Eigentlich wurde „Kingdom Come: Deliverance“ bereits im Januar 2014 angekündigt, und das über Kickstarter, während der Titel zu dem Zeitpunkt bereits zwei Jahre in Entwicklung war. Die Prämisse einer Welt im Mittelalter, voller spannender Geschichten und ohne jegliche übernatürliche Elemente, ist eingeschlagen wie eine Bombe, und wurde 36 Stunden nach Start finanziert. Die Macher haben sich jedoch im Gegensatz zu vielen anderen Projektgründern sehr lobenswert verhalten und nicht nur Alphas und Betas für die Spieler verfügbar gemacht, sondern auch stets transparent informiert. Nun soll im Februar 2018 endlich das volle Spiel verfügbar gemacht werden, weshalb wir dem Titel auf der gamescom auf den Zahn gefühlt haben. Ist das Spiel tatsächlich ein kommender Hit, oder wurde zu viel versprochen? Wir haben zumindest ein vorläufiges Fazit.

Ein schwieriger Start

Die Mission startete direkt, nachdem wir die Aufgabe erhalten haben, ein Ereignis auf einer Anlage zu untersuchen. Dort sollen nämlich nicht nur die Bewohner überfallen und einige sogar ermordet worden sein, sondern auch die Pferde, weshalb viele Bürger der Gegend Angst um ihr eigenes Leben haben. Zusammen mit einigen anderen Soldaten sollen wir nun mit dem Pferd genau zu diesem Ort reisen und herausfinden, wer das Blutbad angerichtet hat.

Zumindest ist das so vorgesehen. Bevor wir auf das Pferd steigen, wollten wir uns allerdings erstmal den Startort ansehen und entdecken, was dieser zu bieten hat. Das auf Realismus getrimmte Spiel wartet aber gar nicht auf uns, denn weil wir zu lange gebraucht haben, ist der Rest schon losgeritten, und wir müssen uns alleine auf den Weg machen. Allerdings haben wir hier auch eine Schwäche im System entdeckt – wir sind nämlich nur wenige Sekunden nach den anderen losgeritten, und haben diese natürlich schnell eingeholt. Dennoch gibt es keine Dialoge, keine Zwischensequenz und es wird so getan, als ob wir alleine unterwegs waren. Das bricht ein wenig die Immersion – aber man darf nicht vergessen, dass es sich noch immer um ein Videospiel handelt, und natürlich nicht alle Möglichkeiten abgedeckt werden können.

Der Detektiv im Mittelalter

Weiterhin hat das Spiel aber schon einen besseren Eindruck gemacht. Angekommen auf dem Hof sahen wir nämlich bereits die toten Pferde, sowie die Frau des getöteten Besitzers. Nun durften wir weitere Bewohner befragen und anhand von Dialog-Optionen weitere Hinweise sammeln. Während die einen nicht viel wussten, konnten andere uns zur richtigen Person führen, die gesehen hat, in welche Richtung die Banditen geflohen sind. Hier wird auch schon ein weiteres Highlight offenbart, das einige Spiele in letzter Zeit versucht haben, um authentischere Welten zu erzeugen.

Wir können nämlich dem Questmarker folgen, oder uns ganz auf die Beschreibungen der Leute verlassen. Letzteres macht deutlich mehr Spaß, da man so all die schönen Details sieht und nicht nur Punkte abläuft, sondern tatsächlich sieht, welche Schäden die Banditen angerichtet haben. Sei es ein eingerissener Zaun oder Blutspuren, man erlebt viel mehr als in vielen anderen Spielen. Angekommen hören wir nur einige Stimmen und entdecken schnell, dass es sich hierbei um zwei der Banditen handelt.

Überraschende Vielfalt

Interessant wird jetzt, wie unterschiedlich man agieren kann. In unserem Fall sind wir auf den Feind zugestürmt, haben ihn getötet und einem Verwundeten ebenfalls den Gnadenstoß gegeben. Das Kampfsystem ist dabei erstaunlich fordernd, denn man muss die Zeit nutzen, um einen Angriff zu starten, sowie auf die Bewegungen der Feinde achten, um zu blocken. Bei einem Kampf zwei gegen eins hat man also eigentlich keine Chance, was den Realismus unterstützt. Anschließend haben wir herausgefunden, dass einer der Bewohner selber im Kontakt mit den Banditen stand, der ist jedoch weg. Im Wald finden wir ein weiteres Lager, doch auch dort konnte uns niemand sagen, wo der Gesuchte ist. Danach endete zwar unsere Zeit mit dem Spiel, doch uns wurde noch mehr über die Situation erzählt.

Demnach kann man sich auch ruhig verhalten und erlebt eine recht emotionale Szene, in der die Banditen sich erzählen, dass sie selbst nicht zufrieden mit den Aktionen der Gruppe sind. Ein Kampf erledigt sich sogar von selbst, denn der Gnadenstoß wird dann vom Freund des Banditen ausgeführt. Doch nachdem die Feinde entdeckt wurden, kann man auch zu seinem eigenen Befehlshaber zurückkehren, ihm davon erzählen und mit der eigenen Truppe dort auftauchen. Diese Vielfalt im Ablauf der Missionen soll bei jeder einzelnen Aufgabe spürbar sein, und somit stehen vor allem die Aktionen der Spieler im Fokus. Kann das Entwicklerstudio diese schier unglaubliche Aufgabe meistern, könnte hier wirklich eine einzigartige Welt entstehen.

Nicht perfekt

Bei all den tollen Argumenten für den Titel kann man leider nicht übersehen, dass hier ein kleines Studio daran arbeitet, eine authentische Welt zu erschaffen. Das liegt an der Optik, die schlicht altbacken wird. Vor allem die Texturen sind oft matschig, das Kantenflimmern stört, und die Weitsicht ist schwammig. Es fällt also schwer, die eigentlich toll designte Welt auch optisch zu genießen. Zudem gab es Probleme mit der Bildrate, vor allem wenn zu viel gleichzeitig passiert. Auch die Sprecher machen nicht durchweg einen guten Job. Das Spiel befindet sich zwar noch in Entwicklung, doch hier sollte man seine Erwartungen deutlich zurückschrauben. Dann allerdings erhält man allem Anschein nach eine der authentischsten Spielewelten der letzten Jahre.