Spiele • Switch

Brothers: A Tale of Two Sons...

Mehr zum Spiel:

Brothers: A Tale of Two Sons (eShop)

Manche Spiele handeln von großen Schlachten, andere von persönlichen Schicksalen. „Brothers: A Tale of Two Sons“ schlägt auf den ersten Blick voll in die zweite Kategorie, bietet aber auch eine ganz eigene Ansicht auf weitaus größere Ereignisse. Ob die Reise von zwei Brüdern, die eigentlich nur ihrem Vater helfen wollen, auf beiden Ebenen begeistern kann, erfahrt ihr in unserem Review.

Schicksalsschlag

Es waren einmal zwei junge Brüder. Diese haben ihre Mutter verloren und besuchen seitdem ihr Grab, das unter einem Baum am Rande der Steilküste unweit ihres Hauses gelegen ist. Nun ist auch der Vater schwer erkrankt. Mit gemeinsamen Kräften wird er zum örtlichen Arzt gebracht, der jedoch eine schlechte Nachricht. Nur ein seltenes, schwer zu beschaffenes Mittel vermag es, dem Vater wieder zu Kräften zu verhelfen. Die Brüder zögern keine Sekunde und brechen zum Abenteuer ihres Lebens auf.

Zu Zweit

Sehr gemächlich startet die Odyssee der Jungs. In ihrem kleinen Dorf kommen die Brüder an Ball-spielenden Kindern und Kätzchen, die gestreichelt werden wollen, vorbei. Per linkem Trigger kann der große Bruder den Ball nehmen, der rechte Trigger lässt den kleinen Bruder das Kätzchen streicheln. Jenes ist auch die Besonderheit des Spiels. Beide Brüder werden gleichzeitig gesteuert, der linke Stick steuert den Erstgeborenen, der rechte den Jüngling. So lange sich die beiden auf der Bildschirmseite entsprechend ihrer Joystick-Zuordnung befinden ist alles in Ordnung. Wechseln sie jedoch die Seiten, so erfährt man ein heilloses Durcheinander in der Koordination zwischen Augen, Hirn und Fingern. Zwar ist dies selten ein Problem dank nur weniger Möglichkeiten zu sterben, ärgerlich ist es dennoch.

Katze oder Vater?

Mehr Knöpfe als eben beschrieben sind gar nicht nötig, um mit der Welt zu interagieren. Und hier sind die Möglichkeiten zahlreich, sowohl für den Fortschritt relevante als auch einfach nur kleine Aktionen am Rande des Weges. Man kann wirklich die zuvor beschriebene Katze streicheln, den Ball werfen oder auch einfach nur einen Blick in einen Brunnen werfen. All dies ist Kontext-abhängig, mehr als die Schulterbuttons braucht man nicht. So wird man trotz des sehr gemächlichen Starts im Dorf der Jungs immer weiter in die Spielwelt hinein gesogen, bevor man im weiteren Verlauf über Berge klettert, durch Minen wandert oder über Seen schippert.

Erzählweise

Geschichten in Videospielen werden meist auf altbekannte Arten erzählt, seien es Zwischensequenzen, Erzählerstimmen oder auffindbaren Lesestoff. „Brothers: A Tale of Two Sons“ geht hier einen ganz eigenen Weg, der umso wirkungsvoller ist. Die eigentliche Geschichte um die Rettung des Vaters wird durch die bekannten Zwischensequenzen erzählt, jedoch ohne Text oder Sprachausgabe. Alle Charaktere geben nur eine Fantasie-Sprache von sich, der Rest ist allein durch Gestik erwirkt. Viel größere Geschichten erzählen die Umgebungen an sich. Sklaverei, Schlachten und Okkultismus kommen quasi beiläufig vor, stehen teilweise in Zusammenhang und erschließen sich nur ,wenn man mit wachem Geiste das Gezeigte erfasst.

Spielerisch

Auch wenn das entscheidende Element die Welt ist, die einen durch Atmosphäre und wortlose Geschichten fesselt, so gibt es doch auch ein wenig klassische Spielelemente. Einige schöne Rätsel, die wirklich sinnvollen Gebrauch der beiden Jungs machen, bereiten einfach Spaß. Dagegen wirken die simplen Schalter- und Schiebeaufgaben dann doch fehl am Platz. Knackig sind die Aufgaben nie, jedoch ist erstgenannte Sorte wesentlich passender in die Spielwelt integriert. Und ein wenig gelogen haben wir zuvor mit der Steuerung, denn zwei weitere Buttons des Pads sind mit Funktionen belegt. So kann man die Kamera drehen und sich so die wunderschönen Umgebungen noch genauer anschauen. Empfehlenswert ist es alleine schon deshalb auch mal die vermeintlich falsche Abzweigung zu nehmen, da man so die sehr kurze Spielzeit von drei Stunden auf unterhaltsame Weise ein wenig verlängert, da meist am Ende weitere, kleine und große Geschichten warten.

Fantasievoll

Was technisch dank Makeln, wie nachladenden Texturen, den Eindruck nach unten zieht, wird durch den Stil wieder wett gemacht. Je weiter man im Spiel vorankommt, desto faszinierender werden Umgebungen, Lebewesen und Atmosphäre. Ob ein Wald bei Nacht, alte Minen oder ein zugeschneites Dorf, die erzeugte Stimmung steht hier deutlich über der durchschnittlichen Technik. Die Soundkulisse ist dafür umso beeindruckender. Die musikalische Untermalung ist durchweg herausragend und sorgt des Öfteren für Gänsehaut. Einzig die Fantasie-Sprache dürfte nicht Jedermanns Sache sein, jedoch kommt sie nicht zu häufig vor und ist relativ ruhig gehalten.

Gemeinsam

Wer das Spiel schon von der PlayStation 4 kennt, wird auf Nintendo Switch ein Feature besonders bemerkenswert finden: den kooperativen Modus. Doch das Spiel warnt einen, dass es für einen einzelnen Spieler gedacht ist, und wir müssen diese Warnung leider unterstreichen. In vielen Situationen ist es mit einer kurzen Absprache nicht getan, so dass das gemeinsame Spielen eher irgendwo zwischen Chaos und unfreiwilliger Komik landet - und beides passt absolut nicht. Unser Tipp daher: nur wenn beide Spieler bereits alleine „Brothers: A Tale of Two Sons” beendet haben, sollte man einen kooperativen Durchgang in Betracht ziehen. Insbesondere das Finale würde man sich sonst kaputt machen.

Weiterführende Links: Forum-Thread

Fazit & Wertung

So wenige Worte, so wenige konkret gezeigte Ereignisse, und doch so viel Geschichte. Wunderschön gestaltete Umgebungen, die ihre eigenen Geschichten erzählen und zum Nachdenken anregen, machen „Brothers: A Tale of Two Sons“ zu einer unvergesslichen Reise. Leider reißt die vertrackte Steuerung einen immer wieder aus der Faszination und auch die meisten Rätsel haben ihren Namen kaum verdient. Dennoch wird man immer wieder an Momente im Spiel zurückdenken, sei es mit einem Lächeln, mit Gänsehaut oder mit feuchten Augen. Aber Achtung: auch wenn der kooperative Modus das neue Feature der Switch-Fassung ist, sollte man sich gut überlegen, ob man das Spiel nicht zuerst alleine beendet.

Das sagen unsere Leser

Du bist nicht angemeldet. Logge dich ein oder registriere dich, um kommentieren zu können.