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Rain World (eShop)

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Rain World (eShop)

Das Survival-Genre erlebt seit mehreren Jahren eine extreme Übersättigung. Das liegt weniger am Genre selbst, sondern daran, dass die meisten Spiele sich zu sehr ähneln. Das lässt sich über „Rain World“ definitiv nicht sagen, das sich sowohl optisch als auch spielerisch von der Konkurrenz abhebt. Wieso „anders“ aber nicht immer „besser“ bedeutet, verraten euch die folgenden Zeilen.

Einzigartig

Um das Offensichtlichste vorweg zu nehmen: Ja, das Spiel ist optisch wunderschön. Zwar dürfte der Grafikstil nicht jedermanns Sache sein, die 2D-Welt ist aber mit einer derart beeindruckenden Liebe zum Detail gestaltet, dass man schon alleine deswegen jeden Winkel der Welt bereisen möchte. Selbst unwichtige Bildschirme zeichnen sich durch interessante Objekte im Hintergrund ab, die einen rätseln lassen, in was für einer Welt man sich befindet. Diese ist nämlich von Monstern und anderen Kreaturen überrannt. Was genau mit der Menschheit passiert ist, bleibt unklar. Auch die Wesen sowie die Animationen sind einzigartig und veranlassen einen dazu, immer wieder die Landschaften zu besichtigen. Hinzu kommt ein sehr dezenter Soundtrack, dessen ruhige Töne einen Kontrast zu den lauten Soundeffekten darstellt, allerdings wunderbar zu diesen passt.

Agile Akrobatik

Viel Zeit dafür bleibt einem nicht, schließlich verfügt „Rain World“ über zahlreiche gnadenlose Mechaniken, die einen entspannten Trip unmöglich machen. Als Katzenschnecke wird der Spieler von seiner Familie getrennt und muss nun einen Weg finden, zu ihr zurückzukehren. Dafür muss man durch die Welt springen und klettern – viel mehr kann der Hauptcharakter nämlich gar nicht. Die Fähigkeit, Objekte aufzunehmen und zu werfen mag anfangs noch unwichtig erscheinen, entpuppt sich allerdings schnell als überlebenswichtig, da sich der Spieler zum Beispiel mit Stöcken Plattformen bauen kann, um neue Orte zu erreichen. Die Bewegungen wirken anfangs schwerfällig und unpräzise. Wer sich jedoch intensiv damit beschäftigt, wird akrobatische Manöver vollziehen können, die in der ersten Spielstunde noch unmöglich erscheinen. Leider bleibt das Spiel ein wenig zu vage und erklärt nicht eindeutig, wie der Spielablauf funktioniert.

Entdecken, Essen, Schlafen

Die Katzenschnecke möchte ihre Familie erreichen, doch die Welt wartet mit zahlreichen Gefahren auf. Der Titel-gebende Regen ist dabei der wichtigste Faktor, denn nach einer gewissen Zeit muss der Spieler in einen der zahlreichen Bunker flüchten, die in der Welt verteilt sind, um zu schlafen und von den lebensbedrohlichen Tropfen verschont zu bleiben. Diese muss man allerdings erst finden, und somit kehrt man so lange zu einem bereits bereisten Ort zurück, bis man den nächsten sicheren Punkt erreicht hat. Das ist aber noch nicht alles, denn für den Winterschlaf braucht man Nahrung, und somit muss man entsprechend essen, um bis zu fünf Kerne zu füllen, von denen drei im Schlaf verbraucht werden.

All das hört sich anfangs noch einfach an, da es mehrere Bildschirme gibt, in denen gleich mehrere Fliegen oder Früchte aufzufinden sind. Das Erkunden ist allerdings gar nicht so einfach, und nach einigen Zyklen findet man plötzlich keine Nahrungsquellen mehr, wenn man vorher nicht bedacht hat, vorsichtig Rationen einzuteilen. In solchen Momenten kann „Rain World“ gnadenlos sein und den Spieler derart bestrafen, dass man am liebsten von Vorne beginnt. Das ist sehr abschreckend und dürfte für viele Interessierte ein frühes Abschalten der Konsole verursachen.

Unfreundliche Welt

Natürlich ist der Spieler nicht alleine unterwegs, denn zahlreiche Monster wollen ebenfalls genug fressen. Die Wesen zu beobachten, ihnen aus den Weg zu gehen oder sie in Fallen zu locken sind überlebenswichtig, denn wahre Kampfoptionen gibt es nicht. Genau hier wird allerdings eine Menge Tiefe geboten, schließlich kann man Feinde über mehrere Bildschirme hinweg zusammenführen und beobachten, wie sie sich bekämpfen. Es ist einer der Kernreize, genau solche Optionen zu entdecken und dank der vielen Arten an Gegnern einen sicheren Weg zum Ziel zu finden. Das gesamte Konzept hat allerdings eine gravierende Schwäche: Das Karma-System.

Karma: Der größte Feind des Spielers

In den meisten Spielen, in denen man häufig stirbt, soll der Spieler motiviert werden, im nächsten Anlauf alles besser zu machen. „Rain World“ bestraft die Spieler allerdings viel zu stark. Oftmals trifft die Katzenschnecke auf verschlossene Türen, und um diese zu öffnen, muss der Spieler seinen Karma-Level erhöhen. Das geschieht automatisch, wenn er sich in den Schlaf begibt, man sollte also seine Umgebung gut erkunden, Nahrung suchen und nach einigen Regenfällen in die nun offenen Gebiete reisen. Stirbt der Hauptcharakter allerdings, startet er vom letzten Bunker aus neu – und verliert eine Karma-Stufe. Der nächste Anlauf wird also ungleich schwieriger, denn nicht nur muss der Spieler nach neuen Ressourcen suchen, von denen es dann weniger gibt, als Belohnung für einen überstandenen Zyklus wird er auf den Stand vor dem Tod gebracht anstatt weiter. 

Das passiert zu häufig, denn einige Feinde agieren beim ersten Aufeinandertreffen mit dem Spieler unvorhersehbar und verursachen somit genug Tode, um das Karma-Level selbst nach vielen Spielstunden auf den Ursprung zurückzusetzen. Das Sterben ist in „Rain World“ nur bedingt eine Lehre, und dafür eine heftige Strafe, die mit jedem neuen Anlauf und jedem neuen Scheitern nur noch weiter demotiviert. Deshalb dürfte das Spiel auch zu kontrovers sein. Einige mögen genau diesen Druck und werden nach einigen Stunden die unglaubliche Befriedigung erleben, wenn sie spürbaren Fortschritt gemacht haben. Andere hingegen müssen entsetzt feststellen, dass ihre Ausgangssituation bereits vorteilhafter war als der Fortschritt nach mehreren Stunden. Die Macher haben es nicht geschafft, eine faire Balance zu schaffen und somit werden die meisten Spieler die wohl beeindruckendsten Momente, von denen es einige gibt, niemals erleben. Wer den normalen Schwierigkeitsgrad wählt, kann mitunter sogar nicht in vorherige Gebiete zurückkehren, wenn das Karma-Level sinkt. Das liegt erneut an den Türen, die sich nicht nur je nach Karma öffnen, sondern auch schließen, wenn der benötigte Rang entfällt.

Weiterführende Links: Forum-Thread

Fazit & Wertung

„Rain World“ ist ein wunderschönes Spiel, zumindest von außen. Was die Spielmechaniken angeht erwartet Survival-Fans ein frisches Konzept, das leider zu frustrierend ist, um dem Großteil zu gefallen. Insbesondere die harten Strafen führen dazu, dass man mitunter nach mehreren Stunden kaum eine Chance sieht, wahren Fortschritt zu erzielen. Das trifft nicht auf alle Spieler zu, denn einige werden im höchsten Schwierigkeitsgrad die harten Bedingungen genießen und jeder Gefahr trotzen. Da das nicht für alle Spieler der Fall ist, muss man sich genau überlegen, ob der wunderbare Artstil die gnadenlosen Spielmechaniken rechtfertigt.

Bisher gibt es einen Kommentar

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  • Avatar von Greg
    Greg 21.01.2019, 17:54
    Warum geben die Entwickler einem nicht gleich einfach ne Schüssel voll mit Popel zum spielen?