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Bravely Default II

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Bravely Default II

Der Nintendo 3DS war eine wahre Offenbarung für JRPG-Fans. Auf dem System gab es zahlreiche neue Titel, darunter der zuerst unscheinbar wirkende Titel „Bravely Default“. Das Spiel fand schnell eine große Fangemeinde und sorgte sogar für einen Nachfolger, „Bravely Second: End Layer“. Ein dritter Teil stand lange auf der Wunschliste, und steht nun unter dem Namen „Bravely Default II“ kurz vor der Veröffentlichung, allerdings mit einer neuen Welt und neuen Charakteren. Wieso man die Vorgänger erstmal vergessen sollte, um das Spiel wirklich zu genießen, verraten wir im Test.

Die Helden des Lichts

Das Abenteuer startet mit einer Katastrophe des Protagonisten Seth während eines Schiffbruchs. Dennoch wird er als Überlebender an einem Strand angespült – wieso das so ist, wird erst später verraten. Der Held freundet sich schnell mit dem Magier Elvis und der Söldnerin Adelle an, die nach den sogenannten Asterisken, durch die Menschen besondere Fähigkeiten erhalten, suchen. Und dann wäre da noch die Prinzessin Gloria, deren Königreich gefallen ist. Sie sucht nun nach den elementaren Kristallen, um das gesamte Land vor einer brutale Eroberung zu retten, die den Untergang der Welt einläuten könnte.

Besonders in den ersten Stunden wirkt „Bravely Default II“ wie ein sehr typisches Rollenspiel. Alle Helden freunden sich schnell miteinander an, finden gemeinsame Ziele und reisen fortan durch die verschiedenen Königreiche. Leider hinterlässt das in den ersten Stunden nicht unbedingt einen guten Eindruck, denn die Bösewichte erfüllen ebenso alle Klischees wie die Bereitschaft der Truppe, die gefährliche Reise anzutreten. Auch das Tempo ist anfangs sehr hoch und schon bald wird sich mit lokalen Problemen herumgeschlagen, denn natürlich gibt es die Kristalle nicht einfach so auf die Hand.

Liebe auf den zweiten Blick

Bereits in den ersten Stunden wird der typische Ablauf aber durch die eigentliche Heldentruppe aufgelockert. Ja, auch diese überrascht nicht mit einzigartigen Charaktermerkmalen, allerdings sorgt das Zusammenspiel für sehr charmante Situationen. Die Helden wurden gut geschrieben, und insbesondere in den Momenten, in denen mehr über sie verraten wird und persönlichere Themen angeschnitten werden, wachsen sie einen ans Herz. Glücklicherweise kommt es sogar immer wieder zu optionalen Gruppengesprächen, die man wenn möglich immer aktivieren sollte, um die volle Ladung Charme zu erhalten.

Leider verbessert das die Geschichte an sich nur bedingt. Diese schreitet langsam voran und führt immer wieder eindimensionale Charaktere ein, hinter denen nicht unbedingt etwas Interessantes steckt. Erst wenn die vielen Handlungsstränge zusammenkommen, was glücklicherweise nicht erst am Ende der Fall ist, wird es wirklich spannend. Die Geschichte ist definitiv nicht schlecht, verstrickt sich aber zu häufig in Klischees und einen formulierten Aufbau. Wer dranbleibt wird aber vor allem durch die Helden entlohnt und man ist definitiv traurig, wenn man sich von ihnen verabschieden muss.

Alles andere als Default

Das Kernstück und zugleich auch stärkstes Element des Spieles ist das Kampfsystem. Dieses wäre eigentlich sehr klassisch, denn die Helden nutzen Angriffe, Fähigkeiten und Zauber, müssen auf die eigene Lebens- und Magieleiste achten und dürfen Gegner untersuchen, um Schwachpunkte sowie deren Lebensleiste einzusehen. Interessant wird das alles aber erst durch die Titel-gebenden „Brave“- und „Default“-Optionen. Durch die Auswahl von Brave kann der ausgewählte Charakter gleich vier Mal hintereinander angreifen, erhält dann aber negative Brave Points und muss anschließend entsprechend viele Runden ungeschützt aussetzen. Default hingegen ist nicht nur ein Verteidigungsmanöver, pro Runde erhält der Held einen zusätzliche BP, wobei die Grenze bei drei liegt. Wer das nun mit einzelnen Brave-Optionen verknüpft, kann mehrere Aktionen ausführen, ohne im Anschluss aussetzen zu müssen.

Das System versteht man bereits nach einem Kampf, die Faszination verfliegt aber niemals. Es ist ein ungewohntes und zugleich sehr zufriedenstellendes Gefühl, eine Gegnerwelle in nur einem Zug zu besiegen, weil man stark genug ist. Hier liegt aber auch das Risiko, denn wer die Optionen willkürlich bei stärkeren Gegnern oder gar Bossen nutzt, kann innerhalb kürzester Zeit selbst ausgelöscht werden, auch weil sogar die Gegner die Mechaniken nutzen können. Dieses Spiel mit dem Risiko zeichnet „Bravely Default II“ aus und lässt jeden Kampf entweder aufregend oder wie ein Kinderspiel ausfallen. Insbesondere die Momente, in denen man mit einem riskanten Manöver den gesamten Kampf umdrehen und am Ende siegreich verlassen kann, sorgen für einen echten Adrenalinkick. Da sogar die Kampfgeschwindigkeit erhöht werden kann, muss sich auch niemand mit langen Animationen herumschlagen.

Asteriske und Jobelisk

Ein weiterer zentraler Punk im Gameplay entsteht durch die berühmten Asteriske, denn diese gestalten das Job-System. Jeder Charakter kann einen Haupt- sowie einen Nebenjob aktivieren, der den Kampfstil bestimmt. Natürlich gibt es Klassiker wie den Krieger sowie verschiedene Magier, doch auch überraschende und außergewöhnlichere Jobs, die wir natürlich nicht verraten wollen. Die gewählten Jobs entpuppen sich schnell als wichtigstes Element, denn dadurch sind bestimmte Waffen effektiver und durch das Aufleveln werden weitere Angriffe und sogar passive Fähigkeiten freigeschaltet, von denen fünf Stück ausgerüstet werden können.

Das Herumspielen mit den Jobs erwärmt das Herz jedes JRPG-Fans. Zwar geht nicht jede Kombination gut aus, doch alleine diese auszuprobieren und für den eigenen Spielstil zu perfektionieren, macht den manchmal erforderlichen Grind deutlich erträglicher. Da auch immer zwei ausgerüstet werden können, ist es hilfreich, erstmal nur einen neuen Job auszurüsten, um diesen aufzuleveln und weiterhin diverse Angriffsmöglichkeiten zu behalten. Da regelmäßig neue Asteriske hinzukommen, und diese vorher sogar in einem Kampf gegen den jeweiligen Gegner demonstriert werden, bleibt es bis nach dem Ende motivierend, die Truppe für jede Situation vorzubereiten.

Monster und Magier

Ein kleines Problem, mit dem das Spiel kämpft, ist leider die Gegnervielfalt. Das wird insbesondere in den Dungeons deutlich, die in der ersten Hälfte des Abenteuers weder optisch, noch mechanisch interessant sind und sich lediglich als kleine Labyrinthe oder lange Wege entpuppen. Deshalb fällt es besonders stark auf, dass in den einzelnen Gebieten die Vielfalt bei den Gegnern fehlt, und sobald man eine Strategie gegen sie entwickelt hat, läuft nahezu jeder Kampf identisch ab.

Glücklicherweise kommt es in diesen immer wieder zu Boss-Kämpfen, meist gegen Asterisk-Besitzer. Diese sind eine echte Herausforderung und erfordern eine entsprechende Vorbereitung. Tut man das nicht, passiert es nicht selten, dass die gesamte Gruppe in nur einer Runde ausgelöscht wird. Damit das nicht direkt zu Beginn überfordert, gesellen sich ab und zu zusätzliche Charaktere hinzu, die unabhängig vom Spieler als fünftes Party-Mitglied agieren.

Der entsprechende Standard

Das Design der Welt ist ebenso wie die Handlung sehr strukturiert geraten. Optisch am interessantesten sind die Städte, in denen nicht nur die Geschichte stets maßgeblich vorangetrieben wird. Hier verstecken sich die Händler und weitere Aktivitäten, zum Beispiel lassen sich schon sehr früh Schiffe auf Expedition losschicken, die in Echtzeit nach Items suchen. Doch auch für die Immersion sind die Städte wichtig, denn es gibt zahlreiche kleine Gespräche mit NPCs, sodass man vollends in die jeweiligen Königreiche eintauchen kann. Zwar fallen die Dialoge insbesondere hier hölzern aus, wen das aber schon bei der Hauptgeschichte nicht stört, der wird auch hier kein Problem damit haben.

Findet sich eine blaue Sprechblase über einem NPC, werden Nebenquests aktiviert. Diese erzählen eigene, kleine Geschichten und führen manchmal sogar in kleine Dungeons. Diese sollte man definitiv annehmen, da die Belohnungen mitunter sehr wertvoll sind und man dabei auch die Gruppe stärken kann. Allerdings ist das Spiel auch hier weit von der Perfektion entfernt, denn die einzelnen Aufträge sind nicht sonderlich spannend. Häufig handelt es sich um normale Sammelquests, manchmal muss auch ein Monster besiegt werden. Leider kann es selten auch zu Grinds kommen, die sich als überaus lästig entpuppen, wenn Glückselemente eingeworfen werden. Zwar bleiben die Nebenquests eine gute Beschäftigung und lassen sich manchmal sogar auf dem Weg zu einer Hauptquest erledigen. Insgesamt fallen die wirklich starken Aufgaben aber zu selten aus – hier kommt es zu runderen Geschichten und sogar optionalen Dungeons, weshalb man sich durch die etwas langweiligeren Aufgaben durchbeißen sollte, um mit solchen Höhepunkten belohnt zu werden.

Malerische Höhepunkte

Insbesondere die Städte können mit ihrer optischen Pracht punkten. Diese wurden nämlich von Hand gezeichnet und beinhalten zahlreiche Details, sodass man sie nicht nur nach Items absucht, sondern die Atmosphäre regelrecht aufsaugt. Deshalb ist es auch nicht so schlimm, dass die 3D-Charaktermodelle stark herausstechen. Die Oberwelt bietet da schon ein anderes Bild und kann mal schöne, mal überraschend hässliche Areale hervorbringen. Der erste Eindruck täuscht glücklicherweise, denn während der Strand und die anschließenden Wiesen kaum lebloser wirken könnten, sind die restlichen Gebiete deutlich detaillierter.

Eine waschechte Überraschung ist das Kartenspiel B´n´D, das in den Städten häufig gespielt werden kann. Hier geht es darum, ein Schlachtfeld vollständig zu erobern, wobei jede Karte nicht nur Felder einfärben, sondern auch gegnerische Übernehmen kann. Das Spielprinzip ist sehr simpel, aufgrund von Kettenreaktionen werden die Matches aber so spannend, dass man gar nicht mehr davon loskommt. Zwar gibt es keine weiteren ebenso spaßigen Mini-Spiele, doch hier siegt ganz klar die Qualität.

Kein leichter Trip

Wer glaubt, auf dem leichten Schwierigkeitsgrad durch das Spiel zu düsen, hat sich getäuscht. Es ist notwendig, seine Jobs auszuprobieren, hochzuleveln und die beste Kombination aus aktiven und passiven Fähigkeiten auszurüsten, um in jedem Kampf zu siegen. Wer das zu leichtherzig nimmt, darf sich schon sehr früh auf einen harten Grind einstellen, denn die Kämpfe sind definitiv fordernd. Gleichzeitig bleiben sie aber auch sehr belohnend, denn die meisten Bosse lassen neue Asteriske da.

Das Kampfsystem ist somit auch die größte Stärke des Spieles und genau das, was Rollenspielfans erfreuen dürfte. Das tiefgreifende System ist dabei nicht allzu kompliziert, sodass man sich ganz und gar auf die Anpassungen der Truppe konzentrieren kann. Der Fokus der Entwickler lag eindeutig darauf, weshalb die Geschichte sowie die Vielfalt der Welt eher in den Hintergrund geraten. Zwar wäre es schön, wenn „Bravely Default II“ auch in diesen Bereichen mit den Genre-Königen konkurrieren würde. Das Kampfsystem ist aber so stark, dass man die Schwächen glücklicherweise ausblenden kann.

Kein Generationen-Schritt

Überraschend ist die technische Umsetzung, denn hier scheint das Spiel auf dem Nintendo 3DS stecken geblieben zu sein. Das wird besonders bei der Auflösung im Handheld-Modus deutlich, die immer wieder deutlich fällt und somit ein unschönes Bild erzeugt. Auch Ruckler sind regelmäßig sichtbar, und möchte man die Gruppengespräche aktivieren, bleibt das Spiel sogar kurz stehen. Kombiniert mit den manchmal mäßigen Texturen der Oberwelt wünscht man sich dringend einen Patch, denn im TV-Modus entfallen viele der offensichtlichsten Probleme. Dafür sind die gezeichneten Städte wunderschön, auch wenn wir uns mehr davon gewünscht hätten.

Ebenso häufig zeigt sich die Welt aber auch von der schönsten Seite, zum Beispiel wenn man durch Blumenwiesen läuft. Zwar kann man in Sachen Optik nicht mit der Konkurrenz mithalten, auch weil das Charakterdesign weiterhin die Fangemeinde spalten dürfte. Dennoch weiß das Spiel, mit seinen Mitteln zu überzeugen. Das wird vor allem in der Audio-Kulisse deutlich, denn zu starken englischen Sprechern gesellt sich ein stimmiger Soundtrack, dem man auch nach dem Ende noch lauschen möchte.

Weiterführende Links: Forum-Thread

Fazit & Wertung

„Bravely Default II“ ist ein Fest für Rollenspielfans. Das überragende Kampfsystem sorgt für Hochspannung, und das Jobsystem könnte nicht vielschichtiger sein. Somit bleibt man durchweg motiviert, die Gruppe zu perfektionieren und sich für die vielen strategischen sowie spaßigen Kämpfe vorzubereiten. Leider kann die Geschichte da nicht mithalten und braucht lange, um ebenso zu fesseln. Auch die Welt dürfte mehr Abwechslung zeigen, all das nimmt man aber gerne hin, um sich durch die Königreiche zu schlagen. „Bravely Default II“ ist somit ein würdiger Nachfolger und ein weiteres Highlight für Nintendo Switch.

Bisher gibt es vier Kommentare

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  • Avatar von Soren
    Soren 25.02.2021, 21:18
    Ja, ist leider Tradition, dass die Demos von Bravely nicht so toll sind

    Freu mich schon sehr darauf. Die Postfee sollte es mir Morgen unters Bett legen. Zumindst hoffe ich das für sie oder eher für mich..
  • Avatar von Link1
    Link1 25.02.2021, 21:10
    Oh boi, die Demo vom ersten Teil war auch ungefähr das Schrecklichste was es gab. Zum Glück kam das Spiel dann trotzdem ins Haus und nun gehört die Bravely Serie zu meinen Favorites.
  • Avatar von BIGBen
    BIGBen 25.02.2021, 20:24
    Ich hab die Demo kurz angespielt und fand so ziemlich alles daran direkt stinklangweilig. (Außer vielleicht die interessante Optik in den Städten) Nicht meins.
  • Avatar von Link1
    Link1 25.02.2021, 19:36
    Der Story Part klingt etwas meeh im Vergleich zu Teil 1, auch wenn das mit den Kristallen für das Ende etwas monoton wurde. Von daher freu ich mich einfach auf das tolle Kampfsystem