Nein, man kann wirklich nicht behaupten, dass Konami in den letzten Jahren viele positive Schlagzeilen genießen durfte. Dennoch bleibt „Pro Evolution Soccer“ der jährliche Erfolg, auch wenn man sich hierzulande in Sachen Verkaufszahlen gegen die Konkurrenz wohl nie behaupten werden kann. Wie sieht es jedoch abseits davon aus? Wir haben uns wie jedes Jahr auf den Platz begeben und verraten euch nun, wieso man „PES“ mal wieder nicht abschreiben sollte.

Alle Jahre wieder

In diesem Jahr soll „Pro Evolution Soccer“ zeigen, dass die Evolution nicht nur ein Werbeslogan ist. Tatsächlich arbeitet das Team seit drei Jahren an den Verbesserungen, die im neuesten Teil endlich umgesetzt werden sollen. In Sachen Kampagne wurde aber offensichtlich nicht so viel Zeit investiert, denn hier hat sich kaum etwas getan. Die Meister-Liga ist nahezu identisch, wobei nun die Transfer-Deals leichter zu verfolgen sind. Ansonsten bekommt man jedoch gewohnte Kost, und auch der Werde-zur-Legende-Modus könnte eine Auffrischung erhalten, denn die Möglichkeiten müssten sich in jedem Jahr erweitern, und Kritikpunkte dürften nicht ignoriert werden.

Es ist schlichtweg ärgerlich, dass man nicht endlich etwas Mut zeigt und die Einzelspieler-Kampagnen spannender gestaltet. Gerade die Legenden-Geschichte würde davon profitieren, wenn man tatsächlich mit Trainern agieren könnte oder eine persönliche Rückmeldung erhalten würde. Dabei ist die Inszenierung gar nicht das Problem, sondern die Tiefe und fehlenden Neuerungen.

Das konstante Highlight

Glücklicherweise sieht das auf dem Platz ganz anders aus. Das liegt hauptsächlich an der phänomenalen Ball-Physik, die kaum noch Raum für Verbesserungen zulässt. Es fühlt sich einfach wunderbar an, die Bälle zu führen und präzise Pässe zu meistern. In diesem Jahr hat man dennoch feine Verbesserungen eingeführt, weshalb man nun noch mehr Möglichkeiten nutzen kann, den Ball zu kontrollieren und somit die Gegner auszutricksen. Der Vorteil ist klar, denn somit darf der Ball auch Abstand vom Spieler nehmen, jedoch erhöht das auch das Risiko. Allerdings wirkt es nicht mehr so, als ob ein Band Spieler und Ball verbinden würde, und man muss stärker darauf aufpassen, nicht zu waghalsig zu laufen.

Natürlich ist diese Verbesserung auch mit einigen Tücken verbunden. Vor allem bei den Sprints ist es für die Verteidiger einfacher, Bälle abzunehmen. Doch genau das zwingt die Spieler dazu, die vielfältigen taktischen Möglichkeiten zu nutzen. Es wird nahezu immer derjenige belohnt, der das Spiel aufbaut, Lücken sucht und allgemein freiläufiger plant. Natürlich ist Glück trotzdem noch ein Faktor, aber die leichten Strategien, die durchaus frustrieren konnten, wenn sie gegen einen selber angewandt wurden, sind nun zu ineffektiv, um Spiele zu entscheiden.

Langsamer und taktischer

Einen deutlichen Unterschied im Vergleich zum Vorjahr nimmt man auch beim allgemeinen Tempo wahr. Das Spiel verläuft allgemein langsamer, was es jedoch zu einer realistischeren Angelegenheit macht. Das dürften aber auch Neueinsteiger begrüßen, denn so erhält man minimal mehr Zeit, um seine Taktik spontan anzupassen. Erfahrenere Fans werden sich aber tatsächlich umgewöhnen müssen, da der Spielfluss hier so verändert wird, dass einige alte Taktiken nicht mehr funktionieren. Es ist jedoch eine lohnenswerte Hürde, denn einmal richtig eingefunden, werden noch mehr Möglichkeiten eröffnet, die das Spiel verbessern.

Trotzdem fühlt sich das eher wie ein Babyschritt an, denn man hätte die Idee noch weiter führen können. Wir sehen uns schon im nächsten Jahr, wie der Nachfolger Lob dafür erhalten wird, mehr Optionen eingeführt zu haben und das langsamere Tempo ausgenutzt zu haben. Doch dadurch fühlt es sich auch so an, als ob man hier nur langsam verbessert und sich insgesamt dann doch zu wenig tut. Man sollte das hier also keineswegs als Revolution erachten, wenn man den letzten Ableger gespielt hat, sondern eher als keine Verbesserung, die aber noch viel Potential innehält.

Die Lizenz-Käule

Das ewige Problem werden vermutlich die Lizenzen bleiben. Das gilt aber nur hierzulande, denn gerade im asiatischen sowie südamerikanischen Bereich haben die Macher ordentlich zugelegt und sogar „FIFA 18“ einige Lizenzen weggeschnappt. Das wird aber auch nur diejenigen interessieren, die eben selber das dortige Geschehen verfolgen, alle anderen werden sich erneut darüber ärgern, dass es in Europa düster aussieht. Ja, auch in diesem Jahr kann man sich wieder entsprechende Fan-Projekte herunterladen und diese installieren. So einen Detailgrad wie von den Machern selbst kann man dadurch aber einfach nicht erreichen.

Besonders bitter sieht es diesmal erneut für den deutschen Markt aus. Lediglich Borussia Dortmund, FC Schalke sowie RB Leipzig können ausgewählt werden, die dann sogar von der tollen Präsentation profitieren. Doch während man als großen Pluspunkt die Champions- sowie Europa-League angibt, fehlen eben auch einige Teilnehmer, wie der FC Bayern sowie TSG Hoffenheim. Das kann man sich auch nicht schönreden, und obwohl „Pro Evolution Soccer“ spielerisch klar die Nase vorn hat, ist der Fanservice alles andere als optimal.

Verpasste Ambitionen

Obwohl man auch alleine viel Spaß haben kann, wird man auf Dauer beim Online-Modus landen. Die bekannten Elemente sind erneut sehr unterhaltsam, doch die Neuerungen sollten herausstechen. Der 3-gegen-3-Koop-Modus ist dabei ein überraschendes Highlight, denn hier spielt man nicht nur mit insgesamt mehr Spielern, jeder erhält sogar eine eigene Statistik, sodass man auch bei einem schlechteren Team seine Bewertung retten kann. Das Konzept funktioniert gut und wir haben keinerlei Fehler entdecken können.

Ein wenig enttäuschend ist da die Zufallsauswahl, obwohl das Prinzip interessant ist. Vor dem eigentlichen Match erhält man nämlich ein zufälliges Team und darf vor der Partie in ein paar Transferrunden sein Geschick auf die Probe stellen. Das wirkt aber eher halbgaar, da die Optionen sehr eingeschränkt sind und nur selten das Spiel entscheiden. Das ist schade, denn hier steckt für die Zukunft eine Menge Potential.

Klassischer Patzer

Optisch kann das Spiel auf ganzer Linie überzeugen. Mal wieder sind die Animationen realistischer, geschmeidiger und einige Spieler sehen verblüffend realistisch aus, während man dennoch sieht, dass es noch ein weiter Weg bis zum Fotorealismus ist. Vor allem aber merkt man, mit welchen Teams nahe zusammengearbeitet wurde, denn nicht alle Spieler sehen so gut aus, was aber bei der allgemein riesigen Anzahl an Spielern verständlich ist. Im Geschehen sieht alles sowieso sehr gut aus, und vor allem der Umgang mit dem Ball ist nicht nur spielerisch, sondern auch optisch ein Vergnügen.

Die Musik ist mal wieder Standardware und sticht in den Menüs nicht sonderlich heraus. Dafür kommt richtig Atmosphäre im Stadion auf, wenn die Spieler einlaufen und dabei tosender Applaus aus allen Lautsprechern kommt. Einmal mehr hat man es jedoch nicht geschafft, das Paket zu perfektionieren, denn die deutschen Kommentare sind furchtbar. Meist passen sie überhaupt nicht zum Geschehen, einzelne Sätze wiederholen sich mitunter direkt nacheinander und es fehlt schlichtweg an Emotionen. Die englischen Sprecher machen da einen besseren Job, weshalb wir diese Alternative empfehlen müssen.