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Art Academy Atelier

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Art Academy Atelier

Ich kann nicht malen. Das konnte ich nie, und das werde ich auch nie können. Trotzdem bestand meine vergangene Woche daraus, dass ich allen meinen nicht total misslungenen Apfel, meine wunderschöne Tomate und meine mit viel Fantasie zu erkennende Landschaft zeigte. Und das sogar voller Stolz! Wie ich das als Kunst-Banause geschafft habe? Natürlich mit „Art Academy Atelier“!

Der neue Van Gogh

Ja, malen ist so eine Geschichte. Die einen können bei Langeweile kinderleicht Portraits erstellen, andere sind froh, wenn ihr Strichmännchen die richtigen Proportionen aufweisen kann. Dennoch ist die „Art Academy“-Reihe schon immer etwas für alle gewesen, denn während Neulinge in die Welt der Kunst einsteigen, können auch erfahrene Maler noch einige hilfreiche Tipps mitnehmen und sparen durch die Vielzahl von Optionen eine ganze Menge Geld für echte Hilfsmittel.

Der aktuelle Ableger macht da keinen Unterschied. Tatsächlich fühlt es sich so an, als ob die Reihe nur darauf gewartet hätte, ihr Potential endlich auf dem großen Bildschirm entfalten zu können. Das wird bereits im Startbildschirm klar, wenn die Vorlagen in HD-Qualität auf dem TV erscheinen. Kurz darauf wird der Spieler mehrere Modi sehen, von denen er als erstes die Lektionen angehen sollte.

Nicht in einer Minute

Wer hier erwartet, in wenigen Minuten bereits erste Meisterwerke kreieren zu können, wird schnell eines Besseren belehrt. Tatsächlich wird der Spieler zuerst von dem Lehrer Vince begrüßt, der in den folgenden Stunden zur wichtigsten Person wird. Er lehrt nämlich nicht nur, wie man die einzelnen Bilder zeichnet, sondern auch, wieso sie gezeichnet werden, wie sich die Kunst entwickelt hat und wieso die einzelnen Übungen so wichtig sind. Das alles passiert auf eine so humorvolle Art, dass man schon mal das ein oder andere Schmunzeln unterdrücken muss. Doch der professionelle Anteil ist definitiv nicht zu gering. Ganz im Gegenteil: Die hilfreichen Tipps und Ausflüge in die Kunstgeschichte sind sehr interessant präsentiert, sodass der Spieler schon mal ganz vergessen kann, dass er sich um sein Kunstwerk kümmern muss.

Das eigentliche Zeichnen bleibt nämlich die Verantwortung des Spielenden. Während der zahlreichen Lektionen, die in die Kategorien Anfänger, Fortgeschrittene und Werkzeuge eingeteilt sind, zeigt Vince jeden einzelnen Schritt, wobei der Spieler diesen anschließend nachmachen soll. Dabei ist es gar nicht so wichtig, exakt dasselbe zu tun, sodass ein persönliches Werk entsteht. Durch ein Gitternetz auf dem GamePad kann man also versuchen, die Linien nachzuzeichnen, die in der Lektion vorher besprochen wurden. Der TV-Bildschirm stellt wahlweise das originale Bild, Vince' Zeichnung oder das GamePad dar, sodass jeder selbst entscheiden darf, wie er vorgehen möchte. Meistens folgt daraufhin die Kolorierung, die ebenfalls schrittweise erklärt wird. Um wirklich jeden mit der Software vertraut zu machen, werden Befehle gegeben, welcher Stift und welche Farbe ausgewählt werden müssen, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Es ist einfach wunderbar, wie perfekt diese Anleitungen gestaltet wurden. Obwohl jede Übung bis zu eine Stunde andauern kann – je nach Fähigkeiten des Zeichners –, hat man nie das Gefühl, dass etwas gestreckt wird. Und wer die Erklärungen nicht lesen möchte, kann sie auch recht schnell wegdrücken.

Eine Oase für Künstler

Jeder Hobby-Maler kann sicher bezeugen, dass die Leidenschaft durchaus auch schon Geld kosten kann. Das mag vielleicht bei kleineren Bildern anders sein, wer aber mit teuren Materialien hantiert, möchte sich keinen Fehler erlauben. Gerade hier präsentiert sich „Art Academy Atelier“ von seiner starken Seite, denn die Fülle an Werkzeugen ist auf den ersten Blick überwältigend. Wenn man sich schon alleine den Pinsel-Bereich anschaut, kommt man als Neuling gar nicht mehr aus dem Staunen heraus.

Da wäre zum einen eine beachtliche Anzahl an verschiedenen Farben. Wählt man eine davon aus, landet sie auf einem Brett, wo sie mit weiteren vermischt werden kann. Selbst die Anteile können angepasst werden, weshalb man schnell merkt, dass die Möglichkeiten nicht nur für Gelegenheitsspieler perfekt sind. Weiterhin ist die Auswahl an Pinseln vielfältig, denn neben der Breite darf der Spieler auch entscheiden, wie viel Farbe auf ihm landen sollte. Ist die Auswahl dann mal getroffen, darf man drauf los zeichnen. Dabei verhalten sich die Farben genauso wie im echten Leben. Wer zu lange mit einem Pinsel hantiert, ohne ihn abzusetzen, wird schnell merken, dass die Farbe ausgeht, und wer über ein feuchtes Feld streicht, vermischt die Farben auf der Leinwand. Selbst eine Funktion zum Trocknen haben die Macher eingebaut, sodass sich wirklich keiner über fehlende Möglichkeiten beschweren kann. Insgesamt fünf Kategorien an Malwerkzeugen haben ihren Weg in das Spiel gefunden, und auch nach den umfangreichen Spezialerklärungen für diese bleibt noch genug Raum, um kleine Feinheiten herauszufinden.

Das freie Zeichnen

Natürlich gibt es auch solche Spieler, die sich selbst als Meister der Kunst bezeichnen und auf keinen Fall mit langen Anleitungen hantieren möchten. Diese können direkt in das freie Zeichnen eintauchen, in dem die Möglichkeiten unbegrenzt sind. Hier kann man mit den Malwerkzeugen direkt drauf los zeichnen, oder sich auf dem TV eine Vorlage anzeigen lassen. Die verfügbaren Motive variieren von Obst über Gegenständen bis hin zu Landschaften und Nintendo-Charakteren. Natürlich ist es hier weitaus schwieriger als in den Lektionen, sein Meisterwerk zu vervollständigen, aber dafür gibt es auch keine Begrenzungen mehr, was gezeichnet werden soll, oder wie es entstehen soll. Tatsächlich stellt dieser Modus das Herzstück des Titels dar, weil die gelernten Techniken frei eingesetzt werden. Und wer dann doch am Verzweifeln ist, kann trotzdem einmal in die passende Lektion schauen. Währenddessen wird die unterbrochene Arbeit abgespeichert, sodass absolut nichts verloren geht. Das geht auch bei den Anleitungen, sodass keiner Angst haben muss, aufgrund begrenzter Zeit nochmal vom Beginn anfangen zu müssen.

Mein erstes eigenes Atelier

Die große Neuerung erwartet die Spieler im Atelier. Denn natürlich entstehen nach einer längeren Zeit mehrere Bilder, die in der digitalen Mappe verstauben. Wer dann doch einmal zeigen möchte, was er über die letzten Wochen zustande gebracht hat, darf seine Bilder im virtuellen Ausstellungsraum aufhängen. Dafür gibt es vorgegebene Plätze, zu denen sich der Spieler aus der Ego-Perspektive heraus begibt, um den besten Ort für das jeweilige Kunstwerk zu ermitteln. Selbst einen passenden Rahmen darf sich jeder aussuchen, wodurch erneut das Gefühl entsteht, dass wirklich etwas Eigenes erschaffen wurde. Natürlich wäre es noch persönlicher, wenn man das alles auf echtem Papier, auf echten Leinwänden vor sich hätte. Aber „Art Academy Atelier“ beeindruckt durch die wohl beste Möglichkeit, das alles digital an der Konsole zu tun. Weiterhin gibt es eine große Familienwand. Zwar ist das Atelier für jeden Spieler auf einer Konsole anders, diese Leinwand kann jedoch von jedem Benutzer der Konsole verändert werden. Egal, ob ein Meisterwerk oder wahllos verteile Striche in verschiedenen Farben; es ist einfach wunderbar, mit wie vielen Feinheiten das Spiel seine Nutzer motiviert, auf eigene Faust zu handeln und sich nicht vor seinen Werken zu verstecken.

Malen mit der Welt

Wer seine Werke nicht nur in digitaler Form haben möchte, kann die Bilder kinderleicht auf eine SD-Karte kopieren, um sie anschließend mit einem Drucker auf Papier zu bringen. Ebenso gibt es eine Miiverse-Community, in der man seine Meisterwerke mit anderen Spielern teilen kann. Wer hingegen eher zeigen möchte, wie er gemalt hat, der kann ein Zeitraffer-Video dazu auf Youtube hochladen. Das alles ist wahnsinnig einfach zu bedienen und beweist nur erneut, dass die Macher alles richtig mit dem Titel gemacht haben.

Technik

Auch auf der technischen Seite kann „Art Academy Atelier“ überzeugen. Auf einem großen HD-Fernseher wissen die Bilder zu begeistern. Sowohl die Farbendarstellung als auch die Grafik allgemein sieht wunderbar aus und lässt keine Wünsche offen. Der Soundtrack ist größtenteils ruhig, während des Zeichnens läuft keine Musik. Man könnte hier höchstens anmerken, dass es doch schön wäre, wenn man eigene Lieder abspielen lassen könnte. Das war es dann aber auch schon mit den Kritikpunkten. Das Malen auf dem GamePad funktioniert wunderbar und man hat das Gefühl, dass die Wii U genau wegen solcher Spiele unglaublich viel Potential hat.

Weiterführende Links: Forum-Thread

Fazit & Wertung

Leider hat mich „Art Academy Atelier“ ein wenig enttäuscht. Ich wurde nicht zum berühmtesten Künstler aller Zeiten, bin nicht reich geworden und werde vermutlich auch nicht in die Geschichtsbücher eingehen. Dennoch bin ich endlich in der Lage, mehr als nur krumme Strichmännchen zu malen, und tatsächlich hab ich auch noch etwas über die Kunst selbst gelernt – und dabei Spaß gehabt. Die Macher des Spiels haben die bisher beste Mal-Erfahrung für Konsolen erschaffen, die sowohl Einsteiger begrüßt als auch Profis zufrieden stellt. Es ist schon schade, dass der Titel vermutlich untergehen wird, denn trotz der kleinen Zielgruppe gehört „Art Academy Atelier“ zu einem der besten Spiele, die die Wii U zu bieten hat.

Bisher gibt es zwei Kommentare

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  • Avatar von To0nfish Nr. 1
    To0nfish Nr. 1 13.10.2015, 15:01
    Cool, vielleicht hole ich es mir ja, wenns so gut ist. Ich mag ja Zeichnen und habe nicht gegen Malen. Nur habe ich das Spiel noch nie in irgendeinem Laden gesehen und hab deswegen vergessen, dass son Spiel überhaupt existiert.
    Mein einziges Manko
  • Avatar von Sanku
    Sanku 13.10.2015, 12:26
    Hmm, das liest sich sehr positiv. Ich suche schon lange einen weg von meinem analogem Zeichnen ins digitale Zeichnen zu wechseln, aber meistens sehen die digitalen Zeichnungen nie gut aus oder irgendwie unausgereift.
    Wenn ich damit den ersten Schritt machen kann is das doch perfekt und ich werde es mir sicherlich holen, meine Tochter zeichnet ja auch gern.