Es ist fast schon unglaublich, dass ein „Costructor“ Spiel nun für Nintendo Switch erhältlich ist. Bereits im Release-Jahr der Konsole sollte „Constructor HD“ erscheinen, das Spiel wurde aber so oft verschoben, bis es in der Versenkung verschwand. Da half es auch nicht, dass die Versionen für die anderen Konsolen nicht gerade Höchstwertungen abholen konnten. Nun soll alles besser sein, denn „Constructor Plus“ ist nicht nur für Nintendos Konsole erhältlich, sondern stellt auch eine sehr, sehr stark verbesserte Fassung des eigentlich angekündigten Titels dar. Ob sich die lange Wartezeit gelohnt hat, können wir euch nun endlich verraten.
Bauen bis die Mafia kommt
Bei „Constructor“ handelt es sich um einen Mix aus Aufbau- und Strategie-Spiel. Anfangs besitzt der Spieler lediglich ein kleines Stück Land und muss einige Wohnhäuser sowie Produktionsgebäude bauen, um genug Ressourcen zu erlangen. Dabei spielen die Bewohner eine wichtige Rolle, die in fünf Schichten mit je zwei Kategorien eingeteilt werden. Einige davon steigern das Ansehen des Wohngebietes, andere produzieren Arbeiter – solange ihre Wünsche erfüllt werden. Der Spieler muss all diese Sachen immer weiter ausbauen und im Hinterkopf behalten, um aus dem kleinen Startbereich ein richtiges Imperium aufzubauen. Damit die Aufgabe nicht zu einfach daherkommt, gibt es einen großen Stolperstein, der die Spannung von „Constructor Plus“ steigert.
Man bebaut nämlich nicht alleine die Stadt, sondern tritt gegen drei Kontrahenten an. Diese verschwören sich sogar gegen den Spieler, wenn die entsprechende Option nicht ausgestellt wird. Da der Schwierigkeitsgrad allerdings nicht allzu hoch ist, macht es am meisten Spaß, wenn man durchweg unter Druck steht. Einwohner finden, Geld einnehmen, Ressourcen erzeugen – dieser Zyklus bleibt auch nach Stunden unterhaltsam. Zudem gibt es besondere Charaktere, die eine Gegend für Mieter aus feindlichen Bezirken besonders unbeliebt machen. Die Mafia schießt wild auf der Straße rum, Hippies starten eine Demonstration vor feindlichen Industriegebäuden und viele weitere tolle Überraschungen. Das Spiel bietet hier mehr als genug Möglichkeiten, die Gegenspieler direkt zu sabotieren.
Kompliziert, aber gut erklärt
All diese Spielmechaniken sind gar nicht so überwältigend, wie man es vermuten mag. Das liegt auch an einem sehr guten, wenn auch mit einer Stunde sehr ausführlichen und langen Tutorial. Dabei erklärt John Challis alle Feinheiten, die „Constructor Plus“ zu bieten hat, und das auf eine sehr humorvolle Art. Leider wird auch hier der erste Kritikpunkt des Spieles deutlich, nämlich das Interface, bei dem sich die Geister scheiden werden. Der Spieler steuert nämlich hauptsächlich einen Cursor, wie es auch auf dem PC der Fall ist. Aufgrund des kleinen Bildschirms kann es sehr schwierig werden, einzelne Einheiten auszuwählen oder auch die Menüpunkte anzusteuern – ein Kompromiss wurde allerdings gefunden.
Die restlichen Knöpfe des Controllers verändern ihre Funktion je nach Kontext. In einem Menü können demnach mit einem Knopf Informationen angezeigt werden, in einem anderen werden andere Aktionen vollzogen. Das macht es deutlich einfacher, die zahlreichen Schaltflächen zu bedienen, leider dauert es sehr lange, bis der Spieler eine Übersicht gewinnt. Insbesondere, wenn mehrere Dinge schnell erledigt werden müssen, kommt in den ersten Spielstunden Verwirrung auf. Zwar ist diese Steuerungsmethode deutlich besser als ausschließlich den Cursor zu benutzen, insgesamt wird dieses Schema aber nie wirklich intuitiv. Zudem wird auch die Touch-Steuerung nie erklärt, und auch nach vielen Stunden sind wir uns nicht sicher, ob damit alle Aktionen vollzogen werden können.
Rabenschwarzer, britischer Humor
„Constructor Plus“ lebt ebenso von seinem Humor wie von dem Gameplay. Wer hier seichte Sprüche erwartet, dürfte einen Schock erleben. Britischer, böser und schwarzer könnten die Witze und Szenen kaum sein. Mal hängt sich ein Arbeiter auf, wenn der Spieler vor seinem Ende steht und sogar die Beerdigung bei einer Niederlage ist nicht gerade konventionell. Der manchmal auch etwas plumpe Humor wird nicht jedem gefallen und einige sogar abschrecken. Das sollte vor dem Kauf bedacht werden, schließlich werden auch während des Gameplays animierte Bilder und andere Situationen dargestellt, die den Witz verkörpern. Unverzeihlich ist lediglich die Anzahl der Wiederholungen, denn ein lustiger Spruch oder eine witzige Animation werden nach dem hundertsten Mal niemanden überzeugen.
Je mehr, desto besser
Nach der Eingewöhnungszeit fällt auf, wie vielfältig das Spiel eigentlich sein kann. Dank anpassbaren Schwierigkeitsgraden und einer verbesserten KI wird zudem ein sehr angenehmes Spieltempo erzeugt. Die Mieter selbst werden schnell zum wichtigsten Angelpunkt, der Erfolg verspricht. Dabei darf man sie nicht nur als Produktionseinheiten betrachten, sondern muss auch ihre Bedürfnisse erfüllen. Ein besseres Schlafzimmer sorgt schließlich dafür, dass mehr Arbeiter in kurzer Zeit erzeugt werden – und nein, so mechanisch wird das im Spiel nicht erläutert. Leider ist genau in diesem Punkt die spielerische Vielfalt dann nicht gegeben, denn die meisten Mieter sind bereits zufrieden, wenn der Spieler ihre Räume verbessert.
Viel spannender ist es dann die Korruption in ihrem vollen Ausmaße zu nutzen. Nur wer Ressourcen stiehlt, zum Beispiel durch Diebe aus einem Pawn Shop, wird zurückschlagen können, schließlich sind die Kontrahenten ebenfalls sehr aktiv. Das kann auch bedeuten, dass sich die normalen Runden nach einiger Zeit wiederholen, denn eine Strategie kann je nach Gebiet immer wieder zum Erfolg führen.
Nach zwei Jahren voller Verbesserungen
Das Plus im Namen ist definitiv verdient, denn dank der langen Wartezeit erhalten Nintendo Switch-Besitzer ein erheblich größeres Paket als noch in „Constructor HD“. Mit 139 Gebäuden gibt es dabei sogar fast 100 mehr als noch in der ursprünglichen Version. Doch viel wichtiger sind die Spielmodi, der größte Kritikpunkt von vor zwei Jahren. Die Missionen sind diesmal direkt integriert und stellen den Spieler vor recht umfangreiche Aufgaben. Etwas kompakter sind die 65 Level, in denen stets ein Spielziel verlang wird, was dank drei Schwierigkeitsstufen für jeden machbar sein sollte. Auch das klassische Spiel ist enorm ausgebaut worden, denn statt fünf Karten gibt es ganze 17, wovon einige sogar auf anderen Planeten spielen.
Ansonsten gibt es im freien Spiel verschiedene Ziele, die je einen anderen Spielstil verlangen. Dabei muss der Spieler zum Beispiel in 40 Jahren eine Millionen Dollar einnehmen oder besonders viele glückliche Mieter vorweisen. Natürlich darf man auch so lange Spielen, bis alle Gegner besiegt sind, oder sich direkt dem drucklosen Bauen widmen. Zudem ermöglicht es der Designer-Modus, eigene Maps zu erstellen. Die größte Krux an der Nintendo Switch-Umsetzung: Es gibt keinen Mehrspieler-Modus. Weder lokal, noch online darf man gegeneinander bauen, was eigentlich perfekt zum Spiel passt und auf den anderen Plattformen auch verfügbar ist.
Bauwagen unterwegs
Technisch ist das Paket solide. Die Menüs machen nicht gerade einen guten Eindruck und wirken durcheinander, während der eigentliche Artstil veraltet wirkt, was einige Spieler sicherlich mögen werden. Bugs oder andere Probleme sind im Test nicht vorgekommen, lediglich die kleinen Ruckler stören, beeinflussen den Ablauf allerdings nicht. Die Ladezeiten sind ebenfalls akzeptabel, und ein weniger chaotisches User Interface hätte den Einstieg definitiv erleichtert. Die Portierung ist solide, aber weit von der Perfektion entfernt.
Bisher gibt es zwei Kommentare