mithilfe der Wii-MotionPlus-Technologie umzusetzen, bedeutete mehr, als ein paar Zeilen Programmcode von den Kollegen zu übernehmen.

Eine Skizze zum Wald von Phirone. Der cartoon-artige Link, der sich stark von der finalen Spielfigur unterscheidet, scheint in den damaligen Entwürfen bloß ein Platzhalter gewesen zu sein. Leider sind die meisten veröffentlichten Skizzen zum Spiel undatiert, sodass eine genauere Einordnung in den Entwicklungsprozess kaum möglich ist.

Nach zwei Jahren Vorproduktion geht’s in die Vollen

Während die Planer und Programmierer mühselig das Kernkonzept des neuen „Zeldas“ erarbeiteten, entwickelte der Rest des Team ein zweites „Zelda“-Spiel für den Nintendo DS, das Ende 2009 unter dem Titel „Spirit Tracks“ auf den Markt kam. Die Mitwirkenden nahm Fujibayashi anschließend in das Team für „Skyward Sword“ auf. Nach einer Experimentier- und Vorproduktionsphase von über zwei Jahren waren dann endlich die Grundlagen für das Motion-Control-„Zelda“ fertiggestellt. Weitere Ideen aus dieser frühen Entwicklungsphase sind die als „Sairen“ bezeichneten Spielabschnitte mit ihrem Stealth-Gameplay sowie das Zeitreise-Feature, das in der Wüste Ranelle zum Einsatz kommt.

Alles neu macht Wii MotionPlus

Dass die neuartige Steuerung nicht allen Spielerinnen und Spielern sofort zusagen würde, dessen waren sich die Entwickler durchaus bewusst. Aber diesen Preis waren sie bereit zu zahlen, um das Gefühl einer engen Verbindung mit der Spielwelt zu erzeugen. Die Wii-Fernbedienung zu schwingen und zu neigen, hängt ja immerhin viel mehr mit der dadurch ausgeführten virtuellen Aktion zusammen und erzeugt dadurch größere Immersion als die Eingabe einer letztlich willkürlichen Tastenkombination.

Fujibayashi und seine Planer integrierten Wii MotionPlus tief in das Spielsystem und dachten sich viele neue Konzepte aus. Das führte einige große Änderungen an der bewährten „Zelda“-Formel mit sich. „Bis jetzt ging es beim Schwertkampf in ‚Zelda‘ immer um das richtige Timing“, erklärte Aonuma auf der E3 2010 in einem Interview mit IGN. „Und anstelle des Timings geht es jetzt um die richtige Stelle. Man muss schauen, wo der Gegner blockt und aus welcher Richtung er angreift.“ Diese Überlegungen haben die Gestaltung der Gegner in „Skyward Sword“ stark beeinflusst.

Weil die Schwertsteuerung jetzt ganz auf die Armbewegungen des Spielers ausgelagert wurde, verlor die A-Taste ihre in der „Zelda“-Reihe übliche Funktion. Daher wiesen die Entwickler ihr eine neue Sprintfunktion zu, die es Link erlaubt, Vorsprünge und kleine Wände hochzurennen. Damit einher geht ein Ausdauerbalken, der ein weiteres Novum innerhalb der Serie darstellt. Ferner wurde die Wii-MotionPlus-Technologie für ein intuitives Ringmenü zur Itemauswahl verwendet, was den Spielfluss geschmeidiger gestaltet. Auch die Steuerung der einzelnen Items profitierte von der neuen Technik. Pfeile lassen sich präziser verschießen, Bomben können je nach Geste geworfen oder gerollt werden.

Leider gibt es kein In-Game-Bildmaterial aus „Skyward Sword“ aus der Zeit vor der E3 2010. Screenshots aus den turbulenten frühen Entwicklungsphasen können wir darum leider keine anbieten. Aber die Menge an Skizzen und Entwürfen gleicht das wieder aus. Hier etwa sehen wir einige von vielen Entwürfen für Links Begleiterin Phai, der Geist des Master-Schwertes.

Weniger ist mehr

Nun, da die Grundlagen feststanden, konnten sich die Entwickler um alles andere kümmern – die Spielwelt, die Handlung, die Grafik. Da das Team, wie bereits erwähnt, damals der Ansicht war, „Twilight Princess“ zu groß angelegt zu haben, wollte es mit dem neuen Spiel ein kompakteres Spielerlebnis erschaffen. Dies zeichnete sich insbesondere in der Ausgestaltung der Spielwelt ab.

Offenbar war ganz zu Beginn wieder eine große, zusammenhängende Spielwelt wie etwa in „Twilight Princess“ angedacht. Doch es hatte die Teams der vorherigen „Zelda“-Spiele stets viel Kopfzerbrechen bereitet, die verbindenden Wege zwischen den einzelnen Orten zu entwerfen. Daher wurde diesmal entschieden, auf eine wirklich zusammenhängende Welt ganz zu verzichten. Stattdessen wurden drei kleine und deutlich voneinander abgegrenzte Gebiete entworfen: der Wald von Phirone, der Vulkan Eldin und die Wüste Ranelle. Geplant war ursprünglich auch ein vierter großer Spielabschnitt, nämlich ein See in der Mitte des Landes.

Backtracking als Feature

Bei der Gestaltung der Landschaften lag der Fokus darauf, kompakte und dichte Welten zu kreieren. Was das konkret bedeutete, erklärte Yutaka Hiramuki, einer der Designer des Siegelhains, wie folgt: „Ich habe versucht, die Landschaft dreidimensionaler zu gestalten als in früheren Spielen der Serie. Ich habe den Wald so angelegt, dass man bei seinem ersten Besuch einfach den Wegen folgen kann. Wenn man dann aber mit der Erkundung beginnt, erreicht man alle möglichen Orte und kann dann auch einfach hingehen, wohin man will. Und das nicht nur einmal – man kommt und geht viele Male.“

Dass man im Spielverlauf einige Teile der Spielwelt mehrmals erforscht, bezeichnete Spezialeffekt-Designer Haruyasu Ito als besondere Eigenart des Leveldesigns von „Skyward Sword“: „Ich glaube, der Eindruck der Dichte hängt damit zusammen, dass man mehrmals dasselbe Feld aufsucht, dieses aber jedes Mal neu wirkt. Bisher war es in der Serie immer so, dass man einen Dungeon nur jeweils einmal aufsuchte.“ Auch die in „Zelda“-Spielen traditionell strikte Abgrenzung zwischen Dungeons und Oberwelt wollten die Entwickler aufweichen, indem sie beispielsweise vermehrt Rätsel in die Gebiete außerhalb der Tempel einbauten.

Konzeptzeichnungen zum Wolkenhort.

Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein

Auch wenn die einzelnen Spielgebiete nicht direkt miteinander verknüpft sind, musste doch ein Weg gefunden werden, wie Spielerinnen und Spieler schnell und einfach in die einzelnen Bereiche reisen können. Aonuma schlug vor, wie in den „Super Mario“-Spielen einen Levelauswahl-Bildschirm zu verwenden. Damit war Director Fujibayashi aber gar nicht einverstanden: „Meines Erachtens stellt niemand unvernünftigere Anträge als Mr. Aonuma!“, sagte er lachend. „Daher konnte ich nicht einfach sagen: ‚Ja, das ist schon ok!‘“

Die Designer wünschten sich, dass die Spielerinnen und Spieler von einem Ort oben in den Lüften mit einem Fallschirm in die einzelnen Regionen springen sollten. So entstand der Wolkenhort mit dem Wolkenmeer als zentraler Oberwelt, von der aus man in die drei Gebiete gelangen kann. In gewisser Weise ist in diesem Konzept Aonumas drastischer Vorschlag einer Levelauswahl noch erkennbar. Auf den Rücken riesiger Vögel, deren Aussehen dem real existierenden Schuhschnabel nachempfunden wurde, erkunden Link und seine Freunde das Wolkenmeer. Die fehlende freie Spielwelt aus den Vorgängern vermag dies aber nach Ansicht vieler Fans der Reihe nicht adäquat zu ersetzen.

„Schwieriger als je zuvor“

Aonuma, der eigentlich als Produzent das gesamte Projekt leitete und überwachte, krempelte sogar selbst die Ärmel hoch und trug als Spieldesigner zum Wolkenmeer bei. Ganz von der eigentlichen Entwicklungsarbeit schien er sich also nicht verabschieden zu können. Besonders den Beginn des Spiels, der auf Wolkenhort stattfindet, passte er höchstpersönlich an – allerdings nicht ganz zur Zufriedenheit seines Chefs: „Später hat Mr. Miyamoto jedoch schon einiges korrigiert“, gab Aonuma zu. „Ungefähr so: ‚Mr. Aonuma, Sie haben zu viel Text eingebaut!‘“

Dass die Entwicklung eines „Zelda“-Spiel kein einfaches Unterfangen ist, hatte Aonuma als Director oder Co-Director aller vier bis dahin erschienener 3D-Teile der Reihe bereits mehrfach am eigenen Leibe erfahren. Aber „Skyward Sword“ war noch einmal ganz anders, wie er während seines Abstechers in den Game-Designer-Bereich feststellte. Aus seinen eigenen Erfahrungen konstatierte er, dass die Entwicklung von „Skyward Sword“ „[s]chwieriger als jemals zuvor“ war.

Fünf der Entwickler hinter „Skyward Sword“, v.l.n.r.: Tontechniker Masato Mizuta, Umgebungsdesignerin Hanako Hisada, Planer Daiki Iwamoto – er war auch Chefentwickler von „Phantom Hourglass“ und „Spirit Tracks“ –, Produzent Eiji Aonuma und Director Hidemaro Fujibayashi.

Die Geschichte hinter der Geschichte

Bei Nintendo-Spielen ist es üblich, dass als erstes das Gameplay entsteht und die Handlung erst danach verfasst wird. Das ist auch bei der „Zelda“-Reihe nicht anders. Schon früh stand aber fest, dass diesmal der Ursprung des legendären Master-Schwertes erzählt werden sollte. „Skyward Sword“ sollte in chronologischer Sicht das allererste Spiel der Reihe werden und als Sequel den Ursprung vieler bekannter Elemente der Serie erörtern. Dadurch hofften die Macher, Serienneulinge ohne Vorkenntnisse genauso wie langjährige Fans abzuholen.

Sobald die Grundlagen des Spielkonzepts feststanden, machten sich die Entwickler an die Ausarbeitung der Handlung. Da das Projekt damals in einer turbulenten Entwicklungsphase steckte, war der rote Faden der Story gefährdet. Darum nahm Fujibayashi die Zügel selbst in die Hand und schrieb den Entwurf des Drehbuchs an einem einzigen Tag. „Die Zeit wurde knapp, und ich erzählte jedem, dass ich mich nicht wohlfühlte, schloss mich für einen Tag zu Hause ein und schrieb es herunter“, sagte er. Anschließend schaute sich Aonuma das Resultat an: „Er gab dem Ganzen den letzten Schliff und sagte: ‚Ja, ich glaube, das ist gut.‘“

Die Handlung ist ausführlicher und elaborierter als die der vorherigen „Zelda“-Spiele. Dementsprechend mussten auch so viele Zwischensequenzen produziert werden wie noch nie zuvor. Ein eigenes Team kümmerte sich um Drehbuch, Storyboard und Animationen und erstellte insgesamt über zwei Stunden Filmmaterial in etwa 80 Filmszenen. Aonuma war es dabei ein Anliegen, dass Spielerinnen und Spieler gerade zu Beginn des Abenteuers nicht durch zu viele nicht-interaktive Filme aufgehalten werden.

Farbe ins Spiel bringen

Offenbar war die Handlung von „Skyward Sword“ früher finalisiert als die Grafik. Dem Team fiel es nämlich alles andere als leicht, sich auf einen Grafikstil festzulegen. Designerin Hanako Hisada koordinierte die Gestaltung der Spielwelten und war schon so früh mit an Bord, dass sie die Diskussionen um die grafische Ausrichtung selbst miterlebt hat. Ihr zufolge kamen die Entwickler irgendwann auf die Idee: „Wir sollten es wie Bilder mit hellen Wasserfarben aussehen lassen!“ Nachdem der Vor-Vorgänger „The Wind Waker“ einen cartoon-artigen Cel-Shading-Stil und „Twilight Princess“ eine realistischere Richtung eingeschlagen hatte, sollte die Grafik des neuen „Zelda“-Spiels eine Mittelposition zwischen beiden Extremen einnehmen.

„Skyward Sword“ orientiert sich optisch am Stil des impressionistischen Malers Paul Cézanne (1839–1906). Auch das stellte das Team aber vor Herausforderungen. „Früh in der Entwicklung haben wir nicht nur die Hintergründe, sondern auch die Gegner und Objekte in diesem Wasserfarben-Stil gestaltet“, berichtete Hisada, „aber da hat sich nichts mehr vom Hintergrund abgehoben – auch die Gegner nicht. Da konnte man gar nicht erkennen, wo man hin sollte. Dann haben wir Half-Toon-Rendering verwendet, das so ähnlich aussieht wie Cel-Shading, um die Charaktere und andere Objekte hervorzuheben.“ Sie fuhr fort: „Als wir es mit dieser Variante versucht haben, hat es nicht so flach gewirkt wie beim Cel-Shading-Look, sondern eher weich und luftig. […] Eigentlich hat das gut gepasst, also dachten wir: ‚So könnte es klappen!‘“

Danach waren noch zahlreiche Detailänderungen vonnöten. „Am Ende haben wir immer bis in die frühen Morgenstunden an der Feinabstimmung gearbeitet“, so Hisada. Diesen Prozess kann man noch nachverfolgen, wenn man Material von der E3 2010 mit dem finalen Spiel vergleicht. Denn nach der Präsentation auf der Spielemesse verliehen die Designer der Grafik etwas mehr Charakter und Ausdruckskraft und dämpften die Helligkeit und die bunten Farben ein wenig.

Einen Bösewicht zu entwerfen, ist gar nicht so einfach. Hier seht ihr einige von vielen frühen Entwürfen der Designer für Antagonist Ghirahim.

Akkordarbeit

Der Soundtrack von „Skyward Sword“ übertrifft hinsichtlich seines Umfangs alle vorherigen Nintendo-Produktionen. Als Sound Director fungierte Hajime Wakai, der in der „Zelda“-Reihe zuvor für „The Wind Waker“ komponiert hatte. Er und der Tontechniker Masato Mizuta verbrachten bereits anderthalb Jahre damit, „die Instrumentation und die allgemeine Grundlage für den Sound“ vorzubereiten, wie Mizuta berichtete. „Zunächst arbeiteten nur wir beide daran, aber als uns klar wurde, wie viele Stufen und Events es geben musste, erweiterten wir unser Team. Wir beide konnten all die Arbeiten, die mit dem Sound verbunden waren, gar nicht mehr allein bewältigen.“

So wuchs das Soundteam des Spiels nach und nach auf insgesamt zehn Leute an – fünf Komponisten und fünf Tontechniker, die für Soundeffekte und das Tonsystem zuständig waren –; das letzte Teammitglied stieß erst 2011 hinzu. Koji Kondo, der seit dem Serienerstling Musik zu den „Zelda“-Spielen beisteuert, überwachte die gesamten Arbeiten und schrieb eines der gut 200 Stücke, nämlich „Legend of Skyloft“. Ein Teil der Stücke wurde von einem Orchester eingespielt, womit ein echter Orchestersoundtrack nach den beiden „Super Mario Galaxy“-Spielen auch in die „Zelda“-Reihe Einzug hielt. Dazu wurde das Team unterstützt von „Super Mario Galaxy“-Hauptkomponist Mahito Yokota sowie vom freiberuflichen Anime- und Videospielkomponisten Takeshi Hama, der am 1. April 2010 eine kurzzeitige Tätigkeit für Nintendo aufnahm und dem ein großer Teil des professionellen orchestralen Klangs von „Skyward Sword“ zu verdanken ist.

Einige alternative Entwürfe für die neue Waldbewohner-Rasse.

Miyamoto gibt den Ton an

Den Verantwortlichen war es alles andere als leicht gefallen, sich für Orchestermusik zu entscheiden. Aonuma hatte laut eigener Aussage diese Idee schon seit Längerem in Erwägung erzogen, doch zur Zeit der E3 2010 war noch nichts entschieden worden. Da bestätigte Miyamoto plötzlich ohne Aonumas Wissen in einer Journalisten-Fragerunde, dass es in „Skyward Sword“ Orchestermusik geben werde. Im E3-Interview mit IGN äußerte der leicht verwirrt wirkende Aonuma damals: „Als die Frage letzte Nacht am runden Tisch aufkam, sagte Mr. Miyamoto einfach: ‚Ich schätze, wir werden es machen‘ . Und ich sagte: ‚Wirklich – wir können es machen?‘ Aber ich konnte noch nicht mit ihm sprechen und sein Einverständnis bekommen. Also, ehrlich gesagt, weiß ich es auch nicht. Er könnte mir später sagen, dass er nur gescherzt hätte.“

Zum Glück hatte Miyamoto nicht zu scherzen beliebt. So wurde eine Vielzahl von Stücken – hauptsächlich Musik, die während Zwischensequenzen und Bosskämpfen zu hören ist – von einem großen Orchester aufgenommen. Ein weiteres Beispiel ist die Titelmusik des Spiels, die Ballade der Göttin – die Melodie ist übrigens jene von Zeldas Wiegenlied, bloß rückwärts gespielt. Natürlich gibt es auch zahlreiche Stücke im Soundtrack, die herkömmlich am Computer entstanden sind.

Finale Begutachtung durch den „Zelda“-Schöpfer

Mitte 2011 war „Skyward Sword“ endlich so gut wie fertiggestellt und das Team kümmerte sich nur noch um die Spielbalance. Den allerletzten Feinschliff übernahm Miyamoto, der das fast fertige „Skyward Sword“ aus der Perspektive eines Erstspielenden durchging. Diese Aufgabe war für den Nintendo-Veteranen sehr wichtig, wie Konzernpräsident Satoru Iwata erklärte, denn „je länger so eine Entwicklung dauert, desto schwieriger ist es für das Team, sich in diese Lage zu versetzen.“ So stellte Miyamoto sicher, dass der Spielablauf auch bis ins Detail flüssig und schlüssig war. Besonders auf den Spielbeginn warf der Chefproduzent ein Auge, da dieser den Spieler direkt in den Bann ziehen sollte.

Ein Screenshot aus der finalen Version von „Skyward Sword“.

Gut Ding will Weile haben

Zwischen den Markteinführungen von „Twilight Princess“ und „Skyward Sword“ lagen fast auf den Tag genau fünf Jahre. Zwar sind 2007 „Phantom Hourglass“ und 2009 „Spirit Tracks“ für den DS herausgekommen, doch vermochten diese Spiele den Heißhunger der Fans auf einen neuen großen Heimkonsolen-Teil nicht zu stillen. Wie es bei „Zelda“-Spielen inzwischen fast Tradition ist, haben die Fans also ausgesprochen lange auf das fertige „Skyward Sword“ warten müssen.

Zwar hat Nintendo „Skyward Sword“ nicht mit einer völlig verfrühten Technik-Demo angekündigt, die dem fertigen Spiel überhaupt nicht entspricht, wie auf der E3 2004 mit „Twilight Princess“, 2000 mit dem späteren „The Wind Waker“ und 1995 mit dem späteren „Ocarina of Time“. Erstmals bestätigt wurde das zweite „Zelda“-Spiel für die Wii aber schon wenige Monate nach der Veröffentlichung von „Twilight Princess“. Während einer Präsentation hinter verschlossenen Türen auf der E3 2007, bei der es eigentlich um „Super Mario Galaxy“ und „Phantom Hourglass“ ging, plauderte Aonuma fleißig aus dem Nähkästchen. Im nächsten „Zelda“-Spiel wolle er mit Bewegungssteuerung einen 1:1-Schwertkampf ermöglichen und Gelegenheits- und Intensivspieler gleichermaßen ansprechen.

Erstes Zelda-Bild – Spieler raten wild

Damals musste Shigeru Miyamoto den begeisterten Aonuma davon abhalten, noch mehr Informationen preiszugeben, immerhin befand sich das spätere „Skyward Sword“ damals noch am Beginn der Vorproduktionsphase. Entsprechend sagte Miyamoto noch knapp ein Jahr später, im April 2008, dass sich das „Zelda“-Team aktuell für ein neues Spiel zusammentue und noch nach neuen Ideen suche.

2009 wurde es endlich etwas konkreter, denn auf der E3 veröffentlichte Nintendo das erste Artwork zum damals noch unbetitelten neuen „Zelda“-Spiel. Hinter verschlossenen Türen bestätigte Miyamoto außerdem, dass der Titel voll auf Wii MotionPlus setzen werde. Wie wir gesehen haben, hatte das Team diese Steuerung damals gerade erst nach langer und harter Arbeit überhaupt erst zum Laufen bekommen. Obwohl das Gameplay und wohl auch schon die Handlung zu jenem Zeitpunkt größtenteils in Stein gemeißelt waren, entschied sich Nintendo gegen die Präsentation von In-Game-Material. Der Grund dafür war, dass die Grafik noch nicht fertiggestellt war. Das gezeigte Artwork ließ aber bereits erahnen, welchen optischen Stil „Skyward Sword“ einmal einschlagen sollte.

Das Artwork von der E3 2009 in seiner vollen Pracht. Dies war ein Jahr lang der einzige Anhaltspunkt zum zweiten „Zelda“-Spiel für die Wii. Entsprechend haben die Fans dieses Stück Kunst damals in sämtlichen Einzelheiten untersucht, um auf Hinweise zum neuen Spiel zu stoßen. Unter anderem lässt sich der Grafik entnehmen, dass der Geist des Master-Schwerts eine wichtige Rolle in der Handlung spielen wird.

Die Katze wird aus dem Sack gelassen

Am 15. Juni 2010 wurde „The Legend of Zelda: Skyward Sword“ im Rahmen von Nintendos E3-Pressekonferenz endlich der Öffentlichkeit enthüllt. Nachdem der Konzern den ersten Trailer gezeigt hatte, schwang Miyamoto höchstpersönlich auf der Bühne das Schwert, um das Spielprinzip live zu veranschaulichen. Wegen der Infrarot-Interferenz, die die zahlreichen Mobilgeräte der anwesenden Journalisten verursachten, kam es dabei jedoch zu technischen Schwierigkeiten, die „Skyward Sword“ auf der großen Leinwand in ein denkbar schlechtes Licht rückten. Doch bei den sich anschließenden Anspielgelegenheiten konnten sich die Messebesucher davon überzeugen, dass die Bewegungssteuerung des neuen „Zelda“-Spiel tatsächlich wie versprochen funktioniert.

Die neuartige, realistische Steuerung stand für Nintendo auf der E3 2010 im Mittelpunkt; daher gab der Konzern zur Handlung und zu weiteren Gameplay-Bereichen wie etwa den Dungeons noch nicht viel bekannt. Während es im Vorfeld der Spielemesse geheißen hatte, dass das zweite Wii-„Zelda“ noch 2010 erscheinen werde, nannte Nintendo nun das folgende Jahr als Veröffentlichungszeitraum. Aonuma und Miyamoto zufolge sei „Skyward Sword“ zwar fast fertiggestellt, benötige aber noch einen letzten Feinschliff und werde voraussichtlich Anfang 2011 erscheinen. Als im Dezember 2010 immer noch kein finaler Termin bekannt war, äußerte Miyamoto, dass der Titel „mehr als zur Hälfte fertig“ sei – was auch immer das bedeutet haben mag.

Spiel mit Superlativen

Schließlich sollten die Fans noch einige Monate länger warten müssen – genug Zeit also für Nintendo, um fleißig die Werbetrommel zu rühren. Immerhin war 2011 das 25. Jubiläum der „Zelda“-Reihe, und die Veröffentlichung von „Skyward Sword“ sollte den Höhepunkt der dazugehörigen Feierlichkeiten darstellen. Der Konzern gab sich alle Mühe, den Wii-Titel als große Revolution für die „Zelda“-Reihe erscheinen zu lassen. Die Marketing-Abteilung machte sich die lange Entwicklungszeit zu eigen und geizte nicht mit Superlativen: Es sei die größte, umfangreichste und teuerste Nintendo-Produktion aller Zeiten. Ganz in diesem Sinne führte Konzernpräsident Iwata ein achtteiliges Interview mit vielen Teammitgliedern – der längste Teil der „Iwata fragt“-Interviewreihe, in dem es um ein einziges Spiel geht.

„So viele [Leute] haben noch nie an einem ‚The Legend of Zelda‘-Spiel mitgearbeitet … und auch an keinem anderen Nintendo-Spiel“, hielt Aonuma damals fest. Das war beileibe keine hohle Marketing-Phrase: Seit „Ocarina of Time“ beansprucht die „Zelda“-Reihe am meisten Manpower innerhalb von Nintendos EAD-Studios, doch nie war ein neues Spiel der beliebten Reihe so aufwendig wie „Skyward Sword“ mit seiner fünfjährigen Entwicklungsphase und fast 200 Mitwirkenden. Unterstützung bei der Grafik leistete das Nintendo-Studio Monolith Soft, das damals wegen „Xenoblade“ für Aufmerksamkeit sorgte. Doch natürlich lassen sich aus solchen Fakten keine Rückschlüsse auf die Qualität der Produktion schließen.

Für Nintendo-Fans war die E3 ein wahres Highlight: Neben „Kirby und das magische Garn“, „Donkey Kong Country Returns“, dem 3DS und ersten Spielen wie „Kid Icarus: Uprising“ wurde endlich „Skyward Sword“ enthüllt. Die Orchester-Musik in diesem Debüt-Trailer des Spiels stammt eigentlich aus „Twilight Princess“. – Einen Videomitschnitt der Live-Präsentation von der E3 2010 findet ihr unter diesem Link.

Wer hoch fliegt …

In Europa erschien „Skyward Sword“ am Freitag, den 18. November 2011, parallel zu „Super Mario 3D Land“. Die Vorfreude hatte sich gelohnt. Der 16. „The Legend of Zelda“-Teil heimste weltweit hervorragende Wertungen ein, so etwa verliehen die japanische Famitsu, die bekannte Spielewebsite IGN, das kritische Magazin Edge und auch unsere Wenigkeit Bestnoten. Zwar konnte „Ocarina of Time“ mit seiner sagenhaften Metacritic-Durchschnittswertung von 99 Prozent nicht vom Thron der bestbewerteten Spiele aller Zeiten gestoßen werden, doch nicht wenige Einzelstimmen bezeichneten „Skyward Sword“ damals als besten Teil der „Zelda“-Reihe. Auch kommerziell war die Veröffentlichung des Spiels ein voller Erfolg. In Amerika ging der Titel in seiner Debütwoche eine halbe Million Mal über die Ladentheken – so oft wie kein Serienableger zuvor zum Start.

„The Legend of Zelda: Skyward Sword“ war so etwas wie der Schwanengesang für die Wii-Konsole. Nicht nur war es das letzte große Spiel, das vor der Ablösung der Fuchtelkonsole durch die Wii U herauskam. Es machte auch nach Meinung vieler Kritiker so gut Gebrauch von der Bewegungssteuerung wie kaum ein anderer Wii-Titel. Was die Nutzung der in Intensivspielen sonst selten sinnvoll situierten Steuerung betrifft, so hat man „Skyward Sword“ als wegweisend bezeichnet. Die Edge-Redaktion hat die Bewegungssteuerung in „Skyward Sword“ sogar auf eine Ebene gestellt mit dem äußerst einflussreichen und de facto zum Standard avancierten Z-Anvisieren aus „Ocarina of Time“.

… kann tief fallen

Doch wie die weitere Entwicklung des Videospielmarktes zeigen sollte, hat sich die Bewegungssteuerung nicht weiter durchsetzen können. Das war Ende 2011 noch nicht absehbar, und „Skyward Sword“ hatte bei vielen Spielerinnen und Spielern sogar eine gewisse Euphorie bezüglich der bislang vehement verhassten Eingabemethode hervorrufen können. In diesem Klima gab Aonuma damals bekannt, dass er es für schwierig halte, wieder zur traditionellen Tasten-Steuerung zurückzukehren, und daher davon ausgehe, dass künftige „Zelda“-Spiele ebenfalls auf Bewegungssteuerung setzen würden.

Der Anfang 2017 für Wii U und Switch veröffentlichte Nachfolger „Breath of the Wild“ ist jedoch weitestgehend zur altbewährten Steuerung mit Tasten und Knöpfen zurückgekehrt. Bewegungssteuerung ist nur etwa beim Verwenden von Items wie dem Bogen integriert, und zwar völlig optional. Aonumas Prognose von Ende 2011 hat sich somit in ihr Gegenteil gekehrt – so wie auch die öffentliche Meinung zum Spiel praktisch eine 180-Grad-Wendung vollzogen hat. Die fehlende Oberwelt, die nach Meinung mancher Kritiker aufgesetzt wirkende Bewegungssteuerung, die teilweise künstlich gestreckte Spiellänge, die sich immer und überall ungefragt zu Wort meldende Begleiterin Phai, der doch etwas gewöhnungsbedürftige Grafikstil: Nicht wenige Fans würden heute dafür argumentieren, dass „Skyward Sword“ einer der schwächsten Serienableger sei.

Dies spiegelt sich auch in der Fachpresse wider: Hatte die N-Zone „Skyward Sword“ Ende 2011 noch eine Wertung von 93 % verliehen, bewertete die nicht gerade als sonderlich kritisch geltende deutsche Zeitschrift das Spiel 2016 anlässlich der Wiederveröffentlichung für die Wii U nur noch mit sechs von zehn Punkten. Auch die absoluten Verkaufszahlen zeigen, wie umstritten „Skyward Sword“ ist: Während man angesichts von knapp vier Millionen Verkäufen wirklich nicht von einem Flop sprechen kann, so schaffte es das Spiel auf der Liste der meistverkauften „Zelda“-Spiele doch nur auf Platz 13 – und das auf einer so erfolgreichen Konsole wie der Wii.

Der Launch-Trailer zu „Skyward Sword“. Hier hat man versucht, die Bedeutung der Bewegungssteuerung für den Schwertkampf zu veranschaulichen.

Skyward Sword als Wegbereiter für Breath of the Wild?

Relativ zeitnah nach Fertigstellung von „Skyward Sword“ begann die Entwicklung eines Nachfolgers, der – obwohl Nintendo eine ähnlich lange Wartezeit diesmal vermeiden wollte – seinerseits fünfeinhalb Jahre auf sich warten ließ. Zuvor hatte Aonuma verraten, dass sein Team bei „Skyward Sword“ vieles nicht habe umsetzen können. Damit spielte er wohl auch auf die vielfältige Kritik zum Spiel an, die das Entwicklerteam in Japan natürlich zur Kenntnis genommen hat. In einem Interview mit Eurogamer äußerte Aonuma außerdem Anfang 2017, dass insbesondere die Kritik an der fehlenden Oberwelt Resonanz fand: „Viele Leute, die [‚Skyward Sword‘] gespielt haben, haben mir den Wunsch mitgeteilt, die Bereiche zwischen den Gebieten zu erkunden […]. Sobald ‚Skyward Sword‘ fertig war, hatte ich also die Idee einer großen, offenen, verbundenen Welt im Kopf. Und dann ermöglichte es die Wii-U-Hardware, diese Idee umzusetzen.“

So waren die Lehren, die die Entwickler aus „Skyward Sword“ zogen, Ausgangspunkt für die Entwicklung des nächsten „Zelda“-Spiels. Treffend formulierte Aonuma Mitte 2016: „‚The Legend of Zelda: Breath of the Wild‘ ist das Ergebnis dessen, wie wir ‚Skyward Sword‘ erweitern und verbessern wollten. Es ist wie eine weiterentwickelte oder erweiterte Version.“ Im Rückblick drängt sich somit der Eindruck auf, dass erst „Breath of the Wild“ viele der eigentlichen Ziele von „Skyward Sword“ einlösen konnte, denn der Switch-Launchtitel stellte die bekannte „Zelda“-Formel völlig auf den Kopf, näherte sich den Standards moderner Videospiele an, brachte seinerseits aber neue innovative Ideen mit und generierte zudem eine gewaltige Aufmerksamkeit. Zudem beansprucht nun „Breath of the Wild“ den Titel der umfangreichsten Nintendo-Produktion für sich – und für viele Kritiker auch den des allerbesten „Zelda“-Teils.

Schon zur E3 2011 hat Nintendo ein Live-Orchester mitgebracht, um „Skyward Sword“ zu promoten. Dies wurde mit der Veröffentlichung einer Orchester-Soundtrack-CD parallel zum Spiel fortgeführt. Dazu publizierte Nintendo Making-of-Videos – so wie dieses hier zum berühmten Hauptthema der Reihe. Daraus entwickelte sich schließlich auch die bis heute weiterlaufende Konzertreihe „Symphony of the Goddesses“.

Zeit für eine zweite Chance!

Mittlerweile ist „Skyward Sword“ knapp zehn Jahre alt, und nachdem „The Wind Waker“ und „Twilight Princess“ schon zu Wii-U-Zeiten HD-Neuauflagen erhalten haben, ist das 16. große „Zelda“-Spiel erst jetzt an der Reihe. Da der noch unbetitelte Nachfolger zu „Breath of the Wild“ erst für 2022 geplant ist, müssen „Zelda“-Fans zum 35. Jubiläum der Reihe auf Nintendo Switch mit „Skyward Sword HD“ vorliebnehmen.

Nintendo war offenkundig bemüht, einige der Kritikpunkte an „Skyward Sword“ in der Neuauflage nach Möglichkeit anzugehen. Spielerinnen und Spieler können dank der Switch-Joy-Cons Link das Schwert via Bewegungssteuerung schwingen lassen, doch als Alternative hat Nintendo auch eine reine Button-Steuerung eingebaut. So ist „Skyward Sword“ auch mit Nintendo Switch Lite kompatibel. Die zu häufigen Hinweise von Phi und einige überflüssige Texteinblendungen hat Nintendo im Rahmen mehrerer sogenannter „Quality of Life“-Maßnahmen angepasst. Nicht zuletzt kommt die Grafik in hoher Auflösung besser zur Geltung, und als erstes 3D-„Zelda“ überhaupt läuft „Skyward Sword HD“ mit butterweichen 60 Bildern pro Sekunde. Abgesehen davon hat sich am Inhalt des Spiels nichts getan.

Es bleibt abschließend nur zu wünschen, dass diese Maßnahmen zusammen mit der Tatsache, dass es sich bei „Skyward Sword“ um das letzte „klassische“ 3D-„Zelda“-Spiel vor dem Umschwung mit „Breath of the Wild“ handelt, neues Interesse am Titel erzeugen. „Skyward Sword“ mag ein bisschen zu hoch geflogen sein, eine zweite Chance hat es sich aber definitiv verdient!

Die Hauptquelle für diesen Bericht war das „Iwata fragt“-Interview zu „Skyward Sword“. Für zusätzliche Quellenangaben verweisen wir auf die zugrundeliegende „Inside Nintendo“-Reportage „Skyward Sword – fünf Jahre Arbeit am Motion-Control-Zelda“ („Inside Nintendo“-Ausgaben 113–115).

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Bisher gibt es zwei Kommentare

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  • Avatar von Tobias
    Tobias 20.07.2021, 15:43
    Zitat Zitat von Jannik @derofa.de Beitrag anzeigen
    Klasse Reportage, hat mir richtig lust auf "Skyward Sword" gemacht. Jetzt ist aber erstmal das knuffige "Link's Awakening" dran.

    Gibt es die Inside-Nintendo-Reportagen noch als Sammelband in Buchform? Ich hatte da mal was gelesen.
    Vielen Dank, das freut mich! Es gibt die Reportagen bis Nr. 150 in drei Bänden. Die sind weiterhin erhältlich, mehr dazu findest du hier.
  • Avatar von Jannik @derofa.de
    Jannik @derofa.de 19.07.2021, 21:59
    Klasse Reportage, hat mir richtig lust auf "Skyward Sword" gemacht. Jetzt ist aber erstmal das knuffige "Link's Awakening" dran.

    Gibt es die Inside-Nintendo-Reportagen noch als Sammelband in Buchform? Ich hatte da mal was gelesen.