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Stories Untold (eShop)

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Stories Untold (eShop)

2017 erschien mit „Stories Untold“ ein kleiner Überraschungshit. Basierend auf dem Projekt eines Game Jams konnte das Entwicklerstudio No Code eine Horror-Anthologie erschaffen, die allem voran durch ihre Spielmechaniken überraschte. Das Problem: Diese waren so stark auf die Verfügbarkeit einer Tastatur ausgelegt, dass eine Konsolenfassung unwahrscheinlich wirkte. Bis Devolver Digital gerade diese überraschend für Nintendo Switch angekündigt hat. Ob das gut gegangen ist?

Zeitreise

Allzu viel kann man gar nicht über „Stories Untold“ verraten, denn das Spiel lebt von seinen Überraschungen. Das merkt man bereits bei der ersten Episode, die auf nur einem Bildschirm stattfindet. Der Spieler findet sich nämlich vor einem alten PC wieder und steuert einen Charakter, der zum Haus seiner Familie zurückkehrt. Gespielt wird das wie in einem alten Text-Adventure, und hier kommt auch schon die größte Portierungsfrage ins Spiel.

Anstatt auf einer virtuellen Tastatur Befehle wie „Gehe zu Tür“ oder „Benutze Generator“ auszuschreiben, hat der Spieler die Wahl zwischen vorgegebenen Wörtern, aus denen dann eben diese Befehle zusammengebaut werden. Das hat zwar den Nachteil, dass somit die mysteriöse Frage nach dem Möglichen wegfällt, gleichzeitig wird eine große Kritik des Originals aufgehoben. Dort war dieses Rätselraten nämlich nicht immer einfach, und ähnliche Befehle wurden als Fehler gewertet. Nun ist die Herausforderung geringer, dafür kommt es zu deutlich weniger Phasen, in denen man dazu geneigt ist, in die Komplettlösung zu schauen.

Die vierte, fünfte und sechste Wand

Nun klingt das nicht unbedingt spannend, doch genau hier kommen die vielen kleinen Überraschungen ins Spiel. Denn der Protagonist des Spieles im Spiel findet das gleichnamige Spiel „Das verlassene Haus“, und spielt fortan ein Spiel im Spiel im Spiel. Hört sich verwirrend an, wird aber überaus spannend umgesetzt, da sich ab diesem Punkt auch die sichtbare Umgebung verändert. Auf Jumpscares setzen die Macher nicht, sondern auf eine intensive Atmosphäre, die bis zum Finale nicht abnimmt.

Wer glaubt, dass im Anschluss immer wieder dasselbe Prinzip abgespult wird, darf sich freuen. Bereits die zweite Episode führt nämlich völlig neue Spielmechaniken an, denn mehrere Maschinen müssen über einen Cursor betätigt werden. Hier wird die Steuerung dann zu einem Problem, denn der Touchscreen wird nicht genutzt. Und auch der kleine Bildschirm ist kontraproduktiv, denn die Schalter sind wahnsinnig klein, während die Zoom-Funktion nicht weit genug herangeht. Somit gestaltet sich der Ablauf leider sehr fummelig, ändert aber nichts daran, dass die Episode selbst eine Wucht ist – aus Gründen, die jeder selbst herausfinden sollte.

Weltuntergang

Die dritte Episode führt den Spieler dann in eisige Gefilde, wo von einer Forschungsstation aus Codes entschlüsselt werden müssen. Das steuert sich ebenfalls nur bedingt gut, denn die Tastatur, auf der die verschiedenen Befehle zu finden sind, wird per Shift-Funktion doppelt belegt. Auch spielerisch will der Funke nicht unbedingt übergehen, denn das Entschlüsseln über eine unscharfe Anleitung fühlt sich mehr nach Arbeit an als nach interessanten Rätseln. Glücklicherweise ist hier die Atmosphäre besonders wichtig, und das authentische Erlebnis bietet einen unerwarteten Bruch mit den zuvor etablierten Konventionen.

Keine Enden, ein Finale

Leider leiden alle drei Episoden unter demselben Problem: Für sich alleine enden sie zu abrupt. Zwar sind offene Enden gerade in diesem Genre sehr beliebt, doch jede Geschichte endet kurz vor einem Höhepunkt, den man gerne erlebt hätte. Es wird sogar zu wenig über die einzelnen Welten bekanntgegeben, sodass es sich bis auf eine Ausnahme nicht einmal lohnt, genauer hinzuschauen und Theorien aufzustellen.

Das hat auch einen Grund, denn die finale Episode verbindet die einzelnen Geschichten auf eine kontroverse Weise. Einerseits gibt es eine Antwort auf die Fragen, die man hat. Auf der anderen Seite dürfte diese einigen nicht gefallen, die sich mehr von den in sich geschlossenen Episoden erhofft haben – die stehen nämlich nicht für sich alleine. Viel klarer lässt sich das Ende wohl nicht beschreiben, ohne etwas zu verraten. Spieler sollten aber ein kontroverses Finale erwarten, das das Geheimnis von „Stories Untold“ restlos aufklärt.

Suboptimale Portierung

In Sachen Atmosphäre haben die Entwickler eine Meisterleistung vollbracht. Vom Ohrwurm-Intro, das ein „Stranger Things“ meilenweit übertrifft, bis hin zu den einzelnen Spielbildschirmen legen sie viel Wert auf den Charme der 80er und 90er Jahre. Die Horror-Elemente wurden erstklassig implementiert und verzichten größtenteils auf Jumpscares. Die Sprecher enttäuschen ebenfalls nicht, auch wenn es nur eine englische Synchronisation gibt.

Technisch ist leider nicht alles perfekt. Die fehlende Kantenglättung stört glücklicherweise bei den Standbildern nicht, doch sobald Bewegung ins Spiel kommt, wird die wunderbare Ästhetik zerstört. Noch schlimmer: In grandiosen Momenten ist das Bild im Handheld-Modus derart unscharf, dass man sich darüber ärgert, anstatt sich über den Wechsel zu freuen. Ob hier die Grenzen des Systems erreicht wurden, oder mehr drin gewesen wäre, wissen wohl nur die Macher selbst.

Weiterführende Links: Forum-Thread

Fazit & Wertung

„Stories Untold“ ist ein einzigartiges Spiel, dessen Prämisse viel verspricht. Die einzelnen Geschichten können überzeugen, solange man kein Problem damit hat, dass sie ebenso mysteriös enden, wie sie anfangen. Zumindest, wenn man das Finale außen vor lässt, das die Spielerschaft durchaus spaltet. Dafür überzeugen die Macher mit interessanten Rätseln und einer bemerkenswerten Inszenierung, die eine ganz besondere Atmosphäre erzeugt. „Stories Untold“ ist kein Spiel für jedermann, dafür eines, das in Erinnerung bleibt.

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