Spiele • Switch

Animal Crossing: New Horizons

Inside Nintendo 172: Animal-Crossing-Produzent Katsuya Eguchi im Entwicklerportrait

„Animal Crossing: New Horizons“, das vor wenigen Wochen für Nintendo Switch erschienen ist, bedeutet für seinen Produzenten Katsuya Eguchi nur einen weiteren Eintrag auf der langen Liste der Leistungen seines Lebens. „Super Mario Bros. 3“, „Super Mario World“, „Star Fox“, „Wii Sports“ und viele Weitere – im Laufe seiner über drei Jahrzehnte währenden Karriere hat der Nintendo-Veteran und „Animal Crossing“-Vater an einigen der wichtigsten Spiele des Konzerns mitgewirkt. Anfang April feierte Eguchi seinen 55. Geburtstag. Mit dieser Reportage über sein Wirken und seine Bedeutung ehren wir einen der wichtigsten Entwickler der Nintendo-Geschichte.

Katsuya Eguchi auf einem offiziellen Pressefoto von 2015. Übrigens handelt es sich bei der verbreiteten Angabe, dass Eguchis Geburtstag der 15. Mai sei, um eine Falschinformation.

„Wie wäre es mit Nintendo?“

Katsuya Eguchi wurde am 7. April 1965 in Tokyo geboren. In seiner Kindheit spielte er gern in Arcade-Hallen Videospiele, besaß aber keine der damals aufblühenden Heimkonsolen. „Na ja, ich wusste, dass so was existierte, aber …“, erinnerte er sich lachend zurück. Als sich sein Studium der Computergrafik am Japan Electronics College dem Ende zuneigte, begann er, sich nach potenziellen Arbeitgebern umzusehen, hatte aber noch keine genaue Vorstellung zu seiner beruflichen Zukunft.

Obwohl er in Form der Game-&-Watch-Handhelds bereits mit Nintendo-Produkten Kontakt hatte, war ihm das Unternehmen nicht wirklich ein Begriff. In einem Interview sagte er, dass er den Konzern in erster Linie „als Sponsor von Fernsehprogrammen“ kannte. Dass er schließlich dort landen würde, hat Eguchi dem Tipp eines Freundes zu verdanken. „Einer meiner Freunde wusste, dass ich gerne Videospiele spielte, und sagte mir: ‚Wie wäre es mit Nintendo?‘ Ich antwortete: ‚Wie, das Unternehmen, das Spielkarten machte?‘“

Konsolen-Spätzünder

Im April 1986, also mit bloß 20 Jahren, wurde Eguchi bei Nintendo angestellt. Dazu musste er nach Kyoto ziehen, weit weg von seiner Heimat, und Freunde und Familie hinter sich lassen – dieses anfängliche Gefühl der Einsamkeit hat er später in „Animal Crossing“ verarbeitet. „Als ich zu Nintendo kam, lebte ich in unternehmenseigener Unterkunft“, sagte Eguchi. „Einmal besuchte ich einen Kollegen in dessen Zimmer, und der hatte ein Famicom. Das war das erste Mal, das ich damit spielte.“

Zunächst wurde Eguchi als Grafiker der Nintendo-Entwicklungsabteilung Research & Development 4 zugeordnet, die unter der Leitung von Chefproduzent Shigeru Miyamoto stand und wenige Jahre später in Entertainment Analysis & Development (EAD) umbenannt wurde. Wie für diese Ära der Spielegeschichte üblich, liegen die Projekte, an denen er am Beginn seiner Karriere mitgewirkt hat, überwiegend im Dunkeln. Bekannt ist nur, dass Eguchi in dieser Frühphase als Grafiker an „Famicom Grand Prix: F-1 Race“, einem Japan-exklusiven Rennspiel, gearbeitet hat.

In der Frühphase seiner Karriere wirkte Eguchi maßgeblich an der Gestaltung der Spielabschnitte in „Super Mario Bros. 3“ (links) und „Super Mario World“ (rechts) mit. In der Mitte sehen wir Levelzeichnungen aus der Entwicklungsphase von „Super Mario Bros. 3“ – vielleicht stammen sie ja von Eguchi.

Vom Leveldesigner zum Produzenten

Nicht einmal zwei Jahre nach seinem ersten Kontakt mit dem Famicom sollte Eguchi dann an der Entstehung eines der größten Klassiker mitwirken, der je für dieses System entstanden ist, „Super Mario Bros. 3“. Hier oblag ihm die Gestaltung der Level, die er damals noch mühselig auf Millimeterpapier zu zeichnen hatte. Seine Kollegen Hideki Konno und Hiroyuki Kimura waren damals ebenfalls neu bei Nintendo angefangen – sie zählen nach Shigeru Miyamoto und Takashi Tezuka, den Projektleitern von „Super Mario Bros. 3“, zu einer späteren Generation Nintendo-Entwickler. Hatten Eguchi, Konno und Kimura damals noch als einfache Leveldesigner und Grafiker gearbeitet, sind sie alle inzwischen seit gut 20 Jahren wichtige Produzenten bei Nintendo.

„Super Mario Bros. 3“ kam 1988 auf den Markt und zählt zu den Höhepunkten der 8-Bit-Videospiele. Nach der für die Teammitglieder sehr anstrengenden und kräftezehrenden Arbeit war aber keine Verschnaufpause vorgesehen. „Danach waren erst einmal wieder andere Projekte dran“, sagte Eguchi, wobei diese Projekte leider nicht bekannt sind. Als sich dann das „Mario“-Team an die Arbeit machte, um eine Fortsetzung für die Nachfolgekonsole auf die Beine zu stellen, stieß auch Eguchi wieder dazu. „Super Mario World“ kam 1990 rechtzeitig zum Marktstart des SNES heraus. Hier war Eguchi wieder zusammen mit Konno für die bis heute legendäre Gestaltung der Spielabschnitte zuständig.

Frisch verlobter Mario-Baumeister

Von allen Spielen, an denen Eguchi beteiligt war, verbindet er „Super Mario World“ mit ganz besonderen Erinnerungen. Das liegt aber weniger daran, dass sich der Titel ebenfalls einen festen Platz in den Annalen der Spielegeschichte hat sichern können, sondern hat persönliche Gründe, denn damals war Eguchi gerade verlobt. „Ich hatte all diese Hochzeitsvorbereitungen, bei denen ich helfen musste, während ich das Leveldesign für ‚Super Mario World‘ machte“, erzählte er. „Es war eine sehr unruhige Zeit. Aber ich erinnere mich an die Fertigstellung das Spiels, dass es fertig für den Verkauf war und ich dann heiratete. Diese Phase meines Lebens ist eine wundervolle Erinnerung.“

Heute ist Eguchi in erster Linie als Vater von „Animal Crossing“ bekannt, doch dabei hat er einen wesentlichen Beitrag zur Levelgestaltung der wohl prägendsten Spiele des Jump’n’Run-Genres geleistet. Sein Kollege Konno bezeichnete ihn damals übrigens als besten Spieler innerhalb des Entwicklerteams: „Er kennt alle Level auswendig. Es ist, als könne er drei Bildschirme im Voraus sehen.“ Trotz seiner wichtigen kreativen Verdienste rund um zwei der größten „Mario“-Klassiker sollte „Super Mario World“ jedoch Eguchis letzter Beitrag zur „Super Mario“-Hauptreihe sein.

Die „Star Fox“-Crew basiert auf vier der Teammitglieder, wie Charakterdesigner Takaya Imamura verriet: „Director Katsuya Eguchi hat einen richtigen Hasenmund. Daher wurde er zu Peppy Hare.“ Hier zum Vergleich Eguchi auf einem Foto von 1993, dem ältesten uns bekannten Bild von ihm (Bildquelle).

Do A Barrel Roll

In den nächsten Jahren übernahm Eguchi innerhalb von Nintendo EAD größere Rollen und setzte sich bald zum ersten Mal in den Regiestuhl. Unter seiner Ägide entstand der SNES-Shooter „Star Fox“ – in Europa 1993 unter dem Titel „Starwing“ erschienen –, der besonders durch seine innovative 3D-Polygon-Grafik für Aufmerksamkeit sorgte. Auf Eguchis Kappe geht aber weniger diese technische Neuerung als vielmehr das Konzept und die Gestaltung des Spiels.

Für die Entwicklung von „Star Fox“ arbeitete Nintendo EAD zum ersten Mal mit einem ausländischen Studio zusammen, nämlich mit Argonaut Games aus dem Vereinigten Königreich. Dies markiert auf Eguchis Karriereleiter eine weitere besondere Erfahrung: „Zunächst haben wir mithilfe eines Übersetzers zusammengearbeitet, aber schließlich begannen wir, direkt miteinander zu sprechen, wobei wir darauf achteten, unsere Intentionen zu kommunizieren. Meine Familie sagte, dass sie mich manchmal im Schlaf Englisch sprechen gehört hat …“

Ein unveröffentlichter Nachfolger und ein Jet-Ski-Spiel

Im Anschluss machten sich Eguchi und seine Kollegen von Nintendo EAD und Argonaut Games an die Entwicklung einer direkten Fortsetzung. Doch obwohl das ebenfalls unter Eguchis Direktion entstandene „Star Fox 2“ 1995 komplett fertiggestellt war, wollte Nintendo es nicht veröffentlichen – Grund war, dass das SNES-Spiel so kurz vor der Veröffentlichung des N64 technisch einfach veraltet gewesen wäre. Der Konzern wollte Polygongrafik lieber der deutlich potenteren neuen Konsole überlassen. Die Arbeit war aber nicht vergebens, denn 2017 durfte „Star Fox 2“ im Rahmen des Nintendo Classic Mini: Super Nintendo Entertainment System doch noch offiziell seine Veröffentlichung feiern.

Die Arbeit an den „Star Fox“-Spielen legte Zeugnis ab von Eguchis Talent, die Fähigkeiten einer Konsole auf ungewöhnliche Art auszureizen. Schließlich war das SNES ja nicht auf Polygongrafik ausgelegt. Diese Erfahrung konnte Eguchi dann in die Entstehung des frühen N64-Titels „Wave Race 64“ (1996) einbringen. Hier teilte er sich den Regiestuhl mit Shinya Takahashi, der heute Chefproduzent von Nintendos interner Spieleentwicklung ist. An „Star Fox 64“, das diesmal komplett intern entstand, war Eguchi indes nicht mehr beteiligt. Seine Karriere ging andere Wege, während die „Star Fox“-Reihe ohne Beteiligung ihres Schöpfers fortgeführt wurde.

Eguchis Name ist bis heute eng mit „Animal Crossing“ verbunden, doch die Regie hatte er nur beim Erstling inne. Bei allen späteren Teilen der Reihe fungierte er als Produzent, während sein Kollege Nogami und in den neueren Titeln die jüngere Nintendo-Mitarbeiterin Aya Kyogoku die Regie übernahmen (Bildquelle).

Die Welt erblickt das Licht von Animal Crossing

Nach einigen Jahren Arbeit an actionlastigen Spielen kehrte Eguchi 1997 zu den Anfängen seiner Karriere zurück und übernahm das Leveldesign des N64-Jump’n’Runs „Yoshi’s Story“. Anschließend machte er sich mit Hisashi Nogami, einem der Grafiker von „Yoshi’s Story“, an die Entwicklung eines innovativen Spiels für das N64-Add-on 64DD. Ursprünglich sollte es ein auf Kommunikation zwischen den Spielern angelegtes Rollenspiel werden, doch mittendrin erfolgte ein Plattformwechsel zum regulären N64, womit die Pläne gehörig geändert werden mussten.

Schließlich verarbeitete Eguchi seine persönlichen Erfahrungen – die Einsamkeit aufgrund des Umzugs am Beginn seiner Karriere sowie das Dasein als vielbeschäftigter Familienvater, der kaum Zeit für seine Kinder hatte – und erdachte sein wohl wichtigstes Spiel, „Animal Crossing“. Ursprünglich erschien die Lebenssimulation unter dem Titel „Animal Forest“ als letzter N64-Titel in Japan, bevor sie für den GameCube portiert und auch im Westen veröffentlicht wurde, von wo aus das Spiel seinen Siegeszug fortsetzte. Der ganzen Geschichte hinter dem Spiel haben wir uns ausführlich in „Inside Nintendo 170“ gewidmet.

Wie so manche Spiele von Eguchi war auch „Animal Crossing“ zu seiner Zeit ziemlich ungewöhnlich, zeichnete es sich doch dadurch aus, gerade kein klassisches Abenteuer wie die meisten anderen Videospiele zu bieten. Trotzdem oder gerade deshalb avancierte Eguchis Werk zu einem der größten Nintendo-Franchises – der jüngste Teil, „New Horizons“, hat sich zu seinem Launch vor wenigen Wochen bereits millionenfach verkauft.

Aufstieg auf der Karriereleiter

„Animal Crossing“ war das letzte unmittelbar von Eguchi geleitete Projekt. Bei Nintendo steigen bewährte und erfolgreiche Projektleiter bald zu Produzenten auf, womit sie leitende Aufgaben erhalten, während die kreative Direktion an jüngere Enwickler übergeht, die Staffel also sozusagen weitergegeben wird. Bei Eguchi erfolgte diese Beförderung 2004 im Rahmen einer großen Umstrukturierung von Nintendo EAD. Das Studio wurde in fünf Abteilungen gegliedert, jede mit ihren individuellen Spielezuständigkeiten und von einem eigenen Produzenten geleitet, während Shigeru Miyamoto als Chefproduzent die Oberaufsicht erhielt.

Die 2004 ernannten EAD-Produzenten gehörten allesamt zu jener Entwicklergeneration, die Mitte der 1980er-Jahre bei Nintendo angefangen hatte, darunter auch Eguchis enger Kollege Hideki Konno. Eguchi selbst übernahm die Leitung des Software Development Department 2 von Nintendo EAD, das die Zuständigkeit für „Animal Crossing“ erhielt. Das erste von EAD 2 entwickelte Spiel und damit Eguchis Debüt als Produzent, „Animal Crossing: Wild World“ für den DS von 2005, knackte die Marke von zehn Millionen Verkäufen. Die Verkaufszahlen der Spiele des Teams sollten aber bald schon in noch höhere Dimensionen vorstoßen.

Eguchi 2006 im „Iwata fragt“-Interview zu „Wii Sports“. Die Aufteilung mehrerer Minispiele in die Sammlungen „Wii Sports“ und „Wii Fit“ geht auf Miyamoto zurück. Als dieser die Konzepte sortierte, gewann Eguchi einen ganz neuen Eindruck von der Arbeitsweise seines langjährigen Kollegen und Vorgesetzten: „Ich habe das damals auch zum ersten Mal erlebt. Als ich las, was er geschrieben hatte, dachte ich, ‚So sieht es also in seinem Kopf aus …‘“

Produzent des meistverkauften Videospiels aller Zeiten

Da Nintendo im Heimkonsolensektor unter Zugzwang stand, arbeitete der Konzern mit Hochdruck an neuartigen Ideen für den Nachfolger des GameCube. Während die Hardwareabteilung mit Ideen für einen innovativen neuen Controller experimentierte, oblag der EAD-Abteilung die nicht minder schwerwiegende Aufgabe, neuartige Spielkonzepte für die Hardware zu erproben. Diese Technik-Demos übten ihrerseits Einfluss auf die im Entstehen begriffene Wii-Fernbedienung aus. Einige der Wii-Technik-Demos aus dieser experimentellen Zeit veröffentlichte Nintendo zur Markteinführung der Konsole in überarbeiteter und ausgebauter Form in Form der beiden Minispielsammlungen „Wii Sports“ und „Wii Play“.

Warum wir das hier erzählen? Nun, Eguchi fungierte als Produzent beider Spiele, womit ihm die wenig beneidenswerte Aufgabe zufiel, aus den vielen groben Prototypen marktreife Spielesammlungen zu machen. „Man könnte sagen, es war ein einziges Chaos“, beschrieb er seine Arbeit. Die weitere Geschichte ist jedenfalls Geschichte: „Wii Sports“, das zusammen im Bundle mit der Wii verkauft wurde, stieß Langzeit-Platzhirsch „Super Mario Bros.“ vom Thron der meistverkauften Videospiele, den es seitdem mit 82,88 Millionen an den Mann und die Frau gebrachten Exemplaren für sich beansprucht (Multiplattform-Spiele nicht einbezogen). „Wii Play“ kam auf 28 Millionen Einheiten – auch dieses von Eguchi produzierte Spiel erreichte also eine Verbreitung, von der die meisten anderen Spieleentwickler nur träumen können.

Vorreiter einer neuen Art von Bewegungssteuerung

In den darauf folgenden Jahren arbeiteten Eguchi und EAD 2 an weiteren Casual-Spielen für Wii sowie einem neuen „Animal Crossing“-Teil. „Let's Go to the City“ kam 2008 auf den Markt und erfreute sich wie schon seine Vorgänger großer Beliebtheit. Das im selben Jahr veröffentlichte „Wii Music“ dürfte wohl Eguchis unbeliebtestes Projekt sein. Es folgte 2009 „Wii Sports Resort“, mit 33 Millionen Verkäufen stolzer Platz 3 der meistverkauften Wii-Spiele. Während „Wii Sports“ Pionierarbeit für eine neue, zugänglichere Art von Videospielen geleistet hatte, kam „Wii Sports Resort“ eine ähnliche Rolle für das neue Zubehör Wii MotionPlus zu, das eine weitaus präzisere Bewegungssteuerung ermöglichte.

Wii MotionPlus fand leider nicht ganz die von Nintendo erhoffte Verbreitung, wurde aber zum technischen Fundament des nächsten großen „Zelda“-Spiels, „Skyward Sword“. Dies hatte das Entwicklerteam um Eiji Aonuma ursprünglich vor große Herausforderungen gestellt. Dass „Skyward Sword“ schließlich gleichsam als Schwanengesang der Wii zeigen konnte, was die Konsole dank Wii MotionPlus alles drauf hatte, wäre ohne Eguchi und „Wii Sports Resort“ wohl nicht denkbar gewesen.

Hier enthüllt Eguchi auf der E3 2012 „Nintendo Land“. Er war nicht nur Produzent der Minispielesammlung, sondern auch der Wii U. Dass ein Spieleentwickler in so einer wichtigen Position an der Entstehung einer Heimkonsole beteiligt war, zeigt, wie eng Hard- und Softwareentwicklung bei Nintendo Hand in Hand gehen (Bildquelle).

Eguchi als Hardwareproduzent

Direkt nach der Veröffentlichung von „Wii Sports Resort“ hatten Eguchi und sein Team mit der Arbeit an Softwareexperimenten für frühe Hardwarekonzepte der Wii U begonnen. Da auch hier die Technik-Demos großen Einfluss auf die Entstehung der Hardware ausübten, handelte es sich um wertvolle Grundlagenarbeit für die nächste Generation der Nintendo-Heimkonsolen. Daher wurde Eguchi auch der Posten des Hardwareproduzenten der Wii U zugewiesen.

Aus den Prototypen wurde schließlich die Sammlung „Nintendo Land“, wieder von Eguchi produziert, die Ende 2012 parallel zur Wii U herauskam. Während sich Nintendo ein Äquivalent zu „Wii Sports“ erhoffte, entpuppte sich die Wii U bekanntlich als größter Hardwareflopp des Konzerns diesseits des Virtual Boy. Da Eguchi keineswegs der einzige Verantwortliche für die Entstehung der Konsole war, kann man ihn nicht für den Wii-U-Misserfolg verantwortlich machen. Gleichwohl handelt es sich nicht gerade um einen Glanzpunkt seines Lebenslaufs. Immerhin kam „Nintendo Land“ mit fünf Millionen Verkäufen auf den fünften Platz der erfolgreichsten Wii-U-Spiele.

Handhelderfolg und Produzentenwechsel

Zur gleichen Zeit konnte Eguchi im Handheldbereich dank „Animal Crossing: New Leaf“ wieder große Erfolge feiern. Bis heute wurde der Titel knapp zwölfeinhalb Millionen Mal verkauft – damit handelt es sich (noch) um den erfolgreichsten Teil der Reihe. Die Hoffnungen der Fans auf ein HD-„Animal Crossing“-Spiel für Wii U wurden währenddessen jedoch enttäuscht, wenn man einmal den Netzwerkservice „Animal Crossing Plaza“, der nur ein Jahr lang verfügbar war, außen vor lässt. 2013 brachten Eguchi und sein Team mit „Wii Sports Club“ einen HD-Teil der beliebten Sportspielreihe heraus, doch konnte dieser trotz lang gewünschter Online-Funktion kaum noch Aufmerksamkeit erzeugen.

Um diese Zeit durfte sich Eguchi über eine weitere Beförderung freuen, denn er wurde als Nachfolger von Takashi Tezuka zum General Manager der Kyoto-Entwicklungsabteilungen von Nintendo EAD ernannt. Seine Nachfolge als Produzent von EAD 2 trat „Animal Crossing“-Mitschöpfer Hisashi Nogami an. Sein Produzenten-Debüt war einer der ungewöhnlichsten Nintendo-Erfolge der letzten Jahre, der 2015 für Wii U veröffentlichte Team-Shooter „Splatoon“.

Hier sehen wir Hisashi Nogami und Katsuya Eguchi 2016. Nogami fungiert in Eguchis Nachfolge als Produzent von „Animal Crossing“ und „Splatoon“ (Bildquelle).

Ein ganz hohes Tier

Für Eguchi ging es währenddessen auf der Karriereleiter noch weiter bergauf. Als 2015 Nintendos interne Softwareabteilungen eine große Umstrukturierung durchliefen und unter dem Namen „Entertainment Planning & Development“ (EPD) zusammengeführt wurden, wurde Eguchi zu einem der Chefproduzenten der gesamten Abteilung ernannt. Als Deputy Manager und General Producer von Nintendo EPD hat er seitdem die Oberaufsicht über viele Nintendo-Entwicklungsprojekte in Kyoto. Eine noch höhere Position bekleidet als General Manager von Nintendo EPD Shinya Takahashi. Damit ist Eguchi aktuell die zweithöchste Person in Nintendos interner Entwicklungshierarchie.

In dieser übergeordneten Funktion taucht Eguchi in den Abspännen vieler Nintendo-Eigenproduktionen als General-Produzent auf, während innerhalb von Nintendo EPD nun das von Hisashi Nogami geleitete Production Team 5 für „Animal Crossing“ und „Splatoon“ verantwortlich zeichnet. Eguchi selbst hat in den letzten Jahren – das ist die Schattenseite einer so hohen Tätigkeit in Nintendos Studiohierarchie – jedoch kaum noch selbst kreativ Hand angelegt. Aber wer weiß, was die nächsten Jahre für den Japaner noch bereithalten, der Anfang April Tagen seinen 55. Geburtstag beging.

Vom Leveldesigner zum Chefproduzent: Ein Fazit

Alles in allem kann Katsuya Eguchi nach Ikonen wie Gunpei Yokoi, Shigeru Miyamoto oder Takashi Tezuka als einer der wichtigsten Entwickler der Nintendo-Geschichte gelten. Seine Leistungen sind immens: Er hat wesentlich das Leveldesign zweier zeitloser „Mario“-Klassiker verantwortet, die „Star Fox“- und „Animal Crossing“-Reihen begründet und mit „Wii Sports“ die Verantwortung für das erfolgreichste Einzelvideospiel aller Zeiten gehabt.

Noch mehr aber dürfte es Eguchis Pioniergeist sein, der ihm in den letzten Jahren so hohe Positionen innerhalb des Unternehmens eingebracht hat. Schließlich ist seine Karriere, wie wir sie nachgezeichnet haben, geprägt von ungewöhnlichen und innovativen Spielen. Außerdem würden ohne seine Mitwirkung an jenen Prototypen, aus denen „Wii Sports“ sowie „Nintendo Land“ hervorgingen, Wii und Wii U sicher ganz anders ausgesehen. Insofern hat Eguchi wesentlich zum Erfolg der Wii beigetragen, und als Hardwareproduzent oblag ihm auch eine große Verantwortung für die Wii U.

Selbst inmitten der hochkarätigen Nintendo-Entwicklerriege gibt es nur wenige andere Leute, deren direkt verantwortete Spiele auf eine so hohe Gesamtverkaufszahl kommen wie Eguchi. Dabei ist seine Entwicklungsphilosophie simpel: Es komme ihm darauf an, erklärte er 2016 in einem Interview, „dass die Spieler und all ihre Freunde eine schöne Erfahrung haben. […] Während sie spielen, können sie all ihre Probleme vergessen. Es ist also wichtig, dass die Spieler richtig ins Spiel eintauchen können.“

Wer sich ein Bild von Eguchis Tanzkünsten machen möchte – denn wer möchte nicht bedeutende Nintendo-Produzenten das Tanzbein schwingen sehen –, wird in diesem Video fündig, das 2012 auf einer Pressevorstellung des Wii-U-Titels „Sing Party“ entstanden ist.

Quellen: „The Inside Story of Animal Crossing“, Edge, 29. August 2008; „Iwata fragt: Super Mario Bros. 25. Jahrestag, Teil 3: Die Entwickler der Super-Mario-Reihe (1)“, Nintendo.de, 2010; Kyoto-Report. Einzelquellen sind im Text verlinkt.

Weiterführende Links: Forum-Thread
Weitere Infos im Hub

Inside Nintendo

Hinter den Kulissen von Nintendo

Bisher gibt es zwei Kommentare

Du bist nicht angemeldet. Logge dich ein oder registriere dich, um kommentieren zu können.
  • Avatar von Minato
    Minato 03.05.2020, 17:39
    Das Video als krönender Abschluss... xD
    Wie immer ein toller Report und spitzen Zusammenfassung. Vielen Dank für die immer großartige Arbeit!
  • Avatar von virus34
    virus34 03.05.2020, 13:58
    Danke wieder mal für den tollen Bericht!