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My Friend Pedro (eShop)

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My Friend Pedro (eShop)

Nach dem Ende von „My Friend Pedro“ war ich alles andere als begeistert. Das lag zum Großteil an meiner Vorfreude, denn das neueste Spiel, das durch Devolver Digital für Nintendo Switch erscheint, wirkte stets vielversprechend. Anstatt den Titel enttäuscht zur Seite zu legen, hat ein zweiter Durchgang endgültig geklärt, welche Probleme ich mit dem Spiel hatte, und wieso am Ende dennoch eine Empfehlung im Fazit steht.

Völlig Banane

Die Geschichte ist völlig banal, dabei wirkt sie anfangs noch interessant. Aus irgendeinem Grund tötet der Hauptcharakter zahlreiche Feinde und wird dabei von einer Banane beraten. Ja, einer schwebenden, sprechenden Banane. Ein besonderer Mord führt jedoch zu einer Verkettung von Ereignissen, die weder sonderlich spannend ausfallen, noch ordentlich erklärt werden. Die gesamte Handlung, inklusive dem großen Plot-Twist am Ende, will eher verrückt sein, anstatt eine sinnvolle Geschichte zu erzählen.

Das ist durchaus schade, denn die Banane Pedro hätte das Potential gehabt, zu einem Highlight zu werden. Stattdessen gibt es mehr oder weniger lustige Sprüche, meist allerdings unnötige Exposition. Dabei sind die finalen Szenen durchaus ansehnlich, niemand wird aber das Ende erreichen wollen, um die Auflösung zu sehen, ganz anders als in anderen Indie-Spielen der vergangenen Monate. Natürlich liegt der Fokus auf dem Gameplay, verschenktes Potential ist aber definitiv vorhanden. Es bleibt an den Analysten, nach Hinweisen auf ein größeres Gesamtbild zu suchen.

Kunststück

In den zweidimensionalen Welten geht es stets darum, die Feinde auf möglichst agile Weise zu besiegen. Das wird durch ein umfangreiches Moveset ermöglicht, das durch eine leicht träge Bewegungsphysik zu einem starken Spielfluss führt. Der Held kann Wandsprünge vollziehen, per Piruette Kugeln ausweichen und sich wie Samus zusammenrollen, um enge Passagen zu durchqueren. All diese Mechaniken können anfangs überwältigend sein, insbesondere wenn während dieser Manöver auch noch Schüsse aus den diversen Waffen abgefeuert werden. Bei einigen davon können per Knopfdruck sogar zwei Feinde gleichzeitig anvisiert werden, was noch einmal unterstreicht, dass es vielfältig zur Sache geht. Glücklicherweise werden bis zum Finale immer wieder dezente Hinweise eingeblendet, die regelmäßig an bestimmte Techniken erinnern.

Die Level selbst sind häufig wie Spielplätze aufgebaut. Da der Fokus auf Agilität liegt, baut der Spieler ständig Kombos auf, die den Punktestand und somit auch die Wertung am Ende der Level erhöhen. Dieses Prozedere wird durch die Zeitlupe deutlich vereinfacht, die sich jederzeit aktivieren lässt. Einen Gegner zu erschießen, von einer Wand abzuspringen, eine Pfanne in die Luft zu kicken, diese zu beschießen um vier Gegner zu erledigen und sich anschließend zur nächsten Plattform zu springen ist noch einer der wenig komplexen Bewegungsabläufe, die man ohne Zeitlupe wohl kaum beim ersten Versuch ausführen kann.

Nicht für jeden

Die rasanten Kämpfe gegen die Feinde sind ebenso präsent wie kleine Rätsel und Geschicklichkeitseinlagen, durch die die Level abwechslungsreich geraten sind, auch wenn sich viele Elemente wiederholen. Die große Überraschung wird aber spätestens in der zweiten Hälfte deutlich, denn der Schwierigkeitsgrad ist überraschend niedrig gehalten. Es ist nicht schwer, auf der normalen Stufe die meisten Level ohne einen einzigen Tod zu absolvieren, und selbst dann sind die Rücksetzpunkte derart häufig gesetzt, dass man nie mehr als ein paar Sekunden Fortschritt verliert.

Gerade das wird aber auch zum Knackpunkt für viele Spieler. Es ist keine große Herausforderung, die Kampagne abzuschließen, wenn man nicht auf die Wertung am Ende achtet. Man muss nicht einmal die gewagten Manöver nutzen, denn wer in Bewegung bleibt, stets auf die Gegner zielt, seine Munition im Auge behält und dem Weg folgt wird fast immer das Ende eines Levels in weniger als fünf Minuten erreichen. Sowieso ist die Spieldauer sehr niedrig geraten und es dauert keine zwei Stunden bis zum Finale. Wer „My Friend Pedro“ also nur einmal abschließen möchte, wird durchaus enttäuscht zurückgelassen. Erst im Anschluss entpuppt sich allerdings, dass solche Spieler nicht zur Zielgruppe gehören.

Nach dem Ende

Der erste Durchlauf wirkt rückblickend als erweitertes Tutorial, denn man nutzt die Möglichkeiten, erreicht häufig aber nur einen C-Rank. Wiederholt man allerdings die Level und nutzt die Zeitlupe exzessiv, entpuppt sich der Titel als wahnsinnig umfangreich. Jedes Hindernis im Bewegungsfluss zu überwinden, jeden Gegenstand sinnvoll zu nutzen und die verrücktesten Kombos aufzubauen wird zu einer eigenen Kunst. In „My Friend Pedro“ geht es schlichtweg nicht darum, das Ende zu erreichen, sondern wie man das Ende erreicht. Die Missionen zu wiederholen und sich selbst zu verbessern erzeugt eine unwahrscheinliche Motivationsspirale, die niemals langweilt. Dieser Fokus wird auch durch die Zeitlupenanzeige bewiesen, die sich so schnell füllt, das man sie ständig nutzen kann.

Wer es dann doch kniffeliger haben möchte, darf zwei höhere Schwierigkeitsstufen auswählen, bei denen es dann auch schwierig wird, das Ende selbst zu erreichen. Wer sich vorher mit den Systemen auseinandersetzt, wird es hier deutlich einfacher haben. Das erhöht zwar nicht die Levelanzahl, dennoch stellt das für die Zielgruppe genug Motivation dar.

Kleine Probleme

Die Rechtfertigungen einiger Probleme lassen sich leider nicht auf alle Aspekte anwenden. Da wäre zum Beispiel die optische Vielfalt der Level, die hoffnungslos enttäuscht. Bis auf eine sehr positive Überraschung geht es durch graue Tunnel, verlassene Gebäude und stets eintönige Gebiete, die immens enttäuschen. Auch die Bosskämpfe sind unspektakulär und kurz geraten, wobei der letzte Kampf definitiv in Erinnerung bleibt, auch wenn das nicht an der Herausforderung liegt. Das ist gerade deshalb so schade, weil man die Level wiederholen möchte, dabei aber die immer eintönigen Hintergründe präsentiert bekommt.

Ausreichende Umsetzung

An sich ist der Grafikstil gelungen, und die Level überzeugen durch viele Details – wäre die Farbgebung nicht so eintönig. Dafür sind die Bewegungen wunderbar flüssig, zumindest im TV-Modus. Im Handheld-Modus gibt es einige Mini-Ruckler, wobei diverse Szenen mit vielen Gegnern auch im Dock das System in die Knie zwingen. Glücklicherweise sieht es nicht weniger beeindruckend aus, wenn man wunderbar akrobatische Stunts vollzieht.

Der Soundtrack ist derweil atmosphärisch geraten und gut genug, um den Einsatz von Kopfhörern zu rechtfertigen. Die Steuerung ist etwas gewöhnungsbedürftig, Hilfen wie das automatische Zielen vereinfachen allerdings den Einstieg immens.

Weiterführende Links: Forum-Thread

Fazit & Wertung

„My Friend Pedro“ erweist sich als akrobatisches Abenteuer, dessen Spielfluss auch nach Stunden noch begeistert. Dabei liegt der Fokus darauf, sich stets zu verbessern und zu erlernen, wie sich hohe Kombos aufbauen lassen. Anfangs wirkt das noch überwältigend, dank Zeitlupe wird das vielseitige System aber extrem ansprechend. Der etwas geringe Umfang gepaart mit eintönigen Kulissen und einer enttäuschenden Handlung werden derweil einige ernüchtern, in Sachen Spielspaß haben die Macher aber eine Punktlandung dahingelegt.

Bisher gibt es zwei Kommentare

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  • Avatar von BIGBen
    BIGBen 21.06.2019, 23:45
    Hmm, hatte das im Auge behalten, aber nach dem Test bin ich jetzt eher der Meinung, dass das nichts für mich ist. Solche Combo-Mechaniken machen mir leider nicht nicht so viel Spaß, sondern nerven mich oft eher. Aber anscheinend ist das ja der Hauptaugenmerk.
  • Avatar von Sepp
    Sepp 21.06.2019, 10:17
    An sich mag ich solche Spiele ja total gerne, aber der Grafikstil sagt mir leider gar nicht zu...