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No Straight Roads

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No Straight Roads

Nach dem Ende von „No Straight Roads“ war ich mehr als glücklich, dass die Reise endlich vorbei war. Dabei war anfangs die Begeisterung noch groß, und die meisten Lobeshymnen der ersten Stunde lassen sich auch nach dem Finale noch singen. Doch während „No Straight Roads“ in Sachen Stil, Story und Musik alles richtig macht, ist es ausgerechnet das Gameplay, das einfach nicht funktioniert.

Mit Rock gegen das EDM-Imperium

Die Geschichte dreht sich um Mayday und Zuke, die zusammen als Rockband Bunk Bed Junction die Welt erobern wollen. Dafür treten sie in einer Casting-Show auf, deren Regeln ein wenig anders funktionieren, als in unserer Welt. Musik kann nämlich in Energie umgewandelt werden, wofür sich die Firma No Straight Roads verantwortlich zeigt. Die eigentlich sehr effiziente Rock-Performance des Duos wird aber nicht akzeptiert, da die Chefin ausschließlich EDM-Musik hören möchte. Hinzu kommt, dass die beiden schnell erfahren, dass No Straight Roads bei der Stromversorgung die reiche Bevölkerung bevorzugt, weshalb sie dem ein Ende setzen wollen.

Die Geschichte selbst ist nicht unbedingt die spannendste, denn das Duo kämpft sich lediglich durch verschiedene Level und konfrontiert die jeweiligen Bosse, um am Ende gegen die Chefin anzutreten. Doch der eigentliche Charme entsteht durch die witzigen Dialoge und überdrehten Charaktere, die wunderbar umgesetzt wurden. Ständig erwischt man sich beim Schmunzeln, denn der Humor wurde erstklassig umgesetzt. Somit verzeiht man dem Spiel seine klischeehafte Handlung und freut sich viel mehr auf die Begegnungen des Duos mit der Welt. Dennoch gibt es auch ernsthaftere Szenen, insbesondere dann, wenn über das autoritäre Regime gesprochen wird, das es zu stürzen gilt. Diese Kernnachricht passt wunderbar zum Spiel und lässt die Handlung dann doch spannender werden, als man es erwarten würde.

Im Musikvideo

Die größte Stärke des Spieles ist definitiv seine Präsentation. Die Welt und die Level sehen beeindruckend aus und lassen stets ein Effektgewitter los, das besser nicht zur Musik passen könnte. Auch das Design der Charaktere wirkt wie aus einem Comicbuch und funktioniert aufgrund der Überzeichnung erst so gut. Man kann den Blick nahezu nie vom Bildschirm wenden, und selbst bis zum Finale hat man sich nicht satt gesehen.

Hinzu kommt die fantastische Musik, denn die Macher verurteilen keineswegs EDM, sondern feiern den Stil zusammen mit Rock, Rap und noch vielen anderen Genres. Rock steht dennoch im Vordergrund, und somit verändert sich der Soundtrack im Laufe der Songs mitunter stark, denn wie auch in der Handlung erobert die Rockmusik alles.

Überraschend klassisch

Eine beeindruckende Präsentation, eine gute Geschichte, ein starker Humor, ein toller Soundtrack – am liebsten würden wir an dieser Stelle mit den Lobeshymnen weitermachen, doch leider gibt es da noch das Gameplay sowie das Leveldesign. Ersteres klingt auf dem Papier ambitioniert, denn die Gegner greifen stets im Takt an. Somit muss man zuhören, welche Töne sie von sich geben, und passend ausweichen, um keinen Schaden abzubekommen. Leider führt das in der Praxis dazu, dass dem Kampf selbst die Dynamik fehlt. Man muss meist neben dem Takt ausweichen und angreifen, wobei die sicherste Strategie sowie darin resultiert, dass man zum Gegner läuft, eine Kombo loslässt, wegläuft, im passenden Moment ausweicht oder springt und diese Prozedur vom ersten bis zum finalen Kampf wiederholt. Die Präsentation kann leider keinen Spielspaß generieren, sodass man sich stets durch diese immer gleichen Passagen quält, um mit wunderbaren Dialogen belohnt zu werden.

Hinzu kommt, dass das Kampfsystem schlichtweg nicht gut ist. Das Trefferfeedback ist schwammig, die Kombos sind sehr simpel und ein wirklicher Spielfluss kommt selten auf. Die Charaktere sollen sich anders spielen, doch auch hier gibt es in der Praxis nur wenige Unterschiede, denn Zuke ist ein wenig schneller, richtet dafür weniger Schaden aus. Nahezu jeder Kampf lässt sich aber sowieso mit Buttonmashing im richtigen Moment lösen – Spielspaß kommt dabei nur selten auf. Die Bosse sind ebenfalls zwar stark inszeniert, bieten aber spielerisch keine Herausforderung.

Mehr fürs Auge

Beim Leveldesign gibt es nahezu dasselbe Problem. Optisch sind die Welten nämlich beeindruckend, surreal und unfassbar kreativ geraten. Jeder neue Abschnitt ist ein wahrliches Abenteuer und man würde sich gerne umschauen, wenn die Kamera nicht so häufig auf Schienen fahren würde. Und sobald man die Level durchqueren muss, merkt man das recht monotone Design, denn man prügelt auf Gegner ein, sammelt ein paar Gegenstände und wiederholt auch das immer und immer wieder.

Ein Lichtblick ist die Hubwelt, die zwischen den Leveln frei erkundet werden kann. Hier darf die Band für mehr Fans diverse Fähigkeiten freischalten, die die Kämpfe leider nicht weniger repetitiv gestalten. Dennoch ist es wunderbar, die wunderschöne Stadt zu durchqueren, neue Ecken mit neuen Fähigkeiten freizuschalten und kleine Geheimnisse zu entdecken.

Unschöne Portierung

Leider läuft das Spiel technisch nicht einwandfrei auf Nintendo Switch. Die Texturen sind häufig matschiger als auf den anderen Konsolen, was dem ansonsten so großartigen Stil schadet. Auch die Kantenglättung ist enttäuschend, während die Bildrate im TV-Modus nur selten die angepeilten 60 erreicht. Der Handheld-Modus spielt sich da schon besser, verschlechtert die Bildqualität aber noch weiter.

Der Mehrspieler-Modus ist derweil leider nur bedingt zu empfehlen. Zwar funktioniert er wie versprochen, doch gibt es nur wenige Szenen, in denen Kooperation angesagt ist. Diese spielen sich dann zwar besonders toll, können aber nicht über das eigentlich schwache Gameplay hinwegtäuschen.

Weiterführende Links: Forum-Thread

Fazit & Wertung

„No Straight Roads“ ist ein tragisches Spiel. Von der Präsentation über den fantastischen Soundtrack bis hin zur Story stimmt eigentlich alles, wäre da nicht das eigentliche Gameplay. Dieses entfaltet nie sein Potential und verkommt daher zum Beiwerk, während man sich über die wunderbar surrealen Level freut. Das ist schade, denn das zieht die gesamte Spielerfahrung zu stark herunter – dennoch lässt sich „No Straight Roads“ eingeschränkt empfehlen, denn die eigentlichen Konzepte sind überaus unterhaltsam.

Bisher gibt es einen Kommentar

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  • Avatar von BIGBen
    BIGBen 18.05.2021, 20:46
    Sehr schade. Der Style und das Thema hätte mir sehr gut gefallen, aber wenn das Gameplay so derartig daneben ist, dann ist es nichts für mich.