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Mario Kart DS

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Inside Nintendo 182: Wie Mario Kart DS mobilen Rennspiel-Spaß in die ganze Welt brachte

Auf Klassenfahrten, Ferienfreizeiten und Übernachtungen durfte in den 2000er-Jahren eines nicht fehlen: „Mario Kart DS“. Der mobile Mehrspieler-Rennspaß hat nicht nur die „Mario Kart“-Formel ohne jegliche Kompromisse auf einen Handheld übertragen, sondern auch für Nintendo die Ära des Online-Gamings eingeläutet. Mit „Mario Kart DS“ ging vor 15 Jahren die Nintendo WiFi Connection an den Start; es war der erste Nintendo-Titel, bei dem Spieler auf der ganzen Welt gegeneinander antreten konnten.

Mario macht mobil

„Mario Kart“, heute eine von Nintendos erfolgreichsten und bekanntesten Reihen, wurde 1992 auf dem SNES ins Leben gerufen. Beim DS-Teil handelt es sich bereits um das fünfte Spiel der Serie – nicht aber um den ersten Handheld-Ableger: Bereits 2001 war „Mario Kart: Super Circuit“ für den damals noch jungen Game Boy Advance erschienen. Zwei Jahre darauf folgte für den GameCube „Mario Kart: Double Dash!!“, das sich durch seine zwei Fahrer pro Kart auszeichnete und die Mehrspieler-Möglichkeiten beträchtlich erweiterte, indem es LAN-Spiel für bis zu 16 Spieler vor Ort möglich machte. Die Geschichte hinter diesem Titel haben wir vor vier Jahren in „Inside Nintendo 105: Doppelt hält besser – Die Entwicklung von Mario Kart: Double Dash!!“ erzählt.

Die Entwicklung von „Mario Kart DS“ muss unmittelbar nach Fertigstellung von „Double Dash!!“ begonnen haben – wenn nicht schon vorher –, denn dieses kam im November 2003 auf den Markt, während jenes bereits Mitte 2004 mit einem Trailer angekündigt wurde. Die zuständige EAD-Unterabteilung unter der Leitung von Hideki Konno begann parallel zu „Mario Kart DS“ auch die Arbeiten an einem weiteren wegweisenden DS-Spiel, nämlich an der Haustiersimulation „Nintendogs“ – damit hat sich dieses Jahr bereits eine „Inside Nintendo“-Reportage beschäftigt.

Von süßen Hündchen und rasanten Karts

Konno war damals ein frischgebackener Produzent, der in dieser neuen Rolle erst einmal lernen musste, mit ungeteilter Aufmerksamkeit und in voller Verantwortung an zwei Projekten parallel zu arbeiten. „Manchmal wollte aber der Direktor von ‚Mario Kart DS‘ ein Meeting an einem ‚Nintendogs‘-Tag“, erzählte der Nintendo-Veteran. „Dann musste ich ihn bis zum Abend warten lassen, bis ich alle Hunde aus meinem Kopf bekommen [hatte].“ Den Regiestuhl haben sich bei „Mario Kart DS“ zwei Entwickler geteilt: Makoto Wada und Yasuyuki Oyagi, die in den 1990er-Jahren bereits gemeinsam an „StarStropics“, „Super Punch-Out!!“ und „Pilotwings 64“ gearbeitet hatten.

Makoto Wada war eine ungewöhnliche Besetzung. Zu seinen Arbeiten gehören die Dialoge für „Animal Crossing“, er war aber weder vor noch nach „Mario Kart DS“ jemals in irgendeiner Form an der Rennspiel-Reihe beteiligt. Ganz anders Yasuyuki Oyagi: Er hatte zuvor schon bei „Mario Kart 64“ und „Double Dash!!“ Regie geführt und ist nunmehr seit einigen Jahren Produzent der Reihe. Den gesamten Soundtrack schrieb Shinobu Tanaka, die auch schon für den Vorgänger komponiert hatte.

Dies ist der erste Trailer zu „Mario Kart DS“, veröffentlicht im Rahmen der Enthüllung des Spiels auf der E3 2004.

Eine neue Sicht auf bekannte Inhalte

Recht schnell hat das Team erste vorzeigbare Ergebnisse hervorgebracht. So konnte Nintendo am 11. Mai 2004 im Rahmen der E3 2004, auf der auch der Nintendo DS erstmals vorgestellt wurde, „Mario Kart DS“ anhand eines 30-sekündigen Trailers und mehrerer Screenshots ankündigen. Zu sehen war ein Rennen auf Yoshis Piste, die Spielern von „Double Dash!!“ verdächtig bekannt vorkam. Auch ansonsten erinnerten Aspekte dieser frühen Version des Spiels frappierend an den Vorgänger, namentlich das eingeblendete Tacho sowie die Karts und Charaktermodelle, die anscheinend auf jenen aus „Double Dash!!“ basierten.

Es wurde jedoch klar, dass es sich beim DS-„Mario Kart“ nicht einfach um eine Handheld-Portierung des Vorgängers, sondern vielmehr um ein völlig neues Spiel handele. Somit enthüllte dieser erste Trailer eine der zentralen Neuerungen, nämlich die Retro-Strecken. Bereits der GBA-Teil „Super Circuit“ hatte auch sämtliche Pisten des SNES-Erstlings enthalten, in „Mario Kart DS“ integrierte Nintendo nun aber – zusätzlich zu den 16 brandneuen – insgesamt 16 stark überarbeitete Strecken aus den damals vier vorherigen „Mario Kart“-Teilen. Wie genau es dazu kam, ist nicht bekannt; in einem Interview führte Hideki Konno lediglich das Nostalgie-Argument an. Seither jedenfalls sind Retro-Strecken zum Serienstandard avanciert.

Copy & Paste als Entwicklungsphilosophie?

Die großen Ähnlichkeiten zu „Double Dash!!“ zeugen davon, dass die E3-2004-Version von „Mario Kart DS“ offenbar in großer Eile unter intensiver Zuhilfenahme von Materialien aus dem Vorgänger entstanden ist. Ungewöhnlich ist ein solches Vorgehen in der Videospielindustrie nicht. So konnten die Entwickler eine Spielfassung vorzeigen, die weitaus „fertiger“ wirkte als jener berüchtigte frühe Trailer von „New Super Mario Bros.“, der ebenfalls auf der E3 2004 veröffentlicht wurde. Auch „Double Dash!!“ war seinerseits, zwei Jahre vor Veröffentlichung, mit einem rasch zusammengeschusterten, sehr frühen Teaser-Video angekündigt worden.

Wie umfangreich diese Übernahmen aus dem Vorgänger in den ersten Entwicklungsphasen ausgefallen sind, davon geben Entdeckungen in den Daten des fertigen „Mario Kart DS“ noch reichlich Auskunft. So haben sich etwa sehr frühe Platzhalter für die Menüs erhalten, deren Grafiken noch direkt aus „Double Dash!!“ stammen. Auch weitere Elemente aus dem GameCube-Teil, die es nicht ins fertige „Mario Kart DS“ geschafft haben, sind in den Spieldaten noch vorhanden; davon wird später noch die Rede sein.

Besonders interessant ist eine Sounddatei namens „Driver_Change“, die sich dem Namen nach auf das Fahrerwechsel-Feature aus „Double Dash!!“ beziehen könnte. Jedoch gab es diesen Sound nicht in „Double Dash!!“ und er befindet sich auch nicht versteckt in dessen internen Daten. Bedeutet dies nun, dass das Zwei-Fahrer-Feature ursprünglich auch für „Mario Kart DS“ wenigstens angedacht gewesen ist? Ist es womöglich ein Hinweis darauf, dass sich das Spiel ursprünglich noch viel enger an seinem Vorgänger orientieren sollte? Oder handelt es sich doch nur um ein ansonsten unbekanntes Überbleibsel aus einer frühen „Double Dash!!“-Version?

Die unvollendete Strecke GCN Mario Circuit, in diesem Video mit korrigierten Texturen. Mehr zu den verworfenen Pisten erfahrt ihr auf tcrf.net. – Unsere eigene These: Am Beginn der Entwicklung wurden als Test zwei Strecken aus „Double Dash!!“ nachgebaut, darunter Yoshis Piste sowie Marios Piste, welche in der finalen Version nicht spielbar ist. Darauf weist zumindest die spielinterne Reihenfolge der Strecken hin, bei der diese beiden ganz am Anfang stehen. Vielleicht war das die wirkliche Geburtsstunde der Retro-Strecken.

Der DS kommt ins Spiel

Die Entwickler hatten viele Ideen, die ihrem Projekt einen eigenständigen Charakter verliehen, angefangen bei der technischen Komponente. Die Rechenleistung des DS wird für eine komplexere Streckentopographie als noch in früheren „Mario Kart“-Spielen verwendet, womit deutlich unkonventionellere Ideen in „Mario Kart“ Einzug hielten; ein Beispiel ist Waluigi-Flipper. Auch der DS selber taucht in Form einer Kampfarena als befahrbares Terrain auf. Ein weiterer Fortschritt: Das gesamte Spiel, also Pisten, Umgebungselemente, Karts und Fahrer, wird in 3D berechnet, wohingegen „Super Circuit“ vier Jahre zuvor noch komplett auf altmodische Sprites hatte setzen müssen.

Was die neuen Spielfunktionen des Nintendo DS anbelangt, so schwebte den Entwicklern beispielsweise vor, dass der Spieler vermittels des Touchscreens Items wie Bananen auf jede beliebige Stelle der Karte platzieren kann. Diese Idee wurde jedoch verworfen, da eine intensivere Nutzung des Touchscreens den Spieler zu sehr vom hektischen Renngeschehen abgelenkt hätte. In der finalen Version fungiert der untere Bildschirm des DS daher primär als Karte. Dies wiederum war die Geburtsstunde des Blooper-Items. Die Idee dahinter war, dass die Sicht am oberen Bildschirm blockiert wird, der Spieler aber dank der Informationen auf der Karte weiterhin am Renngeschehen partizipieren kann.

Direkter Draht zu den Mitspielern

Der neuartige Touchscreen des DS findet in „Mario Kart DS“ nur moderate Verwendung. Dafür macht das Spiel von einer anderen innovativen Funktion des Handhelds intensiven Gebrauch. Das heimliche Schlagwort, das sich durch die „Mario Kart“-Reihe zieht, lautet „Kommunikation“, und so nimmt es nicht wunder, dass die drahtlosen Kommunikationsfunktionen des Nintendo DS intensiv in das Spiel eingebunden wurden – wie übrigens auch bei „Nintendogs“.

Während zuvor bei „Mario Kart“ mit Standardausrüstung vier Spieler das Höchste der Gefühle waren, können im DS-Teil bis zu acht Spieler vor Ort gegeneinander antreten. Natürlich benötigt dazu jeder ein eigenes DS-Gerät, es ist aber nur ein einziges Spielmodul erforderlich. Zudem gehört ein Kabelgewusel, wie es noch der Mehrspielermodus in „Super Circuit“ mit sich gebracht hatte, der Vergangenheit an.

Als eine Art Ausgleichsbewegung zu den erweiterten Mehrspieler-Möglichkeiten stellten die Entwickler sicher, dass auch Einzelspieler voll auf ihre Kosten kommen; das war schon früh im Projekt so geplant. Daher können Solo-Spieler in „Mario Kart DS“ nun auch, zusätzlich zum Grand Prix, in den klassischen Mehrspielermodi Versus und Kampf gegen Computer-Gegner antreten. Außerdem wurde ein Missionsmodus hinzugefügt, in dem man zahlreiche unterschiedliche Aufgaben in seinem fahrbaren Untersatz gegen die Uhr bewältigen muss. Hierbei handelt es sich für die „Mario Kart“-Reihe um ein Novum, das zwar gut ankam, seither aber in keinem weiteren Ableger enthalten war – und das, obwohl ein Missionsmodus für Rennspiele eigentlich gang und gäbe ist.

Im Oktober und November 2004 veröffentlichte Nintendo neue Screenshots zum Spiel; hier sehen wir einige davon. Das Tacho hat ein anderes Design als noch ein paar Monate zuvor, bevor es für die finale Version ganz wegrationalisiert wird. Außerdem sehen im Vergleich zur E3-2004-Fassung Karts und Fahrer deutlich mehr wie im fertigen Spiel aus. Seltenes Videomaterial aus dieser Entwicklungsversion hält dieses Video parat (0:15 bis 0:25).

Erst das Kinderzimmer, dann der Rest der Welt

Den lokalen Mehrspielermodus stellte Nintendo im März 2005 auf der Game Developers Conference vor; Konzernchef Satoru Iwata höchstselbst trat auf der Bühne gegen andere Spieler an. Was rückblickend sehr überrascht: Zu diesem Zeitpunkt war ein Onlinemodus für „Mario Kart DS“ noch gar nicht angedacht! Die Entwickler begnügten sich zunächst einmal mit dem Sprung von vier zu acht Spielern im lokalen Modus. Dabei hatte sich Nintendo schon zwei Jahre vorher für die fehlende Online-Unterstützung von „Double Dash!!“ Kritik anhören müssen. Damals, so hatte sich der Konzern gerechtfertigt, sei die Online-Infrastruktur dafür noch nicht bereit gewesen.

Als jedenfalls der lokale Mehrspielermodus in „Mario Kart DS“ reibungslos funktionierte, zeigte das Team größere Ambitionen. „2005 begannen wir dann mit der Wi-Fi-Technologie zu experimentieren“, berichtete Konno. „Etwa im April gingen Iwata-san und ich zu Nintendo of America und machten eine Präsentation über die Wi-Fi Connection. Die Reaktionen waren so positiv, dass wir kurz darauf mit Hochdruck begannen, daran zu arbeiten.“ Iwata selber erinnerte sich zurück: „Ich hatte den Eindruck, dass die Arbeit an diesem Titel […] gut vorankommen würde. Sie haben anschaulich demonstriert, dass wir trotz einer Verzögerung bei der Übertragung von Daten in der Lage waren, das Ganze so zu verarbeiten, dass diese Latenz sich kaum bemerkbar machte. Wir waren alle der Meinung, dass das Spiel so jede Menge Spaß machen würde.“

Das Internet ist für uns alle Neuland

Knapp ein halbes Jahr vor der Fertigstellung des Spiels machten sich die Entwickler also daran, den Onlinemodus einzubauen. Vielleicht erklärt das, warum dieser für heutige Verhältnisse mit großen Kompromissen daherkam: Es können online nur vier Fahrer gegeneinander antreten, wobei lediglich die Hälfte aller Strecken zur Verfügung steht und sich Items weder auf der Strecke platzieren noch etwa zur Verteidigung hinter dem Kart herziehen lassen. Diese und weitere Limitierungen sollten, so die offizielle Begründung, ein möglichst flüssiges und latenzfreies Spiel gewährleisten. „Da es unsere erste Software war, bei der die Wi-Fi-Technologie zum Einsatz kam, wollten wir nicht zu viele Risiken auf einmal eingehen“, äußerte Iwata.

Mit seinem längst überfälligen Einstieg in die Ära des Online-Spielens sah sich Nintendo in einer Art Pionierrolle. „Von ‚Halo‘ wurden viele Kopien verkauft, aber nur ein kleiner Teil [der Spieler] spielt es online, und die meisten dieser Leute sind Hardcore-Spieler“, meinte Hideki Konno. „Mit ‚Mario Kart‘ möchte ich, dass jeder online geht, und die Technologie und Zeit sind jetzt reif dafür!“ Mit anderen Worten sollten Online-Spiele mit „Mario Kart DS“ und der Wi-Fi Connection einer breiteren Masse zugänglich gemacht werden. Um diese selbsterteilte Mission zu erfüllen, war Konno auch an der Entstehung der Wi-Fi Connection beteiligt gewesen.

Die Entwicklung von Titelbildschirm und Logo von „Mario Kart DS“: Links die Version von der Game Developers Conference 2005, in der Mitte jene der Prototypen von Frühjahr 2005 und rechts jene des fertigen Spiels. Im Laufe der Arbeiten wurde das bis dahin übliche Logo der Reihe zugunsten eines neuen verworfen, das seitdem nun alle „Mario Kart“-Spiele ziert. Schon diese Maßnahme zeigt, dass der DS-Teil ein Wendepunkt für die Reihe war.

Die verpassten Pisten

Die bereits angesprochenen ungenutzten Daten im Code des Spiels gewähren mannigfaltige Einblicke in dessen Entstehung. Die Funde umfassen unter anderem frühe und alternative Modelle der Karts, ganze 28 verworfene Rennmissionen und zudem zehn ungenutzte Strecken, die von Testleveln über unfertige Versionen etwa von Waluigi-Flipper bis hin zu gänzlich verworfenen Streckenideen reichen, darunter eine Koopa-Strand-Piste sowie aus „Double Dash!!“ Marios Piste und Block-City. Möglicherweise geht Toads Piste aus „Mario Kart 7“ auf eine solche „Beta-Strecke“ aus „Mario Kart DS“ zurück.

Außerdem sind zwei Prototypen des Spiels erhalten, die viele weitere Überbleibsel mitten aus der Entwicklungsphase unter der Haube verbergen. Die sogenannte „USA Kiosk Demo“ spiegelt den Stand des Projektes Ende Mai 2005, also gut ein halbes Jahr vor der Veröffentlichung, und erst 2019 ist eine europäische Demoversion ans Tageslicht gelangt, die von Ende April 2005 stammt und damals Testern erste Einblicke in den Mehrspielermodus gewähren sollte. Diese Versionen veranschaulichen, was alles noch in den letzten Entwicklungsmonaten geändert worden ist.

Reise in die Vergangenheit

Die Prototypen dokumentieren für praktisch alle Strecken frühere Phasen des Designs, die kleine Unterschiede im Vergleich zu den entsprechenden finalen Fassungen aufweisen. Teils scheint das jeweilige Musikstück damals noch nicht fertiggestellt gewesen zu sein, da eine Platzhalter-Musik genutzt wird. Auch beim Rest der Musik gibt es Unterschiede, insbesondere bei der Instrumentierung, die mitunter stärker an „Double Dash!!“ erinnert. Die Minikarten befinden sich oft noch in einem sehr frühen Stadium, das Rückschlüsse auf leicht andere Streckenführungen zulässt. Außerdem enthielten die Retro-Cups ursprünglich Strecken von je nur einer Konsole und hießen entsprechend „SNES Cup“, „N64 Cup“, „GBA Cup“ sowie „GCN Cup“. Und natürlich sind Benutzeroberfläche und Menüs teils stark bis zur fertigen Fassung überarbeitet worden.

Hier sehen wir eine frühere Version der Mini-Karte zur berüchtigten Strecke Regenbogen-Boulevard, wie sie innerhalb der Spieldaten gefunden wurde (links), im Vergleich zur fertiggestellten Fassung (rechts). Ursprünglich, so geht hieraus hervor, war die Strecke also noch einmal ein gutes Stück schwieriger zu fahren!

Der Professor darf nicht mitspielen

Weitere Erkenntnisse, die wir den beiden frühen Demo-Versionen verdanken, betreffen Items und Fahrer. Die Schwindel-Box war hier anscheinend noch nicht implementiert; dafür finden sich Überreste mehrerer Items, die im fertigen Spiel nicht mehr auftauchen: Ein rosa Panzer, dessen geplante Funktion nicht bekannt ist, sowie die aus „Double Dash!!“ bekannten Items Bowsers Panzer und Kettenhund, aus welch Letzterem im finalen Spiel der bis heute in „Mario Kart“ vertretene Kugelwilli wurde.

Noch nicht fertiggestellt sind in dieser Version die Fahrer Daisy, Waluigi, Shy Guy und R.O.B., da sie alle noch die Modelle anderer Fahrer als Platzhalter nutzen. Das gilt auch für einen gewissen Professor I. Gidd: Der schrullige Schreckexperte aus „Luigi’s Mansion“ sollte sich offenbar in die Rennriege einreihen. Statt seiner ist im fertigen „Mario Kart DS“ jedoch Neuzugang Knochentrocken spielbar.

R.O.B. robbt sich ins Rennen

Ganz nebenbei haben wir vorhin R.O.B. erwähnt. Dieser Neuzugang basiert auf dem gleichnamigen Roboter-Spielzeug, das in den 1980er-Jahren dem Nintendo Entertainment System (NES) einen gelungenen Einstand in den USA ermöglichen sollte. Wie er es in „Mario Kart DS“ geschafft hat, ist nicht bekannt; vielleicht liegt es in dem Umstand begründet, dass R.O.B. und das NES 2005 ihr 20-jähriges Jubiläum feierten.

Es handelt sich jedenfalls – lange vor Link aus „Mario Kart 8“ – um den ersten Gastfahrer in „Mario Kart“. In spätere Teile hat es R.O.B. zwar nicht mehr geschafft, dafür aber als Kämpfer in die „Super Smash Bros.“-Reihe. In der japanischen Version des Spiels hört R.O.B. übrigens auf den Namen HVC-012 und weist, entsprechend dem dortigen NES-Äquivalent Famicom, ein rot-weißes Farbschema auf.

Hier sehen wir frühere Designs der Karts von Yoshi (links) und Wario (rechts). Auch von weiteren Vehikeln gibt es im Spielcode ältere Versionen; bei diesen beiden aber sind die Unterschiede am augenfälligsten.

Die Rennräder verpassen den Zieleinlauf

Nintendo wollte „Mario Kart DS“ unbedingt rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft auf den Markt bringen, was auch gelang; Konno aber hätte gern noch zusätzliche Entwicklungszeit zur Verfügung gehabt. „Persönlich hätte ich […] gerne noch mehr Komponenten eingebaut“, sagte er, „zum Beispiel ein Rangsystem und eine Funktion, bei der viele Leute ihre Geistdaten miteinander tauschen könnten.“ Im Gespräch mit Konno erinnerte sich Iwata zurück: „Konno-san, ich erinnere mich, wie frustriert Sie damals ausgesehen haben. Bei einem Meeting hatten Sie diesen vollkommen unzufriedenen Gesichtsausdruck und erzählten uns, dass Sie eine bestimmte Idee verwerfen mussten.“

Mit dieser „bestimmten Idee“ meinte Iwata eventuell Rennmotorräder. „Ich liebe BMX-Räder und Snowboarding“, erklärte Konno. „Als wir an der DS-Version gearbeitet haben, wollten wir Elemente aus Extremsportarten einbauen, damit die Spieler sich mal so richtig austoben können.“ Im fertigen „Mario Kart DS“ finden sich von dieser Idee keine Spuren; dafür haben Rennmotorräder bekanntlich mit „Mario Kart Wii“ Einzug in die Reihe gehalten.

Und noch eine weitere Einsicht aus der Entwicklung von „Mario Kart DS“ fand im Nachfolger Niederschlag: „Als wir ‚Mario Kart DS‘ entwickelt haben, versuchten meine Eltern das Spiel mit ihrem Enkel zu spielen, aber sie kamen mit dem Steuerkreuz überhaupt nicht zurecht“, erzählte Konno. „Sie sagten nur: ‚Das ist zu schwer!‘ Ich weiß noch, wie schade ich das fand …“ Auf diese Erfahrung geht das Wii Wheel mit seinem zugänglicheren Steuerungsschema zurück.

Mario Kart bringt den DS in Fahrt

Am 25. November 2005 schließlich kam „Mario Kart DS“ in Europa auf den Markt, in Japan erst am 8. Dezember. Zusammen mit „Nintendogs“ und „Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging“ legte das Spiel das Fundament zum beispiellosen Erfolg des Nintendo DS und avancierte zu einer der wichtigsten Veröffentlichungen seiner Plattform. Noch 2008 gelangte es in den USA auf den zehnten Platz der meistverkauften Spiele jenes Jahres. Weltweit betrachtet, hat es „Mario Kart DS“ mit 23,6 Millionen Verkäufen – ganz knapp hinter der erwähnten Haustiersimulation – auf den dritten Platz des Siegertreppchens der erfolgreichsten DS-Spiele geschafft.

„Mario Kart DS“ war nicht nur, wie sich bereits im neuen Logo widerspiegelt, ein Wendepunkt für seine Reihe, sondern stellt ebenso einen Meilenstein für Nintendos Online-Geschichte dar. Auch nach Ablösung der Wi-Fi Connection durch das Nintendo Network im Jahr 2012 wurden die Server zunächst noch weiter betrieben. Am 20. Mai 2014 schließlich stellte Nintendo den Service ein, sodass sich seitdem „Mario Kart DS“ nicht mehr online spielen lässt, obwohl der Titel – wie auch andere beliebte DS-Spiele – damals noch neuwertig zu erwerben war. Im April 2015 feierte das Spiel schließlich, wenn auch ohne Mehrspieler-Komponente, auf der Virtual Console der Wii U ein kleines Comeback.

Quellen: Craig Harris: „E3 2005: Mario Kart DS Interview“, IGN, 30. Mai 2005; Interview von Nintendo of Europa mit Hideki Konno von August 2005, Zugriff via: „Mario Kart DS - New Tracks/Items/Info Revealed“, nintendo-x2, 20. August 2005; „Iwata fragt: Mario Kart Wii“, bes. Teil 2: „Motivation durch Frustration“, Nintendo.de, 2008; The Cutting Room Floor.

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Bisher gibt es zwei Kommentare

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  • Avatar von Starkirby
    Starkirby 30.11.2020, 15:28
    Mario Kart DS ist bis heute mein Lieblings-Teil der Reihe. Es hat einfach so viel Spaß gemacht lokal gegen andere zu spielen - vor allem unterwegs. Leider ist das Spiel bei einem Umzug abhanden gekommen :(
  • Avatar von Tobias
    Tobias 29.11.2020, 08:44
    Mario Kart DS ist damals irgendwie an mir vorbeigegangen, obwohl ich jung war, einen DS besaß und Mario Kart mochte. Sicher hatte ich es mal auf Klassenfahrten gespielt, aber besessen hatte ich das Spiel doch nie – ganz im Gegenteil zu allen anderen Hauptteilen der Mario-Kart-Reihe, die ich mir im Laufe der Zeit zugelegt habe. Diesen unhaltbaren Zustand habe ich dann endlich dieses Jahr geändert und Mario Kart DS als eine Art Vorbereitung auf diese Reportage für die Wii U erworben. Auch wenn ich 15 Jahre zu spät war, hat es mir super viel Spaß gemacht; es fühlte sich wirklich an wie nachgeholte Kindheit!