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The Missing: J.J. Macfield and...

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The Missing: J.J. Macfield and the Island of Memories (eShop)

Hidetaka Suehiro, auch besser bekannt als SWERY, kann man schon zu der großen Riege der visionären Geschichtenerzähler für japanische Videospiele wie Yoko Taro oder Hideo Kojima zählen. Mit seinem neuen Spiel „The Missing: J.J. Macfield and the Island of Memories“, das den Award für den wohl längsten Titel des Jahres verdient, kehrt er jetzt zurück und ist zum ersten Mal auch auf einer Nintendo-Konsole vertreten. Was ihr von dem Spiel erwarten könnt, zeigt die folgende Review.

Achtung Spoiler!

Wie bereits eingangs erwähnt ist SWERY wirklich anders in der Art, wie er und vor allem was für Geschichten er erzählt. Bereits mit seinen Vorwerken „Deadly Premonition“ und auch „D4“ konnte er zwar nie erfolgreich sein, aber immer die Spieler, die dem Titel eine Chance geben, absolut begeistern. Bevor wir aber auf sein neues Spiel „The Missing“ eingehen, sei an dieser Stelle erwähnt, dass es zu kleinen Spoilern der Grundgeschichte kommt. Um das Spiel adäquat zu besprechen, muss man einfach über einige Ereignisse innerhalb der Geschichte und dem Gameplay sprechen. Wer wirklich unvoreingenommen in das Spiel gehen möchte, der kann ausnahmsweise mal bis zum Wertungskasten springen. Für alle andere startet hier eine Reise in den verquerten Kopf eines verrückten Japaners.

Eine Insel voller Erinnerungen

„The Missing“ ist angesiedelt auf einer sagenumwobenen Insel namens Memoria Island, die direkt vor der Küste von Maine liegt. Dort sagt man, dass man alte Erinnerungen wieder neu erlebt. Genau dorthin reisen die besten Freundinnen J.J. und Emily, die jedoch nach einer schönen Nacht durch ein Gewitter getrennt werden. Gewappnet mit ihrem Kuscheltier F.K. macht sich J.J. auf den Weg, um Emily wiederzufinden und wird dabei auf einem Feld von einem Blitz getroffen. Danach kann sie sich beliebig oft wieder regenerieren und es ist egal, wie viele Körperteile sie verliert, keine Haut mehr hat oder andersweitig verletzt wird, solange der Kopf intakt ist, kann sie sich sofort regenerieren. Dieser Angriff hat aber leider ihr Kuscheltier komplett zerfetzt, das jetzt mit ihr über das Smartphone schreibt, und komplett von Tränen überströmt startet „The Missing“ mit einem absolut atmosphärisch starken Intro.

Zwischen Realität und Wahnsinn

Allein der erste Satz, den man sehen wird, der besagt, dass das Spiel mit dem Glauben entwickelt wurde, dass keiner falsch damit liegt so zu sein, wie er ist, zeigt schon, dass man es hier mit einer emotional sehr aufgeladenen Geschichte zu tun hat. SWERY schafft es wieder einmal in ein abgedrehtes Setting, bei dem der Hauptcharakter brutal zerstückelt und anderweitig gefoltert wird, in einen realen Kontext zu bringen. Die Aussage, die hinter den brutalen Sequenzen steckt, die zum Glück durch weißes Blut und nur einer Silhouette des Hauptcharakters dargestellt werden, wird zum Ende hin immer klarer und man ist einfach absolut von der Bildsprache, die hier angewendet wird, gepackt. Merkwürdige Figuren und Gespräche machen plötzlich einen Sinn und man ist komplett ergriffen von den Ereignissen, die sich hier vor einem entfalten. Vor allem wird dann dem ersten Satz eine unglaubliche Stärke und Mehrdeutigkeit gegeben, die man so nicht erwartet hat.

Positivität in einer düsteren Situation

Die Geschichte von J.J. Macfield ist dadurch trotz den übernatürlichen und teilweise auch Horror-Elementen, von denen man tatsächlich auch etwas angeekelt sein kann, eine absolut glaubwürdige und ehrliche Erzählung. Ihr Charakter ist so vielschichtig aufgebaut und obwohl man anfangs noch etwas von ihrer abweisenden Personalität, die sie kühl wirken lässt, abgeschreckt ist, schließt man sie durch ihr Schicksal am Ende doch ins Herz. Das liegt aber auch an den Smartphone-Nachrichten, die man im Spiel bekommt. Dabei sind diese in zwei Kategorien eingeteilt. Die von der besten Freundin Emily und ihrer Mutter abgeschickten Nachrichten erzählen direkt die Geschichte und werden nach und nach durch normalen Fortschritt freigeschaltet. Aber es gibt auch sammelbare Objekte, die weitere Nachrichten von vier Freunden erscheinen lassen. In diesen werden J.J. und ihr gesamtes Umfeld auf absolut interessante Art und Weise ausgefleischt, dass „The Missing“ es schafft, dass man als Spieler motiviert ist, wirklich jeden letzten Donut zu finden. 

Diese Nachrichten spiegeln auch genau das wieder, was „The Missing“ eben ausmacht. Es ist auf den ersten Blick ein so unscheinbares Spiel und zeigt sich dann von seiner absolut hässlichsten Seite mit einem emotional zerstörendem Intro, makaberen Rätseln und merkwürdigen Sequenzen. Aber all das wird genommen, um auf einer positiven Note zu enden. Genauso sind dann eben auch die Nachrichten, die nach und nach eskalieren und immer mehr sich aufbauen, bis man letztlich aus all der Trauer, all dem Hass etwas positives ziehen kann. SWERY schafft es wirklich, wie auch seine in der Einleitung erwähnten Kollegen, beim Spieler eine Melancholie auszulösen, die einen auch nach dem Durchspielen nicht loslassen will. 

Mittelmäßig und hoch frustrierend

„The Missing“ könnte nach all diesem Lob der absolut tollen Erzählung ein absoluter Hit sein – dafür müsste es aber eine Erzählung bleiben. Denn leider als Spiel selbst ist es dann doch eher wieder mittelmäßigere Kost. Man läuft und hüpft von links nach rechts oder rechts nach links durch die linearen Rätsel, die man alle so in einer oder der anderen Art in anderen Spielen bereits gesehen hat. Wenn man bereits so etwas wie „Limbo“ oder „Inside“ gespielt hat, dann kann „The Missing“ nur noch mit einer Sache spielerisch überraschen. Denn es ist wahrlich überraschend, wie viele Frustmomente es gibt. Diese werden vor allem durch die sehr selten gesetzten Checkpoints erzeugt, die sich immer am Anfang eines großen, mehrteiligen Rätsels befinden und teilweise bis zu fünfzehn Minuten Fortschritt erneut spielen lassen. Zum anderen ist die Steuerung sehr schwammig, was an manchen präziseren Stellen ebenfalls für Frust sorgt. Sowieso ist die Spielgeschwindigkeit sehr niedrig angesetzt und alles hat langwierige Animationen, die man im Laufe des Spiels dutzende Male sehen wird und irgendwann einfach keine Lust mehr darauf hat. Es ist wirklich absolut schade, dass man sich durch das Spiel teilweise echt kämpfen muss und nur von der Geschichte angetrieben wird.

Positiv widersprüchlich

Auf den ersten Blick scheint „The Missing“ nicht unbedingt gut auszusehen. Aber irgendwann gewöhnt man sich an den Stil und erfreut sich an kleinen optischen Highlights. Vor allem die Hintergründe sind absolut erwähnenswert und sind nicht einfach nur irgendwelche Texturen. Die gesamten Wolken und Sternenhimmel sind real gefilmte Szenen und lassen das Spiel auf eine charmante Weise noch mehr zwischen Wahnsinn und Realität angrenzen. Es gibt zwar einige Ruckler im Spielverlauf aber die Geschwindigkeit ist stets sehr niedrig, weshalb diese nicht negativ auffallen. Der Soundtrack, der ebenfalls zwischen rockigen Klängen und absoluter Melancholie wechselt, stellt erneut diese Widersprüche dar, die das Spiel aber auch ausmachen.

Weiterführende Links: Forum-Thread

Fazit & Wertung

„The Missing: J.J. Macfield and the Island of Memories“ ist eins dieser wenigen Ausnahme-Spiele, die man absolut nicht für ihr Gameplay sondern ausschließlich für die absolut geniale Geschichte spielt. SWERY schafft es erneut, seine abgedrehten Gedankenwelten in einem Spiel niederzuschreiben und dabei eine emotionale und ehrliche Erzählung zu präsentieren. Das Spiel wird vielen an den Kopf stoßen aber genau das will es auch und schafft es mit Bravur, noch einmal mehr zu faszinieren.

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