Besitzer eine Sony-Konsole mussten ganz schön lange warten, bis der Indie-Hit „Shovel Knight“ auch für ihre Konsolen angekündigt wurde. Das über Kickstarter finanzierte Spiel startete seine Reise auf Steam, machte einen Schlenker über die Wii U und den Nintendo 3DS und ist nun endlich auf den Plattformen von Sony angekommen. Eine große Frage bleibt dennoch stehen: Ist der Titel noch immer so wahnsinnig gut?

Eine tragische Liebesgeschichte mit Humor

Einst waren Shovel Knight und seine geliebte Shield Knight große Abenteurer, die durch die Welt reisten, das Böse besiegten und die größten Schätze fanden. Allerdings kam es zu einem tragischen Ereignis, bei welchem Shield Knight spurlos verschwand. In der Zeit danach wurde der Held mit der Schaufel ruhiger und führte ein Leben in Einsamkeit, bis der Orden ohne Gnade und die böse Verzauberin erschienen. Auf der ganzen Welt wurden Dörfer und Schlösser von ihnen eingenommen und das Volk brauchte wieder einen großen Helden – der perfekte Grund, um Shovel Knights Ruhestand zu beenden.

Das alles erfährt der Spieler bereits in der Einleitung, und viel mehr soll auch nicht verraten werden. Die Geschichte bietet viele lustige Momente, sei es in den Dörfern oder direkt bei Konfrontationen mit den Bösewichten. Dabei wird jedoch nicht alles durch den Kakao gezogen, denn die Entwickler haben hier den schmalen Grad zwischen Humor und Ernsthaftigkeit gefunden. Das liegt vor allem an den grandiosen Charakteren. Seien es die Dorfbewohner, die ihre eigene Persönlichkeit haben und einige unvergessliche Momente bieten, oder die Bösewichte, an die sich jeder Spieler noch lange erinnern wird. Dabei bleibt Shovel Knight natürlich der Sympathieträger, da er nicht nur die Welt rettet, sondern auch seine geliebte Shield Knight finden will. Der einzige Wermutstropfen ist hierbei leider die deutsche Übersetzung. Diese ist zwar gut verständlich, wurde allerdings manchmal ein wenig zu wörtlich, manchmal ein wenig zu lasch übersetzt, weshalb viele der tollen Wortspiele und Witze verloren gehen.

Zwischen Herausforderung und Fairness

Das Spielprinzip von „Shovel Knight“ lässt sich gar nicht so schnell zusammenfassen, wie man auf den ersten Blick denken mag. Im Grunde ist das Spiel nämlich ein klassischer Plattformer der alten Schule. Vorerst nur mit einer Schaufel bewaffnet, steuert der Spieler den Helden durch zahlreiche Level, in denen Geschicklichkeit gefragt ist. Doch wer nur von Plattform zu Plattform springen will, wird überrascht. Permanent werden neue Elemente eingeführt wie zum Beispiel Bomben, Feuerplattformen oder neue Gegner, die einem das Leben schwer machen. Dabei weiß der Titel genau, in welchem Moment der Spieler die Mechaniken erlernt hat, denn genau dann werden die Rätsel schwieriger und bekannte Elemente müssen auf neue, kreativere Weise genutzt werden. Dadurch wird das Spiel nie langweilig, denn dieses Prinzip halten die Entwickler bis zum Ende des Abenteuers ein.

Neben den schwierigen Hüpf-Passagen gilt es zudem, Verstecke und neue Items zu finden, die dem Spieler das Leben erleichtern. Denn ohne diese muss der Held nur mit seiner Schaufel auskommen, die auf verschiedene Weisen genutzt werden kann. Der normale Schlag fügt den Feinden Schaden zu, lässt die Spielfigur allerdings unbeschützt. Wer einen Angriff nach unten ausführt, kann ähnlich wie in dem Klassiker „Duck Tales“ nach einem kurzen Sprung auf den Gegner von ihm abprallen und weitere Angriffe aneinanderreihen. Das funktioniert allerdings nur, wenn Gegner, Steine oder besondere Plattformen getroffen werden, was die Angelegenheit erheblich erschwert. Es ist jedoch unfassbar spaßig, mit dieser kleinen Mechanik Strategien zu entwickeln, wie ein Level beendet werden kann. Wem das zu kompliziert ist, der darf die Aktion auch auf einen beliebigen Knopf legen, denn die Steuerung kann frei nach Lust und Laune an die eigenen Vorlieben angepasst werden. Zudem sollten so viele Edelsteine wie möglich gefunden werden. Zum Glück lassen alle Gegner, Steine und Gesteins-Häufchen die Juwelen fallen, sobald sie beseitigt sind. Dadurch wird der Spieler angespornt, auch jeden kleinen Winkel zu durchsuchen, um wirklich alles zu erforschen.

Alles bekannt, alles neu

„Shovel Knight“ leiht sich viele Mechaniken aus anderen Titeln, ohne dabei jedoch wie ein digitales Mosaik zu wirken. Das merkt man unter anderem an der Weltkarte, die ähnlich wie in „Super Mario Bros. 3“ aufgebaut ist. Sogar kleine Gegner wandern hier manchmal herum und können in einem kurzen Level anschließend besiegt werden. Daneben sind viele weitere Örtlichkeiten vorhanden, die alle ihre kleinen oder großen Geheimnisse verbergen. Die eigentlichen Level haben zudem ein eigenes Thema, woraufhin passend dazu am Ende auch ein Boss-Gegner auf den Helden wartet. Der Aufbau ähnelt sehr den damaligen Spielen von Capcom, wie dem bereits erwähnten „Duck Tales“ oder der berühmten „Mega Man“-Reihe. Das bedeutet allerdings auch, dass der Titel einen hohen Schwierigkeitsgrad bietet. Viele Stellen müssen öfters ausprobiert werden, bis der Spieler sie erfolgreich beenden kann.

Obwohl diese Abschnitte den großen Klassikern in nichts nachstehen, ist die Wiederbelebungs-Mechanik sehr viel fairer. Diese erinnert überraschenderweise an die „Dark Souls“-Spiele. Hat sich die Lebensleiste einmal geleert oder wurde der Held in einen Abgrund befördert, wird er an den zuvor besuchten Speicherpunkt gebracht – ohne Verlust eines Versuchs. Allerdings werden auch fliegende Säckchen voller Schätze an der Stelle gelassen, die nicht überwunden wurde. Im Folgenden darf der Spieler diese wieder einsammeln, um die verlorenen Juwelen zurückzubekommen. Je mehr er dabei hat, desto größer ist auch die verlorene Menge. Stirbt Shovel Knight allerdings erneut, bevor diese eingesammelt wurden, sind sie für immer verloren. Das verleitet den Spieler dazu, sehr viel vorsichtiger voranzuschreiten, da natürlich möglichst wenig Gold verloren gehen soll. Gleichzeitig muss ein Level aber beim mehrfachen Ableben nicht jedes Mal von vorne begonnen werden, was eine gute Balance darstellt. Wer dennoch die große Herausforderung sucht, darf die jeweiligen Checkpoints zerstören, um eine große Menge von Edelsteinen aus diesen zu erhalten. Stirbt der Held allerdings, wird er an den letzten nicht zerstörten Punkt zurückgesetzt. Die Entwickler haben hier ganz große Arbeit geleistet, denn dieses System ermöglicht es den Spielern, ihre Herausforderung selbst zu bestimmen. Wer mehr riskiert, kann zwar mehr gewinnen, aber auch mehr verlieren.

Shopping mit Schaufel

Natürlich müssen die Schätze auch ausgegeben werden, damit der Held stärker wird. Wer seine Lebensenergie erhöhen will, darf sich ein Ticket kaufen, um eine köstliche Mahlzeit zu genießen, die die Lebensleiste um einen Punkt erweitert. Wer öfters seine Items nutzt, sollte die maximale Anzahl der Magie-Punkte erhöhen. Diese wird nämlich, exakt wie in den „Castlevania“-Spielen, durch den Einsatz von Gegenständen verbraucht. Sogar die Tastenkombination „Oben und Angriff“ muss genutzt werden, um sie einzusetzen. Im weiteren Verlauf des Abenteuers öffnen sich noch weitaus mehr Möglichkeiten, Sachen zu kaufen, sodass zu keinem Zeitpunkt ein Überschuss an Geld herrschen dürfte.

Die Dörfer sind ähnlich wie in „Zelda II: The Adventure of Link“ gestaltet. Viele NPCs laufen durch die Örtlichkeiten, wobei einige ihre kleinen Geschichten zu erzählen haben. Dabei wirken die Orte lebendig, was vor allem an den grandiosen Dialogen liegt. Wer den Barden aufsucht, darf zudem gefundene Musiknoten verkaufen. Einmal übergeben, lassen sich hier die tollen Lieder aus dem Spiel abrufen. Insgesamt wirkt jedes einzelne Element unfassbar stimmig und zu keinem Zeitpunkt hat der Spieler das Gefühl, die Entwickler hätten sich nur tolle Sachen bei anderen Spielen abgeschaut. Es sind die neuen, innovativen Einsatzmöglichkeiten sowie deren grandiose Kombination, die den Spieler über das komplette Abenteuer und noch lange danach bei Laune halten. Zudem sollen in den kommenden Monaten neue spielbare Charaktere und Level folgen, die gratis erscheinen werden. Diese vermisst man aber auch nicht während des Spielens, denn „Shovel Knight“ wirkt in sich stimmig und abgeschlossen.

Alles alt?

Zwar scheint das Spiel komplett identisch zu den bisherigen Versionen zu sein, hält aber eine Überraschung für den Spieler parat. Es lässt sich nämlich ein optionaler Kampf gegen den Kriegs-Gott Kratos aus der „God of War“-Reihe finden, der alles vom Spieler abverlangt. Seine schnellen Manöver, denen der Schaufelritter ausweichen muss, sind verheerend und drängen zu absoluter Präzision. Leider ist der Kampf nicht allzu lang geraten und bietet wenig Originelles. Während Spieler der Xbox-Versionen auf eine nostalgische Reise mit den Battletoads gehen dürfen, erwartet PlayStation-Besitzer nur ein normaler Kampf mit einer netten Überraschung am Ende.

Wunderschön – sowohl optisch als auch akustisch

Wer zu „Shovel Knight“ greift, darf sich auf eine wunderschöne Pixel-Optik freuen, die Liebhabern direkt das Herz schmelzen lassen wird. Dazu kommt ein hervorragender Soundtrack, bei dem sogar einige berühmte Persönlichkeiten mitgewirkt haben. Wer allerdings genug von dem Stil hat, der wird allein von der Optik abgeschreckt, verpasst dann aber ein unvergessliches Spiel. Zudem läuft der Titel sehr flüssig und kann mit kurzen Ladezeiten punkten.