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Trüberbrook

Trüberbrook

„Trüberbrook“ hat vor allem durch seine Inszenierung auf sich aufmerksam gemacht. Alle Orte, die der Spieler besucht, wurden nämlich als Miniaturen gebaut, abfotografiert und schließlich digitalisiert, um eine sehr detaillierte, einzigartige Spielwelt zu erzeugen. Das verspricht schon mal eine gute Atmosphäre, doch kann das auch durch eine Geschichte und Gameplay getragen werden?

Der Anfang eines Abenteuers

Nach einer kurzen Einleitung schlüpft der Spieler in die Schuhe von Hans Tannhauser. Der amerikanische Quantenphysiker hat eine Reise in das verschlafene, deutsche Trüberbrook gewonnen, allerdings ohne jemals bei einer Verlosung mitzumachen. Kurz nach seiner Ankunft wird er von einem scheinbaren Geist bestohlen, und zusammen mit der Paläoanthropologin Greta Lemke macht er sich auf den Weg, die Geheimnisse von Trüberbrook zu entdecken.

Die Geschichte weckt das Interesse, schließlich spielen nicht viele Spiele in Deutschland. Gerade deshalb haben sich die Macher in Sachen Synchronisation etwas Besonderes einfallen lassen. In der englischen Version sind es nämlich, bis auf den Protagonisten, dieselben deutschen Sprecher, die mit starkem Akzent die Dialoge vortragen. Eine Nora Tschirner ist da wohl das klassischste Beispiel von deutschem Englisch, wer allerdings einen Jan Böhmermann hört, kann Magenschmerzen bekommen. Genau das ist aber die Absicht, denn diese weit von der Perfektion entfernte Version der Aussprache ist nun einmal die realistischste. 

Orientierungslos

Leider verläuft sich die Geschichte regelmäßig und weiß aus ihren spannenden Ideen wenig anzustellen. Das beginnt schon früh, denn anstatt zum Ziel zu gelangen, werden einige Hintergrundinformationen durchgekaut, denen keine große Bedeutung zugesprochen wird. Insbesondere das zweite Kapitel fühlt sich wie eine Nebenhandlung in einem bereits recht kurzen Spiel an und bietet zwar Interpretationsspielraum, allerdings ebenso wenig Spannung, wie leider auch der gesamte Rest.

Die große Wendung, die diverse Geheimnisse enthüllt, wirkt chaotisch und definiert die Regeln der Welt nie. Noch schlimmer sind die Andeutungen, die interessant klingen. Von diesen sieht der Spieler niemals etwas, sondern kann sich lediglich die Informationen nur anhören. Das zieht sich bis zum Ende, das einen sehr unbefriedigt zurücklässt.

Anspielungssammlung

Dabei weiß das Spiel mit Anspielungen aufzuwarten. Seien es gewisse Dialoge in einer TV-Sendung oder versteckte Details, Kenner des Mystery- sowie Sci-Fi-Genres werden sich definitiv wohlfühlen. Selbst offensichtliche Referenzen, wie die Unterhaltungen mit dem Diktiergerät, verleihen dem Spiel einen interessanten Charme. Leider bleiben all diese Sachen nur Nebensächlichkeiten und die eigentlichen Handlungspunkte wirken uninspiriert, klischeehaft und langweilig. Die Welt selbst kann noch so interessant sein, wenn es der roten Faden nicht ist, Spannung kommt in der zweiten Hälfte nicht auf.

Fehlende Persönlichkeiten

Die fehlende Charakterentwicklung bei jeder einzelnen Figur trägt weiterhin dazu bei, dass das Spiel sein Potenzial nie entfalten kann. Viele Personen werden nur in eine Unterhaltung verwickelt und dabei selten tief greifend gezeichnet. Das ist weniger schlimm bei Nebencharakteren, selbst Hans Tannhause bleibt allerdings stets derselbe, egal was passiert. Neben ihm, Greta und einer weiteren Figur gibt es auch gar keine wichtigen Ansprechpartner, die etwas mit den eigentlichen Geschehnissen zu tun haben.

Dafür sticht vor allem Trude, die Besitzerin des Gasthauses, positiv heraus. Obwohl die Macher viel mit Humor spielen, ist es insbesondere Trude, die wunderbare Sprüche abliefert und für Schmnuzler sorgt. Ansonsten bleiben die Witze recht flach und das Spiel nimmt sich regelmäßig zu ernst, um einen lockeren Ton zu halten. All das macht deutlich, dass „Trüberbrook“ eine eigene Identität fehlt. Hier wollen so viele Vorbilder vermischt werden, dass sich viele Szenen wie eine Aneinanderreihung bekannter Klischees anfühlen, als ein eigenes Gesamtbild zu ergeben.

Motivationslos

Eingangs haben wir das teils miese Englisch der Sprecher gelobt, das entschuldigt aber nicht die Qualität der Synchronisation. Einigen Charakteren merkt man es deutlich an, dass sie die Texte mit Mühe abgelesen haben, andere könnten emotionsloser kaum sein. Besagter dritter Hauptcharakter klingt dermaßen gelangweilt, dass man sich fragt, wieso die Macher hier keine Umbesetzung in Betracht gezogen haben. Man mag über Dirk von Lowtzow denken, was man möchte, ein guter Synchronsprecher ist er nicht. Nora Tschirners Leistung passt überraschend gut zum chaotischen Ton der Geschichte, während Jan Böhmermann überraschenderweise zum Highlight wird, da er seinen Charakter mit der passenden Verrücktheit zum Leben erweckt.

Nur bedingt schön auf Switch

Kommen wir nun endlich zu den Kulissen. Diese sehen tatsächlich sehr gut aus und wissen mit zahlreichen Details zu überzeugen. Seien es die vielen Kabel an den Computer, die Berglandschaften oder das Zimmer, das einem Puppenhaus entsprungen sein könnte. Die Macher haben wirklich starke Arbeit geleistet, allerdings sieht das Gesamtbild auf Nintendo Switch nicht immer gut aus. Die Texturenqualität hat den Sprung nicht schadlos überstanden und einige Böden sehen regelrecht matschig aus, was definitiv nicht das Ziel des Designs war. 

Schlimmer noch ist die technische Leistung. Während die instabile Bildrate bereits im TV-Modus der Atmosphäre schaden, kann das Ruckelfest im Handheld-Modus regelrecht zur Qual werden. Besonders interessant ist die schwankende Qualität im Gasthaus, denn während der Eingangsbereich wunderbar begehbar ist, beginnt die Dia-Show, sobald die Kamera zur rechten Hälfte schwenkt. Hier werden definitiv Patches abgeliefert, die solche Szenen zumutbar machen.

Rätseln im Vorgestern

„Trüberbrook“ ist ein Point and Click-Adventure der klassischen Art. Leider leidet es deshalb auch unter denselben Tücken und einige Rätsel wirken nicht ganz logisch. Sowieso reicht es, mit allen Objekten zu interagieren, denn es wird immer gesondert angezeigt, wenn das Inventar eingesetzt werden kann. In der ersten Hälfte gibt es absolute Standardware ohne große Überraschungen.

Das letzte Kapitel beweist dann große Schwächen und wird durch ein unerträgliches Pacing zur Geduldsprobe. Der Spieler muss ständig zwischen zahlreichen Orten wechseln, dort manchmal nur mit wenigen Objekten interagieren und dann schon wieder die Schnellreise nutzen, um kleine Taten zu vollbringen. Oftmals geht es nur darum, alle Inventar-Objekte zu finden oder ganz stumpf den Anweisungen der Charaktere zu folgen. Dieser Mix aus nicht nachvollziehbaren Rätseln und einer Art Such-Quest sind sehr enttäuschend, während die finale Konfrontation kein Köpfchen erfordert, sondern lästige Wartezeiten.

Benötigte Verbesserung

Die Steuerung ist mäßig gelungen. Mit dem rechten Stick wird Tannhauser gesteuert, der linke wird für den Cursor verwendet. Da die Bildrate oft instabil ist, kann es dabei zu immensen Verzögerungen kommen, dank der Natur des Genres darf man sich aber glücklicherweise Zeit lassen. Im Test ist uns lediglich ein Bug zu Gesicht gekommen, der allerdings bereits per Patch behoben wurde. Gravierende Probleme sollten deshalb glücklicherweise nicht auftreten.

Weiterführende Links: Forum-Thread

Fazit & Wertung

„Trüberbrook“ entpuppt sich leider als Enttäuschung. Die Geschichte bietet interessante Ansätze, verliert sich nach der Hälfte allerdings und weiß mehr konfuse Konzepte aufzuarbeiten als Spannung zu erzeugen. Das Spiel versucht so viele beliebte Elemente und Anspielungen zu kombinieren, dass es einer eigenen Identität fehlt. Die wunderbare optische Präsentation macht einen guten Eindruck, der Genuss der Dialoge hängt hingegen sehr stark mit dem eigenen Sinn für Humor zusammen. Unverzeihlich ist leider die Leistung einiger Sprecher, und damit ist nicht die absichtlich miese englische Aussprache gemeint. „Trüberbrook“ nimmt sich zu viel vor, kann am Ende aber nur wenige seiner Versprechen halten.

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