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The Last Remnant Remastered (eShop)

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The Last Remnant Remastered (eShop)

Lange Zeit galt „The Last Remnant“ als das vergessen Rollenspiel von Square Enix. Obwohl es eine große Welt sowie ein interessantes Kampfsystem bot, waren die Reviews nicht allzu positiv und statt einer Fortsetzung wurde die Marke fallen gelassen. Über 10 Jahre später erschien allerdings endlich ein Remaster, das nun auch auf Nintendo Switch erhältlich ist. Lohnt sich der erneute Trip, oder wird deutlich, wieso das Spiel kein Hit geworden ist?

Blasse Helden in einer interessanten Welt

Der Hauptcharakter Rush Sykes ist auf der Suche nach seiner entführten Schwester Irena und findet sich schnell in einem gnadenlosen Krieg wieder. In der Welt von „The Last Remnant“ geht es nämlich um das titelgebende Remnant, eine magische Kraft, die nur bestimmte Menschen nutzen können. Natürlich ist genau deswegen ein Krieg ausgebrochen, denn statt ein Zeitalter des Friedens einzuleiten, wurde die Welt in mehrere Königreiche aufgeteilt, die während der Handlung von dem bösen Conqueror erobert werden. Schon bald nimmt der Krieg viel größere Ausmaße an und das gesamte Schicksal der Welt steht auf dem Spiel.

Die Geschichte dürfte für einige Spieler etwas merkwürdig wirken, insbesondere in den ersten Stunden. Das liegt hauptsächlich daran, dass Rush und seine persönlichen Ziele schnell in den Hintergrund geraten und die politischen Konflikte zum Zentrum des Geschehens werden. Das ist nicht unbedingt schlecht, denn diese Ereignisse bleiben interessant und wendungsreich, allerdings kehrt die Narrative ständig auf Rush und seine persönlichen Erfahrungen zurück. Diese Sequenzen gehören zu den schwächsten und stören das Pacing enorm, denn auch die restlichen Gefährten sind völlig austauschbar und bereichern die komplexe Welt keineswegs. Momente, in denen Konzepte lange und unspektakulär durchgekauft werden, blähen viele Szenen zudem auf. Die Bösewichte sind derweil nicht klischeehaft geraten und gut ausgearbeitet, damit das Bild nicht schwarz-weiß bleibt. Das macht es aber auch ein Stück weit tragischer, dass der Spieler keine richtige Identifikationsfigur erhält und in ein großes Chaos hineingeworfen wird, in dem es schwierig bleibt, die Übersicht zu behalten.

Lineare Vielfalt

Leider macht „The Last Remnant“ einen ähnlichen Fehler wie „Final Fantasy XIII“ seinerzeit und schickt den Spieler durch wunderbar gestaltete Ortschaften, die leider nicht in das eigentliche Gameplay eingebunden werden. Man läuft lediglich schlauchige Wege ab, während Abzweigungen oftmals früh in Sackgassen enden. Die offeneren Gebiete sind definitiv Lichtblicke, leider gibt es davon nicht allzu viele und auch die Dungeons hätten facettenreicher designed werden müssen. In dieser Form läuft man lediglich zu den nächsten Kämpfen und Zwischensequenzen, was eine große verpasste Chance ist. Es gibt einige Nebenquests, die den Ablauf wenigstens etwas ablockern - dass diese aber nur eine begrenzte Zeit verfügbar sind, ohne den Spieler darüber zu informieren, beweist allerdings erneut, dass Kampfsystem und Handlung den Machern deutlich wichtiger waren, als die Spielwelt selbst.

Erfrischende Schlachten

Das sonderbarste an „The Last Remnant“ ist sicherlich das Kampfsystem. Anstatt eine Gruppe aus vier Charakteren auf das Schlachtfeld zu schicken, bildet der Spieler bis zu fünf Unionen bestehend aus vier Kämpfer, die zusammen angreifen. Somit stehen einem 20 Kämpfer pro Kampf zur Verfügung, die rundenbasiert gegen die Feinde antreten. Einige strategische Entscheidungen, wie zum Beispiel gegnerische Truppen zu flankieren, gestalten das System durchaus vielfältig, ansonsten wählt man die Angriffe vorzeitig aus und wartet anschließend, bis alle hintereinander angreifen und verteidigen. Eine Moral-Leiste am oberen Bildschirmrand zeigt den Kampfverlauf an und je weiter diese gefüllt ist, desto stärker sind die eigenen Truppen.

Das Kampfsystem bringt frischen Wind in das Genre und nutzt sich überraschenderweise nicht ab. Das liegt vor allem an der gigantischen Vielfalt, schließlich kann man Soldaten anheuern, aufleveln, anpassen und anschließend die Unionen so kombinieren, dass man spielerische Vorteile erhält. Etwas ärgerlich ist hingegen, dass man die Angriffe nicht direkt auswählen, sondern nur grobe Anweisungen geben kann.

Gigantische Hürden

Zwar werden diese Mechaniken erklärt, insgesamt fällt das Kampfsystem allerdings etwas zu kompliziert aus, um den Spieler im weiteren Verlauf hilflos zurückzulassen. Auch die Angriffsarten sind zu willkürlich, sodass man zu häufig darauf hoffen muss, dass Charaktere die richtigen Aktionen ausführen, anstatt die Schlacht komplett durchzuplanen. Zwar lässt sich das dadurch einschränken, dass mit die Unions entsprechend einteilt, dann darf man aber nicht die Vielfalt und somit den eigentlichen Reiz des Systems genießen.

Ein weiteres Problem ist der Battle Rank, der all diejenigen vor den Kopf stoßen wird, die nicht über mehrere Stunden hinweg vorausplanen. Der Battle Rank des Spielers steigt nämlich, wenn er viele Gegner besiegt oder gar keine Gruppe auflevelt. Als Belohnung gibt es zum Beispiel neue Angriffsarten, allerdings werden dadurch auch die Feinde stärker. Wer später sein Team austauschen möchte und neue Verbündete anheuert, weil erst dann diverse Vorteile ersichtlich werden, wird sich leider mit extrem schwierigen Kämpfen abgestraft, da der Battle Rank nicht absinken kann. Nichts davon wird vernünftig kommuniziert und somit kann es sehr gut sein, dass Spieler an diesen Punkten entweder aufgeben oder das Abenteuer mit mehr Wissen erneut starten, was eine furchtbare Blockade ist.

Stärken und Schwächen

Obwohl diese Probleme durchaus gravierend sind, lassen sie sich zumindest etwas umgehen, wenn man sich vorher im Internet diverse Tipps durchliest. Das sollte niemals die Lösung sein, anschließend werden die Vorteile des abwechslungsreichen und ziemlich einzigartigen Kampfsystems deutlich. Die unglaubliche Planungvielfalt sucht auch heute noch ihres Gleichen und jeder Kampf wird zu einem eigenen Abenteuer. Egal ob die Geschichte, die sich im späteren Verlauf entfaltet, die tolle Welt oder die enormen Kämpfe, „The Last Remnant“ belohnt Spieler, die sich durch unnötige Blockaden durchbeißen mit einem beeindruckenden Abenteuer. Wer allgemein nicht gerne hört, dass ein Spiel erst nach vielen Stunden besser wird, sollte sich allerdings woanders umschauen – vor allem, da es so viele verschiedene Systeme gibt, die nicht gut genug erklärt werden, dass man nicht drumherum kommt, sich einzulesen.

Für eine neue Generation

Optisch handelt es sich um ein frühes Spiel der Xbox 360-Generation, und das sieht man auch. Matschige Texturen wurden zwar leicht überarbeitet, insgesamt erinnert „The Last Remnant Remastered“ aber an eine HD-Skalierung eines PlayStation 2-Spieles. Dafür ist der Artstil sehr atmosphärisch und wird Fantasy-Freunde fesseln. Die Texturen-Überarbeitungen werden hingegen nur sichtbar, wenn man beide Versionen direkt miteinander vergleicht, dafür werden dann aber die besseren Charaktermodelle deutlich. Stark ist hingegen ein Beschleunidungsmodus, der die Kämpfe deutlich rasanter macht und Wartezeiten minimiert.

Die Performance ist hingegen weitaus besser als noch in der Erstveröffentlichung. Texturen ploppen nicht mehr auf, die Bildrate ist deutlich stabiler und Bugs sind keine im Test aufgetreten. Obwohl die Versionen für PlayStation 4 und Xbox One im Vergleich perfekt laufen, spielt sich die Nintendo Switch-Version sehr gut und wer den portablen Aspekt als Kaufgrund sieht, braucht sich nicht über eine minderwertige Version ärgern. Kopfhörer werden aber dringend empfohlen, denn der Soundtrack ist sehr stark und wartet mit so vielen verschiedenen Stilen auf, dass so einige Ohrwürmer hängen bleiben.

Weiterführende Links: Forum-Thread

Fazit & Wertung

„The Last Remnant Remastered“ ist ein wunderbarer Versuch, ein vergessenes Abenteuer aus der Versenkung zu holen und Spielern zu zeigen, wieso es als Geheimtipp gilt. Die vielfältige Welt, die politische Geschichte sowie das einzigartige Kampfsystem sorgen für eine Menge Spielspaß, werden aber durch ein schwaches Pacing und viel zu komplizierten und wenigen Erklärungen heruntergezogen, sodass Einsteigern zu viele Stolpersteine in den Weg gelegt werden. Wer sich der Herausforderung stellt, wird dafür mit einem wunderbaren Rollenspiel belohnt, das definitiv aus der Masse heraussticht.

Bisher gibt es einen Kommentar

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  • Avatar von Rincewind
    Rincewind 17.07.2019, 19:05
    gut getextet ! selten ein Kampfsystem gesehen das mir einerseits so viel Freude aber auch verursacht hat