„Super Mario FX“
Legenden berichten von einem Spiel namens „Super Mario FX“, das in den frühen 1990er Jahren für das SNES in der Entwicklung gewesen sein soll. Glaubt man den Mythen, so wollte Shigeru Miyamoto mit seinem EAD-Team das welterste 3D-Jump-'n'-Run erschaffen. Ermöglicht haben soll dies angeblich ein spezieller SNES-Chip namens „Super FX“, der erste grobpolygonale 3D-Spiele wie „Star Fox“ ermöglichte und dem vermeintlichen „Mario“-Spiel auch seinen Namen gegeben haben soll. Als jedoch auch nach Jahren der Arbeit an „Super Mario FX“ kein zufriedenstellendes Ergebnis resultiert haben soll, wurde die Entwicklung des Spiels endgültig abgebrochen, wie es heißt. Stattdessen wandten sich Miyamoto & Co. dem weitaus leistungsstärkeren und auf 3D-Grafik optimierten SNES-Nachfolger N64 zu und entwickelten „Super Mario 64“, das das Jump-'n'-Run-Genre endlich in die dritte Dimension katapultierte.
So weit der Mythos. Doch von offizieller Seite gab es nie eine Bestätigung, dass „Super Mario FX“ wirklich existierte und es gibt keinerlei Screenshots von diesem angeblichen Projekt. Hat es „Super Mario FX“ also gar nicht gegeben? Wie Snes Central ermittelte, stammt die Legende von „Super Mario FX“ von IGN sowie einem ehemaligen Artikel in der englischen Wikipedia. Beide Quellen beziehen sich offenbar auf ein Miyamoto-Interview von Anfang 1996. In diesem Interview verriet Miyamoto, dass er die Idee zu „Super Mario 64“ fünf Jahre zuvor während der Entwicklung von „Star Fox“ hatte. Augenscheinlich wurde dieses Interview falsch interpretiert und fand dann seinen Weg nach IGN oder Wikipedia.
Miyamoto spricht im Interview nur von einer Idee eines 3D-„Marios“ während der SNES-Ära. Das heißt jedoch nicht, dass ein solches Spiel tatsächlich entwickelt wurde. Fakt ist, dass Nintendo mit dem SNES zahlreiche 3D-Experimente durchführte, die meisten aber ohne Erfolg. So testete man auch ein 3D-Remake von „Zelda II“. Sicher hatte man sich damals bereits Gedanken gemacht, wie ein dreidimensionales „Mario“ aussehen würde. Anstatt ein solches Spiel aber für das schwache SNES zu entwickeln, wird Miyamoto auf eine stärkere Hardware gewartet haben, die seine Ideen umsetzen konnte.
Dylan Cuthbert, einer der zentralen Programmierer im Super-FX- und „Star Fox“-Projekt, beendete letztlich via Twitter sämtliche Gerüchte über „Super Mario FX“. Er äußerte klipp und klar, dass es ein derartiges Spiel nie gegeben hätte; stattdessen habe man den Super FX-Chip intern als „Super Mario FX“ bezeichnet.
„Super Mario 64 2“
Da „Super Mario 64“ nach seinem Erscheinen 1996 sehr erfolgreich wurde, war für Nintendo ein Gedanke nur logisch: einen Nachfolger zu entwickeln. So folgte 2002 auf „Super Mario 64“ „Super Mario Sunshine“, das von manchen Fans jedoch nicht als wahrer „Super Mario 64“-Nachfolger gesehen wird. Tatsächlich ist „Super Mario Galaxy“ (2007) zumindest vom Konzept her näher an der N64-Legende als „Sunshine“. Außerdem erschien für den DS eine erweiterte Neuauflage namens „Super Mario 64 DS“.
Alle auf „Super Mario 64“ folgenden Spiele hatten jedenfalls nicht allzu viel mit dem Spiel zu tun; sie boten anderes Gameplay und orientierten sich in eine andere Richtung. Doch ursprünglich sollte das nicht so sein, denn Nintendo arbeitete tatsächlich an einem direkten Nachfolger namens „Super Mario 64 2“.
Auf der E3 1997 verkündete Miyamoto erstmals, dass die Arbeiten an „Super Mario 64 2“ begonnen hätten. Später konkretisierte er im Interview mit Nintendo Dream, dass „Mario 64 2“ für das Disk Drive, eine Disketten-basierte Zusatzperipherie für das N64, entwickelt wurde. Luigi werde im Spiel dabei sein, versprach Miyamoto. Außerdem wolle das Entwicklerteam einen Mehrspielermodus umsetzen, habe sich zu dessen Planung aber noch keine genauen Gedanken machen können, da zunächst das Spielsystem entstehen solle.
In der folgenden Zeit war es verdächtig ruhig um „Super Mario 64 2“. 1998 bestätigte Miyamoto, dass die Entwicklung des Titels vorerst gestoppt wurde, jedoch ausschließlich aus Prioritätsgründen. Sofern man wieder Zeit für das Projekt finde, könne man es schnell zum Abschluss bringen. Einige Wochen später hieß es, ein Prototyp mit Mario und Luigi laufe bereits seit einem Jahr über Miyamotos Bildschirm, doch womöglich werde das Spiel erst auf einer neuen Hardware veröffentlicht werden. Denn ein starkes Hindernis stellte das N64 Disk Drive dar, dass so erfolglos war, dass es außerhalb Japans gar nicht erst erschien und der Großteil der vorgesehenen Spiele abgebrochen wurde.
Dieses Schicksal traf schließlich auch „Mario 64 2“. Zwar ging im Mai 1999 noch das Gerücht um, im Herbst werde es in Japan auf den Markt kommen, doch tatsächlich wurde die Entwicklung des Spiels schon sehr früh abgebrochen. Es heißt, nur ein erster Test-Level sei erstellt worden. Abseits der genannten Details ist auch nichts über das Spiel bekannt. Dass keinerlei Bildmaterial existiert, müssen wir wohl hoffentlich nicht erwähnen. Angesprochen darauf, was aus den für „Super Mario 64 2“ geplanten Ideen geworden sei, gestand Miyamoto ein, sich nicht mehr erinnern zu können. Wohl aber sagte er, das Spielkonzept sei in andere Projekte übergegangen. Außerdem offenbarte er, dass man ursprünglich bereits für „Super Mario 64“ einen Mehrspielermodus vorsah.
Möglicherweise bezog sich Miyamoto mit dieser Aussage, die er 2006 tätigte, auf „Super Mario 64 DS“. Das Remake enthält nämlich vier spielbare Figuren und auch einen Mehrspielermodus. Womöglich sind diese Ideen Relikte aus „Super Mario 64 2“. Seinen Traum, ein 3D-„Super Mario“ mit einem richtigen Koop-Mehrspielermodus umzusetzen, verwirklicht Miyamoto aber erst 2013: Die Rede ist vom Wii U-Hüpfer „Super Mario 3D World“, der als erster Titel der Reihe einen simultanen Mehrspielermodus für vier Personen bietet. „Super Mario 3D World“ geht also womöglich auf das Konzept von „Super Mario 64 2“ zurück. Hoffentlich werden wir diesbezüglich beispielsweise anhand eines Iwata-fragt-Interview bald schlauer!
Fazit
Der Übergang von 2D zu 3D war für die meisten Spieleserien sehr bedeutsam und hat nicht selten deren Schicksal geprägt. Bei der „Super Mario“-Reihe war dies noch deutlicher, da die Reihe mit „Super Mario 64“ selbst eine Vorreiterrolle inne hatte. Hinzu kommt, dass Nintendo sehr gerne experimentiert und nicht alle Resultate dieser Tests auch das Licht der Welt erblicken. Dass bereits zu SNES-Zeiten an einem „Super Mario FX“ gearbeitet wurde, stimmt jedoch nicht. Wie oben ausgeführt, handelt es sich dabei um ein Missverständnis. Einzig die Idee zu einem 3D-„Mario“ existierte zur SNES-Ära, mehr aber auch nicht. Als diese Idee mit „Super Mario 64“ dann schließlich realisiert worden war, versuchte Nintendo verzweifelt, einen würdigen Nachfolger zu entwickeln. So begann 1997 die Entwicklung von „Super Mario 64 2“, das jedoch nur für kurze Zeit existierte. „Super Mario 3D World“, das demnächst erscheint, dürfte dafür die Idee hinter „Super Mario 64 2“ endlich umsetzen.
Doch „Super Mario 64 2“ war nicht Nintendos einziges Projekt eines „Mario 64“-Nachfolgers … In zwei Wochen werden wir uns im nächsten „Inside Nintendo“-Bericht mit dem geradezu legendären „Super Mario 128“ beschäftigen.
Bisher gibt es 15 Kommentare
Die könnten ruhig mal eine Reihe "Pilzkönigreich Historia" rausbringen, in denen bis ins Detail viele Entwicklungsschritte der Mario Reihe erläutert werden. Ähnlich wie es in der Hyrule Historia war, nur ausführlicher und nicht so sehr auf den letzten Ableger fixiert.
Ist aber ein sehr interessanter Beitrag.
aber ich träume schon wieder zu viel :P
Richtig interessant, sich mal mit den unveröffentlichten Spielen zu beschäftigen. Das ist sicher unglaublich spannend zu recherchieren. Könnte man glatt neidisch werden!
Freue mich schon auf neue Teile dieser Artikelreihe!
Wiedermal sehr gut geschrieben und ein riesiger Pluspunkt für NO verglichen mit anderen Nintendo Foren