Codemasters Rally-Reihe hat eine abwechslungsreiche Geschichte hinter sich. Während man zur Zeit von „Colin McRae Rally“ ausschließlich auf Realismus setzte, ging man mit „DiRT“ einen zugänglicheren Weg ohne dabei die Rally-Veteranen außen vor zu lassen. „DiRT Showdown“ verprellte dahingegen viele Fans, bot es doch reine Action rund um „Destruction Derby“ und „Hau drauf-Rennen“. Nach der Häme der Fans schob man mit „DiRT Rally“ 2015 wieder eine Simulation des Rennspielvergnügens nach, die gleichzeitig jedoch aufgrund des hohen Schwierigkeitsgrades viele Anhänger des Arcardestils verschreckte. Die logische Schlussfolgerung aus jenem Werdegange dreht sich dieser Tage im Laufwerk unserer PlayStation 4: Mit „DiRT 4“ versucht Codemasters nun alle Lager unter ein Dach zu bekommen. Ob das gelingt, klärt unser Test.


Gamer oder Simulation?

Noch bevor man sich auf die dreckigen Pisten stürzt gilt es sich für den Spieltyp zu entscheiden. Setzt man auf Simulation, präsentiert sich „DiRT 4“ im gewohnten „DiRT Rally“-Gewand, das einem alles an Fahrkunst abverlangt und einiges an Können voraussetzt. Der somit hohe Schwierigkeitsgrad ist demnach etwas für diejenigen, die sich mit dem Prozedere auskennen oder sich eben rein fuchsen möchten. Hier muss jede Unebenheit beachtet werden und Gas, Bremse und Handbremse gefühlvoll eingesetzt werden. Beherrscht man dies erstmal, stellt sich nach der großen Herausforderung natürlich eine mindestens genauso große Befriedigung ein.

Aber jetzt mal ehrlich: Ich selber gehöre nicht unbedingt zu den Rennspielveteranen, da meine intensivsten Spielstunden mit einer Simulation doch ein paar Jahre zurück bei irgendeinem Formel 1-Titel für den Nintendo 64 liegen. Somit ist der Gamer-Modus, dessen Name wirklich schmeichelnder als Nintendos Schlausteuerung aus „Mario Kart“ ist, genau mein Ding. Codemasters schafft es hier trotz zusätzlicher, aktivierter Fahrhilfen wie ABS, Bremshilfen und Traktionskontrolle das Gefühl zu vermitteln: „Du bist der krasseste Rallyfahrer und beherrschst dein Biest auf vier Rädern wie ein Profi“. Selbstverständlich lassen sich alle Unterstützer auch einzeln abwählen, um sich Stück für Stück an die wahre Zähmung der Biester heranzuwagen.

Die Herausforderung ist in beiden Spielvarianten genau richtig auf den Spieler angepasst, was extrem motivierend ist, egal ob Profi oder Neuling. Vor allem macht es einem das Spiel im Gamer-Modus auch nicht zu einfach, muss man sich doch auch hier auf die ikonischen Ansagen seines Beifahrers verlassen und vor allem konzentrieren.

Die Probleme mit dem Umfang

In der Vergangenheit musste sich die Rally-Reihe aus dem Hause Codemasters immer wieder den Vorwurf gefallen lassen etwas zu abgespeckt im Bereich der Modi daher zu kommen. Und auch im aktuellen Ableger fehlt es immer noch ein wenig an Umfang. Am meisten fällt dies im Bereich der Strecken auf. Hier darf gerade mal in fünf Regionen gefahren werden, die hier und da auch schon in „DiRT Rally“ vorkamen. So begibt man sich je nachdem auf US-amerikanische oder australische Schotterstraßen oder auch auf den europäischen Serpentinen-Asphalt. Die verfügbaren Pisten sind, und das muss man hier zu Gute halten, herausfordernd und spaßig zugleich. Ärgerlich hingegen: Die FIA World Rallycross Championship-Lizenz wurde nur für Fahrzeuge, Fahrer, Namen und einen Teil der Veranstaltungsorte eingesetzt. Hockenheimring oder Circuit de Barcelona-Catalunya fallen leider weg.

Mit Blick auf die Fahrzeuge darf man keinesfalls eine Vielfalt wie in „Gran Turismo“ erwarten, was natürlich in der Natur eines Rallyspiels liegt. 74 Vehikel aus 20 Fahrzeugklassen sollten jedoch nicht das Ende der Fahnenstange sein.

Auf Seiten der Modi hat man etwas zugelegt. Somit gesellen sich zum Karrieremodus nun auch sechs Challenges mit 10 Rennen, die euch im Zeitfahren oder in Smash Attack herausfordern. Letzteres bedeutet möglichst viele gelbe Blöcke innerhalb einer bestimmten Zeit zu zerstören. Auf Seiten des Online-Modus darf man in gewohnter Manier an Rennen teilnehmen und sich zusätzlich in Online-Herausforderungen messen, die im täglichen, wöchentlichen und monatlichen Rhythmus veröffentlicht werden.

Im Übrigen wurde der bereits genannte Karrieremodus um die Option erweitert seinen eigenen Rennstall zu führen. Nach einigen Rennen als Auftragsfahrer kann man sich nach ein paar Siegen das erste eigne Auto kaufen. Von da ab lassen sich außerdem Garagen, Teile und Teammitglieder erwerben. So bleibt euch beispielsweise die Wahl des Beifahrers samt Akzent oder die des PR-Managers, der euch die dicken Sponsoren an Land ziehen kann. Alles in allem ist das Drumherum gut gelungen, sehr zugänglich und spiegelt das Geschehen des Motorsports abseits der Rennpiste gut wieder.

Kompromisse

Ein Rennspiel in konstanten 60 Frames laufen zu lassen ist heute Pflicht. Dem kommt natürlich auch Codemasters nach. Leider kommt es gerade in den Disziplinen mit mehreren Fahrzeugen auf der Strecke, wie Beispielswiese in den Buggyrennen, zu kleineren Zusammenbrüchen in der Bildrate und Tearing, das sich beides auf der PS4 Pro hingegen nicht feststellen lassen kann. Schade ist auch, dass man im ersten Gebiet der Karriere, dem US-Bundesstaat Michigan, ziemlich hässliche Umgebungsgrafiken platziert hat. Was im späteren Verlauf nicht mehr so schwer wiegt, ist gerade zu Beginn eines Spiels nur wieder schwer aus der Erinnerung des Spielers weg zu bekommen.

Keineswegs ist „DiRT 4“ jedoch ein scheußlich anzusehender Titel. Vielmehr sind es Schönheitsmakel, die das Bild hier und da trüben. Überzeugen können hingegen die Lichteffekte, der spritzende Schmutz an sich, aber auch das Hitzeflimmern in der Wüste. Insgesamt sind die Wettereffekte schön anzusehen.

Neben dem Brummen der Motoren und Hacken des Getriebes bietet der Soundtrack eine interessante Genremischung die von Queens Of The Stone Age bis hinzu Drum and Bass des britisches DJ- und Produzenten-Duos Sigma reicht.