In wenigen Tagen erscheint „The Legend of Zelda: Majora's Mask 3D“, das die Fangemeinde schon seit Jahren herbeigesehnt hat. Fans freuen sich, nach fast 15 Jahren wieder in die düstere Welt des späten N64-Titels einzutauchen, während manch anderer zum ersten Mal Termina besuchen wird. Anlässlich der baldigen Veröffentlichung der Neuauflage werfen wir einen Blick auf die Entstehung des Originalspiels. Ausgangspunkt dafür war die Entwicklung des Vorgängers „Ocarina of Time“; Details dazu findet ihr in einem „Inside Nintendo“-Bericht von Anfang 2013.
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel
Ende 1998 lag sicherlich Freude in der Luft der Büros von Nintendos Entwicklungsabteilung Entertainment Analysis & Development. Nach etwa drei Jahren Arbeit hat das bis dato größte Team der Videospielgeschichte ein Epos fertiggestellt, das nicht nur zu einem zeitlosen Klassiker, sondern zum laut Metacritic besten Spiel aller Zeiten avancierte.
Doch Zeit zum Verschnaufen gab's nicht. Denn ursprünglich war „Ocarina of Time“ ein Spiel für das Disk Drive (DD), eine in Japan gefloppte und nie in Übersee veröffentlichte N64-Erweiterung. Das Projekt wurde auf das N64 übertragen, doch Nintendo versprach noch die Veröffentlichung eines Erweiterungspacks für das N64 DD. Diese ehrgeizige, als „Ura Zelda“ bekannte Erweiterung wurde für Ende 1998 angekündigt.
„Ura Zelda“ kam jedoch nicht wie verheißen auf den Markt, sondern erblickte erst 2002 als „Master Quest“ das Licht der Welt. Von den versprochenen Neuerungen wird allerdings wenig geboten: Effektiv ist es nur eine Umarbeitung von „Ocarina of Time“.
Geboren aus einem Streit
Eiji Aonuma, dem leitenden Dungeon-Designer von „Ocarina of Time“, war die Idee von „Ura Zelda“ nicht ehrgeizig genug. Er weigerte sich daher, „Ura Zelda“ zu entwickeln, sodass diese Aufgabe anderen Leuten oblag; stattdessen wollte er ein völlig neues „Zelda“-Spiel auf die Beine stellen.
„Zelda“-Schöpfer und Produzent Shigeru Miyamoto gab Aonumas Forderungen nach und setzte ihn als Director eines völlig neuen „Zelda“-Teils ein. Seither ist Aonuma der Chefentwickler der „Zelda“-Reihe. Miyamoto machte jedoch harte Vorgaben für das Spiel: Innerhalb nur eines Jahres sollte das Projekt vollendet sein. Das war eine sehr harte Auflage, war „Ocarina of Time“ doch drei Jahre in der Mache. Allerdings verlangte Miyamoto ebenso, das neue Spiel auf Basis der mühsam erarbeiteten Engine von „Ocarina of Time“ zu entwickeln, was die Arbeiten enorm beschleunigen sollte.
– Shigeru Miyamoto, Interview mit 1101.com, Frühjahr 2000
Auf den 11. Mai 1999 datierte Konzeptskizzen des Art Directors Takaya Imamura
Anbruch des letzten Jahres – zwölf Monate verbleiben
Die Planungsphase für das neue „Zelda“-Projekt begann gegen Jahreswechsel 1998/1999. Als Produzent hatte Miyamoto bei den Planungsmeetings das letzte Wort und beteiligte sich rege. Während der späteren Produktionsphasen war er jedoch weniger aktiv involviert und beschränkte sich weitestgehend auf Rückmeldungen.
Die eigentliche Entwicklung startete nur kurz nach Beginn der Planungen; am 1. Februar 1999 begann die Programmierphase. Zum Vergleich: Große „Zelda“-Spiele weisen normalerweise eine Planungsphase von mindestens einem Jahr auf.
Zuwachs für's Entwicklerteam
Das ursprüngliche Vorhaben, das Entwicklerteam von „Ocarina of Time“ zu halbieren, ging nicht auf: Zur Umsetzung der Pläne innerhalb nur eines Jahres brauchte man mehr Entwickler als zunächst geplant. Aonuma konnte die Arbeiten für das Spiel nicht alleine leiten. Daher wies Miyamoto weitere Mitwirkende von „Ocarina of Time“ dem neuen Projekt zu. Fast drei Viertel der 30 bis 50 Entwickler von „Majora's Mask“ waren zuvor an „Ocarina of Time“ beteiligt gewesen. Hinzu kamen außerdem fünf neue Mitwirkende, die frisch von der Uni kamen.
Einer der Leute, die Miyamoto nachträglich dem Projekt zuordnete, war Yoshiaki Koizumi. Der geniale Japaner war einer der Projektleiter hinter „Super Mario 64“ und „Ocarina of Time“; von ihm stammen das revolutionäre Z-Anvisieren aus „Ocarina of Time“ oder das Gravitationskonzept von „Super Mario Galaxy“.
Ein abgebrochenes Projekt des heutigen „Mario“-Produzenten Yoshiaki Koizumi spielte eine wichtige Rolle für „Majora's Mask“.
Das abgebrochene Koizumi-Projekt
Koizumi arbeitete seit der Fertigstellung von „Ocarina of Time“ bereits an einem anderen Spiel. Es ging um Diebe und Polizisten: Innerhalb einer Woche sollte der Spieler einen Dieb fangen, wobei das Spiel tatsächlich nur eine Stunden dauern sollte. Miyamoto brach das Projekt jedoch ab, um Koizumi dem neuen „Zelda“-Spiel zuordnen zu können.
Leider ist nichts weiteres über Koizumis abgebrochenes Projekt bekannt. Anscheinend sollte es ein völlig neues Spiel werden, doch es erblickte nie das Licht der Welt, und weitere Informationen sind nicht mehr vorhanden. Bekannt ist nur noch, dass Takumi Kawagoe ebenfalls involviert war; auch er wurde dem „Zelda“-Projekt zugeordnet, dessen Cutscene-Director er wurde.
Geboren aus Koizumis abgebrochenem Projekt: Das Drei-Tage-Konzept
Zurück zum späteren „Majora's Mask“. Zu Beginn suchten Aonuma und sein Team nach einer bahnbrechenden Idee für das neue Spiel. Schließlich wurde man fündig: Das markante Drei-Tage-System. „Majora's Mask“ handelt in einer sich stets wiederholenden Zeitschleife von drei Tagen. Dadurch wurde es möglich, ein tiefes und komplexes, aber zugleich kompaktes Spiel zu entwerfen. Außerdem baute das Konzept auf das Zeitreise-Feature von „Ocarina of Time“ auf.
Die Idee stammt übrigens von Koizumi; er übernahm sie aus seinem vorherigen Projekt, das er zugunsten von „Majora's Mask“ hatte abbrechen müssen. Zunächst sollte der Zeitzyklus sieben Tage umfassen. Weil dies nicht mit der angepeilten Entwicklungsdauer vereinbar war, kürzte man den Zyklus auf drei Tage herunter.
Formation einnehmen und Vollgas!
Koizumi war neben Aonuma einer der Projektleiter von „Majora's Mask“. Tatsächlich teilten sich den Posten des Directors zum Schluss sogar neun Leute. Jeder der Directors war für einen Teilaspekt des Projektes verantwortlich, etwa Spielkonzept, Handlung, Programmierung oder Musik. Aonuma war als leitender Director der Hauptverantwortliche des Projektes.
Mehrere Directors mit Teilverantwortlichkeiten einzusetzen, war damals noch eine relativ neue Vorgehensweise. Nintendo selbst hat sie mit „Ocarina of Time“ erstmals angewendet. Diese Taktik machte die Entwicklung eines sehr umfangreichen und komplexen Spiels zu einem geregelten und qualitätsvollen Unterfangen. Heute ist sie bei großen Spieleproduktionen Gang und Gäbe.
Enthüllungstrailer von der Nintendo Space World, 28. August 1999
Der Ernst der Entwicklung beginnt
Nachdem alle Directors dem Projekt zugeordnet waren, begann die ernste Phase der Entwicklung. Das war bereits einige Wochen nach Projektbeginn. Bald wurde der Nachfolger von „Ocarina of Time“ unter dem Namen „Zelda: Gaiden“ der Öffentlichkeit enthüllt. Die Spielepresse war zunächst verwirrt; sie hielt das Spiel für eine Reinkarnation des verheißenen „Ura Zelda“. Tatsächlich haben beide Projekte jedoch nichts miteinander zu tun. „Zelda: Gaiden“ war im August 1999 erstmals auf der Nintendo Space World anspielbar. Die Spielengine war zu diesem Zeitpunkt bereits final, das eigentliche Spiel jedoch erst etwa zur Hälfte fertiggestellt.
Tatsächlich gelang es, das Projekt innerhalb eines Jahres zu entwickeln: Unter dem finalen Titel „Majora's Mask“ erschien es am 27. April 2000 in Japan für das N64. Im Oktober kam es in Nordamerika, am 17. November auch in Europa heraus. Das Spiel läuft auf einer erweiterten Version der „Ocarina of Time“-Engine und bedarf des N64 Expansion Paks, das den Arbeitsspeicher der Konsole von vier auf acht Megabyte erhöht. Dadurch war es den Entwicklern möglich, mehr Gegner gleichzeitig darzustellen und die Framerate aufrecht zu erhalten.
Zeitdruck für Nintendo und die Spieler, aber nicht für Grezzo
Der enorme Zeitdruck, vor dem das Team mit seiner vorgeschriebenen Entwicklungszeitspanne von einem Jahr stand, spiegelt sich im Spiel selbst wider. Denn wegen des Drei-Tage-Systems steht auch der Spieler unter ständigem Zeitdruck. Es handelt sich jedoch nicht um ein Zeitlimit, da der Zeitzyklus beliebig oft durchlaufen werden kann. So ist tatsächlich ein tiefgründiges und zugleich kompaktes Spielerlebnis entstanden. Die Zielsetzungen der Entwickler sind in beachtlichem Maße erreicht worden.
In wenigen Tagen erscheint nun „Majora's Mask 3D“. Fans sehnten es sich seit der Veröffentlichung des 3DS-Remakes von „Ocarina of Time“ im Juni 2011 herbei. Tatsächlich war die Neuauflage seit 2011 bei Grezzo in der Mache, dem kleinen japanischen Studio, das schon „Ocarina of Time 3D“ entwickelt hatte. Die Entwicklung der Neuauflage beanspruchte damit über drei Mal so viel Zeit wie die des Originalspiels. Ein echtes Kuriosum.
Aber jetzt ist es endlich so weit und das Warten hat ein Ende. Zeit, erneut – oder aber zum ersten Mal – den Untergang von Termina abzuwenden!
Unsere Hauptquellen für den Bericht waren ein im Frühjahr 2000 geführtes japanisches Entwicklerinterview von 1101.com sowie Aonumas Vortrag auf der GDC 2004. Eine vollständige (!) Übersicht an frühem Bildmaterial zum Spiel findet ihr bei GlitterBerri.com.
Bisher gibt es 17 Kommentare
Ich hoffe das Nintendo beim nächsten 3DS Zelda Teil die OOT Engine nimmt und daraus ein eigenes neues Spiel macht. Also genau so wie Zelda MM.
Aber ich fürchte das wird es nicht geben :S Nintendo macht lieber neue Top Down Zeldas für den 3DS.
Nichtsdestotrotz freue ich mich über die 3D-Neuveröffentlichung. Im Original konnte ich Majora's Mask bislang nicht genießen. Ich war in gewisser Weise gezwungen die schreckliche Portierung von der Gamecube Zelda-Collection zu spielen. Das ganze war von spielbehindernden Slowdowns und teilweise auch Abstürzen begleitet.
Und auch wieder ein lesenswerter und interessanter Artikel aus eurem Hause. Freue mich immer wieder sehr über die Inside Nintendo Reportagen.
Die Frage ist doch wieviele Entwickler bei Grezzo waren beteiligt und wieviele bei Nintendo für das Original - oder?
Ziemlich lustig, im Nachhinein betrachtet, wie der Zeitdruck der Entwickler in einer anderen Form im Spiel wiederzufinden ist.
Hatte noch jemand den Gedanken, dass das abgebrochene Koizumi-Projekt, also die Idee einen Dieb zu fangen, in der Sidequest mit dem Dieb von Termina wiederzufinden war? Kam mir irgendwie sofort in den Kopf als ich sein Konzept las ^^
Aber wirklich sehr komisch das die Überarbeitung 3x länger brauch, wie die eigentliche und schwierige Erstellung / Entwicklung
Dass die Überarbeitung drei mal so lange dauerte wie die eigentliche Entwicklung des Originals ist echt verrückt