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Nintendogs

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Inside Nintendo 171: Auf den Hund gekommen: Wie Nintendogs dem DS neue Tricks beibrachte

Rückblickend assoziieren wir Nintendos Spielesysteme der siebten Konsolengeneration, den DS und die Wii, vor allem mit sogenannten Casual-Spielen. Diese schickten sich an, mit niederschwelligen und innovativen Konzepten die Videospiellandschaft zugunsten jener vielen Menschen, die zuvor nicht mit dem Medium in Kontakt gekommen waren, zu erweitern – bekanntlich mit großem Erfolg. Dieser stellte sich aber erst mit den entsprechenden neuartigen Spieleerfahrungen ein. Das erste große Spiel dieser Casual-Welle erschien gut ein halbes Jahr nach der Veröffentlichung des DS – die Rede ist von der Haustiersimulation „Nintendogs“. Das zweiterfolgreichste DS-Spiel ist am 21. April 2005 und damit vor 15 Jahren in Japan erschienen; Grund genug für uns, auf Entstehung und Bedeutung des Titels zurückzublicken.

Vor Hunden war es Weißkohl

Mit der Idee einer Haustiersimulation hat Nintendo schon mehrere Jahre vor „Nintendogs“ experimentiert. 1997 machten Meldungen über ein Spiel mit dem ungewöhnlichen Titel „Cabbage“ – „Weißkohl“ – die Runde. Es handelte sich um eine Haustiersimulation für das N64, für deren Entstehung mit Nintendo-Legende Shigeru Miyamoto, dem späteren Nintendo-Präsidenten Satoru Iwata, „Pokémon“-Produzent Tsunekazu Ishihara sowie „EarthBound“-Entwickler Shigesato Itoi ein regelrechtes Nintendo-Dreamteam verantwortlich zeichnete. Leider ist „Cabbage“ nie veröffentlicht worden, und abseits ambitionierter Pläne sind nie konkrete Details durchgesickert – nicht einmal die Art der Kreatur, um die es in der Simulation gehen sollte, ist öffentlich spezifiziert worden.

Möglicherweise war das Projekt beeinflusst von den damals populären Tamagotchis, virtuellen Haustieren für die Hosentasche aus dem Hause Bandai. Jedenfalls war und ist „Cabbage“ eines der mysteriösesten Projekte aus Nintendos Geschichte – die ganze Story erfahrt ihr in „Inside Nintendo 95: Was steckte hinter dem mysteriösen Traumprojekt Cabbage?“. Eine der wenigen bekannten Informationen ist, dass das abgebrochene Projekt nicht ganz vergebens war: Erfahrungen aus der Entwicklung seien, wie Miyamoto 2006 verlautbaren ließ, in andere Spiele eingeflossen – konkret benannte er dabei „Nintendogs“.

Die Suche nach Vorläufern von „Nintendogs“ im Spielekatalog des „Mario“-Konzerns fördert aber noch andere Spiele zutage. So weist auch „Animal Crossing“ durch den Fokus auf Tiere, den Aspekt der Kommunikation sowie das generelle Spieldesign, das ohne wirkliches Ziel daherkommt und mit damals etablierten Genrekonventionen bricht, gewisse Parallelen zum DS-Spiel auf. Diese Ähnlichkeiten sind aber eher zufälligen Charakters: „Nintendogs“ und „Animal Crossing“ mögen beide in Nintendos EAD-Studios entstanden sein, wurden jedoch von unterschiedlichen Teams entwickelt.

Nintendogs-Beta für den GameCube?

Auch nachdem „Cabbage“ auf Eis gelegt worden war, scheint die Idee einer Haustiersimulation die Nintendo-Entwickler nicht losgelassen zu haben. Denn auch für den GameCube experimentierte das Unternehmen mit entsprechenden Konzepten. „Nintendogs“-Produzent Hideki Konno, der vor allem als Produzent der erfolgreichen „Mario Kart“-Spiele bekannt ist, erwähnte in Interviews, dass für den Spielwürfel Softwarekonzepte mit unterschiedlichen Tieren in der Mache gewesen seien. Es sei unter anderem um Hunde gegangen, „die aussahen und sich bewegten wie echte“.

Was genau es mit diesen Konzepten auf sich hatte, ist unklar. Oft werden sie als eine Art Beta-Version von „Nintendogs“ für den GameCube bezeichnet, was in dieser Form aber nicht aus den Quellen hervorgeht. Man wird wohl eher von groben Experimenten als von einem konkreten Spieleprojekt ausgehen müssen, so wie es oft bei der Vorproduktion von Nintendo-Spielen der Fall ist. Es war demnach vermutlich eines jener unzähligen Konzepte, an denen Nintendo intern herumbastelt, ohne absehen zu können, was einmal daraus wird.

Beide „Nintendogs“-Produzenten, Shigeru Miyamoto (links) und Hideki Konno (rechts) sind auch privat Hundefreunde: „Mein Hund ist ein Shetland Sheepdog namens Koro, ein typischer japanischer Hundename“, sagte Konno. „Herr Miyamoto hat auch einen Shetland Sheepdog, aber ich kann mich nicht an seinen Namen erinnern!“

Miyamoto oder der DS – wer stand am Anfang?

Einen deutlichen Schub erhielt das Bestreben, ein Videospiel über Tiere zu entwickeln, als eine neue Konsole in Nintendos Hardwareabteilung langsam Gestalt anzunehmen begann. Der 2004 veröffentlichte Handheld Nintendo DS wirbelte mit seinen zwei Bildschirmen, dem Touchscreen, Mikrofon und WiFi-Unterstützung die damalige Videospiellandschaft gehörig auf. Diese innovativen Funktionen ermöglichten völlig neue Arten der Interaktion, die wie angegossen zu einer Haustiersimulation zu passen schienen. Das bedeutete, dass die Zeit endlich reif war für ein entsprechendes Videospiel.

Verbreitet ist auch das Narrativ, dass Miyamoto damals selbst Herrchen eines Hundes geworden sei und darin die Inspiration zu einem auf des Menschen besten Freund basierenden Spiel gefunden habe. Wenn auch richtig sein mag, dass ein Hundehalter als Chefproduzent einem Videospiel über Hunde sicherlich wohlgesonnen gegenüberstand, so liegt dieser Variante der Ursprünge von „Nintendogs“ doch der damals stark ausgeprägte Starkult um Miyamoto zugrunde, weshalb sie nicht einfach unreflektiert übernommen werden sollte.

Kommunikation mit einem virtuellen Haustier

Hideki Konno, der auch an der Entstehung des Touch-Handhelds beteiligt war, wollte dessen besondere Funktionen in einem innovativen Spiel unterbringen – dies markiert den Ausgangspunkt für die Entstehung von „Nintendogs“. Die Ankunft des DS war also der äußere Faktor, der die bis dahin losen Überlegungen und Experimente zu einem Haustierspiel endlich konkret werden ließ. „Wir dachten, dass wir etwas mit Spracherkennung haben sollten“, erzählte Konno, „etwas, wo man spricht und wo irgendetwas darauf antwortet. Und etwas, wo man den Bildschirm berührt, damit es sich echt anfühlt.“

Gleichsam als Leitmotiv des Spiels wurde Kommunikation auserkoren. Der Spieler sollte sein virtuelles Haustier nicht nur, wie bei anderen Tiervideospielen üblich, sehen und hören können, sondern ihm auch Kommandos zurufen und es vermittels des Touchscreens „berühren“ können. Eine vollwertige Simulation strebten die Entwickler indes nicht an, weshalb das Haustier weder aufwachsen oder altern, noch gar sich fortpflanzen oder sterben sollte.

Ein frühes Logo für „Nintendogs“, das im Spielcode aufgefunden ist. Oben rechts steht auf Japanisch „Arbeitstitel“.

Die ewige Streitfrage: Hunde oder Katzen?

Im Rahmen der Experimente für den GameCube hatte Nintendo anscheinend noch mit mehreren Tierarten gearbeitet. Als die Überlegungen ernst wurden, rückten die zwei weltweit beliebtesten Haustiere in die engere Auswahl: Hunde und Katzen. Welche dieser Tierarten die bessere ist, ist und bleibt unter Haustierfreunden eine umstrittene Frage – Nintendo entschied sich damals für Hunde. Diese Entscheidung fiel selbstverständlich nur aus spielerischen Überlegungen heraus: „Wir wollten unbedingt, dass die Spieler Tricks mithilfe ihrer eigenen Stimme beibringen können“, so Konno. „Katzen sind in einem Nachteil, wenn es um das Erlernen von Tricks geht, und außerdem wollten wir […], dass die Tiere an Wettbewerben teilnehmen […] und die Spieler mit ihnen spazieren gehen.“

Das Spielkonzept, das den Entwicklern vorschwebte, passte also eher zu niedlichen Hundewelpen, und so avancierten diese zu den Stars der Nintendo-Haustiersimulation für den DS. Die Möglichkeit eines Kofferworts aus „Nintendo“ und „Dog“ mag dieser Entscheidung zusätzliche Überzeugungskraft verliehen haben. Als Name des Spiels war für Europa und Nordamerika ursprünglich „Puppy Times“ im Gespräch, doch auch hier legte sich Nintendo schließlich auf den eingängigeren Titel „Nintendogs“ fest.

Welchen hätten's denn gern?

Die Auswahl der Hunderassen, die der Spieler in seine Obhut sollte nehmen können, erfolgte einerseits nach persönlicher Präferenz der Entwickler, andererseits entsprechend der Beliebtheit einzelner Hunderassen in den unterschiedlichen Regionen der Welt. So umfassen die japanischen „Nintendogs“-Versionen 15, die westlichen hingegen 20 Rassen. Wir sprechen hier bewusst von „Versionen“ im Plural, denn „Nintendogs“ ist in mehreren Varianten erschienen, die sich durch die Auswahl der enthaltenen Rassen unterscheiden; in unseren Gefilden sind dies „Dachshund und Freunde“, „Chihuahua und Freunde“, „Labrador und Freunde“ sowie „Dalmatiner und Freunde“.

Mit den unterschiedlichen Versionen wollte Nintendo Austausch und Kommunikation unter den Spielern fördern. Dieses Vorgehen erinnert an die „Pokémon“-Spiele, hat aber noch einen anderen Grund: „Wir wollten, dass die Spieler ‚Nintendogs‘ in dem Augenblick zu spielen begannen, in dem sie im Spieleladen ankommen“, erklärte Konno. „Mit anderen Worten: Der Anfang des Gameplays besteht darin, eine Version aus [Vieren] zu wählen.“ Frühere Überlegungen gingen so weit, dass für jede einzelne Rasse eine eigene Edition erscheinen sollte, was in Japan 15 „Nintendogs“-Spiele bedeutet hätte. Damit hätte es sich anfühlen sollen, als wähle man sich seinen eigenen Hund beim Zwinger aus. Dieser Vorstoß, der von Miyamoto und Nintendo-Präsident Satoru Iwata ausgegangen war, wäre dann aber doch zu viel des Guten geworden.

Dieser Bilder stammen aus der frühen „Nintendogs“-Technik-Demo. Weder wann und warum diese gezeigt wurde, noch welches Entwicklungsstadium sie spiegelt, ist uns bekannt. Bislang konnte außerdem kein Videomaterial dieser frühen Fassung des Spiels gefunden werden. Hier befinden sich die Welpen anscheinend noch im Nichts, und die Benutzeroberfläche sieht völlig anders aus.

Lasst die Hunde los!

„Nintendogs“ entstand innerhalb von Konnos Team parallel zu „Mario Kart DS“. Die Entwicklung beider Titel hatte ungefähr zur gleichen Zeit begonnen und markierte das erste Mal, dass Konno als Produzent bei der Spieleentstehung involviert war. Projektleiter von „Nintendogs“ war Kiyoshi Mizuki, der bereits für „Luigi's Mansion“ und „Mario Kart: Double Dash!!“ im Regiestuhl gesessen hatte.

Zusammen mit dem Touch-Handheld und weiteren Spielen wurde „Nintendogs“ im Rahmen der E3 2004 enthüllt. Im Herbst 2004 begann Nintendo anlässlich der nahenden Veröffentlichung des DS in Nordamerika und Japan die Werbetrommel für das Hundespiel zu rühren; bis zum Erscheinen sollte es aber noch mehrere Monate dauern. Dass der Titel schließlich in drei verschiedenen Versionen auf den Markt kommen würde, gab Nintendo erst im März 2005 und damit wenige Wochen vor dem japanischen Release bekannt.

Aus der Zeit vor der Veröffentlichung sind uns viele frühe Screenshots überkommen, teils mit zahlreichen und bedeutenden Unterschieden im Vergleich zur fertigen Version. Insbesondere die Benutzeroberfläche erfuhr demnach innerhalb weniger Monate eine komplette Umgestaltung. Im Spielcode finden sich überdies Hinweise auf die zwei gestrichenen Hunderassen Kontinentaler Zwergspaniel und Malteser, von denen es aber keine Grafiken mehr gibt. Komplettiert wird das Material aus der Entwicklungsphase von einer sehr frühen Technik-Demo, die ebenfalls 2004 gezeigt worden war.

Der DS zeigt, was er drauf hat

Den anfänglichen Ambitionen der Entwickler entsprechend, stellt „Nintendogs“ eindrucksvoll die Fähigkeiten des Nintendo DS unter Beweis. Um seine virtuellen Welpen zu streicheln, sie zu waschen, zu füttern, mit ihnen zu spielen und Gassi zu gehen, benötigt der Spieler nur den Touchpen. Eine solche haptische Komponente ist heutzutage völlig normal, war damals aber etwas total Neuartiges. Dank des Mikros reagieren die Hunde sogar auf die Stimme von Herrchen und Frauchen und können Tricks erlernen. Auf früheren Konsolen wären solche direkten Formen der Interaktion nicht ohne Zubehör möglich gewesen.

Da der DS Nintendos erste tragbare Konsole mit integrierter Drahtlosfähigkeit war, musste auch diese prominent in „Nintendogs“ zum Einsatz kommen. So können sich zwei „Nintendogs“-Spieler lokal verbinden, um ihre Welpen miteinander spielen zu lassen und dabei Informationen, Items sowie Sprachnachrichten auszutauschen. Wer sämtliche Inhalte freischalten möchte, muss sich zwangsläufig mit Besitzern anderer Versionen verbinden, ähnlich wie bei „Pokémon“. Eine Online-Komponente gab es indes noch nicht, denn als „Nintendogs“ erschien, war die WiFi-Connection noch nicht an den Start gegangen. Erst mit „Mario Kart DS“ gab Nintendos Online-Service – und damit erstmals Online-Spielen auf einem Nintendo-Handheld – im Herbst 2005 sein Debüt.

Dies sind die ersten Screenshots aus dem eigentlichen Spiel. Auch hier unterscheidet sich die Benutzeroberfläche noch stark vom fertigen „Nintendogs“. Außerdem sind zwei Funktionen zu sehen, die es im fertigen Spiel nicht mehr gibt, „Phone“ und „Training“ – was genau sich dahinter verbarg, muss offen bleiben.

Virtuelles Gassigehen in der echten Welt

Neben dem klassischen Zweispielermodus bietet „Nintendogs“ den sogenannten Wauwau-Modus. Der Gedanke hinter diesem ist, dass „Nintendogs“-Spieler ihre virtuellen Schützlinge quasi in der echten Welt ausführen und dabei zufällig auf Gleichgesinnte treffen. Denn begegneten sich zwei DS-Geräte im Standby mit aktiviertem Wauwau-Modus in „Nintendogs“, tauschten die Systeme dank drahtloser Verbindung automatisch im Vorübergehen die entsprechenden Daten aus, ohne dass die Besitzer das merkten. Zu solchen Begegnungen kam es aufgrund dieser Bedingungen in der Praxis jedoch nur extrem selten.

Einige Jahre später wurde dieses Feature weiterentwickelt und mündete in der StreetPass-Funktion des Nintendo 3DS, an dessen Entstehung „Nintendogs“-Produzent Konno ebenfalls mitwirkte (mehr in „Inside Nintendo 154: Die 3DS-Reportage, Teil 3: Systemfunktionen und vorinstallierte Spiele“). Wenn sich zwei 3DS-Systeme im Standby-Modus begegnen, tauschen sie automatisch StreetPass-Daten sämtlicher kompatibler Spiele aus. Anders als bei „Nintendogs“ muss das jeweilige Spiel dazu nicht im Hintergrund laufen, was zufällige Begegnungen weitaus häufiger macht. Ohne den Vorläufer in „Nintendogs“ hätte es den interessanten StreetPass-Modus, der besonders auf Spielemessen sein volles Potenzial entfaltete, aber wohl nie gegeben.

Ein Welterfolg? Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt!

Wäre es ein halbes Jahr früher erschienen, hätte „Nintendogs“ das perfekte Launchspiel für den DS werden können. So aber ging der DS in Amerika im November 2004 nur mit dem Remake „Super Mario 64 DS“ an den Start. In den nächsten Monaten brachte Nintendo eher kleinere Titel heraus. Der Marktstart von „Nintendogs“ am 21. April 2005 in Japan markierte dann den Start einer großen Softwareoffensive, getragen von neuartigen Spieleerfahrungen, die sich primär an mit Videospielen Ungeübte richteten. Der zweite große Casual-Titel für den DS, „Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging“, erschien in Japan bereits im Monat darauf.

In Japan entpuppte sich „Nintendogs“ rasch als großer Erfolg; die japanische Spielezeitschrift Famitsu verlieh dem Spiel im Test ihre Höchstwertung, die bis dahin nur vier anderen Spielen je zuteil geworden war. „Nintendogs“ sorgte für eine rasante Steigerung der Verkaufszahlen des DS, der sich erst jetzt zu einem richtigen Phänomen zu entwickeln begann. In Amerika erschien das Spiel am 22. August 2005, während es in Europa im Oktober so weit war.

Auf der ganzen Welt mauserte sich der Titel zu einem riesigen Erfolg und verkaufte sich noch Jahre nach seiner Veröffentlichung blendend. Offiziellen Angaben zufolge sind alle „Nintendogs“-Versionen auf der ganzen Welt 23,96 Millionen Mal über die Ladentheken gegangen. Knapp vor „Mario Kart DS“ belegt das Spiel damit den zweiten Platz auf der Liste der meistverkauften DS-Spiele – mit großem Abstand nach „New Super Mario Bros.“ Dass der DS zur erfolgreichsten tragbaren Spielekonsole aller Zeiten avancierte, auch dazu dürften Nintendos virtuelle Welpen einen entscheidenden Beitrag geleistet haben.

Ein weiterer Fund aus den internen Spieldaten: Eine sehr frühe und grobe Version der Karte fürs Gassigehen. Auch in der Spieleentwicklung wird mit Platzhaltern gearbeitet!

Nintendo lässt die Spieler von der Leine

Für die große Beliebtheit von „Nintendogs“ hatte Nintendo zwei Erklärungen parat: Einerseits stelle der Titel mit seiner Einfachheit und Niedlichkeit einen starken Kontrast zu dem sonst stark von komplexen und oft auch gewalttätigen Spielen geprägten Spielemarkt dar. In „Nintendogs“ gibt es kein Ziel, das der Spieler erreichen muss, keine Aufgaben, die er abzuarbeiten hat; es geht nur darum, dass er Zeit mit seinen virtuellen Haustieren verbringt und dabei Spaß hat. Da Hundewelpen auf der ganzen Welt beliebt sind, überschreite der Reiz des Spiels die Grenzen einzelner Kulturen, so Nintendo weiter.

Der Erfolg des Spiels, gerade auch in der bis dahin für den Konzern eher schwer zugänglichen Zielgruppe der jungen Mädchen, gab Nintendo in seinem Casual-Vorhaben Recht. Dies bekräftigte den Kurs des Unternehmens und prägte die interne Strategie für die kommenden Jahre. „[‚Nintendogs‘] braucht nicht die Art von Spiel zu sein, bei der man Level abschließt oder nicht“, erklärte Miyamoto damals. „Und ich glaube, das bedeutet, dass das bislang in Spielen übliche Modell, dass man eine vorgegebene Strategie hat, eine Karte, die man abschreiten muss, und eine klare Aufgabe – dass dies nicht notwendig die einzige Art von Spiel da draußen ist.“

Warum Hunde besser als Katzen sind

Wie schon gesagt, wäre „Nintendogs“ das ideale Launchspiel für den DS gewesen. Das hat sich wohl auch Nintendo gedacht und darum sichergestellt, dass der nächste Handheld zusammen mit einem „Nintendogs“-Spiel auf den Markt kommen würde. Dies ging sogar auf Kosten der Entwicklung von „Mario Kart 7“, die ebenfalls Anfang 2010 begonnen hatte und erst Ende 2011 abgeschlossen werden konnte. So erschien im Frühjahr 2011 parallel zum Start des 3DS „Nintendogs + Cats“. Katzen waren ja schon für das DS-Spiel erwogen worden – und bereits 2005 hatte Produzent Konno offen über die Möglichkeit einer Fortführung der eingeschlagenen Linie gesprochen.

„Tatsächlich schließen wir die Möglichkeit nicht aus, Spiele über andere Tiere zu entwickeln. Mit dem Erfolg von ‚Nintendogs‘ in Japan ziehen wir jetzt weitere Optionen in Erwägung“, sagte Konno damals. „Um die Wahrheit zu sagen“, fuhr er fort, „hatten wir bereits am Beginn dieses Projekts angefangen, ein Katzen-basiertes Spiel zu entwickeln. Wir haben also bereits Katzenmodelle, Sprachdaten und so weiter.“ Später kam heraus, dass sein Team nach „Nintendogs“ nicht nur über Katzen, sondern auch über Pferde und Delphine sowie über die Wii als Zielplattform nachgedacht habe.

Bis der Nachfolger dann herauskam, sollte es aber noch über fünf Jahre dauern, und obwohl schließlich ebenfalls millionenfach verkauft, konnte „Nintendogs + Cats“ nicht an den überwältigenden Erfolg seines Vorgängers anknüpfen. Als alleiniger Nintendo-Launchtitel für den 3DS wurde es mitverantwortlich für dessen schlappen Start gemacht. Lag der geringere Erfolg des Spiels daran, dass der Casual-Zug damals bereits abgefahren war – oder daran, dass Hunde beliebter sind als Katzen?

Hauptquellen: Craig Harris: „E3 2005: Nintendogs Interview“, IGN, 19. Mai 2005; Ellie Gibson: „Nintendogs. We go for a walk with Hideki Konno“, Eurogamer, 23. August 2005; Peter Rojas: „The Engadget & Joystiq Interview: Nintendo's Shigeru Miyamoto“, Joystiq, 3. Oktober 2005, archivierte Version vom 29. Juni 2011 im Internet-Archiv; The Cuttting Room Floor. Weitere Quellen sind im Text verlinkt. Zusätzlich sei verwiesen auf ein interessantes deutsches Interview mit Konno über „Nintendogs“: Sven Stillich: „Der Herr der Hunde spricht“, Stern, 16. Oktober 2005.

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Bisher gibt es einen Kommentar

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  • Avatar von virus34
    virus34 12.04.2020, 14:25
    Vielen Dank wieder mal für den tollen Bericht und einschließlich Osterfest an euch. Lasst euch nicht mit Corona infizieren.