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Super Mario 3D Land

Inside Nintendo 21: Spiele machen Spaß - die Entwicklung von 3D Land

Die „Super Mario“-Reihe ist eine der beliebtesten, aber auch eine der einflussreichsten Videospielserien überhaupt. Nicht selten haben neue Ableger Geschichte geschrieben. Nachdem die Reihe mit „Super Mario Galaxy“ und „Galaxy 2“ in neue Welten aufbrechen konnte, fiel der Nachfolger „Super Mario 3D Land“ relativ schnörkellos aus. Im Dezember dieses Jahres bekommt der Ende 2011 erschienene 3DS-Titel einen Nachfolger für die Wii U spendiert. Seit der Ankündigung von „Super Mario 3D World“, so der Name des Nachfolgers, herrschen hitzige Debatten über die jüngsten 3D-Teile der „Super Mario“-Reihe in Internetforen vor. Diesen Anlass möchten wir nun nutzen, um zu erklären, warum „Super Mario 3D Land“ so ist, wie es ist – immerhin setzt der Nachfolger auf das gleiche Grundprinzip. Dazu betrachten wir den Entwicklungsprozess des Spiels.

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Zurück auf Null und Hamburger


Nachdem 2003 „Super Mario Sunshine“ für Nintendo GameCube erschienen war, zog das Entwicklerteam von Kyoto nach Tokyo um und gründete dort das Studio Nintendo Entertainment Analysis & Development Tokyo. Unter der Leitung von Yoshiaki Koizumi begann das Team die Arbeiten am „Sunshine“-Nachfolger „Super Mario Galaxy“, der im Jahre 2007 für die Wii auf den Markt kam. Der leitende Leveldesigner dieses Spiels, Koichi Hayashida, übernahm anschließend den Directorposten zur Entwicklung eines direkten Nachfolgers, „Super Mario Galaxy 2“ (Wii 2010). Gerade bei diesen drei Spielen der „Super Mario“-Reihe sind die Bemühungen der Entwickler deutlich zu erkennen, 3D-Jump'n'Runs möglichst zugänglich zu machen. Genauer haben wir uns damit in einem früheren Bericht auseinandergesetzt. In „Super Mario Galaxy 2“ ging man sogar soweit, dass auch zweidimensionale Abschnitte integriert wurden.

Nun befinden wir uns im Sommer des Jahres 2010. Die Arbeiten an „Super Mario Galaxy 2“ sind beendet und in der Nintendo-Chefetage überlegt man sich, was als nächstes kommen soll. Nintendos Next-Gen-Handheld 3DS befindet sich bereits in der Entwicklung und EAD Tokyo möchte ein Spiel dafür entwickeln. Normalerweise würde man eine 3DS-Portierung von „Super Mario Galaxy“ vornehmen, doch ist das der richtige Weg? Hayashida ist entschieden dagegen und weist sein Team an: „Zurück auf Null!“

Die Konzeption des neuen 3D-„Marios“ startet bei Null. Entscheidende Überlegungen sind, dass es ein Handheld-Spiel ist. Dies bedeutet, dass die Spieler es bevorzugt für vergleichsweise kurze Zeiträume, beispielsweise während einer Reise oder Zugfahrt, spielen werden. Die Level müssen also kürzer ausfallen als bei „Super Mario Galaxy“, das randvoll mit Inhalten bepackt war. In einem Iwata-fragt-Interview drückt Hayashida dies verständlich aus: „Super Mario Galaxy 2“ ist wie das Manchu Han Imperial Feast, ein historisches chinesisches Menü, das im Verlauf von drei Tagen verspeist wurde; verglichen damit sollte das neue 3DS-3D-„Mario“ wie ein Hamburger ausfallen.

„3D-Mario, das sich wie ein 2D-Mario-Spiel spielt“


Bei der Konzeption setzte sich Hayashida das Ziel, Fans der 2D- und der 3D-„Super Mario“-Spiele gleichermaßen zu befriedigen. In den letzten Jahren nämlich teilte sich das Fanlager der Reihe, sodass neben den 3D-Teilen die sehr erfolgreichen zweidimensionalen „New Super Mario Bros.“-Spiele erscheinen. Außerdem sah Hayashida, dass der Übergang zwischen 2D- und 3D-Spielen in der Reihe viel zu abrupt abgelaufen war: Nach dem 2D-Spiel „Super Mario World“ erkundete Mario in „Super Mario 64“ bereits dreidimensionale Welten, doch in Hinblick auf die Evolution der Reihe fehlt hier ein Zwischending. Daher dachte sich Hayashida ein 3D-„Mario“ aus, das sich an den Spielregeln eines 2D-Teils orientiert.

In einer Video-Botschaft brachte Entwicklerlegende und „Mario“-Vater Shigeru Miyamoto die Idee hinter dem 3DS-Spiel so auf den Punkt: Ein „3D-Mario, das sich wie ein 2D-Mario-Spiel spielt“. Um dies zu erreichen, ersetzte man unter anderem die Sterne, die es in bisherigen „Mario“-Spielen zu sammeln galt, durch die Zielfahnen der alten 2D-Spiele, die ein Levelende markierten. Es sollte nicht mehr so sehr um das Erkunden von Levels gehen. Die Level im neuen Spiel wurden weitaus linearer, erstrecken sich dafür aber über alle drei Dimensionen und bieten die ein oder andere Abzweigung sowie auch Geheimgänge.

Letztlich wurde das Projekt größer als zunächst gedacht. Der leitende Programmierer des Spiels, Hideyuki Sugawara, schätzte, das Spiel sei doppelt so umfangreich geworden wie zunächst geplant. Ausschlaggebend war die Einführung von Bonus-Leveln: Nach Abschluss des letzten Levels werden acht zusätzliche, schwierigere Welten freigeschaltet, ähnlich wie in „Super Mario Bros.“ Hayashida orientierte sich bei der Konzeption seines Projektes daran, wie Miyamoto und sein langjähriger bedeutender Kollege Takashi Tezuka vor vielen Jahren die „Super Mario Bros.“-Spiele entworfen haben.

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v.l.n.r.: Satoru Iwata, Koichi Hayashida und Yoshiaki Koizumi auf der E3 2013 (Foto: Nintendo)


Effiziente Entwicklungsphase


So verlief die Konzeption des Spiels, also die Phase der Vorproduktion, die von Sommer bis Herbst 2010 andauerte. Im Herbst existierte bereits ein früher Prototyp, in dem eine einfache Spielwelt mit Münzen und Blöcken bestückt war. Die Spielfigur war noch nicht entworfen worden, stattdessen wurde in diesem Prototyp ein Block als Platzhalter gesteuert. Die weiteren Arbeiten am Spiel verliefen sehr schnell, denn bereits im November 2011 kam es als „Super Mario 3D Land“ auf den Markt. Der Titel ist eine Hommage an „Super Mario Land“, das 1989 für den Game Boy erschienene erste 2D-„Mario“ für einen Handheld. Er kam erst im späten Entwicklungsprozess ins Spiel; ursprünglich war geplant, dass „Super Mario 3D Land“ einen nummerierten Titel bekommt („Super Mario 11“?!).

Nur anderthalb Jahre dauerte die Entwicklung von „3D Land“ also; 45 Nintendo-Angestellte, größtenteils von EAD Tokyo, waren beteiligt. Wenn man bedenkt, dass es sich um eine komplette Neuentwicklung handelt, war das Spiel wirklich in Rekordzeit vollendet. Andererseits wurden einige Grafik- und Ton-Elemente aus den „Galaxy“-Spielen recycelt. Laut Hayashida wurde die schnelle Komplettierung des Projektes möglich, indem man die anfängliche Philosophie „Lasst uns in kurzer Zeit das bestmögliche Spiel machen“ änderte in „Was können wir in der kurzen Zeit machen, damit das Spiel so gut wie möglich wird?“ Das Team war außerdem sehr erfahren und ging äußerst effizient und zeitsparend vor, um den Titel zu realisieren.

Entscheidende Erdbebenkatastrophe


Doch ganz so reibungslos wie eben geschildert lief die Entwicklung des Spiels dann doch nicht ab. Da sich der 3DS 2011 äußerst schleppend verkaufte, gab Nintendo alles darum, „3D Land“ noch rechtzeitig Ende 2011 auf den Markt bringen zu können. Damit dies möglich wurde, war die Hilfe eines externen Nintendo-Studios nötig. Die Wahl fiel auf Brownie Brown (heute 1-UP Studio), das ebenfalls in Tokyo ansässig ist. Im Abspann von „3D Land“ sind zwei Mitarbeiter des Studios aufgelistet.

Am 11. März 2011 erklärte Hayashida den Brownie Brown-Teammitgliedern, welche Designphilosophie sein Team verfolgte. Während des Meetings bebte plötzlich die Erde. Tokyo wird häufig von Erdbeben heimgesucht, für die Entwickler also mehr oder weniger normal, doch es folgte ein zweites, viel stärkeres Beben. Hayashida und seine Entwickler waren verunsichert, gingen schließlich in Deckung unter die Bürotische. Hayashida hörte das Knacken der Wände; er befand sich im fünften Stock und befürchtete, das Gebäude werde einstürzen. Doch die Entwickler hatten Glück: Das Tōhoku-Erdbeben 2011 verursachte zwar leichte Schäden an Nintendos Tokyo-Gebäude, ließ es aber nicht einstürzen.

Eine Woche lang musste das Büro geschlossen bleiben und es stand nicht fest, ob die Entwicklung des Spiels hier fortfahren könnte, immerhin folgte auf das Erdbeben eine Tsunami- und Kernkraftkatastrophe. Hayashida blieb in dieser Zeit fast nur zu Hause. Normalerweise treffen sich die Nintendo-Angestellten in ihrer Freizeit nicht; Hayashida aber tauschte seine E-Mail-Adresse mit allen Teammitgliedern aus und richtete ein Forum ein, damit das Team kommunizieren konnte.

Schließlich öffnete Nintendo das Tokyo-Gebäude wieder und die Arbeiten an „Super Mario 3D Land“ wurden wieder aufgenommen. Das Erdbeben erwies sich als sehr einflussreich auf die Spielentwicklung, denn Hayashida änderte aufgrund seiner Erlebnisse die Arbeitsatmosphäre. Leveldesigner, Grafiker und Programmierer konnten sich frei untereinander unterhalten, sie ermunterten sich gegenseitig. Hayashida versammelte das ganze Team mehrmals zu kollektiven Spieletests. Das ganze Team wurde durch den Gedanken motiviert, durch ein spaßiges Spiel die durch das Erdbeben erschütterte japanische Welt zu ermuntern. Der Grundgedanke, dass Videospiele ganz einfach Spaß machen sollten, prägte das restliche halbe Jahr der Spieleentwicklung.

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Ein ergiebiger Erfolg


Kurz vor diesem entscheidenden Wendepunkt in der Spieleentwicklung war „3D Land“ bereits der Weltöffentlichkeit enthüllt worden. Am 2. März 2011 stellte Nintendo-Boss Satoru Iwata während seiner Rede bei der Game Developers Conference vier Screenshots zum damals schlicht als „Super Mario“ betitelten Spiel vor. Bestätigt war ein 3D-„Mario“ für den 3DS jedoch schon seit einiger Zeit: Ende Oktober 2010 plauderte Miyamoto anlässlich einer Investorenkonferenz über 2D- und 3D-„Super Mario“-Spiele und berichtete, dass sich von beiden Spielen neue Ableger für den 3DS in der Entwicklung befänden. (Aus dem 2D-Spiel wurde schließlich „New Super Mario Bros. 2“.)

Auf der E3 Anfang Juni 2011 wurde erstes Videomaterial gezeigt und Journalisten durften das Spiel schon testen; Ende Juli wurde schließlich der endgültige Titel enthüllt. Am 18. November 2011 kam der europäische Kontinent in den Genuss des Spiels. Am gleichen Tag erschien „The Legend of Zelda: Skyward Sword“ für die Wii.

„Super Mario 3D Land“ wurde ein gewaltiger Erfolg. In Amerika mauserte es sich zum schnellstverkauften „Super Mario“-Spiel und weltweit konnte es eine enorme Steigerung der 3DS-Verkaufszahlen erzielen. Noch heute verkauft sich das Spiel für Nintendo blendend; mit weit über acht Millionen Verkäufen ist es das erfolgreichste 3DS-Spiel. Zwar hat es die Verkäufe von „Super Mario Galaxy“ nicht übertroffen, hat sich aber schon wesentlich öfter verkauft als das Wii-Spiel innerhalb seiner ersten zwei Verkaufsjahre. Die Idee, ein einfaches, auf den Ursprung der Reihe zurückblickendes 3D-„Mario“ zu entwickeln, das ganz einfach Spaß machen soll, war also eine sehr gute. Angesichts des Erfolges wenig verwunderlich: Ende 2013 erscheint der Nachfolger „Super Mario 3D World“ für die Wii U.

Quellen im Wesentlichen: Iwata fragt: Super Mario 3D Land und Chris Kohler: How Super Mario Survived the Quake, 23. März 2012, wired.com
Weiterführende Links: Forum-Thread

Bisher gibt es vier Kommentare

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  • Avatar von Sepo
    Sepo 31.08.2013, 20:00
    Zitat Zitat von Pipi26 Beitrag anzeigen
    Ich finde der Artikel ist viel zu lang!
    Du musst ihn dir ja nicht durchlesen.

    Ich finde den Artikel sehr interessant, v. a. das mit dem Erdbeben. Aber so ausufernd war Super Mario Galaxy ja auch nicht, da wäre der Vergleich mit Super Mario 64 oder Super Mario Sunshine angebrachter gewesen.
  • Avatar von Pipi26
    Pipi26 27.08.2013, 14:33
    Ich finde der Artikel ist viel zu lang!
  • Avatar von SaschaT
    SaschaT 26.08.2013, 15:57
    Bleibt zu hoffen das der Erfolg auf der Wii U wiederholt werden kann! Irgendwie ist es recht kontrovers, dass so viele kritisch dem neuen Mario gegenüber stehen, aber 3D Land für 3DS so ein Verkaufsschlager ist. Ich werde es mit Sicherheit kaufen. Bin mal gespannt ob es Nintendo viele Neukunden beschert im wahrsten Sinne des Wortes.
  • Avatar von Arminator
    Arminator 25.08.2013, 22:27
    Wirklich interessant!